Als Mensch, der in wenigen Monaten 83 Jahre alt wird, denke ich hin und wieder an mein Lebensende.
Zeitlebens habe ich versucht, Wunschdenken zu vermeiden, und so stelle ich mir vor, dass mir vielleicht nur noch drei, vier Jahre bleiben.
Diese Annahme ist subjektiv-willkürlich. Google billigt mir eine statistische Restlebensdauer von etwa sechs, sieben Jahren zu. Ich könnte auch sagen, dass mein Gesundheitszustand wohl überdurchschnittlich gut ist, meine (privaten) Lebensverhältnisse förderlich sind und ich so vielleicht gar auf zehn Jahre komme.
Prinzipiell aber ändern diese verschiedenen Schätzungen nichts. Unabhängig von einer Jahreszahl: Es ist und bleibt Endzeit.
Sollte ich da nicht versuchen, mehr „vom Ende her“ zu leben?
Manch einer kommt nie an diesen Punkt. Andere vielleicht schon viel früher.
Peter E., der bedeutende lebensgeheimnisvolle Mensch meiner Jugend, erzählte 1954, als er bei meiner Schulentlassung bei uns zu Gast war, dass er wisse, wo seine Grabstätte ist und dass er seinen Grabstein zu Hause hat und mit ihm umgeht (wie er es genau formulierte, weiss ich nicht mehr). Er war damals 73 Jahre alt und hat danach noch neun Jahre gelebt.
In früheren Jahren brauchte ich nicht an den Tod zu denken, denn er war noch weit weg. In letzter Zeit habe ich mich gescheut, mir meinen Tod und mein Nichtsein vorzustellen, weil es plötzlich so nahe war und weil es mich ohnmächtig-wehmütig (ein schönes deutsches Wort)-traurig machte.
Doch irgendwann schlug mein Philosophen-Gewissen: Ich weiss doch, dass alles, was entsteht, vergehen muss. Was angefangen hat, muss enden. Und jetzt, wo es mich direkt betrifft, sollte ich kneifen?
So bin ich langsam zu dem Entschluss gekommen in der Zeit, die mir bleibt, mit den Kräften, die mir bleiben, mit diesem meinem ganzen Leben in der schönen und grimmigen Welt dem Gevatter Tod offen entgegen zu gehen; begegnungsfreundlich, sozusagen.
Lieber Opa, als 7 Jahre Jüngerer muss ich Dir gestehen, dass ich ähnliche Gedanken bereits auch hege und, dass ich Phasenweise die Angst vor dem Tod verloren hatte. Ich habe jetzt viel mehr Angst vor dem Tod meiner Nachgeborenen.
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Mein Vater starb am 31.5.2022 im Krankenhaus gegen 22:30 Uhr. Mein Bruder und ich blieben bei ihm bis zum Ende. Er hatte Parkinson im Endstadium, aber er konnte sich vorher noch von allen Enkelkindern etc. verabschieden. Er war 82 Jahre alt und bis dato noch relativ fit. M.a.W. es kann jeden treffen!
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