Der Prozess gegen Georgi Dimitroff („Reichstagsbrandprozess“) kam wohl zu früh. Der Prozess gegen Gil Ofarim vielleicht auch.

Die Hitlerfaschisten starteten 1933 in Leipzig den Reichstagsbrandprozess in einer widersprüchlichen Situation.
Die politische Macht hatten sie erobert war ihnen „demokratisch“ übertragen worden. Auf der „Rechtsgrundlage“ der Reichstagsbrandverordnung starteten sie bereits am 28.2.33 die terroristische Verfolgung ihrer politischen Gegner.

Noch nicht gesiegt aber hatten sie in den Köpfen der demokratisch gesinnten Massen im In- und Ausland. In dieser Situation sollten der Prozess und seine breite mediale Vermarktung dem faschistischen Regime die höchsten juristischen Weihen liefern.
Dieses Ziel wurde nicht erreicht.
Die politisch-geistigen, einschließlich juristisch-rhetorischen Qualitäten des Kommunisten Dimitroff aber auch die noch fehlende Perfektion bei der diktatorischen Gleichschaltung des Reichsgerichts führten zum Urteil: „Freispruch für die kommunistischen Angeklagten“. Legendär ist, wie der sich selbst verteidigende Dimitroff den Zeugen Herman Göring so in die Enge trieb, dass der nur noch seine Schläger-Haltung einnehmen konnte.

(Fotomontage von John Heartfield)

Der Prozess gegen Gil Ofarim 2023 in Leipzig wegen eines behaupteten Antisemitismusvorfalls startete zwar unter völlig anderen Bedingungen, umso bemerkenswerter ist, dass das Ziel, die bedingungslose Solidarität mit dem extremistischen Zionismus zur absoluten staatlichen Norm zu erheben, nicht erreicht wurde.

Auch hier ist die politische Situation widersprüchlich.
Seit Jahren ist die Solidarität mit Israel und die formelhafte Anerkennung seines Rechts auf Selbstverteidigung autoritär vorgegebene demokratisch verkündete deutsche Staatsräson. Auf dieser Grundlage wird systematisch jede Kritik an israelischer Politik als antisemitisch verleumdet.

Noch ist es aber nicht gelungen die Solidarisierung mit der mörderischen Politik des derzeitigen israelischen Regimes (manche sprechen von zionistischem Faschismus, kurz: Ziofaschismus) allumfassend durchzusetzen und mit höchsten juristischen Weihen zu feiern.
Daran konnte bisher auch Präsident Steinmeier nichts ändern, der jetzt – so wie er 2014 den Schulterschluss mit ukrainischen Faschisten übte – demonstrativ die Freundschaft mit dem Kriegsverbrecher Netanjahu bekräftigt hat.

Der aus der Luft gegriffene Antisemitismus-Vorwurf des ebenso eitlen wie dummdreisten wie skrupellosen jüdischen „Prominenten“ Ofarim kalkulierte zwar mit der schier absoluten Durchschlagskraft der extremistisch-zionistischen Ideologie im deutschen „Diskurs“.
Aber die juristische Aktivität des um seine Existenz ringenden Beschuldigten W. plus die erdrückende Beweislage (und vielleicht auch ein Minimum von rechtsstaatlichen Gewissen bei beteiligten Juristen?) erlaubten dem Gericht keinen juristischen Ritterschlag pro Israel. Es blieb nur ein ganz schwacher Ausweg: Kein Urteil!

Jetzt sind alle froh – darf ich mit Ironie feststellen.
Diverse Gewinner und sozusagen freiheitliche Neuanfänge sieht Richter Stadler. Was er im Detail entschieden hat und wie die extremistischen Zionisten damit umgehen werden, ist wohl eine weitere Betrachtung wert.

Vielleicht – sage ich mit noch mehr Ironie – sollten kluge Leute das in Lesung befindliche Selbstbestimmungsgesetz noch einmal überarbeiten. Obwohl noch nicht verabschiedet, scheint es ja schon in Kraft zu sein, wie die Abgeordnete v. Storch erfahren musste.
Im Licht des Ofarim-Prozesses dürfte aber sein Hauptmangel sein, dass es nur die geschlechtliche Selbstdefinition erlaubt. Welche Möglichkeiten hätten Gil und seine Ungeistverwandten, wenn ihre Definitionsmacht auf andere interessierende Gegenstände ausgedehnt würde! Mir scheint, der Zentralrat der Juden in Deutschland könnte sich für diese Idee erwärmen.

16 Gedanken zu „Der Prozess gegen Georgi Dimitroff („Reichstagsbrandprozess“) kam wohl zu früh. Der Prozess gegen Gil Ofarim vielleicht auch.

  1. Das „Aus-der-Luft-Greifen“ als eines der ältesten, mindestens einträglichsten „Geschäfte“ aller Zeiten konnte ja wirklich nicht auf den Bankensektor beschränkt bleiben. Hier wurde schon sehr lange und immer wieder neu weit vor dem armen Abi-Ofarim-Nachfolger durch kulturelle Ausdehnung gründlichste Vorarbeit geleistet.
    Mit großer Erleichterung darf ich feststellen, dass mein pubertärer, bei weitem beliebtester Lieblingsschwarm meiner Jugend bei seiner „Produktion“ wohl eher als unbeteiligt gelten darf: Esther Ofarim.
    Die Rolle, die ihr beim Vortrag des Liedes um eine Version des „Tanzes ums Goldene Kalb“ („Noch einen Tanz“) zugedacht war, darf ihrer Person nicht angelastet werden. Sebst wenn der Wechsel des Bäumchens Leidenschaft am Ende des Liedes als „Unmoral von der Geschicht“ von oben angedeuteter Tradition nicht völlig abzutrennen ist: Ihre Erscheinung und ihre Stimme wollen damit nichts zu tun haben:

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  2. fidelpoludo, danke für die Vorstellung von Esther & Abi Ofarim.
    An die Namen des Duos erinnere ich mich, habe aber an ‚I Got
    You Babe‘ gedacht. Den Titel habe ich jetzt aufgerufen und
    erkennen müssen, dass das ein Hit von Sonny & Cher ist.
    Der Lieblingsinterpret meiner frühen Jugend war Fats Domino,
    später kamen andere hinzu, z.B. Aretha Franklin und die Bands der
    1960, 1970er.
    Während ich das schreibe, fällt mir zum ersten Mal auf, dass
    ich wohl eine Vorliebe für ’schwarze Stimmen‘ habe.

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  3. Pingback: Der arme Gil – oder – Der Zentralrat als Täter | opablog

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