Faschismus schööön!

Wer beim Wort „Faschismus“ nur „Nationalsozialismus“ und „Holocaust“ denken kann, dem entgeht Vieles, so auch die ästhetischen Offenbarungen, die der Faschismus bereithält. Da lohnt es, die Film- und Fotofaschistin Riefenstahl zu fragen, auch wenn sie, nach eigener Beteuerung, niemals Naziideologie vertreten hat. (Wie sollte sie, die doch selbst fleischgewordene Naziideologie war, daneben eine weitere Naziideologie vertreten können?)

Zwar wird man dem Menschen in der Nazikunst nicht begegnen, wohl aber Heroen, vorzeitigen Dopinghelden; von brutaler Kraft und vom Siegeswillen geschwellt, daneben ausladende, Heide-, Gebär- und Milchdunst  verströmende Weiber . Die Schauplätze sind eine Mixtur aus Wagnerscher Festspielszene und Nürnberger Reichswalstatt. Aber auch all die Nichtse, die vor der Kultfigur verblassen, finden ihr ästhetisches Dasein; zu tausenden oder zehntausenden aufexerziert, mit Fackel ohne Fackel, mit Gebrüll ohne Gebrüll, mit oder ohne aufschnellendem Grussarm, werden sie zur schaurig imponierenden Gestalt.

Riefenstahl hat die Technologien dieses Ästhetischen auf die Spitze getrieben und der Menschheit ins Bildgedächtnis gebrannt. 1945 war zwar Ende des Gigantismus aber für eine wendige Faschistin noch lange nicht Schluß. Bevor sie endgültig die Schönheit der Südseekorallen feierte (die der Schmetterlinge hatte schon ein anderer Ästhet entdeckt), hatte es ihr jetzt der schwarze Übermensch angetan (schwarz war die SS ja immerhin auch). Nackte Nubamänner, Zwei-Meter-Modellathleten, allesamt mit Prachtschwänzen und folkloristischer Bemalung holte sich die Nazitante vor die Linse und verfertigte meisterhafte Fotografien solcher jetzt gültigen Kultfiguren.

Gegenüber solchen Vorbildern nimmt sich der ukrainische Faschismus von heute oft noch unentwickelt aus. Mit Bandera-Denkmälern holt man freilich zügig auf und hat dem Hero etwa in Lwiw eine gigantische Weihestätte errichtet. In der Ostukraine herrscht diesbezüglich Nachholbedarf, doch seit die Bandera-Faschisten („Naz.-Garde“) das Blut, dass sie dort großzügig vergießen (auch von Zivilisten) mit eigenem Blut bezahlen müssen, stagniert der monumentalistische Fortschritt.

Bleibt der Dreh (Dank an Leni selig!) mit der Folklore. Ein Leser stellte dazu fest:

Ein besonders eindrückliches Beispiel ist aus meiner Sicht die Aktion und fotografische Dokumentation einer Aktion vor der russischen Botschaft am 18.6.. Der Fotograf Oliver Feldhaus – vielleicht identisch mit dem Mitarbeiter der grünen Bundestagsfraktion gleichen Namens? – dokumentiert die Aktion in einer bemerkenswerten Weise.
Ich weiß nicht ob es nur mir beim Betrachten der Bilder so geht, aber irgendwie werde ich an Leni Riefenstahl und deren Bildsprache erinnert.
Frauen (also potentiell Opfer), Bäuerinnen, barfuß d.h. schutzlos, gleichzeitig ursprünglich, erdverbunden (der „Heimaterde“ die nun von russische Okkupanten bedroht ist), stolz (auf die Heimat), weil erdverbunden und ursprünglich ganz sicher ökologisch. Würden diese Bäuerinnen Genmais anbauen und Hühner in Legebaterien halten, sicher nicht! Siehe die handgearbeitete Kleidung.
Aber werbetechnisch ist die Aktion eindrucksvoll gelungen, zielt direkt auf die Emotionalität und Sehnsüchte von „modernen Menschen“ ökologischer, linker, grüner, christlicher und sozialdemokratischer Korrektheit. Abgesehen davon, habe ich auf meiner wenige Jahre zurückliegenden Radtour von Polen nach Odessa nicht eine Person mit solcher Verkleidung gesehen. Es ist also eine perfekte Inszenierung
Hier der Link.
Dieser Beitrag wurde unter Bewußtheit, bloggen, Faschismus alt neu, Kunst, Machtmedien, Realkapitalismus abgelegt und mit , , verschlagwortet. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.

Eine Antwort zu Faschismus schööön!

  1. walterfriedmann schreibt:

    Hat dies auf Walter Friedmann rebloggt und kommentierte:
    Faschismus und Kunst

    Like

Hinterlasse einen Kommentar