Die Bank
Wieder einmal macht die Bank von sich reden. Sie weckt Erinnerungen.
Vorvergangenheit und Schlusspunkt, Anfang und Ende – HVB/HRE. Mit Millionen hat es angefangen, um Millionen geht es heute. Dazwischen irgendwie eingeklemmt Gustl Mollath.
Mollath war nie „Pfahl im Fleisch“ der HRE. Zwar versuchten damals vor der Bankengründung „HRE-Möbelpacker“ sein Haus zu stürmen, doch da schlitterte der „gemeingefährliche Gewalttäter“ schon auf der abschüssigen Bahn Richtung Forensik.
Böse in die Quere gekommen war Mollath der HVB, Bayerns Vorzeigebank, im Jahr 2002, just als Bayern sich anschickte, mit der Neugründung HRE den globalen Finanzmarkt aufzumischen. Na, wenn nicht Bayern, dann zumindest Stoiber, der es fast bis ins Kanzleramt geschafft hätte und sein Mann für’s Grobe, Sportfreund Beckstein. Die beiden (und natürlich ihr Rattenschwanz bewährter Sportfreunde dienstbarer Geister, hatten somit das größte Interesse daran, dem Gustl Mollath fortan ein betont zurückgezogenes Leben zu ermöglichen..
Mollath hatte nur eine indirekte aber erstaunlich stabile Beziehung zur HRE, nämlich über den Sportfreund Maske. Der diente der HRE, nach allem, was man weiß, jahrelang als geschätzter Direktor, obwohl doch seine Frau, P3M, der Bank Ärger bereitet hatte. Erst als sich das Scheitern der HRE abzeichnete wechselte Maske sein Einsatzgebiet und katapultierte sich in die Mitte aller Sportfreundschaften. Es gilt als reiner Zufall, dass Mollath gerade in diesen Jahren sich nicht in einer Wald- und Wiesen-, sondern in der Hochsicherheitsforensik Straubing befand. (Mollaths Briefkontakte mit Stoiber und Beckstein unterlagen weiteren Zufällen.)
Alles in allem könnte es sein, dass gerade die HRE, die Bank, die Mollath nie im Visier hatte, seine Schicksalsbank war. Jedenfalls beschäftigte die HRE 2008 tatsächlich die obersten Chargen des Personals, als es nämlich darum ging dem Steuerzahler 80 Mrd. überzuhelfen. (Ackermann, Merkel, Steinbrück wickelten das bekanntlich mit höchster terminlicher Präzision ab – dies nur als Randbemerkung zum beliebten Begriff „Staatsversagen“.) Da wurde einmal kurz sichtbar, dass Mollath tatsächlich bis in die Liga des GGG, des Ganz Großen Geldes, hinaufgespuckt hatte.
Bis hierhin ist alles eine schöne Geschichte, beweisfrei, wie es sich für gute Erzählungen gehört. Anders ausgedrückt „Verschwörungstheorie“, womit es für den heutig aufgeklarten Mensch sein Bewenden hat.
Aber ein gütiger Gott schickte 2011 ein Papier, das Manches bewies und zusätzliche Fragen erlaubte. Wie doch unsere wertegemeinschaftliche, kreative, wissenschaftliche Welt (Manchen sagen tatsächlich „Wissensgesellschaft“!) von solchen ersehnten Schicksalsschlägen abhängt! „Die Hand Gottes!“ – wie im Fußball, also auch im Leben.
Jetzt regten sich bürgerschaftliche Impulse, bunt, zahlreich, auch heftig – eine Freude. Es wurden immer mehr, auch wenn keiner sie gezählt oder gewogen hat. Sogar ein Edelanwalt, wohlerfahren in der Arbeit mit dem GGG, stürzte sich ins Kampfgetümmel für Mollaths Recht.
Ich glaube, die Bürger Unterstützer leisteten viel von dem, was zu leisten war. Auch Banken und Politiker wurden nicht aus dem Fokus gelassen. Aber können Bürger mit bloßen Händen (allein mit Google als Waffe) durch die Mauern dringen, hinter denen sich Banken und Staat verschanzen? Die Frage beantwortet sich selbst.
Aber wieso „mit bloßen Händen“?
Ja, theoretisch gibt es Institutionen/Instrumente, die zur rückhaltlosen Aufdeckung aller Verbrechen und Vergehen verpflichtet sind. Mir fallen die Staatsanwaltschaften, die Steuerfahndung, die Medien, Parteien und sogenannte zivilgesellschaftliche Organisationen ein.
Keine dieser Institutionen hat zur Aufdeckung der Rolle der Banken und bestimmter Politiker im Mollathskandal etwas beigetragen, was über den Stand des Revisionsberichtes hinaus gegangen wäre. Ja, es muss wohl sogar eingeschätzt werden, dass keine dieser auch nur Fragestellungen entwickelt hat, die wesentlich über diesen Bericht hinausführen konnten. Eher trifft es zu, dass diese Institutionen es aktiv verhindert haben, die Verwicklungen der Benannten in den Mollathskandal zum Thema zu machen.
Das sind Einschätzungen, die ich für gut begründet halte, auch wenn man sicher über Details streiten kann. Interessant ist die Frage, wie sich die bewegten Bürger mit diesem Gang der Ereignisse auseinandergesetzt haben.
Die Kunden
Welchem Lauf der Dinge waren die bewegten Bürger, die Kunden der Bank, Mollathunterstützer ausgesetzt? Wie haben sie sich mit diesem Gang auseinandergesetzt?
Faktor 1: Mollath war befreit, das Nahziel erreicht, weitere Ziele kaum formuliert, verständliches Abflauen der Aktivität.
Faktor 2: Mollath erwies sich als unfähig oder/und unwillig sich auf die Unterstützerszene in ihrer vollen Breite zu beziehen und mit ihr für weitere Arbeit zu kooperieren.
Faktor 3: Maßgebende Juristen bliesen eine Mücke in der Szene zu einem Elefanten auf und sprengten das Biotop.
Mir scheint es wichtig, die Faktoren 1 bis 3 als Bedingungen zu begreifen und nicht als Ursachen mißzuverstehen. Welche Folgen Bedingungen haben, hängt davon ab, wie sich die handelnden Akteure, hier also die Mollathunterstützer, mit ihnen auseinandersetzen. Äußere Faktoren/Bedingungen treffen auf die innere Motivations-,/Werte-,/Erkenntnisstruktur der Subjekte. Um tiefer zu begreifen, sind wir auf die Menschen zurück verwiesen.
Heute frage ich mich, ob nicht die eigentliche begriffliche Herausforderung in der Unterscheidung von Bürgerrechten und Menschenrechten, Bürgerrechtlern und Menschenrechtlern liegt. Beide Begriffe werden oft, im Alltag zumal, synonym verwendet. Sie sind es keineswegs.
Der Horizont des Bürgerrechtlers ist der bürgerliche Staat.
Der Horizont des Menschenrechtlers ist der Mensch oder die Menschheit.
Absolut verständlich, dass einem Menschen, der auf der Grundlage von Justizverbrechen (oder „Staatsversagen“) sieben Jahre seiner Freiheit beraubt wird, die Befreiung aus dem Gefängnis als Inkarnation seiner Menschenrechte erscheint Dringend erforderlich war es, dass tausende Mollathunterstützer sich für sein allererstes Bürgerrecht einsetzten – als freier Bürger durch Nürnberg spazieren zu dürfen. Sehr wohl möglich aber, dass sie nie einen Gedanken verschwendeten an das Recht eines jeden Menschen frei durch seinen Heimatort spazieren zu dürfen.
Der Bürgerrechtler bleibt Bürgerrechtler, wenn er in dem einen Staat sagt: „Schwerter zu Pflugscharen!“ und im andern Staat: „Bundeswehr nach Afrika!“. Menschenrechtler aber ist er damit keineswegs. Bürgerrechtler müssen sich keineswegs für das GGG interessieren. Menschenrechtler werden das sehr wohl tun.
Wer will Menschenrechtler sein?
Für das Erstarken des Bürgertums in der Ständegesellschaft und die revolutionäre Errichtung einer bürgerlichen Gesellschaft unabdingbar gewesen war die Forderung nach Gleichheit vor dem Gesetz, wie sie sich später in verschiedenen nationalen Verfassungen niederschlug. Dieser Gedanke ließ sich noch ausweiten auf die allgemeine Forderung nach einer Gleichheit, die neben Adelsbesitztümern auch vor Fabriktoren nicht haltmacht – Gleichheit als Menschen- statt »nur« als Bürgerrecht. Da unterschiedliche natio- oder intranationale Herkunft für den Gleichheitsgedanken schnurzegal ist, bargen die bürgerlichen Freiheitsrechte, ohne Gleichheit ihrer Grundlage beraubt, selbstredend den Keim der Freiheit auch für Nichtbürgerliche in sich – und genau so wurden und mußten sie aus taktischen Gründen ja auch dem staunenden und von der Idee bald begeisterten nichtbürgerlichen Publikum im Sinne eines Klassenkompromisses präsentiert werden. Da dieser Gedanke spätestens in und seit Stalin keine besonders glänzende Figur mehr machte, bot dies dem bürgerlichen Gegenpol ausreichend die flugs beim Schopf gepackte Gelegenheit, ihr verfassungsmäßiges und mithilfe der UN bald auch supranationales rechtliches Instrumentarium auf gut »menschenrechtlich« herauszuputzen, ohne daß es viel kostete.
Mit dem Ende der Arbeiterbewegung als deren organischem Gegenpol stand auch die bürgerliche Gesellschaft mitsamt der ihr zugrunde liegenden Rechtsordnung zur Disposition. Gemeinsam mit der nationalen Souveränität sehen sich zeitgleich Menschen- wie Bürgerrechte ihrer (jeweiligen) sozialen und nationalen Basis beraubt. Seither existieren »Menschenrechte« gemeinhin nur noch als Perversion ihrer selbst; und vielleicht müssen sie erst »ad fontes« zurückkehren, um sich selbst wieder gewahr zu werden.
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Wer braucht bei solchen Nachrichten noch Geld und Banken:
http://einarschlereth.blogspot.de/2014/02/ach-ja-ein-kleines-missgeschick-von.html
bzw. das RT-Original: http://rt.com/news/fukushima-radiation-levels-underestimated-143/
(Dies hatte sich hier bereits angekündigt!
http://principiis-obsta.blogspot.se/2013/09/der-gefahrlichste-moment-in-der.html )
Mundus vult decipi, …
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Manche Geldflüsse sind doch ganz aufschlussreich:
http://www.voltairenet.org/article182009.html (geschrieben von Thierry Meyssan)!
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Kranich fragt am Ende des Beitrags „Wer will Menschenrechtler sein?“. Unter Anderem ich, weil ich
mir etwas überhöht und spontan diesen Namen gegeben habe. Bin gerade konkret dabei,
mich für die Menschenrechte eines Betroffenen einzusetzen, der elf Jahre in der Forensik untergebracht ist. Die von Kranich beschriebene Unterscheidung zwischen Bürgerrechtler und
Menschenrechtler hat mich zum Nachdenken angeregt. Menschenrechtler sind u.a. immun gegen
Nationalismus, was bei Bürgerrechtlern nicht ohne weiteres der Fall ist
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Den Fokus des Bürgerrechtlers auf einen begrenzten organisatorischen Rahmen (Staat/Staatsbürger) würde ich bestätigen. Das schließt aber nicht aus, dass der Bürgerrechtler sich auch den Menschenrechten verbunden fühlt. Der Focus aufs Nationale wäre dann z.B. pragmatischer Natur oder auch der Betonung der staatlichen Souveränität geschuldet. Die negative Besetzung des Nationalismus bezieht sich wohl auf andere Einstellungen.
Umgekehrt ist ein Menschenrechtler aus ähnlichen Überlegungen nicht zwangsläufig Bürgerrechtler. Der Focus auf universale Rechte gerät in der Praxis nicht selten in Konflikte mit staatlicher Souveränität (siehe Ukraine, Schweiz), anderen Glaubensvorstellungen und Traditionen.
Ähnliche Begriffskonflikte gäbe es dann auch mit Natur und Umweltfragen.
Tierschützer bemängeln den Fokus des Menschenrechtlers auf die Rechte der herrschenden Spezies Mensch. Der Ökologe bemängelt den Fokus der Bio-Schiene auf gesunde Ernährung usw.
Es bleibt bei allem Einsatz in der Sache wohl wesentlichste Aufgabe, kritisch und vor allem selbstkritisch zu denken. Im besten Fall ergänzen und befruchten sich alternative Herangehensweisen.
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