I
Beate N.:
Liebe Leute!
“Es soll ja Leute geben, die immer noch glauben, dass der Mollath nicht verrückt ist.”
“Na, was sagst du denn jetzt zu Mollath? Freilich hat er seine Frau geschlagen und das mit den Reifen war er auch!”
Ich kann Euch gar nicht sagen, wie mich das ärgert! Aber ich bin des Leid, das richtig zu stellen! Und ärgere mich über die Bayreuther und über Otto Lapp.
Dass GM sich manchmal ungewöhnlich verhält, wusste ich ab dem Zeitpunkt, als ich das erste Mal von dem “Fall” erzählen hörte. Mittlerweile kann ich auch aus den wenigen Begegnungen, die ich hatte, sagen, dass er bisweilen merkwürdig ist und manchmal ungerecht. Wer ist das nicht?
Aber, darum ging es ja gar nicht! Es ging darum, dass jemand zu Unrecht untergebracht war, und so war es!
Ob er seine Frau geschlagen hat oder nicht, keine Ahnung, ich war nicht dabei! Selbstverständlich ist häusliche Gewalt schlimm! Allerdings gibt es auch die Möglichkeit den Partner “in den Wahnsinn” zu treiben! Wie dem auch sei, ich weiß es nicht!
Und bezüglich der Reifen noch: Es gibt gar KEINEN BEWEIS, DASS ÜBERHAUPT EIN EINZIGER REIFEN BESCHÄDIGT WURDE, KEIN SCHADEN, KEINE TAT.
GM war zu unrecht in der Psychiatrie und das über sieben Jahre lang. Und ohne den Hype um seine Person, wäre er da heute noch… Wenn ich noch an die Interviews mit Justizministerin Merk denke: “…weil er gefährlich ist…”
lg Beate
II
Gabriele L.:
Hallo Beate,
es gibt noch immer die Frage: Was ist verrückt?
Die Frage beschäftigt mich ja schon lange, derzeit ist meine Antwort so in etwa die: Wenn ein Mensch entweder sich selbst oder andere gefährdet, ohne es wirklich zu wollen … es wird halt die Toleranz der Umwelt herausgefordert.
Ich hatte eine gute Bekannte, die fiel an einem Bahnhof als verwirrte Person auf, der Zugbegleiter rief die Polizei, die kontrollierte die Frau, sagte wohin sie fahren wolle, der Polizist rief zuhause an, da war keiner, dann zeigte er ihr den richtigen Zug. Ich habe dann bei dem Polizisten angerufen, der sagte, keine Fremd- und Selbstgefährdung, wir haben nur Zug gezeigt und sie wieder laufen lassen. Ich habe gesagt, ja sie ist auf dem Weg zu einer befreundeten Psychiaterin, den Eindruck der Verwirrtheit kann ich verstehen … dann später telefonierte ich mit ihr und sie sagte, ihr gegenüber würden wechselweise welche von der Bahn und von der Polizei sitzen … die haben dann später der am Bahnhof abholenden Psychiaterin berichtet, dass sie mehrfach aus dem Zug hätte aussteigen wollen …
Fand ich super, das Verhalten der Polizeibeamten … kein Gedöns, einfach der Frau geholfen, dass sie ihr Ziel erreicht …
Eure Gabriele
PS: Zu Mollath übrigens noch diese Ergänzung/Klarstellung:
Die Entlassung von Gustl Mollath war im August 2013, die Verhandlung im Juli 2014. Viele Leute glauben jetzt, dass sich die Ungefährlichkeit gezeigt habe, weil er in den letzten Monaten vor der Verhandlung im Wiederaufnahmeverfahren ohne weitere Vorkommnisse in Freiheit war. Das Unrecht der Unterbringung zeigt sich jedoch unter anderem dadurch, dass er damals, vor Jahren monatelang in Freiheit war, ohne dass es weitere Tatvorwürfe gegeben hat.
Mollath war nach der angeblichen Sachbeschädigung (im Januar 2005) nur im Februar/März 2005 fünf Wochen im BKH Bayreuth und ansonsten in Freiheit. Am 1.2.2006 wurde die einstweilige Unterbringung aufgrund eines Gutachtens, welches schon monatelang bei Gericht lag, beschlossen. Einstweilige Entscheidungen ergehen aufgrund einer summarischen Prüfung, weil Eilbedürftigkeit besteht. Wenn jemand allerdings seit mehr als zehn Monaten ohne besondere Vorkommnisse in Freiheit ist, besteht kein Grund für eine eilige Entscheidung ohne gründliche Prüfung.
III
Vroni:
Liebe Beate,
das was du aus Bayreuth berichtest liegt sicherlich zu einem guten Teil an der Tendenz-Berichterstattung vom Lapp. Vielleicht aber auch an der Tendenz von uns Menschen, uns über waghalsige Argumente zu entschulden. Im Sinne von: Wenn er doch seine Frau geschlagen hat und Reifen zerstochen, dann bin ich ja auch nicht so schuldig, wenn ich nicht gegen das Unrecht in Justiz und Psychiatrie vorgegangen bin. Egal ob dabei Äpfel mit Braunkohlebriketts verglichen werden.
Dir/Euch ein schönes Wochenende,
Vroni
Ach ja, zum Verhalten des Polizeibeamten: So geht’s: Ball flachhalten. Zur Frage der Menschenwürde finde ich die Haltung von Adelheid Kastner aus Linz sehr respektabel (ab min 9:00):
IV
Opa:
Liebe Beate,
ich glaube man muß akzeptieren (ohne sich zu ärgern), dass die Leute denken wie sie wollen. Oder, dass sie gar nicht denken. Sie haben nun einmal diese Freiheit. Natürlich ist es bitter, wenn sie daraus nichts machen oder nur Blödsinn machen. Aber man kann es nicht stoppen im Sinne von erzwingen. Höchstens kann man anbieten, dass sie sich vielleicht korrigieren. In dieser Art „Angebote feilhalten“ sehe ich als das, was man machen kann. Hilft auch gegen das eigene „Schwarzwerden vor Ärger“.
Man sollte auch selber darauf achten, dass man solche Angebote gern macht, also sozusagen aus einem Gefühl der Freiheit. Man gibt sozusagen etwas von seinem Überfluss (den Überfluss sich vorher zu erarbeiten, hat einem selbst auch schon etwas gegeben).
Oft gibt es dann Streit über die Angebote, haben wir in der Mollathunterstützerzeit ja dauernd erlebt. Der Streit kann allen Beteiligten etwas bringen. Im besten Fall entsteht dabei eine Bindung von Menschen, die sich bisher fern standen.
Aber es gibt auch den Kampf, vernünftige Angebote niederzumachen. Solchem Kämpfer, z. B. Otto Lapp, gebe ich contra. Eher nicht, um ihn zu überzeugen, sondern, um zu zeigen, nachzuweisen, „anzubieten“, dass er Unrecht hat. (Ich denke dabei also mehr an Dritte.)
Wenn diese Dritten dann aber sagen: „Toll, dieser Lapp!“, dann ist das ihr Problem (falsch: es ist auch mein Problem – aber es ist mir ein unlösbares Problem).
Gegen manches Übel kämpfen Götter selbst vergebens. Die Vergeblichkeit hat manchmal schlimme Folgen, ja Tragik. So ist das Leben.
Liebe Grüße in die Runde
vom Opa
Auch von mir ein PS: Warum viele Leute die erwähnten Angebote unbedingt niedermachen wollen, ist die eine Frage. Warum manche davon über beträchtliche Macht verfügen (z. B. Medienmacht), ist eine andere. Über die lohnt sich auch nachzudenken.