Schöne deutsche Heimat – Als Adam grub …

Unsere Urlaubsreise führte uns auch in die Gegend um Naumburg und Freyburg an der Unstrut, also in den Burgenlandkreis. Die Fruchtbarkeit der Böden dort ist sprichwörtlich.

Schon vor etwa 7000 Jahren wurde dort Ackerbau betrieben, wie die Kreisgrabenanlage von Goseck anzeigt. Die rund 4000 Jahr alte Himmelscheibe von Nebra gilt sogar als Beleg für die Existenz einer bronzezeitlichen Hochkultur in Mitteleuropa, die Aunjetitzer Kultur (Vergl.: Harald Meller, Kai Michel: „Die Himmelsscheibe von Nebra. Der Schlüssel zu einer untergegangenen Kultur im Herzen Europas“; Interview mit Harald Meller).

Der Burgenlandkreis hatte 1990 246.000 Einwohner, 2018 waren es 180.000 und 2025 werden es voraussichtlich 152.000 sein. Nach seinen Zukunftschancen bewertet ihn die Prognos AG in ihrem Zukunftsatlas  als einen der letzten Kreise von Schland.

Die Zählung ist vielleicht nicht verkehrt. Eher die Welt, die zu solchem Ergebnis kommt. Jedenfalls sind die Lößböden fruchtbar, wie eh und je. Und der Blick übers meist sanft geschwungene Land schweift in eine Weite, wie ich sie nur von Küstenlandschaften kenne.

An Saale und Unstrut erfreut man sich sogar der Bedingungen des Weinbaus.

Wir waren gerade im Dörfchen nahe Weißenfels angekommen und zum ersten Spaziergang aufgebrochen als uns ein quirliger Mittsechziger ins Gespräch verwickelte. Wie sich herausstellte, hatten wir wohl einen der „Chefs“ der 300-Seelen-Gemeinde vor uns. Einst war er Leitungskader der örtlichen LPG gewesen, hatte sich Anfang der 90er selbständig gemacht und bewirtschaftete nun – mit großem Erfolg, wie er zum Ausdruck brachte – ca 700 ha Ackerland („das meiste gepachtet“). Die beiden trockenen Jahre 2018 und 2019 brachten zwar nur 70% der Normalernte aber das sei keine Katastrophe. Gegenüber DDR-Zeiten habe man ungeheure Fortschritte erzielt. Mit besseren Maschinen, besserem Saatgut und weniger Dünger würde er mit zwei, drei Mitarbeitern („die sich dabei nicht totmachen“) höhere Erträge erzielen als damals. Meine vorsichtigen Hinweise auf Bodenverdichtung, wie ich sie gerade im Saale-Holzland-Kreis gesehen hatte,

auf massive Überdüngung mit Gülle, auf fehlende Gründüngung und ödegepflügte Äcker wies er allesamt ab. Bodenverdichtung gebe es mit den modernen Maschinen nicht, ein Gülleproblem gebe es hier nirgends, weil keine Tierhaltung, Gründüngung könne er kaum anwenden, weil sofort wieder eingesät werde. Von Direktsaat wollte er gar nichts wissen.

Sein Acker zeigte selbst bei schwachem Wind dieses Bild. Was passiert mit der Bodenkrume  bei Sturm?

Eigentllich war es ja schön, diesmal einen nicht klagenden Bauern zu erleben. Der Boden, zumindest dort, gibt offensichtlich genug her, um mit den Mitteln der modernen Industrielandwirtschaft ordentliche Erträge zu bringen.

Ob das zukunftssicher gedacht ist – CO2 hin oder her – bezweifle ich. Die Möglichkeit, vielleicht gar Notwendigkeit, dass der Ackerbau auf lange Sicht auf  ganz anderer Grundlage betrieben werden muss, scheint diesem Agrarunternehmer mit seinen Erfahrungen und Routinen und nicht zuletzt mit seinem real vorhandenen enormen Maschinen- und Anlagenpark (und dazugehörigen Schulden) außerhalb des Denkbaren zu liegen. Regenerative Landwirtschaft???

So ahne ich, welcher enormen und langfristigen geistigen und materiellen Anstrengungen großer gesellschaftlicher Kräfte es bedarf, um ein wirkliches gesellschaftliches Umsteuern im Sinne des produktiven Kreislaufs von Mensch und Natur zu erreichen. Klimahysterie trägt dazu mit Sicherheit nicht bei. Aber auch die „Große Transformation“ der Schellnhuber und Co. ist in dieser Perspektive bestenfalls eine bürokratische, nichtdemokratische Kopfgeburt.

Fundstück – 5.10.2019 – Mehr Humus (8)

„Lebendiger Boden durch Direktsaat mit Glyphosat“

Ja, liebe Leserinnen und Leser, ich habe bei dieser Überschrift auch geschluckt. Habe einst selbst dazu beigetragen, dass die Berliner Freidenker eine glyphosatkritische Konferenz veranstaltet haben. Dennoch habe ich mir das Video dieses gebildeten Praktikers angesehen, dann auch die lebhafte Diskussion dazu, dann auch andere seiner Videos. Zum Glyphosateinsatz wird es danach vielleicht trotzdem keine allseits befriedigende Meinung geben. Doch es geht mir um den Kontext zur Direktsaat. Und Direktsaat scheint mir das viel größere Problem – im Sinne von Potential – zu sein. Schaut und hört selbst:

Auch diese Erklärung von Wüste und Regenwald finde ich gelungen:

Mehr Humus! (3)

Das Humus-Manifest

Der Stopp der Klimakrise und die Regeneration der planetarischen Ökosysteme binnen weniger Jahrzehnte ist möglich – einfacher und schneller, als die meisten annehmen. Das ist die Botschaft des neuen Buches

»Die Humusrevolution. Wie wir den Boden heilen, das Klima retten und die Ernährungswende schaffen« 

Das Grundrezept:
Ersatz der Agroindustrie durch regenerative Agrikultur.
Ersatz der Fossilenergie durch regenerative Energien.

Die Lösung liegt uns buchstäblich zu Füßen. Die Natur hilft uns mit dem Wunder der Photosynthese, den Kohlenstoff aus dem atmosphärischen Kohlendioxid dorthin zu bringen, wo er herstammt und nun dramatisch fehlt: in den Boden. Humusaufbau entzieht der Atmosphäre Treibhausgase, macht den Boden fruchtbar, sichert die Ernährung, erneuert das Grund- und Trinkwasser, sorgt für gesunde Pflanzen, Tiere, Menschen, regeneriert ganze Landschaften, drängt Versteppung und Verwüstung zurück, schafft Millionen sinnvoller Arbeitsstellen. Eine Win-Win-WinLösung. Viele Beispielprojekte im In- und Ausland zeigen, wie es geht.

Wir brauchen dafür keine High-Tech, kein gefährliches Geo-Engineering, keinen globalen CO2-Handel, keine Gentechnik, keine chemischen oder bioökonomischen Mixturen aus den Labors der Agrokonzerne. Eine rein biologische Ernährung der Weltbevölkerung ist möglich, und sie ist nötig, denn sie hilft bei der Heilung der
Ökosysteme. Mehr noch: In einer Welt voller Gewaltkonflikte um Ressourcen und Millionen von Umweltflüchtlingen ist regenerative Agrikultur ein Schlüssel zum Frieden.

Den Schlüssel zu kennen reicht allerdings nicht. Das Tor zur Regeneration der Erde wird von Agrokonzernen, Großgrundbesitzern und Wirtschaftslobbyisten blockiert. Wichtiger als CO2-Handel wäre eine Landreform zugunsten von (klein)bäuerlichen Höfen, die agrarökologisch produzieren, und eine Streichung aller direkten und indirekten Subventionen für umweltzerstörende Produktion von Lebensmittel und ihren Export. Wir brauchen wahre Preise, die den ökosozialen Schaden oder Nutzen eines Produkts ausweisen.

Die global verflochtene Agroindustrie mit Konzernen wie Monsanto & Co gefährdet das Überleben der Menschheit genauso wie die Energiekonzerne. Sie muss zurückgedrängt werden zugunsten von gemeinnützigen Stiftungen und Organisationen, die in die vernachlässigte agrarökologische Forschung
investieren und die Kleinbauern und vor allem Kleinbäuerinnen weltweit unterstützen.

Mit Wissen über regenerative Methoden, das alte Traditionen mit neuen Erkenntnissen verbindet, kann auf weit kleineren Flächen als bisher mehr und intensiver geerntet werden. Permakultur, Biointensivkulturen, pfluglose Bodenbearbeitung, Terra Preta, Holistisches Weidemanagement, Agroforstsysteme und weitere Praktiken weisen den Weg. Eine Region, die so wirtschaftet, kann Flächen an die Wildnis zurückgeben und gefährdeten Arten ein Refugium bieten. Denn das Artensterben gefährdet das Überleben der Menschheit inzwischen mehr als die Klimakrise.

Alle Lösungen sind vorhanden. Wir brauchen nur eine entschlossene Zivilgesellschaft, die sie durchsetzt, und Politiker, die nicht länger die Agroindustrie strukturell bevorzugen. Eine solche Agrarwende würde in Deutschland laut Umfragen von einer großen Bevölkerungsmehrheit unterstützt.

Wir brauchen einen nationalen und internationalen Zusammenschluss von Kleinbauern-, Umwelt-, Klima- und Ernährungsbewegungen. Oder um Ronnie Cummins als Mitbegründer des globalen Bündnisses »Regeneration International« zu zitieren: Es bedarf einer »massiven Graswurzelarmee von ErdRegenerierenden: drei Milliarden Kleinbauern und Dorfbewohnerinnen, Rancher, Hirten, Waldbewohnerinnen, Stadtgärtner und indigene Gemeinden – assistiert von mehreren Milliarden bewussten Konsumenten und urbanen Aktivistinnen.«

Regeneration ist möglich – lokal, regional, national und global. Worauf warten wir noch?

Ute Scheub, Stefan Schwarzer, »Die Humusrevolution. Wie wir den Boden heilen, das Klima retten und die Ernährungswende schaffen« , oekom verlag München, 240 Seiten, Broschur, vierfarbig, ISBN 978-3-86581-838-6, 19,95 Euro / 20,60 Euro (A). Auch als E-Book erhältlich.