„Und die Menschen gehen ins Ausland, um die Höhen der Berge, die gewaltigen Wogen des Meeres, die breiten Gezeiten der Flüsse, die Ausdehnung des Ozeans und die Kreisläufe der Sterne zu bewundern, doch sie gehen gedankenlos an dem Mysterium ihrer selbst vorbei.“

Fundstück von St. Augustinus von Hippo, Bekenntnisse

Dieses Einsicht, die vor rund 1600 Jahren formuliert wurde, erinnerte mich an eine kürzliche Begegnung beim 90. Geburtstag meines Freundes. Natürlich waren auch die Enkel anwesend.

Enkelin M., eine stattliche junge Frau von 22, 23 Jahren, beeindruckte damit, dass sie von ihrer kürzlichen Weltreise erzählte. Sie berichtete davon, dass sie den Nahen und Mittleren Osten durchstreift und viele Wüsteneindrücke gewonnen hatten.

Während sie erzählte geisterte mir Tucholski mit seinen Berliner Sprüchen durch den Hinterkopf: „Überall is Jejend, nischt als Jejend“. Und ich lauere, wann etwas Wesentliches kommt („Mensch, werde wesentlich, …“). Aba nüscht.

Oder ist es eine Marotte der Alten, dass etwas wesentlich sein müsse? Genügt es nicht, wenn alles trashig ist?

Übrigens ist mir der Spruch des Augustinus allzu sehr auf’s Innerliche gerichtet.

In diesen Tagen intensiven Gärtnerns mit ihren „frohen Mühen“ (rund vierzig Gläser, unser Jahresbedarf, sind mit Marmelade gefüllt), in diesen Tagen ist mir das „Mysterium“ des Bodenlebens und der Bodenfruchtbarkeit besonders gegenwärtig.
Und angenehm ist mir, dass ich dabei keineswegs nur auf Innenschau oder Esoterik angewiesen bin. Mit großem Interesse verfolge ich die Aktivitäten zur humusaufbauenden Landwirtschaft und Gartenkultur und denke auch gern an die Microbiom-Tage auf Schloss Tempelhof zurück.

Das im Prinzip unendliche Beziehungsgeflecht der Massen beteiligter Akteure erkennen/zählen, ZUGLEICH aber auch („nur“ und „sogar“) ahnend begreifen und ZUGLEICH als mit den gegebenen Mitteln als nicht unbegrenzt erkennbar akzeptieren!

4 Kommentare zu „„Und die Menschen gehen ins Ausland, um die Höhen der Berge, die gewaltigen Wogen des Meeres, die breiten Gezeiten der Flüsse, die Ausdehnung des Ozeans und die Kreisläufe der Sterne zu bewundern, doch sie gehen gedankenlos an dem Mysterium ihrer selbst vorbei.““

  1. “Das im Prinzip unendliche Beziehungsgeflecht der Massen beteiligter Akteure erkennen/zählen, ZUGLEICH aber auch („nur“ und „sogar“) ahnend begreifen und ZUGLEICH als mit den gegebenen Mitteln als nicht unbegrenzt erkennbar akzeptieren!”

    Wunderbar beschreibt dieser Satz den Eindruck, der sich nach meinem letzten (virtuellen) Besuch im Deutschen Bundestag einstellte:

    Neulich im Bundestag | 177. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 26. Juni 2024

    Scholz hat in letzter Zeit viel Kritik auf sich gezogen, aber nach seiner jüngsten Regierungserklärung sollte man zumindest seiner klaren, schnörkellosen Sprache entsprechende Anerkennung zuteil werden lassen. Ich gebe Beispiele:

    “Das alles sind große Vorhaben; aber um die geht es. Und es geht darum, dass wir alles tun, damit wir da erfolgreich sind. Denn das ist die Basis der notwendigen Zuversicht.
    Klar, dazu gehört es dann auch, um den richtigen Weg zu ringen. Das wird umso schwieriger, wenn all die Fragen, die mit Entscheidungen beantwortet werden müssen, nicht schon für jeden klar sind. ”

    “Wir müssen etwas dafür tun, dass wir die Herausforderungen, vor denen wir stehen, angehen, damit es mehr Wachstum gibt.”

    “Denn das ist aus meiner Sicht doch auch wichtig: Wenn der Kuchen wächst, gibt es mehr miteinander gemeinsam zu regeln. Und das ist mit dem Wachstum verbunden.”

    Wenn auch die Bonner Republik so manche parlamentarische Sternstunde hatte –

    [Rede des Bundestagsabgeordneten Karl-Heinz Stiegler]*

    – das politische Berlin braucht sich wahrlich nicht zu verstecken.

    Da wo es zur Sache geht, stellt sich allerdings leichte Übelkeit ein: Scholz fühlt sich bemüßigt, die alte Platte aufzulegen, welch wohlfahrtssteigerndes Füllhorn sich über dem deutschen Michel (und des deutschen Michels Industrie) durch die jetzt energisch vorangetriebene Energiewende leeren wird, und zwar “eine sichere und bezahlbare Energieversorgung in Deutschland”. Also, im allgemeinen jedenfalls (Großes Indianerehrenwort), kleinere Unfälle nicht ausgeschlossen, wie NIUS eben zu berichten wusste:

    “2,33€/kWh – so sieht es aus, wenn Deutschland keinen Strom aus den Nachbarländern bekommt. Mittags Überproduktion, abends Mangel.”

    https://www.nius.de/wirtschaft/ploetzlich-165-mal-teurer-als-frankreich-diese-schock-ereignis-zeigt-wie-hoch-der-wahre-deutsche-strompreis-ist/b233c10b-e41e-4403-a8f6-454b6d3cc59d

    Während wir noch mit den Zähnen klappern, weil die Klimaschützer jetzt allen Ernstes auch noch damit loslegen wollen, das hundsgemeine CO2 in der Erdkruste zu verpressen, was sogar der ARD-Nachrichtenseite eine leise Kritik am Bundesminister für Vetternwirtschaft und Korruptionsklimaschutz entlockt – “Die Technologie gilt unter anderem als sehr teuer und kaum im großen Maßstab anwendbar” – zeigt sich Habeck unbeirrt. “ ‘Wir wollen CCS ermöglichen, denn ohne CCS können wir unsere Klimaziele unmöglich erreichen’, sagte der Grünen-Politiker.” Wat mutt, dat mutt.

    Allerdings ist Geschichtenerzähler Habeck nicht der Einzige, der sich mit dem Einsammeln des “CO2-Mülls” befasst. Ein anderer, Chemieingenieur und also Naturwissenschaftler, hat es nicht so mit Belletristik und wirft stattdessen mit Zahlenkolonnen nach dem Minister:

    “Die deutsche Planetarische Müllabfuhr wäre mit 1,4 PWh Jahresbedarf (die Vorsilbe Peta steht für 10^15 – eintausend Billionen) der größte Nachfrager am deutschen Markt für Primärenergie von 3,45 PWh/Jahr. Damit ist die Sinnlosigkeit dieses Vorhabens hinreichend bewiesen. Diese kranke Idee erfüllt den Tatbestand der Gotteslästerung – im 15. Jahrhundert hätte das Tomás de Torquemada auf den Plan gerufen.”

    https://www.anderweltonline.com/klartext/klartext-20241/die-planetarische-muellabfuhr-die-sprechblasen-des-herrn-edenhofer/

    https://www.anderweltonline.com/autoren/schuler-wilfried/

    Mal schauen, wer gewinnt.

    Während wir uns noch an dem schönen Foto von Otmar und seinem Beraterstab erfreuen, zeigt “Sozialdemokrat” Scholz, dass er – im Gegensatz zu seiner Ministerin für’s Äußerste – noch die klassische 180°-Wende, bezogen auf die Geschichte der eigenen Partei, beherrscht:

    “Wir brauchen einen funktionsfähigen Kapitalismus in Europa”.
    . . . . . .

    • * Der YT-Link weigert sich beharrlich gegen das Einfügen

    (Kann Spuren von Ironie enthalten)

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  2. Übrigens ist mir der Spruch des Augustinus allzu sehr auf’s Innerliche gerichtet.

    Um einiges überspitzt polemisch fühle ich mich versucht, dem zu entgegnen: Mag Deine Einschränkung des „allzu sehr“ nicht dadurch sich erklären lassen, dass es uns allen in postchristlicher Zeit zur zweiten Natur geworden ist, uns „allzu sehr“ aufs Äußerliche abgerichtet zu haben, von dem Du am Ende „ZUGLEICH“ einzuräumen Dich bemüßigt fühlst, dass es „als mit den gegebenen Mitteln als nicht unbegrenzt erkennbar“ sich erwiesen habe?

    Schneidest Du mit Deiner Verengung der Dialektik in Augustinus‘ Bekenntnissen auf den einen „Spruch“ nicht die innerlich gespürten Widrigkeiten der äußeren sozialen Verhältnisse seiner Zeit aus, die er vor seiner Richtung auf die Innerlichkeit (oder die Spiritualität) in extenso zur Sprache gebracht hat? Kürzt Du damit nicht den „Spruch“ um den ihn begründenden Kontext, aus dem Du ihn herausreisst?

    Und: Verrät nicht die Tatsache, dass Du der Betonung und Hervorhebung dieses „Spruches“ eine herausragende Bedeutung dadurch verleihst, dass Du ihn wörtlich zitierst als den Gegenstand einer besonderen Kolumne in Deinem Blog, dass er Dich doch mehr bewegt haben mag als Du zuzugeben bereit bist?

    Mag die Art und Weise des Berichts Deiner Enkelin von ihrer Weltreise, der Feststellung von „Überall is Jejend, nischt als Jejend“, an der Du Entscheidendes („Wesentliches“) vermisst hast, nicht dazu (warum eigentlich?) verleitet haben, von Tucholski über Angelus Silesius zu Augustinus eine interessante Rückbesinnungreise in längst vergangene Zeiten anzutreten, deren letztes Ziel Dich gleichzeitig zum ältesten führt, dem Du die Würde des bedenkenwertesten dadurch erweist, dass Du es zum besonders zu Hervorhebenden machst und auszeichnest? Zeigt sich da bei Dir etwa eine Dir speziell eigene Art von „List der Vernunft“?

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