MEIN TAGEBUCH 1. Tag: Etappe Berlin-Stettin

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7. August 2016

10 Uhr:

Am Starttag vor dem Start.

Noch sitze ich am vertrauten Platz im vertrauten Dörfchen nahe beim Städtchen. Mit der P(l)ackerei ging es gestern zu Ende. Alles ist bereit. Die Merklisten sind abgearbeitet, bis auf die letzte. Über der steht: „Letzter Poeng“, mit der letzten Zeile „Computer mit Netzteil“. Das wäre der Brüller, zum Schluss das Lebenselixier, die Kommunikationszentrale, zu vergessen.

Rasieren steht noch an. Dann darf der Bart 14 Tage wachsen – Rasierer eingespart. Fressage für unterwegs muss noch eingepackt werden, vier Brötchen vom Lieblings-Biobäcker. Das fünfte wurde gestern Inca, unsere Eurasierin, überlassen. Dafür musste sie ihre große Wasserflasche, die Trinkreserve aus dem Auto, rausrücken, damit Herrchen unterwegs immer versorgt ist.

Der Garten wird eine Woche verwaist sein. Tomaten und Physalis unter dem Trockendach kriegen noch einmal richtig Wasser. Dann müssen sie durchhalten. Den frisch pikierten Endivienpflänzchen kann ich nur die Daumen drücken, dass Sonne und Regen im richtigen Wechsel kommen und vor allem, dass sie nicht von den Schnecken entdeckt werden.

Das unsichtbare Drumherum um die Friedensfahrt, das auch geregelt sein will.

Vor dem Einschlafen gestern habe ich weiter „im Rogowin“ gelesen. Den zweiten Band habe ich fast durch…. Vielleicht wird ja am 13.8. beim Konzert in St. Petersburg auch die Gruppe „Dekabr“ auftreten, und vielleicht werden wir gemeinsam „Dubinuschka“ singen, das „Knüppelchenlied“. Dort heißt es an einer Stelle, gerichtet an das große russische Volk: „Позабудь свое горе кручину – Vergiss Dein Leid, Deine Trauer.“

Heute aber ist es noch nicht soweit. Heute um 13 Uhr treffen wir uns am Brandenburger Tor, um 15 Uhr startet das Event und dann…

Hier ist der Plan von heute:

Plan 7.8.

23.41 Uhr,

der 7. 8., unser Starttag ist so gut wie vorbei.

Der erste Widerspruch ist zu melden:

Wir sind kaum losgefahren, ich hab‘ noch mit kaum Jemanden geredet (bin von Natur zurückhaltend) und doch geht schon „“des Herz voll ist, der Mund über“. Allein was ich hier im Vorbeigehen aufschnappe, im Danebensitzen mitkriege, beeindruckt mich (in Jugendsprache: „ist der Wahnsinn“). Es könnte sein, dass diese Gruppe ein außergewöhnlicher Schmelztiegel von Wissen, Erfahrung und Überlegen ist-

Neben mir (im Bus) sitzt Einer, der kommt aus Oberstaufen (spricht genau wie mein Nachbar zu Hause). Robben kommt aus dem Saarland. er ist der Einzige von dort. Vor mir sitzt ein älteres Paar, der Sprache nach aus Österreich, dem Duktus nach der humanistischen Bildung hold. Er beugt sich nach rechts zu seiner (durch den Gang getrennten) Nachbarin. Sie kommt aus Nazareth, spricht arabisch, hebräisch, englisch und gut deutsch. Ich kann nicht genug die Ohren spitzen. Zumal hinter mir ein lautes Gespräch im Gange ist über in Morkau gebuchte oder nicht gebuchte Hotels.

Und damit habe ich zum zweiten beobachteten Widerspruch übergeleitet:

Hier gibt es anscheinend eine frappierende Mischung von präziser Organisation im Grundsätzlichen und Improvisation, um nicht Chaos zu sagen (wie der Busfahrer), in vielen Details. Das funktioniert nur, wenn die Leute bereit sind, aufgeweckt mitzuarbeiten. Hier funktioniert.

Ungewöhnlich, dieser Tagebuchbeginn. Leser/Leserin erfährt kaum Sachfaktisches. Ganz wenig davon (wenig, weil es jetzt schon 0.11 Uhr ist und der Wecker meldet sich gegen 6.30 Uhr): Wieviel Leute waren zum Startevent gekommen, 600, 800, gar tausend? Es war eine schöne Atmosphäre und politische Klarheit. Davon berichten andere Alternativmedien ausreichend, auch hier. Es gab überraschende schöne Momente – als, ganz altmodisch, die Friedenstauben losflogen. (Mir ist sogar ein Bild gelungen.) – als plötzlich der „Friedenszug“ mit TeilneherInnen von groß bis klein bis ganz klein auf der Bühne stand – eine (christliche?) Friedensinitiative, die vor einer Woche zum ersten Mal von  unserer Friedensfahrt hörte und sich dazu bekennen wollte….. Ich werde mehr über sie erfahren.

Friedenstauben 1 (rechts Willy Wimmer)

Friedenstauben 1

Friedenstauben 2 (Leute, nun verlangt nicht auch noch Bildbearbeitung.)

friedenstauben 2

Organisationstreff auf dem Parkplatz nahe Stettin (in der DDR schrieben wir immer korrekt „Szczecin“)

Organisationstreff Parkplatz vor Stettin

nachtaktiv

nachtaktiv

Einige weiterer Bilder hier:

https://goo.gl/photos/wfQQ6FMorUrrfkAq9

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2 Antworten zu MEIN TAGEBUCH 1. Tag: Etappe Berlin-Stettin

  1. Theresa Bruckmann schreibt:

    Klasse! Freue mich auf die Berichte!
    Ich wär‘ ja so gern dabei! (Wegen meines gesundheitliches Handicaps fehlt mir aber die Traute).

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  2. Theresa Bruckmann schreibt:

    Danke, sehr eindrucksvoll!
    Danke auch für den LINK zur Willy Wimmer-Rede. Mit dem Hinweis auf Kants „Habe Mut, Dich Deines eigenen Verstandes zu bedienen – und das als Transparent vor dem Kanzleramt und als Motto fürs Parlament, lief er wieder einmal zu Hochform auf.
    Hinzufügen möchte ich noch diesen LINK, auf dem die fröhliche Stimmung so gut rüberkommt:

    https://deutsch.rt.com/kurzclips/39871-friedensfahrt-nach-moskau-gestartet-/

    und
    http://www.druschba.info/
    für jene, die noch mehr Infos möchten.

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