Nicht nur irgendwie links

Früher wurden die Linken als „vaterlandslose Gesellen“ bezeichnet, so als würden sie nicht dazugehören. Umso eifriger haben die so Geschmähten wieder und wieder bewiesen, daß sie Teil des Systems sind und ihren Beitrag zu seiner Stabilisierung leisten. Wiederholt hat sich die Sozialdemokratie als unverzichtbare Retterin in der Not profiliert.

Wer eindeutig zum Ausdruck zu bringen will, daß er das kapitalistische System abschaffen, überwinden will, dem kann eine schwammige Bezeichnung wie „links“ nicht genügen. Solcher könnte sich „revolutionärer Sozialist“ nennen oder auch „Kommunist“.  Das scheinen Begriffe aus versunkenen Zeiten zu sein, und man fragt sich: Werden revolutionäre Sozialisten heute wirklich gebraucht? Ich meine ja.

Die ökonomische Krise, in die der Kapitalismus nach zwanzig Jahren des Triumphs über den Realsozialismus seit 2008 geraten ist, vertieft sich und erweitert sich zur politischen Krise. Krass ist das in Griechenland sichtbar, doch auch in anderen Ländern beschleunigen sich politische Krisenprozesse. Hauptform ist die Beschneidung der bürgerlichen Demokratie und der schrittweise Übergang zu autoritärer Machtausübung. (Das Totalverbot der  Demonstrationen „Blockupie Frankfurt“ ist solch ein Signal aus dem Traumland kapitalistischer Stabilität.) Zwar wäre es fatal, diese politischen Krisenprozesse schon als Existenzkrise der imperialistischen Machtausübung  zu deuten. Nein, die Herren (und Damen) haben noch viele effektive Instrumente der geistigen und physischen Lenkung in Reserve. Aber richtig ist, daß das übliche parlamentarisch-demokratische Spiel an Grenzen kommt. Die Kräfte der progressiven Systemveränderung müssen zur Zerstörung alter parlamentarisch-friedlicher Illusionen beitragen und zugleich die nächsten Schritte neuer Wege klar machen. Nicht „irgendwie links“ zu sein (Hollande, Syriza) ist angemessen, sondern konkrete Maßnahmen zur Beseitigung der extrem-kapitalistischen Ausbeutung sind es, die zugleich Perspektiven in Richtung auf einen antiimperialistischen und antikapitalistischen Ausweg eröffnen. Das ist eine Aufgabe, die nur  revolutionäre  Sozialisten erfüllen können. Darum bemüht sich in Griechenland die Kommunistische Partei.

Wie sollen sie diese Aufgabe erfüllen? Auf Altbewährtes zurückgreifen? Was ist altbewährt? Neue Antworten geben? Welches Neue ist zukunftsträchtig? Vorschläge und Versuche gibt es viele, doch bisher stoßen sie wahrlich nicht auf große Resonanz.

Dafür sehe ich zwei Hauptgründe, einen objektiven: Nach der Niederlage des Realsozialismus erleben/erlebten wir zwei Jahrzehnte der historischen Ebbe. Ja, es war einfach der geschichtliche Augenblick, der sich für revolutionäre Antworten nicht interessierte. Kein Ohr. Verdauung war angesagt. Das müssen auch Revolutionäre akzeptieren. Wenn nicht Aktion, dann Theoriearbeit. Diese Phase des Stillstands, wie gesagt, geht zu Ende.

Der zweite Hauptgrund ist subjektiver Natur und in seiner Bedeutung schwerlich zu überschätzen: Die revolutionären Sozialisten/Kommunisten müssen überzeugende, theoretisch (ich meine, auch philosophisch) begründete Antworten zu den erlittenen Niederlagen finden. (Dazu gehört unbedingt auch die Niederlage von 1933.) Erst dann werden Perspektiven und dann wird politischer Einfluß wieder möglich. Davon sind sie bis heute weit entfernt. Mit 150 Jahren sozialistisch-kommunistischer Bewegung, mit der jahrzehntelangen politischen Praxis des Realsozialismus muß das gesamte Theoriegebäude des Marxismus-Leninismus auf den Prüfstand. Die Aufgabe ist immens. Doch Davonlaufen ist keine Lösung.

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Jemand könnte sagen: Gut gebrüllt Löwe! Wo aber sind Deine Antworten?

Ja, ich will mich um meine Antwortversuche nicht herumdrücken. Im Moment verweise ich auf das Blog „Kritische Massen“, wo viele konkrete analytische Betrachtungen und nützliche Anregungen zu finden sind.

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2 Antworten zu Nicht nur irgendwie links

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