Netzwerkbetrachtung – Josef Joffe, „Die Zeit“

Das Thema „Mollath“ ist auch das Thema „Psychiatriemißbrauch“. Keiner zweifelt daran. Es ist wohl auch das Thema „Justizwillkür“. Das tritt momentan etwas in den Hintergrund. Man kann nicht alles gleichzeitig „auf der Kirsche“ haben.

Vor zehn Jahren freilich hatte Mollath ein ganz anderes Thema. Da fielen die Begriffe „Banken“, „Steuerhinterziehung“, „Schwarzgeld“; sogar ein Name, der zum Begriff wurde, „Diehl“. Mollath, so will ich meinen, hat all das im Auge. Vor dem Untersuchungsausschuß des bayerischen Landtags erwähnte er belastendes Material, das deponiert sei. Die Namen Serge Klarsfeld und Jean Ziegler fielen. Ich mag das nicht für einen Irrtum halten.

Für den einsamen Kämpfer gegen die Machenschaften der Finanzmachthaber können investigative Journalisten ein Segen sein. Jeder Mollathunterstützer weiß um die überragende Rolle, die das Öffentlichwerden des Revisionsberichts der HVB für die gesamte Dynamik des Mollathskandals hatte.

Ein bestens vernetzter Medienmacher, der Entscheidendes zur Aufklärung dunkler Winkel der Macht beitragen könnte, ist Josef Joffe. Wenn ich die Netzwerkanalyse von Uwe Krüger zugrunde lege – „Meinungsmacht. Der Einfluss von Eliten auf Leitmedien und Alpha-Journalisten – eine kritische Netzwerkanalyse“, ist (oder war) Joffe in wenigstens 20 der hochkarätigsten Gremien vertreten. Und wie es der Zufall will trifft er dort ständig auf allerbeste „Quellen“, Chefs der HVB, der HRE, Siemens, BMW usw.

Ausgerechnet in den „Mollathjahren“  2001 bis 2005 war er Mitglied im halbjährlich tagenden, neunköpfigen Beraterkreis der HVB, nämlich in deren „Europäischem Beirat“. Aufgabe war klar: „die Hypovereinsbank über die wichtigsten bankwirtschaftlichen, wirtschaftspolitischen und gesellschaftlichen Entwicklungen in den einzelnen Regionen, in denen die HVB Group tätig ist, zu beraten und Beziehungen in diesen Regionen aufzubauen“ (Krüger S.360). (Nebenbei gesagt: Krüger gibt natürlich die zugehörigen Internetlinks für seine Aussagen an,… die größtenteils nicht mehr aktiv sind. Von wegen: „Das Internet vergißt nichts“. Ich glaube, das Internet vergißt sehr gezielt. Also sollten bei Netzwerkrecherchen im Internet unbedingt Screenshots angefertigt werden. Hier ist übrigens ein noch aktiver Link aus dem die Zusammensetzung des genannten Beirats hervorgeht.) Wer Lust an der Groteske hat, mag sich ausmalen, wie Maske und Maske rackern, um den Orientierungen des Joffe-Beirats nachzukommen.

Dann gibt es aber noch etliche weitere Organisationen in denen sich Joffe mit Leuten aus dem nämlichen Stall „herumschlägt“, nun in Gestalt von Chefs aus dem HVB-Meisterstück HRE. Sei es die „American Academy in Berlin“, der „American Council on Germany“ oder – besonders pikant – der „Council on Public Policy“. Der hat sich nämlich das Ziel gesetzt, „individuelle Freiheit zu stärken, indem es für freiheitliche, marktorientierte Prinzipien in Politik und Gesellschaft eintritt…“. Im zwölfköpfigen Kuratorium dieses Council saß Joffe neben solchen Kämpfern für individuelle Freiheit, wie v.u.z. Guttenberg und dem Aufsichtsratsvorsitzenden Viermetz der HRE. Und wo? Gustl freu Dich: Das ganze ist ein Think Tank bei der Universität Bayreuth.

Eigentlich liegt es in der Luft, daß Joffe bzw. sein Blatt sich aus aktuellem Anlaß dem Spendenproblem zuwendet. Die Wege zu Frau Klatten, BMW, sind kurz. Man kennt sich aus denselben Gremien, wie z. B. dem o.g. Europäischen Beirat. Doch was tun, wenn die Quandts Spielverderber sind? Lieber erstmal klein anfangen? Man könnte sich diese Mollathkrakeeler zur Brust nehmen. Haben die sich nicht sogar beim Presserat über die „Zeit“ beschwert?

Wie wär’s mit: „Mollath der Held und seine zwölf Unterstützerschurken“.

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9 Antworten zu Netzwerkbetrachtung – Josef Joffe, „Die Zeit“

  1. Bert schreibt:

    Eine Bekannte hat wegen des Interviews mit Herrn Strate ihr Zeit-Abonnement gekündigt.
    Professionell, wie es sich für Firmen gehört, kam dann von ‚einfachen‘ Sachbearbeitern eine astreine Weiterleitungsbenachricht. Die in der Kündigung enthaltene Beschwerde wurde also gelesen und sogar an entsprechende Ressorts weitergeleitet.

    Dann allerdings kam ein Schreiben von der stellvertretenden Chefredakteurin, Frau Rückert selbst, und was Art und Weise betrifft, Form wie Inhalt: intellektuelle Beleidigung.
    Die verdient wahrscheinlich ein zigfaches der Sachbearbeiter, aber bringt es nicht fertig, klar und sauber, sachlich-freundlich, inhaltlich einen korrekten Antwortbrief mit Bezug auf Beschwerdevorwürfe, zu verfassen; Verpflichtungsgefühl zu tadelloser Repräsentanz des Unternehmens Die Zeit? Nicht einmal das. Stattdessen eine dreist-dümmliche Arroganz, und die inhaltliche Rechtfertigung des Interviews allein über die Form ‚Interview‘. Mehr mit eigenen Projektionen beschäftigt, sodass da sachliche Auseinandersetzungen nicht wirklich intellektuell richtig erfasst werden. Peinlich? Dreist? Hilflosigkeit? Überforderung?

    Entweder die Frau ist unverschämt dumm, wenn sie sich selbst solch unreif-kindisch-zeitfeministischen Unfug glaubt und sich so billig gerechtfertig wähnt, oder aber sie will so dümmlich unverschämt sein. Jedenfalls ist das Niveau der Feministenclique nicht zu unterbieten. Reine Sophisterei mit übelstem Mundgeruch. Und die Zeit lässt das durchgehen.

    Ich selbst lese die Zeit schon länger nicht mehr, denn die offensichtlich gewollte feministisch verwöhnt-durchtränkte Ideologisierung widern ‚mit der Zeit‘ einfach nur noch an.

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  2. Euler Hartlieb schreibt:

    Feminismus ist fuer mich die Formulierung von Menschenrechtsanspruechen von Frauen:
    also doch emanzipatorisch. „Anti“-Feminismus daher anti-emanzpatorisch.
    Ideologie ist fuer mich die bewußt und systematisch falsche Darstellung von Sachverhalten und Wirklichheit: also antiemanzipatorisch.
    Ihre Formulierung passt fuer mich auch durch den Zusatz „verwoehnt-durchtraenkt“ nicht zusammen. Oder kann man das auch anders sehen?
    P.S.: Damit habe und wollte ich kein Wort ueber Frau Rueckert sagen oder gesagt haben.

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    • Bert schreibt:

      Ich sehe das etwas anderes.
      So ein harmloses ‚=‘ Zeichen kann in zwei Richtungen gelesen und als Definition verstanden und gebraucht werden, weswegen es mir auch mit dem gehandhabten Anerkennung von Rechtsanspruch bzgl. Nichtmenschen (Abtreibungstötungen; dieses Fass will ich hier und jetzt nicht öffnen, sondern erwähne es, um den tiefen Ernst oberflächlich wirkender Worte anzudeuten) immer ganz übel wird: Frauenrechte=Menschenrechte.
      Ich denke, Frauen sollten sich damit begnügen allgemeine und nicht besondere (auf ihr genital selektiertes und bevorzugtes/geschütztes) Menschenrechte zu beanspruchen.
      Als Beispiel: Ich und viele andere haben Wehr“’dienst“‘ geleistet: Soviel Entzug an Grundrechten und Unfreiheit – staatlich/gesellschaftliche Diskriminierung – wird keine Frau hier in unserem Land erleiden müssen. Wenn doch, dann privater Natur, und wenn dem so ist, dann hat die ganz andere Probleme, als ‚Feminismus’…

      Jeder versteht natürlich unter Feminismus etwas anderes. Wollte man es so ‚gutgläubig‘ benutzen wie Sie es hier vorschlagen, dann würde ich Ihnen zustimmen.
      Aber ich sehe hinter dem Anspruch von Feministen einen kleinen (berechtigten, teilweise längst umgesetzten, und zwar gerade bei jenen, die das Wort im Munde führen) Realanteil und einen erheblichen ideologischen Anteil.
      Dieses Verhältnis lässt sich (tendenziell) doch recht genau benennen: 3-5% zu 95-97%
      Abtreibungen (was für ein Euphemismus) werden in einem abgesichersten und reichsten Land (übriges mehr als in Indien Frauen vergewaltigt werden, nur mal so nebenbei) mit ursprüngliche Begründung (Vergewaltigung/Eigenschutz) nur ganz wenige – der Rest duldet an rechtsstaatlichen Prinzip gerade mal ein Beratungsgespräch.

      Will man als Mann aber nicht zum Mörder werden, und keinen Dienst an der Waffe tun, dann reicht für den Nichttötungswunsch kein Beratungsgespräch aus. Das zum Vergleich. Man könnte das als Definition von Perversion hernehmen.

      Und eine Anmerkung: Feminismus wird oft mit Emanzipation assoziiert. Und Emanzipation mit ‚gleiche Rechte‘ (aber nicht gleiche Pflichten, zumutbare Lasten) – von Frauen.
      ‚Jeder‘ Mann weiß: Emanzipation heißt Abnabelung, Entwöhnung, nicht das Anpenetrieren eines allumsorgenden Nabels, sondern…

      Bevor jetzt die Ächtungen losgehen:
      Ich lebe selbst mit einer Frau zusammen, die nicht nur sprichwörtlich vom Land und als x.tes Kind aufgewachsen ist, und trotz bestem Abitur in der Familie natürlich in eine Ausbildung gedrängt wurde. Medizinstudium – Traum ade.
      Also Lehre…
      Emanzipationsschritt: 1. Studium (inkl. Kompromiss/Loyalität zu den Eltern: natürlich Lehramt) mit Aufnahmeprüfung= Leistung und nicht Quoten-Brust.
      Emanzipationsschritt: 1.Studium mit Erweiterung Mathe
      Emanzipationsschritt: 2. Studium, Erweiterung zum Diplomstudium gemacht: Diplom-Mathematik.

      Ich glaube behaupten zu können, nicht nur am eigenen Leib gewisse Erfahrungen und böse patriarchale Kräften (interessanter Weise oft von (gläubigen) Frauen ausgeübt) kennengelernt zu haben, sondern auch im Allgemeinen für diese Problematik sensibilisiert zu sein, und konsequent mit meine Frau darin begleitet zu haben.

      Feminismus und die Schlägertrupps wie #Aufschrei haben wahrscheinlich noch keinen einzigen Menschen zu Mündigkeit geführt.

      Das ist zumindest meine Meinung darüber, und ein Exempel, dass man das auch anders sehen kann. Und was meine Aussage zu den Tinas und Sabine bei der Zeit betreffen: das kann jeder selbst für sich verifizieren/falsifizieren.

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    • Dian schreibt:

      Wenn Feminismus seinen Sinn und Nutzen aus der „Formulierung von Menschenrechtsanspruechen von Frauen“ ableitet, dann bräuchten wir wenigstens zwei Menschenrechtsdeklarationen oder gar noch welche für Schwarze, Schwule, Kinder oder sonst noch weitere. Ich bin davon überzeugt, dass die Menschenrechte für alle Menschen gleichermaßen gelten. Dieser Logik folgend ist jede „besondere“, gruppenspezifische Formulierung von Menschenrechten eine Spaltung und Begründung für das Prinzip divide et impera. Und genau da darf getrost der Feminismus eingeordnet werden.
      Wenn diese meine Meinung als antifeministisch verunglimpft werden wollte, dann wäre „Antifeminismus“ progressiv, was er nicht an sich ist, ebenso wenig wie der Feminismus selbst.
      Die Formulierung von Menschenrechten ist selbst noch nicht emanzipatorisch, vielleicht die Anerkennung dieser, ganz gewiss die Durchsetzung derer Geltung – bitte für alle gleich und deshalb gemeinsam, Mann und Frau, Kind und Greis, Rot und Schwarz, Weiß und Gelb …

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  3. Euler Hartlieb schreibt:

    Haben Opa und Wolff-Blog eine leicht „feminismusskeptische“, kritische Grundhaltung als eine Gemeinsamkeit?

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