Die zweite Aktionskonferenz des Friedenswinters 2014/15 hat gestern in Frankfurt/M stattgefunden

Für mich war es die erste, denn von der damals in Hannover, im Herbst 2014, hatte ich nichts mitbekommen. Jetzt, in Frankfurt, das war ein positives Erlebnis für mich. Es ging lebendig zu, streitbar bis zu gelegentlichem Chaos aber letztlich doch zielorientiert und im Ganzen solidarisch. 140 Teilnehmer wurden gezählt, ein reichliches Drittel mehr als beim erstenmal.

Nach Diskussion sprach sich eine überwältigende Mehrheit für die Durchführung zweier bundesweiter Friedensmanifestationen aus und zwar am 10. Mai in Berlin aus Anlass des 70. Jahrestages der Befreiung vom Faschismus und am 1. September 2015 zum Jahrestag des Beginns des 2. Weltkriegs. Über weitere wichtige Termine, etwa die Ostermärsche oder den 70. Jahrestag des Abwurfs der amerikanischen Atombombe am 5. 8., bestand Übereinstimmung, dass unbedingt regionale Aktionen in einem möglichst breiten Bündnis aller Friedensorganisationen durchgeführt werden sollen. ALLE Teilnehmer (soweit ich sehen konnte) sprachen sich dafür aus, die Aktionsform „Friedenswinter“ über die genannten Termine hinaus weiterzuführen (unter einem dann passenderen Namen) und weiterzuentwickeln. Die  Weiterführung/Weiterentwicklung soll im Mittelpunkt der 3. Aktionskonferenz Ende Juni/Anfang Juli 2015 stehen und von einer Arbeitsgruppe „Ideensammlung“ vorbereitet werden. Zur Mitarbeit daran meldeten sich spontan mindestens 15 Teilnehmer. Der Koordninierungskreis soll, eventuell erweitert, weiterarbeiten.

Mit diesen Beschlüssen bzw. Orientierungen wurden für die nächste Zeit positive Ergebnisse erzielt. Die Freude darüber sollte nicht darüber hinwegtäuschen, dass grundsätzliche Probleme noch nicht gelöst sind. Ich nenne nur diese drei:

* der Masseneinfluss der Friedensbewegung

* die inhaltliche Qualität des Friedenswinters, Konflikte und Spaltungen innerhalb

* das Getrenntsein von wichtigen Akteuren der traditionellen Friedensbewegung.

* Den ersten Punkt – Massenbewegung – möchte ich vorläufig ausklammern. Zwar haben wir Einfluss darauf. Als wie überzeugend, wie „attraktiv“, werden wir wahrgenommen? Das Massenbewusstsein aber hängt von vielen Faktoren ab und kann von uns nicht einfach durch Argumente und Aktionen geändert werden. (Vergl. z. B.: hier, zu den „Wünschen der Deutschen“.)

* Für zentral halte ich den nächsten Punkt: Die Qualität unserer eigenen Arbeit. Elias Davidsson hat dazu goldene Worte gesagt (sinngemäss zitiert): „Die Friedensbewegung muss eine Strategie haben. Sie darf nicht nur reagieren, sondern muss selbst positive Werte setzen, positive Initiativen auslösen. Gerechtigkeit ist unser oberster Wert!“ Die innere Stärke und die Überzeugungskraft der Friedensbewegung nach außen hängen entscheidend von klaren zivilisatorisch-politischen-geistigen Grundsätzen und Grundwerten ab, die im Tagesgeschehen behauptet werden müssen. Das schliesst offene Abgrenzung ein gegenüber Positionen, die nicht geteilt werden. Aber  – viel zu wenig beachtet – es eröffnet auch Differenzierungsmöglichkeiten. Partielle Übereinstimmungen, die „auf dem Tisch liegen“, machen auch partielle Bündnisse möglich, in denen jeder/jede sein/ihr Gesicht behält.

Ich glaube zudem, dass viele der so verlustbringenden Konflikte zwischen Friedensbewegten viel von ihrer Schärfe verlieren, wenn statt vordergründiger Personalisierung um Inhalte, Grundsätze, Sachfragen gerungen wird.

Ich sehe als Problemkreise, die der gründlichen Diskussion bedürfen, u.a.:

– Gründen wir uns auf einige bestimmte Werte und wenn ja, welche? Sind es, wie vorgeschlagen: „Frieden, Freiheit, Gerechtigkeit“?

– Wie hängt die Friedensfrage mit der sozialen Frage zusammen?

– Wie genau bestimmen wir die Kriegskräfte, die wir überwinden wollen (speziell: Differenzierung der Interessen des amerikanischen und des europäisch-deutschen Kapitals)?

– Wie modern und zeitgemäß und wie konkret ist unser Antifaschismus?

– Welche Position nehmen wir zu Gewalt und Gewaltlosigkeit ein?

– Sind Autorität und persönliche Autoritäten in der Friedensbewegung wünschenswert? Wie entstehen diese, wenn die Friedensbewegung einen konsequent dialogischen Charakter hat? Welche Rolle könnte dabei das Internet spielen?

Ich halte die offene Diskussion dieser (und weiterer) Fragen für unverzichtbar. Aktionstreffen (auch wenn sie über 2 Tage gehen würden) reichen zur Führung solcher Diskussionenen in keiner Weise aus. Es geht um einen längeren Diskussionsprozess, der vorrangig (aber nicht nur) mittels Internet (Internetforum) geführt werden sollte.

* zum oben erwähnte dritten Punkt, dem Getrenntsein von wichtigen Akteuren der traditionellen Friedensbewegung: Ich habe Reiner Braun auf der Konferenz so verstanden, dass es ihm wichtig ist, auf all die bewährten und verdienstvollen Kräfte der traditionellen Friedensbewegung zuzugehen, um die widernatürlichen gegenseitigen Ablehnungen zu überwinden. Ich begrüße diese Haltung und glaube darüber hinaus, dass die vorgeschlagene Qualifizierung und Vertiefung „des Friedenswinters“ Bedenken ausräumen kann und insofern unterstützend wirken wird.

Ich bin bereit, an den skizzierten Prozessen nach Massgabe meiner Kräfte und Fähigkeiten aktiv mitzuwirken.

 

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Ergänzung, heute am 3. April 2015:

Da auf vorstehendes Posting heute im Freidenker-Brief Nr. 3/2015 verlinkt wurde, möchte ich aus heutiger Sicht eine Korrektur und Ergänzung vornehmen. Der Satz: „ALLE Teilnehmer (soweit ich sehen konnte) sprachen sich dafür aus, die Aktionsform „Friedenswinter“ über die genannten Termine hinaus weiterzuführen (unter einem dann passenderen Namen) und weiterzuentwickeln.“ ist nicht richtig. Weder habe ich als Neukommer die Tiefe der Meinungsverschiedenheiten damals mitgekriegt, noch konnte ich von meinem Platz aus Monty Schädels Ablehnung sehen. Und aus seinem Diskussionsbeitrag habe ich merkwürdigerweise seine Ablehnung nicht entnommen.

Richtig ist, dass sich Monty Schädel und andere mit aller Energie für das Ende des Friedenswinters einsetzen. Dazu kann man inzwischen viel nachlesen, auch hier im Blog. Insgesamt wird für diese Diskussion sehr viel aufgefahren, wenn man die begrenzten „linken“ Medienpotentiale bedenkt. Ich bin überzeugt, dass es sich um mehr als „persönliche Animositäten“ handelt, die man am besten „in den Skat drückt“ sollte. Ich nenne einige der Protagonisten (neben Monty Schädel): Jutta Ditfurth, „taz“, „junge Welt“ (Koschmieder, Carlens, Huth), „Zeitung gegen den Krieg“, Otmar Steinbicker („Aachener Friedensmagazin“), „Bund Soziale Verteidigung“ (konkret dazu hier) und weitere.

Haben sich da gestandene ehrliche Friedensaktivisten verrannt? Sind bewährte Friedensaktivisten auf die andere Seite übergelaufen? Beide Fragen erscheinen mir berechtigt, denn Beides gibt es. Und beide Fragen kann ich nicht beantworten.

Was ich tue: 1. Die spalterischen Aktivitäten so klar und prinzipiell, wie möglich, benennen. Nichts unter den Tisch kehren! Und 2. Mich über die finanziellen Bedingungen der Friedensakteure und ihrer Organisationen informieren. „Was tun sie, und wer bezahlt es?“ Hilfreich ist dabei die Datenbank der „Transparenzinitiative Zivilgesellschaft“. Ein Blick zeigt,dass es Friedensorganisationen mit der Transparenz nicht so haben.

Auch der Freidenkerverband hat sich dieser Initiative noch nicht angeschlossen. 😉

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8 Antworten zu Die zweite Aktionskonferenz des Friedenswinters 2014/15 hat gestern in Frankfurt/M stattgefunden

  1. Dian schreibt:

    Danke Opa.
    Friedenswinter ./. Freiheitskämpfer:
    “Wenn es uns gelingt, in Spanien (heute: Ukraine – Anm. Dian) den Faschismus zu schlagen, dann gibt es vielleicht eine Chance, dass man den grossen Krieg verhindert”. Weiter dazu:
    http://vineyardsaker.de/video/ihr-seid-die-geschichte/
    (sehr lesenswerter Artikel von Dagmar Henn)

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  2. Dian schreibt:

    „Der Gründer und Vorsitzende des führenden privaten US-amerikanischen Think Tanks ‚STRATFOR‘ … George Friedman bestätigte am 4. Februar 2015 vor dem „Chicago Council on Global Affairs“, dass die USA seit mehr als 100 Jahren eine deutsch-russische Zusammenarbeit mit allen Mitteln verhindern wollen.“
    „Das Hauptinteresse der US-Außenpolitik während des letzten Jahrhunderts, im Ersten und Zweiten Weltkrieg und im Kalten Krieg waren die Beziehungen zwischen Deutschland und Russland. Weil vereint sind sie die einzige Macht, die uns (hier: die USA) bedrohen kann.“
    Friedman, ein mir bis dahin Unbekannter, öffnete mir vermittels Alexandra Bader von http://www.ceiberweiber.at und Albrecht Müller von den Nachdenkseiten die Augen:
    http://www.ceiberweiber.at/index.php?type=review&area=1&p=articles&id=3359

    Nachtrag zur Friedman-Rede im Beitrag „Der Tod kommt aus Amerika …“

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