Veröffentlicht am 24.4.2014 von Hartmut Barth-Engelbart
Die Nachricht Deines Todes hat mich erst nach der Rückkehr aus Griechenland erreicht.
In Gesprächen mit Partisanen-Enkeln, KKE-Mitgliedern, PAME-Gewerkschaftern habe ich so viel von Dir zitiert und damit die Debatten über die Rolle auch der griechisch-othodoxen Kirche, ihres hohen Klerus bei der deutschen Besatzung, im Bürgerkrieg, beim Patakos-Papadopoulos-Putsch bereichern können. Ich habe geträumt von Treffen zwischen Manolis Glezos, Mikis Theodorakis und Dir … und jetzt bist Du gegangen, während ich nicht in Deutschland war. Du fehlst mir, Du fehlst uns. In Deinen Büchern nachzulesen wird nicht reichen, doch Du hast uns das Hinterfragen, das Analysieren, das Aufbrechen verkrustet-patinierter Denkstrukturen mit schier unendlicher Geduld und Hartnäckigkeit beigebracht, Deine Bücher so spannend, so lesbar geschrieben, dass wir auch als einfacher Gestrickte den Zugang zu Deiner Enzyklopädie, zu Deinem strukturellen Wissen, Deiner Faktenkenntnis, Deinen Analysen fanden. Du hast dich unerschrocken gegen die klerikale Armada gestellt, den zu zweifeln Beginnenden die Argumente geliefert, die „christlich“ und christlich Indoktrinierten und Stigmatisierten, die Missbrauchten und mit ihrem Schund Geschundenen zum Widerstand ermutigt, ermuntert. So, wie man sich es wünschte, dass jemand populäre Schriften zum argumentativen Kampf gegen den Faschismus schriebe… aber in weiten Teilen hast Du das ja auch gleich mitgetan…. Du warst mir eine unvergleichlich gute Hilfe zur Selbstbefreiung.
Dafür wollte ich Dir danken. Und jetzt wird mein Dank nur noch ein Nachruf…..
Karlheinz Deschner hat mit seinem unglaublich faktenreichen und umfassenden Werk einen Meilenstein der Aufklärung gesetzt, der aus naheliegenden Gründen viel zu wenig bekannt ist.
Einen dieser naheliegenden Gründe habe ich in seinen Auswirkungen auf meine nähere Umgebung kennengelernt, und meine Zeilen hier verstehe ich als Würdigung Deschners:
Es handelt sich um den inzwischen zurückgetreten wordenen Limburger Bischof Franz-Peter Tebartz van Elst, der in Deschners Werk über die Erwähnung in einer kleinen beiläufigen Fußnote sicherlich kaum hinausgekommen wäre, verhalten sich doch die Tebartz´schen Verfehlungen – im geschichtlichen Zusammenhang gesehen – doch viel zu sehr im normalen Bereich üblichen klerikalen Gebarens eines ganz durchschnittlichen Kirchenfürsten.
Die Ernennung ausgerechnet zum Limburger Bischof “verdankte” Tebartz indirekt seinem in Auftreten und Denkungsart eher mit dem derzeitigen Papst Franziskus vergleichbaren Vorgänger, dem nicht nur im Kirchenvolk sehr beliebten und verehrten Bischof Franz Kamphaus.
Über dessen Sozial-Engagement und freundliches Menschenverständnis (z.B in der Schwangerenberatung) hatten sich nämlich die Päpste Johannes Paul II, der just an meinem Geburtstag heilig gesprochen werden soll – was bedeutet denn das schon wieder? -, und dessen damals noch als rechte Hand tätiger späterer Benedikt XVI so sehr aufgeregt und geärgert, dass Benedikt XVI dann mit Tebartz eine wahrhaftige Gegenrevolution im Limburger Bistum in Gang setzen wollte.
Das gelang zunächst auch trefflich – diese Gegenrevolution wurde aber mit weit über 30 Millionen Euro für wahnwitzige Baumaßnahmen nur etwas zu teuer, und den Staatsanwalt sieht ein Bischof lieber neben sich in der First Class im Flieger zum Armenviertel in Indien oder auch im Beichtstuhl sitzen, als auf der Anklägerbank.
Letztlich scheiterte diese Gegenrevolution kläglich, worüber sich besonders die deutschen Förderer von Tebartz ärgern dürften:
Der soeben emeritierte Kölner Kardinal Joachim Meisner, der Tebartz nach Limburg empfohlen hatte, und der Präfekt der Glaubenskongregation in Rom, Kardinal Gerhard Ludwig Müller, der Tebartz bis zum Schluss nicht nur die Stange gehalten hat.
Müller hat aus der Sicht der konservativen Kräfte das wichtigste und noch über dem Papst “höchste” Amt im Vatikan inne, nämlich aufzupassen, dass es dem neuen Papst Franziskus nicht gelingen möge, in die verkrusteten Strukturen der Kirche zu viel Bewegung hinein zu bringen.
Ich spreche sicher für Deschner, wenn ich Müllers Scheitern herbeiwünsche.
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Hat dies auf Walter Friedmann rebloggt und kommentierte:
Karlheinz Deschner
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