Ernten

Das Fest war im Garten. Alle meine Gäste waren aufgefordert, auch ein Garten-Erntefest daraus zu machen – Zucchini, Gurken, Tomaten, Physalis, Brombeeren, Heidelbeeren, Trauben, Äpfel, Birnen, Petersilie warteten. (Dill fehlte.) Auch Kartoffeln warteten unter der Erde. Viele, viele Blumen warteten. Die Gäste traten dem Garten näher, verteilten sich, naschten hier und dort. Ernteten ein bißchen. (Einige hielten sich mehr in der Nähe des alten ruhmreichen „Tschernij Aist“. Wer wollte es ihnen verdenken?)

Heute ist das Fest, das viel Freude brachte, vorüber. Ich gehe durch den Garten und sehe die unveränderte Fülle der Früchte, der Blumen. Ich schaukel ein wenig im Hängesessel und sehe die Fülle der Trauben im Gegenlicht der Abendsonne.

Meine lieben Gäste sind bescheiden geblieben. Sie haben nicht richtig geerntet, nicht wirklich zugegriffen. Sie haben, vielleicht nicht absichtlich, mein EIGENTUM respektiert.

Ich sinniere. Eigentlich empfinde ich die Früchte des Gartens nicht als EIGENTUM.  (Ich gestehe mir ein, dass ich im Luxus lebe, essend und trinkend nach Herzenslust, immer satt. Als Hungriger, der jede einzelne Knolle zählt, würde ich wohl anders reden.) Die Früchte werden mir von den bewundernswerten Wesen, meinen Gartenpflanzen, geschenkt. Gewiß, ich säe und pflanze und pflege. Ich tue etwas dazu. Aber harte Arbeitsmüh‘ ist das nicht. Der Boden, das Sonnenlicht, der Regen tun Ihres dazu. Gemeinsam sind wir tätig. Und wirklich, ich finde diese Anderen, B. und S. und R., freundlich. Wenn ich mich herausstreichen will, so darf ich wohl sagen, dass ich VERMITTLER bin; mit ein wenig Sachverstand, lernendem Verstand (nicht zuletzt von denen da lernend), wohlgemerkt.

Weiter sinnend: Was ist das, der Boden, das Licht, der Regen? (Allein der Boden, diese ungeheure Welt, von der uns ein Komposthaufen etwas Ahnung geben kann.) Wie antworte ich, der ich jeder Gottvorstellung fernstehe? KLEINE TEILCHEN sind es, unendlich viele verschiedene kleine TEILCHEN, die Kraftlinien und Kraftfelder machen und sich darein ordnen. Es sind genau die Teilchen, in die eines Tages unsere persönliche Herrlichkeit zerfällt. Udo Lindenbergs Lied von ihm, dem zum Staubkorn gewordenen Liebenden (einem „Größten“); Staubkorn, dass unendlich seine andere „Größte“ wieder finden will, ist traurig und schön. Es trauern aber nur die vormaligen „Größten“. Der Größten Substanz, die Millionen Staubkörner, sind schon längst wieder rührig… und auf dem Weg… etwa zum köstlichsten Apfel zu werden.

Schmatz!

3 Gedanken zu „Ernten

  1. Schön – bin ein bisschen neidisch :-))
    Da ich keinen Garten mehr habe, benutze ich jedes Jahr meinen kleinen Balkon (wirklich klein, keine Terasse) zum in der Erde buddeln.
    In diesem Jahr habe ich wieder 2 Tomatenpflanzen gehegt und gepflegt und den ganzen Sommer über als Belohnung reichliche Ernte an kleinen, wohlschmeckenden Tomaten erhalten.
    Eine Himbeerpflanze hat in einem Kübel Platz gefunden und ist voller Ranken und süßer Früchte.
    Und sogar eine Rose (im Frühjahr gesetzt) hat mich mit 3 duftenden Blüten belohnt und wächst weiter (trotz Ostseite, also nur vormittags Sonne)
    Allerdings „unterhalte“ ich mich auch mit meinen Planzen und statte ihnen meinen täglichen Besuch ab :-))
    Ich wünsche noch einen wundervollen „Garten-Herbst“ Herr Kurch und reiche Ernte

    die Christa aus Berlin

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