Hat Frau Wagenknecht eine gute Rede gehalten?

Ein Freund mailte mir: „Endlich eine Sternstunde im deutschen Bundestag: Sahra Wagenknecht“! und schickte auch gleich den Link auf das „Team Sahra“, damit „endlich eine prominente Wählerinitiative für einen Politikwechsel“ wächst.

Sternstunde oder nicht, die Berliner FreidenkerInnen finden die Rede von Wagenknecht auch gut, haben sie auf der Berliner Freidenker-Webseite gewürdigt und helfen mit, sie weiter zu verbreiten. (Meine Wenigkeit, der opablogger, gehört zu den Admins der Freidenker-Webseite.)

Etwas gut finden, heißt aber noch lange nicht, es makellos zu finden. Auch wenn dem Verdurstenden das halbvolle Glas überleben hilft, bleibt Tatsache, dass es halbleer ist.

Volle Zustimmung, wenn die FreidenkerInnen schreiben: „Sie hat nachgewiesen, dass die Regierung eine Politik gegen die Interessen der Masse der Bevölkerung betreibt und besonders gegen die Schwächsten der Gesellschaft. Zugleich hat sie aufgezeigt, zu wem das ganze Geld fließt, zu den Reichen und Superreichen, zu den Konzernen. Wer sich die ganzen 30 Minuten anhört, bemerkt, dass es kein Routine-Auftritt war. Die Rednerin hat wirklich sorgfältig argumentiert und viele treffende Fakten in’s Feld geführt.“

Wagenknecht hat eine Rede für das Soziale und für die Demokratie gehalten. Sie ist eine aufrichtige Sozialdemokratin. Das ist viel gegenüber betrügerischen und selbstbetrügerischen Sozialdemokraten.

Doch Frau Wagenknecht hat sich, obwohl doch im Tempel der staatlichen Macht auftretend, jeder Stellungnahme zur Machtfrage enthalten. Die Bundesregierung mästet die Konzerne, klagt Sahra. Doch warum brauchen die Konzerne immer mehr? Nur deshalb, weil sie unersättlich profitgierig sind? Obwohl das doch unmoralisch ist angesichts all der Ungerechtigkeit! Deine Empörung, liebe Sahra, greift zu kurz. Und Deine anprangernden Appelle an die Repräsentanten der Macht laufen ins Leere.

Deutsche Machtsicherung und MACHTAUSDEHNUNG ist die andere Seite der „sozialen Grausamkeiten“.

Die Konzerne wollen zwar immer mehr Geld aber sie haben noch einen kleinen Wunsch obendrauf: Den Konkurrenten niederringen, den anderen Staat strangulieren, seine Bevölkerung ausplündern! Schön für’s deutsche Kapital, wenn sich das nebenan in Europa mit ökonomischen und administrativen Mitteln bewerkstelligen lässt. Aber die Welt ist größer, und der Appetit der deutschen Imperialisten ist viel, viel größer, weshalb sie nach „weltweiter Verantwortung“ drängen und nach dem größeren Knüppel für den Triumph ihrer Gerechtigkeit.

Leider geht es hier nicht um Klassenkampfnostalgie, die natürlich in den Debatten des „Hohen Haus“ niemand hören will. Es geht nicht darum, die „alte Imperialismuskeule“ zu schwingen, wie einst „Gott-sei-bei-uns-Lenin“. Es geht um die gestern und heute wieder und wieder und immer frecher verkündete Expansionspolitik des imperialistischen Deutschland (hier eine und noch eine und eine dritte aus der Vielzahl der verfügbaren Quellen).

Frau Wagenknecht wusste all das einst besser als ich. Vielleicht hat sie es vergessen. Vielleicht ist sie aber auch zu der Auffassung gekommen, dass sich Wahrheit am besten  durchsetzt, wenn mensch von ihr schweigt. Ich würde das Eine wie das Andere bedauern. Ich meine, dass wir offen gegen den Imperialismus auftreten müssen.

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2 Antworten zu Hat Frau Wagenknecht eine gute Rede gehalten?

  1. Dieter Walther schreibt:

    Solange Frau Dr. Wagenknecht über soziale Probleme in Deutschland spricht, kann man ihr schon zustimmen. Wenn sie aber eine Rede beginnt mit dem Satz: „Ich weiß, dass Assad ein Diktator ist, der sein Volk brutal unterdrückt … “ verrät sie, dass sie doch auf Seiten der Imperialisten steht, die Propaganda gegen andere Völker als Vorbereitung zum Angriffskrieg betreiben. Destabilsierungen wie in Syrien gab es bei allen „Regime Changes“, man ermordete eine Gruppe Menschen und schob es der Regierung zu. Im Fall von Syrien ist das besonders krass: bei einer von der UN erzwungenen und überwachten Präsidentenwahl erreichte Assad satte 80 % ! Wer hier von einem Diktator spricht, ist ein Lügen-Propagandist. Auch der Giftgas-Mord mit ca. 1300 Toten in Ghouta wurde von Seymour Hersh aufgeklärt: das war nicht das Werk von Assad, sondern vom US-Botschafter in Libyen. Ich würde Frau Dr. Wagenknecht um etwas mehr Objektivität bitten!

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