Fünf weitere Nachdenkseiten

Auf der Webseite „Nachdenkseiten“ fragte Autor Manaf Hasan „Warum sagt das BSW Nein zu einem schlecht gemachten AfD-Antrag?“
(Grafisch unterlegt ist diese Frage mit den drei Wörtern „BSW Contra AfD“ – ohne Punkt, Frage- oder Ausrufezeichen. Achtung, man hält es offenbar für geboten, einen bestimmten (unbewussten) Assoziationsraum zu eröffnen.)

1 –
Manaf Hasan nimmt die gestellte Frage ernst und erarbeitet sich eine Antwort.
Der einfachste Weg aber zu einer Antwort, der fällt ihm nicht ein: Die Leute von BSW fragen! Warum er darauf verzichtet, verrät er nicht.
Ich meine, dass die Öffentlichkeit ein Recht darauf hat, dass Volksvertreter ihre Entscheidungen erläutern und begründen. Sympathisanten und potentielle Wählerinnen und Wähler müssen darauf bestehen.
Selbstherrlich sich in ihrer Blase tummelnde Abgeordnete, deren Kontakt zur Basis als mediale Showveranstaltung läuft – das ist Altparteienstil. Von den Abgeordneten der BSW erwarte ich Erklärung und Rechenschaft, und das nicht nur einmal in vier Jahren, sondern in jeder Frage von Belang.

2 –
Manuf Hasan ist so darauf fixiert, selbst seine Antwort zu geben, dass er die kritische Wertung der einen, allzu knappen Antwort, die BSW gegeben hat, vermeidet. Diese Antwort besteht bekanntlich aus einem einzigen Satz in Dagdelens dreiminütiger Rede im Bundestag am 18.1.24:
„Ich sage noch eins zum Antrag der AfD: Hier konkrete Verhandlungsergebnisse vorwegzunehmen, können wir nicht unterstützen.“
Dieser Satz ist tatsächlich das einzige offizielle Statement der neuen Partei zu vier Druckseiten Friedensinitiative der AfD, ein Armutszeugnis.
Ob sich die 10 BSW-Parlamentarier nicht auf einen gemeinsamen qualifizierten Standpunkt einigen konnten? Das will ich nicht glauben. Eher vermute ich, dass sie einen qualifizierten Standpunkt nicht vertreten wollten. Die Befürchtung könnte es gewesen sein, die AfD durch eine qualifizierte Argumentation „aufzuwerten“, zu einem Gesprächspartner auf Augenhöhe zu machen.
Sollte meine Vermutung zutreffen, dann Glückwunsch zu soviel vorauseilender Geschmeidigkeit.

3 –
Mit dem AfD-Antrag geht Hasan äußerst forsch ins Gericht. Der war so schlecht gemacht, suggeriert schon seine Überschrift, dass ein anderes Votum als „Nein“ eigentlich gar nicht denkbar war. Selbst wenn seine Wertung zutrifft, frage ich – und je mehr sie zutrifft, umso mehr ist zu fragen – wo ist denn der gute Antrag der Parlamentarier, die den schlechten zurecht ablehnen? Seit zwei Jahren tobt der Krieg. Seit einem Jahr hätte man bessere Gegenvorschläge zu der AfD-Friedensinitiative machen können.

4 –
Die Auseinandersetzung mit den friedenspolitischen Positionen der AfD in ihrer Gesamtheit gehört zu den Stärken des Artikels. Sie ist keine Friedenspartei, sondern vertritt die Positionen einer großbürgerlich-souveränen, deutschen, (kontrolliert) imperialistischen Macht. Klarheit in dieser Sache ist Voraussetzung für eine prinzipienfeste Politik gegenüber der AfD.

Der Teufel aber steckt in dem kleinen Detail, dass hier nicht allgemein über den Charakter der AfD als Friedenspartei oder nicht Friedenspartei, sondern über eine konkrete Friedensinitiative abzustimmen war. Und den Nachweis, dass angeblich in dem AfD-Antrag keinerlei Vorschläge enthalten wären, um den Ukrainekrieg zu stoppen und Sicherheit für alle Seiten zu schaffen, den Nachweis ist Hasan schuldig geblieben.
Im Gegenteil – es werden vorhandene Ansatzpunkte der Friedensinitiative der AfD ignoriert, die einen Dialogprozess für eine zu entwickelnde deutsche Friedenspolitik möglich machen könnten. Gemeint ist ein Dialogprozess zwischen politischen Kräften, die nicht dem Kriegskartell aus SPD, Grünen, FDP, CDU und CSU angehören.

5 –
Ich habe hier im Blog auf den vollen Wortlaut des AfD-Antrags verlinkt und selbst längere Auszüge gebracht. Ich finde, dass „FÜR ALLE, DIE SICH NOCH EIGENE GEDANKEN MACHEN“ sinnwahrende Auszüge nützlich sind, da sie bei knapper Zeit eine schnellere Orientierung ermöglichen. Die Betonung liegt auf „sinnwahrend“, Zusammenhänge berücksichtigend. Einzelne Sätze oder Satzteile wörtlich zu zitieren, wirkt zwar wissenschaftlich-solide, erweist sich aber oft als Rosinenpickerei.

Alle mir bekannten kritischen Analysen des AfD-Antrags vernachlässigen weitgehend Teil I des Dokuments mit dem ausführlichen ersten Abschnitt, der mit diesem ersten Satz von wahrhaft fundamentaler Tragweite beginnt:

„Die europäischen Nationalstaaten müssen in einer sich herausbildenden multipolaren Weltordnung souverän und unabhängig über ihre Sicherheit entscheiden.“

Allein dieser Satz reicht aus, um die AfD zur bestgehassten Kraft in diesem demokratischen Deutschland von USA-Gnaden zu machen.

Oder etwa nicht?

Fortsetzung hier.

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