10 Gedanken zum Aufruf gegen die Kriegsvorbereitung und für die Solidarität mit den bedrohten Völkern

  1. Der pazifistische und nicht besonders radikale Antikriegsaufruf wurde im Laufe von drei Wochen von rund 2.500 Leuten unterschrieben. Gemessen an der recht großen Gefahr ist das ein Nichts. Natürlich gibt es viel mehr konsequente Kriegsgegner in Deutschland als diese 2.500. Laß es 10.000 sein oder 25.000. Als gesellschaftliches Gewicht im Verhältnis zu 80 Millionen Einwohnern wären auch solche Zahlen ein Nichts.
  2. Viele ernsthafte Kriegsgegner haben ihre Gründe gehabt, sich in dieser Form nicht zu erklären. Eine andere, ihnen gemäßere, wirksamere Form der Erklärung haben sie nicht gefunden. Sie gelten in der hier anzustellenden Rechnung Null. Vielleicht wird gesagt: „Die Aufrufe kommen und gehen…“ Ich gebe dagegen zu bedenken: „Die verwirrenden Momente, die die Grundfragen verwischen, die „brandheißen Informationen“ („Gaddafi bombardiert sein Volk.“), die mir die Entscheidung erschweren oder unmöglich machen – auch sie kommen und gehen. Sie „kommen“, also beherrschen die Agenda im Zeitpunkt, da die Parteinahme notwendig ist. Sie „gehen“, d.h. werden relativiert oder widerlegt, wenn die Würfel längst gefallen sind.  Kriegsgegner sollten wissen, daß Kriegspropaganda so funktioniert. (Wer hierfür ein aktuelles Beispiel braucht, scrolle ein Posting nach oben.)
  3. Es finden Kriege statt, weitere werden vorbereitet. Wir wissen nicht, ob sich die Welt auf eine große Kriegskatastrophe zubewegt. Möglich ist es. Unvermeidlich gehen die Gedanken zurück zu den Jahren 1914 und 1939. Die Wachheit, Stärke, Organisiertheit der Friedenkräfte in den Zentren der kriegstreibenden Mächte ist heute gering, nicht anders als zu diesen Zeitpunkten, den Vorabenden der bis dahin größten Menschheitskatastrophen.
  4. Die traditionellen Massenorganisationen „des Volkes“, der arbeitenden Menschen („der Arbeiterklasse“) sind heute, wie 1914, wie 1933 nicht in der Lage, die drohende Gefahr wirklich zu erkennen und massiv/effektiv dagegen zu mobilisieren. Im Gegenteil, sie haben ihre Bereitschaft bewiesen (SPD und Grüne) oder (durch Zweideutigkeit) in Aussicht gestellt (Linke), sogenannte notwendige Kriege mitzutragen.
  5. Es fällt mir schwer zu begreifen, daß auch die Linke, deren Führung und deren Kernmitgliederbestand jahrzehntelang eine marxistisch-leninistische Bildung/Sozialisation erlebt hat, offensichtlich nicht bereit ist, sich zu einer bedeutenden Antikriegskraft in der realen Politik zu erheben.
  6. Der deutsche Imperialismus verfolgt seit seiner Geburtsstunde eine weitgesteckte Strategie. Heute hat er gelernt, neben der „Brechstange“ auch ungewöhnlich differenzierte, ja subtile Instrumente einzusetzen. Damit ist er umso erfolgreicher, als seine „linken“ Gegner Antikapitalismus allenfalls rhetorisch betreiben und auf  Antiimperialismus völlig verzichten.
  7. Die Kriegskräfte sind, wie meist, für alle Eventualitäten gewappnet. Ich möchte besonders darauf hinweisen, daß auch die menschenfeindlichsten, verbrecherischsten Exzesse des Krieges bereits in „Friedenszeiten“ antizipiert und geübt werden, so daß die „Zivilgesellschaft“ es „lernt“, sie hinzunehmen. In diesem Sinne hatten die Greuel des 1. Weltkriegs ihre Probe in den Verbrechen gegen die Hereros. Die monströsen Greuel der Faschisten wurden lange vor dem 2. Weltkrieg eingeübt. Unsere heutige „Zivilgesellschaft“ hat, was in Kunduz und danach geschah, als Standard akzeptiert.
  8. Der Aufruf, dessen reale Friedensmacht ich als „Nichts“ bezeichnet habe, hat trotzdem enormes Aufsehen erregt. Seine Bedeutung liegt einerseits darin, die Hermetik der Gesellschaft gestört zu haben. Er verheißt: Die radikal Anderen sind nicht ausgemerzt und können nicht ausgemerzt werden. Doch mit ihm wurde andererseits auch von der Gegenseite offensiv umgegangen. Er wurde benutzt, um den Druck zur weiteren Neutralisierung, Lähmung, Teilung der Partei Die Linke zu erhöhen.
  9. Die radikal-humanistischen Kräfte in diesem Land sind wieder einmal in einer desaströsen Lage. Das zu begreifen, könnte der erste kleine Schreit sein, um aus ihr heraus zu kommen. Das Begreifen kann auch unterbleiben. Das ist in Deutschland im 20. Jahrhundert zweimal geschehen. Danach beherrschte der Krieg das Leben.
  10. Als die Friedenskräfte vor dem 2. Weltkrieg versagten, hat die Kriegsmacht der Angegriffenen unter vielen Millionen Opfern den faschistischen deutschen Aggressor vernichtet. Wenn heute wieder die Friedenskräfte versagen, steht wieder die Kriegsmacht der Angegriffenen gegen die Aggressoren. Es ist nicht sicher, ob die Menschheit und die Erde einen solchen Krieg aushält.
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2 Antworten zu 10 Gedanken zum Aufruf gegen die Kriegsvorbereitung und für die Solidarität mit den bedrohten Völkern

  1. Christa schreibt:

    Danke für diesen Beitrag !
    Ich habe mich auch gefragt, warum nicht mehr Kriegsgegner diesen Aufruf unterschrieben haben.
    Inzwischen habe ich erfahren, dass Menschen, die um die Unterzeichnung dieses Aufrufes bitten, oder die schon unterschrieben haben, sofort in die üblichen Ecken gestellt werden – in die antiamerikanische Ecke oder in die antisemitische Ecke oder in die Verschwörerecke oder in die diktatorfreundliche Ecke – schlimmstenfalls alle zusammen.
    Und weil niemand in so eine Ecke gedrängt werden will, aus der nicht mehr herauskommt, überlegt er sich sehr genau, ob er unterschreibt.
    Es ist einfach Angst, denke ich, die die Leute daran hindert, den Friedensaufruf zu unterzeichnen,
    und diese Angst wird ja auch munter weitergeschürt.
    Wo sind wir bloß hingekommen, wenn Pazifisten sich nicht mehr trauen, mit ihrem Namen für „Kriegsvorbereitungen stoppen“ zu stehen.

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  2. Pingback: Eine weitere Sicht auf: Die Kriegsvorbereitungen gegen Syrien und den Iran stoppen! | opablog

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