Nachdenklich zur Montagsdemo

Gestern war Ostermarsch in Berlin. Obwohl ich die feste Absicht hatte, habe ich nicht teilgenommen. Es kam etwas Zwingendes dazwischen, das ich nicht beeinflussen konnte. Morgen gehe ich zur Montagsdemo am Postdamer Platz. Auch diesmal hab‘ ich paar Schwierigkeiten meine Teilnahme zu sichern, aber es wird klappen. Muß klappen, denn nach all der Montagsdemo-Virtualität brauche ich die Rückmeldung von einer realen Demonstration realer Menschen.

*** Seit einigen Tagen habe ich mich viel auf der Facebook-Seite zur Demo umgesehen und auch angefangen, mich aktiv zu beteiligen. Fast als erste „Begegnung“ stieß ich auf das Video eines Nazi-Duos, Gitarre und Gesang, das für seine deutsche Heimat plärrte und irgendwann mit dem Satz „Und Zion will Dein Gold.“ jeden Zweifel ausräumte. In etwa einer halben Stunde gab es etwa acht Kommentare, verurteilende, fragende, verteidigende. Ich drückte meine Meinung in zwei K0mmentaren drastisch aus. Danach war das Video samt Kommentaren verschwunden und blieb es.

Ich machte in zwei Postings Vorschläge, einen der gegen die Unterstützung der Putschistengewalt in der Ukraine durch die BRD-Regierung gerichtet war und einen, der zur Teilnahme auch an den Ostermärschen aufforderte. In beiden Fällen gab es einige Reaktionen, sowohl pro als auch contra. Bemerkenswerte Argumente waren, dass man „für“ etwas sei und nicht „gegen“, also auch nicht gegen die Bundesregierung, sowie, dass die FED die eigentliche  Bestimmerin sei und man sich nicht mit den Marionetten (Bundesregierung) anlegen solle. Die Teilnahme an Ostermärschen wurde „aus persönlichen Gründen“ abgelehnt. Ich bemerkte , dass in dem (unübersichtlichen) Facebook-Stream Beiträge, die zu konkreten Friedensaktionen in der Ukrainefrage aufriefen, eher wenig Resonanz fanden. Insgesamt ist auf Facebook ein breites Themenspektrum sichtbar. Sehr viele Beiträge und Kommnentare wehren sich gegen Antisemitismusvorwürfe und gegen die Vorwürfe rechts und völkisch zu sein. Beiträge mit Vorschlägen, um die Friedensarbeit voranzubringen fehlen nicht, laufen aber Gefahr in der schieren Masse der (meist kurzatmigen) Wortmeldungen „untergemüllt“ zu werden.

Kurz, der über Facebook gewonnene Eindruck ist durchwachsen. Und die zahlreichen Bekundungen von Euphorie wirken meiner Euphorisierung durchaus bremsend entgegen.

*** Da mir die Facebookseite nicht genügend Informationen bot, habe ich mich ein wenig an die Namen der „Macher“ gehalten; wobei es offiziell eigentlich nur einen Macher gibt –  Lars Mährholz. Er wird so aufdringlich als „ganz normaler Bürger“ vorgestellt (auch von Ken J.), dass ich mich unwillkürlich fragte, ob das wirklich so ist. L.M. ist Eventunternehmer, Fallschirmspringer und politisch erst seit wenigen Monaten stärker engagiert. Wenn ich mir die Bilder seines Facebookprofiles vergegenwärtige, nehme ich ihm ab, dass er aus einer Scene des Fun-Lebens kommt und dass es vor einigen Monaten bei ihm „geklingelt“ hat: Aha, das Leben ist mehr „als wie nur Tennis“. Das könnte eine Erklärung für die bemerkenswerte Einengung auf das FED-Thema sein. So sehe ich Lars Mährholz eher nicht als den, der weitreichende geistige Orientierung gibt, wohl aber als denjenigen, der die Initiative ergriff.

Fragwürdig als geistige Orientierung sehe ich auch Jürgen Elsässer, wie bereits hier kurz erwähnt.

Bleibt Ken Jebsen, den manche ob seiner schnellen Denk- und Sprechweise als bedrängend empfinden. Ich habe dieses Problem nicht, da mir die Denkweise und Problemsicht Ken Jebsens aus eigenem Nachdenken vertraut sind. Auch wenn ich meine, psychische Eigenheiten öffentlicher Personen sollten nicht über Gebühr  gewichtet werden, möchte ich doch festhalten, dass es neben den vielen hervorragenden Interviews Ken Jebsens ein mißlungenes gibt. Ich meine das Gespräch mit der zehnjährigen Emily, in dem der Interviewer das selbstbewußte Mädchen kleinlich-übergriffig zu den gewünschten Aussagen drängt.

Ich habe mich der öffentlichen, politischen Figur Ken Jebsen bisher langsam angenähert. Sein jüngster Vortrag über Medienmanipulation rundet für mich das Bild. Ich gehe nicht mehr davon aus, dass K. J. ein mehr oder weniger eklektisches Gemisch von Positionen vertritt, sondern glaube jetzt, ein in sich stimmiges Konzept zu erkennen zu der Frage, wie der Mensch heute seine gesellschaftliche Verantwortung wahrnehmen sollte.

*** Wenn ich über die Montagsdemonstrationen nachdenke, spielen unvermeidlich die Reaktionen von dritter Seite eine beträchtliche Rolle. Denn sie sind vielsagend.

– Bemerkenswert ist die zunächst 100%ige Informationsblockade durch alle Medien. Dieses „zunächst“ gilt fast bis zum heutigen Tag, denn wenn auch inzwischen die Montagsdemonstrationen in einigen Medien ein Thema sind – einfache INFORMATION darüber findet nach wie vor fast nicht statt.

– Bemerkenswert sind die äußerst scharfen Angriffe von linksradikaler und linker Seite gegen die Montagsdemonstrationen. Zentrale Schlagworte sind „Antisemitismus“, „Verschwörungstheorie“, „Antiamerikanismus“. Die argumentative Qualität dieser Angriffe steht in umgekehrtem Verhältnis zu ihrer Heftigkeit, die manchmal an Hysterie grenzt. Es ist mit Händen zu greifen, dass die neuen Montagsdemos Faulstellen traditionellen Linksseins rücksichtslos aufdecken.

– In den Montagsdemonstrationen mit ihrem (wenn schon Schubfächer sein müssen) bürgerlich-demokratischen Charakter einschließlich utopischer Elemente, kommen volksdemokratische, klein- und mittelbürgerliche Interessen kämpferisch gegen das Ganz Große Geld  (GGG) gerichtet zum Ausdruck. Dabei werden Ideen vertreten, die seit geraumer Zeit in vielen Zirkeln und Szenen entwickelt wurden und sich der traditionellen Einteilung in „links/rechts“ entziehen. Es kommen aber auch Auffassungen zum Ausdruck, die sich an verschiedene rechtskonservative Positionen anschließen.

*** Mein Nachdenken über die Montagsdemonstrationen hat ein auffälliges Leerfeld: Was sagen die Demonstranten selbst?

Morgen ist Montag und Demo am Potsdamer Platz. Ich werde versuchen, das Leerfeld zu füllen.

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Update 21. 4.:

– Was im Text nicht zum Ausdruck kam: Ich war auch schon Teilnehmer einer Montagsdemo, eben nur einer (am 7.4.).

– Zu dem was ich mit „Faulstellen des traditionellen Linksseins“ umschrieben habe: Ich meine es geht im Wesen darum, dass das marxistisch-leninistische Denken seit den achtziger Jahren des 20. Jahrhunderts die Weltgesellschaft/die Menschheit nicht mehr „auf den Begriff gebracht“ hat. Im Kern heiβt das: Das schrittweise Aufkommen des US-basierten Monoimperialismus, das heute nicht vollendet aber fortgeschritten ist, wurde nicht analysiert, kritisiert und der linken Politik zu Grunde gelegt. (Interessante Lektüre hierzu: Peter Priskil, „Der kalte Krieg. Wie der Monoimperialismus in die Welt kam.“)

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16 Antworten zu Nachdenklich zur Montagsdemo

  1. theben1986 schreibt:

    Hallöchen.

    Sehr schade, das es hier noch keine Kommis gibt bisher! Ich versuche das mal auszubessern. Übrigens bin ich einer von „Den Demonstranten“ und kann vielleicht sogar schon ein Teil des Leerfeldes auffüllen.

    Ersteinmal; Ich (und wir alle) schulden Ihnen schon großen Respekt alleine dafür, das sie uns mit gesunder Kritik, aber unvoreingenommen begegnen. Danke! Ein herzliches ernstgemeintes Danke! Denn erschreckender Weise ist ihr Weg nicht mehr selbstverständlich.

    Vor drei Wochen hätte ich nicht geglaubt, das so etwas, wie mit uns gemacht wird, in der Art und Weise in Deutschland überhaupt möglich sei. Ich wurde eines besseren belehrt!

    Mir persönlich ist jedenfalls weder auf den Demos an sich, noch im Web „antisemitisches“ oder „rechts-esoterisches“ Gedankengut untergekommen. Nicht von Seiten der Mahnwachen oder deren Teilnehmern. Zugegebenermaßen gibt es einige bei uns die sehr konservativen Gedanken nachgehen (BRD-GmbH als Beispiel) aber ist das nun rechts, oder gar rechtsradikal? Hmm… das kommt drauf an, wie weit Links man steht, würde ich behaupten.

    Fakt ist, selbst die Menschen, welche dem Konservativen hinterher hängen sind nur ein ganz kleiner Teil. Und es sollte auch jedem einleuchten, das bei einer Bewegung die – zumindest auf Facebook – die 10.000 umfasst, man nicht immer einer Meinung sein kann. Es werden unterschiedlichste Meinungen vertreten. Vom Linken bist ins Rechte Spektrum hinein. Und das ist gut so! Bei uns hört jeder, jedem zu und bildet sich daraus seine eigene Meinung. Meiner Ansicht nach ist das ein „Ideal“ das hoffentlich erhalten bleibt.

    Was es auf gar keinen Fall gibt, das ist Faschismus innerhalb der Bewegung! Faschismus jeder Art ist unerwünscht. Auch wenn uns gerne Faschismus unterstellt wird.

    Wir alle sind einfach nur Menschen, die mitbekommen haben das Irgendetwas falsch läuft. Gehörig falsch. Manche sind noch sehr orientierungslos. Andere schon ziemlich konkret und sauer. Die ganze Bewegung steckt noch in den Kinderschuhen und hat sich noch nicht zur Gänze definiert. Das wird sie erst in den nächsten paar Wochen.

    Die große Gefahr ist, das gerade durch die Haltung der Medien und der linken Szene uns gegenüber Nazis, NPD und Rechtsradikale geradezu in unsere Reihen hinein gedrängt werden. Auf uns aufmerksam werden. Das will bei uns wirklich Niemand.

    Ob das bewusst provoziert wird um uns im Keim zu ersticken? Tja… die Frage habe ich mir in der Tat auch schon gestellt…

    Ich wünsche einen tollen Tag bei der Berliner Mahnwache, gutes Wetter und frohe Ostern!

    Ben

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    • kranich05 schreibt:

      Hallo Ben,
      Dein Kommentar hat mich zu einem kurzrn Update veranlasst.
      Du fragst: Ob dass bewusst provoziert wird,…- eine, wie ich finde, sehr berechtigte Frage. Man sendet nichts über das Ereignis aber die Polemik der Jutta Ditfurth dagegen. Da zeigt sich übelste Regie. Leben (Montagsdemo) und Links (Ditfurth) wezrden aufeinander gehetzt.

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    • kranich05 schreibt:

      Erst jetzt, nach Deinem und meinem Kommentar habe ich Ralf Schurigs (Er ist aktiv als Montagsdemo-Organisator) Entschuldigung für einen von ihm verbreiteten Beitrag (Facebook) gelesen. Dieser Beitrag kommt als Israel-Kritik daher, ist aber antisemitisch-hetzerisch. Damit hat sich Schurig für eine verantwortliche Mitarbeit disqualifiziert und muss aus den Organistionsgremium zurücktreten!
      Das ist eine Nagelprobe!

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      • theben1986 schreibt:

        Hallo Kranich.

        Ja das habe ich auch gesehen und war nicht unbedingt begeistert davon. Das war so ein „Kopf auf den Tisch Moment“! Doch muss ich die Frage stellen: Ist ein einzelner Fehler einer Person, die ansonsten tolle Arbeit leistet und welche auch zu ihrem Fehler steht – im Bewusstsein an Vertrauen und Achtung zu verlieren und sich enormer Kritik auszusetzen – ein Ausschlusskriterium? (Er hätte es ja auch einfach löschen und leugnen können – ohne die Entschuldigung hättest du das vielleicht nie mitbekommen).

        Ich kann solche Fehler nicht gutheißen! Doch ich kann sie verstehen. Es geistern so viele Links herum und bei einigen musste ich bei mir selbst feststellen: Ich habe erst auf den zweiten Blick erkannt, das es keine begründete, gerechtfertigte Kritik ist – sondern tief-braune Scheiße. Man muss sehen: Wir sind alle Menschen, die bis vor 3 Wochen überhaupt nicht auf dem Schirm hatten was linksradikal oder rechtsradikal bedeutet. Wie dort gearbeitet wird. Was Schlagworte sind. Wir sind normale Leute, die zwar keine Nazis mögen… für die das Thema aber damit auch gegessen war „Ich mach mein Kreuz auf dem Wahlzettel eben nicht bei der NPD, die sind Kacke“ Also 95% der Leute haben sich im Leben nicht mehr Gedanken um Rechts gemacht, als diesen Satz.

        Ralf ist einer von denen – ich weiß das, denn ich habe viel mit ihm zu tun (ich bin auch im Orga-Team *zwinker*) – die jeden Tag und seit Wochen 15 Stunden und Mehr in all das Investieren. Bisher ohne solche Fehler. Macht also das unaufmerksame Teilen eines falschen Links – das dauert 5 Sekunden – 3x 7x 15h wertlos?

        Fehler sind Menschlich. Daran wachsen wir. Daraus lernen wir. Dadurch werden wir besser. Man muss sie auch vergeben können und den Menschen ihre Chance geben. (Nicht vergessen, doch vergeben).

        Wenn er sich so einen krassen Fehler ein weiteres mal leistet, dann würde ich ihm auch dringend raten aus der Orga auszuscheiden. Ich will hier keinen generellen Freibrief erteilen, versteh mich bitte nicht falsch.

        Ich versuchte dir eine Perspektive von innen zu verschaffen, damit du die Situation aus verschiedenen Blickwinkeln betrachten kannst. Und dein Urteil über uns vielleicht nicht davon abhängig machst, ob Ralf bleibt oder nicht.

        Liebe Grüße,
        Ben

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        • kranich05 schreibt:

          Hallo Ben,
          danke für Deinen bedenkenswerten Kommentar. Ich werde ihn tatsächlich bedenken, darüber schlafen. Unabhängig davon war mir bereits eben bei der Rückfahrt klar, dass ich das Thema „Schurig“ nicht selbstgerecht abbreche (nach dem Motto: Alles klar, Fall für mich erledigt.) Aber auch, dass ich ihn (und Euch) aus der Nummer nicht so leicht herauslasse. Vielleicht werden wir tatsächlich alle ‚was davon haben.
          Meine Rückfahrt war übrigens von der Demo/Mahnwache.

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          • theben1986 schreibt:

            Hallo Kranich,

            das freut mich doch erst mal 🙂 Wie waren denn die Eindrücke der Mahnwache?
            Glauben sie mir, der Ralf bekommt von interner Seite schon ganz schön was zu hören. Meiner Meinung nach schadet es auch nicht, wenn er (und Andere die in solche Fettnäpfchen treten) auch von externer Seite ordentlich was zu hören bekommen 😀 Solange es fundiert, berechtigt und konstruktiv ist.

            Das Problem dabei ist, das wir so sehr unter Feuer genommen wurden in den letzten Wochen mit vollkommen unberechtigter Kritik und an den Haaren herbeigezogenen Argumenten, das sehr scharf von allen Seiten darauf reagiert wird. Die Leute liegen mit ihren Nerven blank, das merkt auch jeder sehr schnell, der versucht sich konstruktiv an Diskussionen, Kritiken zu beteiligen. Das wundert mich aber nicht wirklich. Wer lässt sich schon gerne über Wochen als Nazi, Rechtsesoteriker, Neurechter, Antisemit etc. etc. beschimpfen? Und dann auch noch von Leuten wie der Jutta Ditfurth und sogar den öffentlichen Medien… das ist Mobbing in reinster Form. Und manche reagieren darauf… sagen wir ungehalten. Und das ist von der Orga nicht zu kontrollieren. Leider!

            Der beste Weg zu Kritik an Orgas führt also nicht über die öffentlichen Facebookbereiche (Das ließt eh niemand, der wirklich aktiv in der Orga ist – wir kriegen hier in 20 Minuten 50 Facebookmitteilungen und mehr). Sondern darüber, den persönlichen Kontakt zu suchen. Oder ins Orga-Team rein zu rutschen und zu versuchen, von innen mitzuwirken und bei passender Gelegenheit mal ein ernstes Wort mit betreffenden Personen zu wechseln (So bin ich rein gekommen ^^). Das erfordert natürlich wiederum Zeit und Geduld und ein wirkliches Interesse.

            Liebe Grüße
            Ben

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    • Breitenbach (esocheck) schreibt:

      Hi Bennie,

      zwar bin ich – hof­fent­lich!?- kein »Com­mis« – wie ha­ben Sie das nur so schnell er­kannt?-, ei­nen Zwölf-Stun­den-Tag ha­be ich frei­lich schon, seit ca. 20, 30 Jah­ren.

      Comme il faut eine Bitte an Sie: De­fi­nie­ren Sie »in den näch­sten paar Wo­chen« ge­fäl­ligst die Be­grif­fe »Ge­dan­ken­gut«, »Fa­schis­mus«, »Na­zi«­tum und »(R)rechts­ra­di­ka­l«is­mus, mög­lichst bis »zur Gän­ze« (und nicht nur bis hin zur »NPD«-Kacke)!

      S-l-m

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      • theben1986 schreibt:

        Ich nehme an ich bin gemeint?

        Mit „Kommi“ waren Kommentare gemeint. Es gab zu der Zeit noch keine anderen Kommentare hier 😉 Also nichts böses 😀

        Die Begriffe „Gedankengut“, „Faschismus“, „Nazi“ „(Rechts)radikal“ zu definieren steht mir nicht zu. Das ist wenn überhaupt ein Fall für eine Ethik-Kommission, bestehend aus Vertretern aller Kulturen, Länder, Religionen, Glauben und Völker.

        Ich kann lediglich meine persönliche Meinung dazu äußern und dafür brauche ich keine Wochen:

        Gedankengut: Die Gedanken, welche ein Mensch als teil seiner Persönlichkeit ausmachen. Weder positiv noch negativ bewertet in erster Linie, sondern einfach vorhanden.

        Faschismus: Das durchsetzen von Ansichten ohne Rücksicht und Toleranz anderer Meinungen. Notfalls mit Gewalt oder Druckmitteln. Nicht einzuordnen in Links oder Recht.

        Nazi: Mensch der sich selbst am Nationalsozialismus definiert.

        (Rechts)radikal: Radikal ist man, wenn man so tief in seinen Gedanken verbohrt ist, das man keine anderen Ideen mehr zulässt. Egal ob Links, Rechts… meiner Meinung nach kann jede Meinung radikalisiert werden. Selbst wenn man darauf beharrt es gäbe rosa Einhörner und sich nicht davon abringen lässt, wäre das radikal.

        Ich hoffe ich konnte weiterhelfen,
        Liebe Grüße
        Ben

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        • Breitenbach (esocheck) schreibt:

          »Gedankengut« habe ich bis­her nur als in pe­jo­ra­ti­ver Ab­sicht zur Ver­ket­ze­rung un­er­wünsch­ter Ge­dan­ken ver­wen­de­tes Wort ken­nen­ge­lernt. Der qua­si-»neu­tra­le« Ge­brauch die­ses Wor­tes war mir bis­lang un­be­kannt und ir­ri­tiert mich in der Tat et­was.
             »Fa­schis­mus« be­deu­tet für Sie, wenn ich Sie rich­tig ver­stan­den ha­be, In­to­le­ranz ge­gen­über an­de­ren Mei­nun­gen. Kei­ne schlech­te De­fi­ni­tion, aus mei­ner Sicht.
             »Nazi« soll nach Ih­nen (nur) der­je­ni­ge sein, der sich am Na­tio­nal­»so­zia­lis­mus« orien­tiert. Schön wär’s, möch­te ich sa­gen. Scha­de nur, daß ei­ne Men­ge Leu­te, Leu­te wie Sie und ich, von an­de­ren sol­cher­maßen be­schimpft werden, ohne dies je ge­tan zu ha­ben. Als Hi­sto­ri­kum war je­ne Be­we­gung ge­fähr­lich, kei­ne Fra­ge. Doch wa­rum? Eben weil sie zu ih­rer Zeit bei Straf­ta­ten die vol­le Deckung durch die Wei­ma­rer Ju­stiz er­war­ten durf­te. In der Bun­des­re­pu­blik konn­te da­von je­doch be­sten­falls zur An­fangs­zeit die Re­de sein. Mit an­de­ren Wor­ten: Die­je­ni­gen, die sich ent­spre­chend ori­en­tie­ren, stel­len in Echt­zeit kei­ne po­li­ti­sche Ge­fahr mehr dar, da die Ju­stiz ih­re Ver­bre­chen in­zwi­schen ahn­det (Be­weis: in kei­ner Zei­tung gibt es an­de­res zu le­sen). Wer nun zu sei­ner Un­bill kon­sta­tiert, als »Na­zi« an­ge­grif­fen zu wer­den, ob­wohl er nicht im Min­de­sten Sym­pa­thie zu ih­nen ver­spürt hat, ja nicht mal im Traum da­ran den­ken wür­de, der soll­te sich an die ei­ge­ne Na­se fas­sen, wenn er glaubt, in Zu­kunft vor sol­chen An­grif­fen ver­schont zu blei­ben, falls er als Re­ak­tion da­rauf in die gras­sie­ren­de »Na­zi«-Hy­ste­rie mit­ein­stimmt.  D a s  wä­re oder ist ein »Feh­ler« – für je­de not­ge­drun­gen zu­nächst in der Min­der­heit be­find­li­che po­li­ti­sche Op­po­si­tion ver­häng­nis­voll, um nicht zu sa­gen: töd­lich. Denn sich für et­was zu ent­schul­di­gen, was man nicht ist oder ge­tan hat, be­deu­tet, zu Kreu­ze zu krie­chen, ei­ne da­durch pro­vo­zier­te Spal­tung der be­droh­ten Be­we­gung in Kauf zu neh­men und dem po­li­ti­schen Geg­ner da­mit zu sig­na­li­sie­ren, daß man es mit sei­nem An­lie­gen nicht ern­st meint. Die­sen Feh­ler gilt es in­so­fern nach Kräf­ten zu ver­mei­den. Dies um­so mehr, als der kon­kre­te und – aber nur, wenn die De­bat­te im ge­walt­frei­en Raum statt­fin­det! – nur all­zu leicht fal­si­fi­zier­ba­re »Na­zi«-Dreck­an­wurf re­la­tiv be­lie­big durch ver­ba­le Rund­um­schlä­ge wie et­wa »Rechts-Eso­te­ri­ker« o.ä. un­fal­si­fi­zier­bar wird. Des­halb ist es so wich­tig, sich über die Be­deu­tung sol­cher Be­grif­fe, mit de­nen stän­dig han­tiert wird, Re­chen­schaft ab­zu­le­gen.
             »(Rechts)­ra­di­kal« be­deu­tet für Sie, wenn ich Sie rich­tig ver­ste­he, dog­ma­ti­sches Den­ken. Klas­si­sches abend­län­di­sches Vor­bild da­für bie­tet m.E.die Ca­tho­li­ca. Die von Ih­nen ge­wähl­te Be­deu­tung über­schnei­det sich mit Ih­rer »Fa­schis­mus«-De­fi­ni­tion. Na­tür­lich kann je­de rich­ti­ge An­sicht, et­wa die­je­ni­ge, daß sich die Er­de um die Son­ne dreht, dog­ma­tisch ge­wen­det bzw. dog­ma­ti­siert wer­den. Wenn es al­so un­denk­voll sein soll, mal ein­fach so das Ge­gen­teil an­zu­neh­men, wird es wahr­schein­lich nie­mand aus ei­ge­nen Be­ob­ach­tun­gen und ei­ge­nem Nach­den­ken he­raus so ein­fach wi­der­le­gen kön­nen. Dann be­steht aber die Ge­fahr, auf un­rich­ti­ge An­sich­ten erst recht he­rein­zu­fal­len, soll­ten sie ir­gend­wann doch mit Au­to­ri­tät auf­tre­ten. Denk­ta­bus sind so­mit in je­dem Fall kon­tra­pro­duk­tiv. In die­sem Zu­sam­men­hang wer­den von den Me­di­en häu­fig Kon­tin­gen­zen ge­setzt, im Sin­ne von: »Wer das sagt, ist …« – folgt eine nicht en­den wol­len­de Ket­te sich ge­gen­sei­tig aus­schließen­der Kon­no­ta­tio­nen. Daß mit sehr ho­her Wahr­schein­lich­keit »Na­zi« heu­te da­bei nicht feh­len dürf­te, folgt letz­ten En­des aus dem Aus­gang des Zwei­ten Welt­kriegs.

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          • theben1986 schreibt:

            Was den Gebrauch des Wortes „Nazi“ angeht stimme ich mit ihnen überein. Es wird als Beleidigung oder zur Verunglimpfung benutzt. Das bedeutet, das ein Wort benutzt wird um dessen Definition auf jemand anderen zu projizieren.

            Die Definition bleibt jedoch bestehen, unabhängig davon „wie“ das Wort genutzt wird: Nazi = jemand der sich selbst in Tradition des Nationalsozialismus sieht.

            Ich habe übrigens noch nie einen Nazi/Rechtsradikalen getroffen, der verleugnet hätte, das er einer sei. Für solche ist es gut einer zu sein. Verleugnen oder Abstreiten käme gar nicht in frage, denn dann müssten sie ihr eigenes Weltbild verleugnen.

            Bei den Worten Faschismus und Radikal haben wir uns missverstanden. Ich differenziere da durchaus.

            Faschismus ist es, wenn man Radikales mit Gewalt durchsetzt. Radikal kann man sein ohne seine Meinung mit Gewalt durchsetzen zu wollen. Faschismus ist für mich also eine Steigerung von Radikal. Radikales und Faschistisches kann überall auftauchen. Nicht nur im Rechts/Links denken. Auch in Religionen (Beispielsweise); So halte ich die Kreuzzüge durchaus für einen faschistischen Akt. Auch ein Dschihad wäre in meinen Augen ein faschistischer Akt. Der überzeugte Glaube alleine wäre „nur“ Radikal.

            Auch „Radikal“ muss nicht zwingend – wenn jedoch meist – negativ behaftet sein. Einen gesunden Glauben in eine Religion, welcher Art auch immer, würde ich durchaus als positiv, wenn auch Radikal bezeichnen. Auch ein Mahatma Gandhi war in seinen Ansichten durchaus extrem Radikal, obwohl friedlich.

            Beispiel Christentum:

            Ein Mann der sich selbst für den Stellvertreter Gottes erklärt und in bunten mit Gold bestickten Kleidern herum läuft, den würde ich durchaus als Radikal einstufen. In anderen Kulturen würde man ihn bestenfalls sehr lange wegsperren…

            Auch das Ritual, einem an das Kreuz Geschlagenen zu huldigen und als Teil Gottes anzusehen, sein Blut und seinen Leib zu verzehren während regelmäßiger Zeremonien dürfte für Menschen, die das nicht verstehen, durchaus als Radikal zu werten sein.

            Für uns in unserer westlichen Kultur ist das normal, alltäglich. Aber fragt mal in einem Land, in dem das Christentum nicht bekannt ist, was das soll.

            (Ich halte übrigens viel vom Christentum, auch wenn ich selbst Agnostiker bin – missversteht mich bitte nicht, ich versuche nur eine Sichtweise zu eröffnen die etwas uns normales als Radikal einstufen würde.)

            Wenn man aus diesem Blickwinkel heraus fragen würde: Ist die Friedensbewegung radikal? Dann würde ich vermutlich sogar mit „Ja, im positivem Sinne.“ antworten. Im Gegensatz zu der normalen, üblichen Meinung sind es ziemlich radikale Ansichten, welche dort vertreten werden. Aber Rechtsradikal? Oder Radikal im negativem Sinne? Nein, Niemals! Das ist der Versuch von Leuten die nur sehr schlecht differenzieren können, aber durchaus von den radikalen Sichtweisen irritiert sind, uns irgendwo einzuordnen und in eine Schublade einzusortieren, die ihrer Normalität entspricht. Menschen haben eben Angst vor Änderungen, Neuem, Unbekanntem.

            Und hier komme ich zu ihrem Anfangssatz:
            „»Gedankengut« habe ich bis­her nur als in pe­jo­ra­ti­ver Ab­sicht zur Ver­ket­ze­rung un­er­wünsch­ter Ge­dan­ken ver­wen­de­tes Wort ken­nen­ge­lernt. Der qua­si-»neu­tra­le« Ge­brauch die­ses Wor­tes war mir bis­lang un­be­kannt und ir­ri­tiert mich in der Tat et­was.“

            Ganz genau das ist unser Problem. Wir brechen alte Denkmuster auf und weigern uns bestimmte Dinge per se als „Gut“ oder „Schlecht“ zu bewerten. Wir geben uns die beste Mühe alles neutral zu sehen und danach ein neues Urteil zu fällen. Das kann dazu führen, das Dinge die normalerweise als „Gut“ gesehen werden, diesen Status verlieren. Oder Dinge die Andere als „Schlecht“ bewerten plötzlich besser da stehen (Russland ist nicht „nur“ schlecht). Das führt zu Irritationen, verständlicherweise. Ist aber keinesfalls böse gemeint. Es ist einfach eine andere Weltanschauung.

            (Ich kann hier nur darüber berichten, wie ich für mich die Friedensbewegung empfinde. Für die Übrigen 10.000+ kann ich beim besten Willen nicht sprechen, ich kenne ja auch nur eine Handvoll. Ich weiß nur, das diejenigen mit denen ich Spreche, das ganz ähnlich sehen.)

            Meine Persönliche Meinung zum Frieden:

            Um Frieden in der Welt zu generieren, muss man als erstes unbedingt vom Faschismus jedweder Art wegkommen. Also den Versuchen Anderen mit Gewalt seine Meinung aufzudrängen. Und damit meine ich in der Tat jeden kriegerischen Akt. Ich betrachte es auch als Faschismus wenn die NATO die Ukraine mit Waffengewalt „befreien“ will oder der Amerikaner das „Völkerrecht“ oder die „Demokratie“ mit Waffengewalt einführen möchte.

            Alles Andere lässt sich mit Geduld und Diplomatie lösen. Oder kann zumindest koexistieren und sich tolerieren ohne einander zu stören oder zu schaden. Darum sind wir ja auch relativ offen für jede nicht faschistische Weltanschauung (Was zugegebener Weise wieder zu Irritationen führt).

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        • Lutz Lippke schreibt:

          Lieber Ben,
          ich war eine Weile offline und mir ist wohl Einiges entgangen. Ich freue mich, dass Sie hier „werben“ und Rede und Antwort stehen. Auch wenn es selbst hier manchmal anstrengend ist, schauen Sie bitte öfter rein. Ich glaube es gibt viel Symphatie für Ihre/Eure Anliegen, viel Wissen, hilfreiche Lebenserfahrung und manchmal Besserwisserei. Letztlich bleibt man unabhängig von Alter, Wissen und Erfahrung Suchender und Irrender.
          Obwohl das Schlagwort „Medienkrieg“ schon seit Jahren immer wieder thematisiert wurde, sind wir wohl alle überrascht welches Ausmaß und welche Formen das bei einfachem Bürgerengagement annehmen kann. Positiv kann man schlussfolgern, die Bedeutung und Wirkung wurde erkannt. Also nicht kirre machen lassen und möglichst nicht auf die „Spielchen“ der Intriganten einlassen.
          Herzliche Grüsse
          Lutz Lippke

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          • theben1986 schreibt:

            Hallo Lutz,

            die Freude ist auf meiner Seite. Es ist erfrischend mal nicht mit „Totschlagargumenten“ totgeschlagen zu werden. Sondern auf konstruktiver Ebene und auf Augenhöhe miteinander Reden zu können.

            Mir macht es Spaß hier :=)

            Herzliche Grüße,
            Ben

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  2. gelegentlich hier schreibt:

    http://www.wissensmanufaktur.net/veranstaltungen

    Lieber Opa, zur Info, auf der Webseite wird auch für die Montagsdemos geworben.
    Ich wünsche dir noch einen schönen Montag

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    • Breitenbach schreibt:

      Wissen wird meines Erachtens generiert. – Wie es auch »ma­nu­fak­tu­riert« wer­den könn­te, wird dem­nach für im­mer das Ge­heim­nis von Leu­ten blei­ben müs­sen, die schwei­ne­teu­re, ko­sten­pflich­ti­ge Se­mi­na­re, mög­lichst im Aus­land, ver­an­stal­ten und auf Mails nur stan­dar­di­sier­te Ant­wort­schrei­ben pa­rat zu ha­ben schei­nen.

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      • Joachim Bode schreibt:

        „Der eine fragt: Was kommt danach?
        Der andere fragt nur: Ist es recht?
        Und also unterscheidet sich
        Der Freie von dem Knecht “

        In diesem Sinne (von Theodor Storm, einem früheren Amtskollegen) äußerte sich 126 Jahre später auch Helmut Kohl 1984 mit einem seiner wenigen Sätze, denen ich etwas abgewinnen kann:
        „Entscheidend ist, was hinten rauskommt.“

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