Hausdurchsuchung beim Amtsrichter Christian Dettmar aus Weimar

Dettmar erregte kürzlich Aufmerksamkeit mit diesem Urteil („Kinder Masken ab!“).

Nach einem Bericht von 2020news ist heute bei Richter Dettmar eine Hausdurchsuchung erfolgt. Auch Reitschuster berichtet und kommentiert:

Die Meldung von 2020news hat diesen Wortlaut:

Wie 2020News soeben erfahren hat, ist bei dem Richter am Amtsgericht Weimar Christian Dettmar am heutigen Tage eine Hausdurchsuchung erfolgt. Sein Büro, seine privaten Räumlichkeiten und sein Auto wurden durchsucht. Das Handy des Richters wurde von der Polizei beschlagnahmt. Der Richter hatte am 8. April 2021 eine aufsehenerregende, für die Massnahmenpolitik der Regierung sehr unbequeme Entscheidung getroffen.

Auf Anregung einer Mutter hatte der Richter in einem Kindswohlverfahren gem. § 1666 BGB zu Az.: 9 F 148/21 entschieden, dass es zwei Weimarer Schulen mit sofortiger Wirkung verboten sei, den Schülerinnen und Schüler vorzuschreiben, Mund-Nasen-Bedeckungen aller Art (insbesondere qualifizierte Masken wie FFP2-Masken) zu tragen, AHA-Mindestabstände einzuhalten und/oder an SARS-CoV-2-Schnelltests teilzunehmen. Zugleich hatte er bestimmt, dass der Präsenzunterricht aufrechtzuerhalten sei (Urteil im Volltext inklusive dreier Sachverständigengutachten).

Erstmalig wurde dabei vor einem deutschen Gericht Beweis erhoben hinsichtlich der wissenschaftlichen Sinnhaftigkeit und Notwendigkeit der verordneten Anti-Corona-Massnahmen. Als Gutachter waren die Hygieneärztin Prof. Dr. med Ines Kappstein, der Psychologe Prof. Dr. Christof Kuhbandner und die Biologin Prof. Dr. rer. biol. hum. Ulrike Kämmerer gehört worden.

Nach Prüfung der Sach- und Rechtslage und Auswertung der Gutachten war der Richter zu der Erkenntnis gelangt, dass die von ihm verbotenen Massnahmen eine gegenwärtige, in einem solchen Maß vorhandene Gefahr für das geistige, körperliche oder seelische Wohl des Kindes darstellten, dass sich bei weiterer Entwicklung ohne Intervention eine erhebliche Schädigung mit ziemlicher Sicherheit voraussehen liesse.

Er schrieb: “…die Kinder werden insbesondere durch die Pflicht, während der Schulzeit Gesichtsmasken zu tragen und Abstände untereinander und zu weiteren Personen einzuhalten, in ihrem geistigen, körperlichen und seelischen Wohl nicht nur gefährdet, sondern darüber hinaus schon gegenwärtig geschädigt. Dadurch werden zugleich zahlreiche Rechte der Kinder und ihrer Eltern aus Gesetz, Verfassung und internationalen Konventionen verletzt. Das gilt insbesondere für das Recht auf freie Entfaltung der Persönlichkeit und auf körperliche Unversehrtheit aus Artikel 2 Grundgesetz sowie für das Recht aus Artikel 6 Grundgesetz auf Erziehung und Betreuung durch die Eltern (auch im Hinblick auf Maßnahmen zur Gesundheitsvorsorge und von Kindern zu tragender„Gegenstände“)…”

Der Richter folgte der Einschätzung der Gutachter, dass die Masken nicht zur Virenabwehr taugen, dass der PCR-Test nicht mit der erforderlichen Sicherheit eine krankmachende Infektion nachweisen kann und dass eine asymptomatische Übertragung epidemiologisch in Bezug auf SARS-CoV-2 keine nachweisbare Rolle spielt. Die Masken würden sich durch die handhabungsbedingte Verkeimung im Gegenteil negativ auf die Gesundheit der Kinder auswirken. Die Testung in der Schulklassen wäre unnötig, schädigend und zudem datenschutzrechtlich ausgesprochen problematisch.

Der Richter bestätigt mit seinem Urteil die Einschätzung der Mutter: “Die Kinder werden physisch, psychisch und pädagogisch geschädigt und in ihren Rechten verletzt, ohne dass dem ein Nutzen für die Kinder selbst oder Dritte gegenübersteht.”

Abschliessend stellte der Richter fest: “100.000 Grundschüler müssten eine Woche lang sämtliche Nebenwirkungen des Maskentragens in Kauf nehmen, um nur eine einzige Ansteckung pro Woche zu verhindern. Dieses Ergebnis nur als unverhältnismäßig zu bezeichnen, wäre eine völlig unzureichende Beschreibung. Vielmehr zeigt sich, dass der diesen Bereich regulierende Landesverordnungsgeber in eine Tatsachenferne geraten ist, die historisch anmutende Ausmaße angenommen hat.

Die Entscheidung, die 2020News hier näher analysiert hat, hatte für großes Aufsehen gesorgt. Allein von der Webseite von 2020News war sie circa zwei Millionen mal heruntergeladen worden.

In einer Nebenbemerkung am Rande eines Verfahrens mit anderen Beteiligten war die fragliche Entscheidung vom Verwaltungsgericht Weimar ohne nachvollziehbare Begründung als rechtswidrig bezeichnet worden.

Kurz darauf hatte ein Leipziger Richter in einem ähnlich gelagerten Fall völlig rechtsgrundlagenfern einer alleinerziehenden Mutter Gerichtskosten in Höhe von € 18.654,00 für einen nur als fiktiv zu bezeichnenden Streitwert von € 4.120.000,00 – gedeckelt auf € 500.000,00 – auferlegt unter gleichzeitiger Abweisung des Rechtshilfegesuchs für ihre zwei Kinder. Es erscheint naheliegend, dass der Leipziger Richter bei seiner so eklatant vom eigentlich zugrunde zu legenden Streitwert von € 2.500 abweichenden Kostenfestsetzung von sachfremden Erwägungen motiviert gewesen sein dürfte. Bei korrekter Rechtsanwendung wären lediglich € 59,50 Gerichtskosten zu zahlen. Ein Unterschied von € 18.594,50 (!).

Die Hausdurchsuchung bei Richter Dettmar, dessen Unabhängigkeit Art. 97 I GG garantiert – “Richter sind unabhängig und nur dem Gesetz unterworfen” – erfolgte offenbar aus politischen Gründen.

Richter Dettmar wird vertreten vom Hamburger Strafverteidiger Dr. h.c. jur. Gerhard Strate.

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25 Antworten zu Hausdurchsuchung beim Amtsrichter Christian Dettmar aus Weimar

  1. Jo Bode schreibt:

    Der Durchsuchungsbeschluß trägt die Rechtswidrigkeit offen auf der Stirn. Nur bei Vorliegen dringenden Tatverdachts, für den tatsächliche (!) Anhaltspunkte sprechen müssen, nicht aber aufgrund von Vermutungen ist eine Hausdurchsuchung gerechtfertigt. Andernfalls dient erst die Durchsuchung der Beschaffung von dringenden Verdachtsmomenten, was unzulässig ist. Das ist ständige gesicherte Rechtsprechung, in jedem juristischen Kommentar nachlesbar.

    Rechtsanwalt Strate dürfte/könnte also eigentlich leichtes Spiel haben bei der Vertretung des Kollegen Dettmer. Vorausgesetzt der Rechtsstaat funktioniert noch in diesem Teil der Justiz – was ich bezweifle.

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  2. Johannes S. schreibt:

    Dies ist ein elementarer Eingriff in die grundgesetzlich garantierte Unabhängigkeit eines Richters und auch der Justiz und ein Eingriff in die Gewaltenteilung zu werten. Es ist öffentlich zu machen, wie der Anfangsverdacht für diesen Übergriff zu werten ist, der von der Regierung weisungsgebundenen Staatsanwaltschaft begründet wurde. Dies ist als ein erster Schritt in eine offene, totalitäre Diktatur zu bewerten und mit allen Mitteln der Zivilgesellschaft und des gemeinsamen demokratischen Widerstands abzuwehren.

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  3. Pingback: Immer diese Schauspieler! | opablog

  4. Jo Bode schreibt:

    Hier die Stellungnahme des Vertreters der Neuen Richter-Vereinigung (NRV), die als „fortschrittlich“ im Spektrum der Richterschaft eingeordnet wird – was auch immer das heißen mag…. :

    https://www.t-online.de/nachrichten/deutschland/id_89926718/richter-zur-durchsuchung-bei-masken-richter-in-weimar-rechtsstaat-funktioniert-.html

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  5. Jo Bode schreibt:

    Ich zitiere nicht mehr gerne Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts, seitdem die CDU über einen getreuen Mitkämpfer die Präsidentschaft des Gerichts übernommen hat.
    Im aktuellen Fall mache ich aber eine Ausnahme, weil es in dieser Entscheidung von März 2021 (!) um eine seit langer Zeit unverändert bestehende Rechtslage geht:

    „Art. 13 Abs. 1 GG garantiert die Unverletzlichkeit der Wohnung. In diese grundrechtlich geschützte persönliche Lebenssphäre greift eine Durchsuchung schwerwiegend ein (vgl. BVerfGE 42, 212 ; 96, 27 ; 103, 142 ). Notwendiger, aber auch in Anbetracht der Eingriffsintensität einer Wohnungsdurchsuchung hinreichender Anlass für eine Durchsuchung ist der Verdacht, dass eine Straftat begangen wurde. Das Gewicht des Eingriffs verlangt auf konkreten Tatsachen beruhende Verdachtsgründe, die über vage Anhaltspunkte und bloße Vermutungen hinausreichen (vgl. BVerfGE 44, 353 ; 115, 166 ; BVerfGK 2, 290 ; 5, 84 ). Eine Durchsuchung darf somit nicht der Ermittlung von Tatsachen dienen, die zur Begründung eines Anfangsverdachts erst erforderlich sind (vgl. BVerfGK 8, 332 ; 11, 88 ).“

    https://www.bundesverfassungsgericht.de/SharedDocs/Entscheidungen/DE/2021/03/rk20210303_2bvr174618.html

    Offensichtlich diente der Durchsuchungsbeschluss gegen den Weimarer Familienrichter der Ermittlung von Tatsachen zur Begründung eines Anfangsverdachts.
    Alles Gefasel des Lübecker Richters der NRV über eine angeblich erforderliche Befangenheitsanzeige des Richters oder Vermutungen über Internetrecherchen egal welcher Art helfen dabei nicht weiter……

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  6. Johannes S. schreibt:

    Danke Jo Bode für Ihre aufklärenden juristischen Kommentare., Der angegriffene Amtsrichter Herr Dettmar wird vom Hamburger Staranwalt Gerhard Strate vertreten, der auch Gustl Mollath im Wiederaufnahmeverfahren vertreten hat. Nach der Freilassung von Gustl Mollath fand eine Diskussion im Münchner Literaturhaus über den Fall Mollath statt, bei der sich Strate – für mich sehr überraschend- für die Weisungsgebundenheit der Staatsanwaltschaft aussprach. Soweit ich mich erinnern kann mit der Begründung ohne Anordnung über diesen Weg wäre es nicht zum WA-Verfahren im Fall Mollath gekommen. Wie fatal die Rolle eines von der Politik abhängigen Staatsanwaltschaft ist, beweist das verfassungswidrige, willkürliche Vorgehen gegen die Unabhängigkeit eines Richters. Deshalb die Forderung eine von der Politik unabhängige Staatsanwaltschaft und Justiz.Eine Forderung, die die Partei „Die Basis“ stellen sollte, der ich beigetreten bin.
    Die Großkundgebung am 1.Mai in München wurde untersagt, weil der Veranstalter RA Haintz angeblich nicht die Gewähr bietet die Auflagen zu erfüllen. Die Kundgebung findet nunmehr in Weimar statt. Es freut mich, dass Herr Übelherr seine Stimme erhoben hat.

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    • Jo Bode schreibt:

      Die Weisungsgebundenheit der Staatsanwaltschaft hat sich letztlich – neben dem Engagement von Rechtsanwalt Strate – für die Wiederaufnahme des Verfahrens Mollath ausgewirkt, weil alle beteiligten Justizmitarbeiter zunächst eine weitestgehend geschlossene ablehnende Haltung eingenommen haben, angeführt von der Justizministerin Beate Merk. Auf den zunehmenden öffentlichen Druck hin hat der damalige Ministerpräsident Seehofer die Justiz dazu „bewegt“, ihre Blockadehaltung aufzugeben. Merk wurde alsbald nach Brüssel entsorgt bzw. befördert.
      Ob sich eine unabhängige Staatsanwaltschaft in Bayern positiver im Fall Mollath ausgewirkt hätte, halte ich wegen der üblichen Obrigkeitshörigkeit der Juristen für ziemlich fragwürdig, was besonders gegenwärtig von den meisten nur auf dem Papier unabhängigen Richtern bestätigt wird.

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  7. Jo Bode schreibt:

    Die mir bekannt gewordenen Informationen lassen den Schluss zu, dass der von Staatsanwaltschaft und Ermittlungsrichter angegebene „Aufhänger“ für den Rechtsbeugungsvorwurf in der falschen Annahme einer Zuständigkeit des Familiengerichts liegen soll.

    Hier der Wortlaut der entsprechenden Vorschrift:

    § 1666 Bürgerliches Gesetzbuch: Gerichtliche Maßnahmen bei Gefährdung des Kindeswohls

    (1) Wird das körperliche, geistige oder seelische Wohl des Kindes oder sein Vermögen gefährdet und sind die Eltern nicht gewillt oder nicht in der Lage, die Gefahr abzuwenden, so hat das Familiengericht die Maßnahmen zu treffen, die zur Abwendung der Gefahr erforderlich sind.
    (2) ….
    (3) …
    (4) In Angelegenheiten der Personensorge kann das Gericht auch Maßnahmen mit Wirkung gegen einen Dritten treffen.

    Entscheidend ist Absatz 4: Wer ist „Dritter“? Kann auch eine Behörde oder eine sonstige Organisation „Dritter“ sein, wenn eine Kindeswohlgefährdung aus deren Verantwortungsbereich zu besorgen ist?
    Einfache Antwort, die sich ohne weiteres aus dem Sinn der dem Kindeswohl verpflichteten Vorschrift ergibt:
    „Dritter“ ist jeder, der nicht Elternteil ist. Ob es sich hierbei um Personen handelt, deren Handeln aus eigenem Antrieb oder auf Anordnung oder Anregung durch eine Organisation oder auch Behörde bestimmt ist oder wird, hat unbeachtlich zu bleiben, um die vom Gesetz gewollte uneingeschränkte Wirkung des Kinderschutzes zu garantieren.
    Es mag sein, dass für deutsche Staatsanwälte und Ermittlungsrichter die Vorstellung kindesgefährdenden Verhaltens durch Behörden und damit durch deren Mitarbeiter schwierig ist. Ein kurzer Blick auf die Verhältnisse im Faschismus kann da aber sehr aufklärend wirken, und dies um so eher, als derzeit manch aktuelle Entwicklung entsprechende Erinnerungen wach ruft.

    Ergebnis:
    Der Rechtsbeugungsvorwurf ist mangels jeden Anhaltspunktes völlig konstruiert.
    Staatsanwaltliche und ermittlungsrichterliche Maßnahmen unter Zugrundelegung solchen Unfugs erfüllen den Tatbestand der „Verfolgung Unschuldiger“ gemäß § 344 Strafgesetzbuch, ein mit Freiheitsstrafe von 1 bis 10 Jahren zu ahndendes Verbrechen. Natürlich darf die Staatsanwaltschaft unter solchen Bedingungen nicht gegen sich selbst ermitteln. Das entsprechende Strafverfahren gegen alle am Durchsuchungsbeschluss beteiligten Personen ist von einer außenstehenden Strafverfolgungsbehörde zu führen.

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    • kranich05 schreibt:

      Danke,
      für mich juristischen Laien sind diese Erläuterungen samt Begründung sehr hilfreich.
      Ein Problem könnte sein, dass dies leider in der Kommentarform nicht sehr ins Auge fällt.
      Ein eigenes Gast-Posting dazu machen? Den Kommentar (durch mich) zu einem eigene Posting „erheben“?

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    • Detlev Matthias Daniel schreibt:

      Die Einwendungen von Frau Marx betreffend der Folgen solcher Justizpraxis finde ich dann aber doch nicht unbeachtlich. Was kann man dem entgegnen?

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      • Jo Bode schreibt:

        Die Ausführungen von Frau Marx nehmen – auf meinem Händi – rund 4 Seiten in Anspruch. Einen Teil der dort aufgeworfenen Fragen beantwortet bereits der Gesetzeswortlaut, z.B. zur Zuständigkeit bzw. zum Rechtsweg, vgl. § 1666 Abs. 4 BGB.
        Ich habe momentan keinen großen Bock darauf, zu allen von Frau Marx angesprochenen Punkten Stellung zu nehmen, weil das ziemlich umfangreich würde.
        Hilfreich wäre deshalb eine präzisere Fragestellung, welches Problem im einzelnen klärungsbedürftig sein soll.

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        • Jo Bode schreibt:

          Hier nur kurz:
          Bei konkreter Kindeswohlgefährdung ist das Familiengericht offensichtlich zuständig (§ 1666 BGB), weil unverzügliches Handeln erforderlich ist, um unmittelbar drohenden Schaden abzuwenden.
          Bei abstrakter Kindeswohlgefährdung (30km/h-Zone usw.) dürfte das Verwaltungsgericht zuständig sein.

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        • Detlev Matthias Daniel schreibt:

          Zwei Punkte – auch in Kombination:
          – Das Abschneiden des Rechtsweges gegen den Entscheid (stimmt das?)
          – möglicherweise gegensätzliche Entscheidungen mehrer Richter, die die gleiche Schule, die gleiche Klasse oder – bei generalisierender Entscheidung wie hier – die selben Schüler betreffen.

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          • Jo Bode schreibt:

            Zu 1.: kein „Abschneiden“, sondern Gesetzeslage, die im Eilverfahren keinen Rechtsbehelf vorsieht, sondern aufs Hauptverfahren verweist.
            Der (Amts-)Richter kann nämlich nicht über das Bestehen einer Anfechtungsmöglichkeit entscheiden. Das ist dem Gesetz vorbehalten. Es gibt aber für Obergerichte in bestimmten Fällen die Befugnis, die Anfechtung nicht zuzulassen.

            Zu 2.: Das ist (für mich) kaum zu beantworten. Ich war vor der Pensionierung nie in Familiensachen tätig, „nur“ in fast allen anderen Bereichen der sogenannten „ordentlichen“ Gerichtsbarkeit (Zivil- und Strafverfahren)…
            Normalerweise wird die richterliche Zuständigkeit (wichtig für die Bestimmung des „gesetzlichen Richters“) im Geschäftsverteilungsplan festgelegt, entweder nach Anfangsbuchstaben oder Eingangsziffer. § 1666 Absatz 4 BGB setzt aber nicht unbedingt einen Antrag Betroffener voraus. Es reicht die Kenntnis des Richters von einem Fall, in welchem gegen Dritte Maßnahmen zum Schutz eines oder mehrerer Kinder zu ergreifen sind.
            Beispiel: Ein Lehrer geht prügelnd durch die Schulklasse, weil er meint, das Einbleuen helfe beim Lernen. Die Eltern gucken weg oder finden es gut in der immer noch vorzufindenden Annahme, das Prügeln hätte Keinem geschadet. Das Schulamt schläft. Der Familienrichter erhält zufällig Kenntnis.
            Frage: Darf der Richter nur die ihm mit entsprechendem Anfangsbuchstaben zugeordneten Kinder schützen, oder alle Kinder der Schulklasse, evtl. der ganzen Schule? Wie sieht es aus, wenn die Eingangsziffer die Zuständigkeit des Richters regelt? Normalerweise wird diese Ziffer von der gerichtlichen Geschäftsstelle nach Eingangsreihenfolge vergeben. Ist ohne einen „Eingang“ – und Aktenvorgang – der benachbarte Richter zuständig, der eventuell früher von der Sache erfahren hat?
            Fragen über Fragen…. – aber ich bin ziemlich sicher, dass bei näherer Befassung mit dem Problem Lösungen „entdeckt“ werden.

            Unterschiedliche Entscheidungen können übrigens nur unterschiedliche „Streitgegenstände“ betreffen, weil die Rechtskraft gegensätzliche Entscheidungen in der selben Angelegenheit verhindert. Die (eingetretene) Rechtskraft durch Ablauf der Frist zur Einlegung eines Rechtsbehelfs verhindert sogar unterschiedliche Entscheidungen im Instanzenweg.
            Ob eine „generalisierende Entscheidung“ vorliegt, die ebenfalls Rechtskraft entwickeln kann, hängt vom Streitgegenstand ab. Der wird regelmäßig vom Antrag bestimmt, dem das Gericht in der abschließenden Entscheidung seinen endgültigen Umfang gibt. Wenn kein Antrag vorliegt?
            Auch hier: Genaueres weiß ich nicht. Als bereits langjähriger Pensionär kann ich mir das manchmal leisten.

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      • Jo Bode schreibt:

        Die Angelegenheit „Rechtsbeugungsverdacht“ hat sich mit einem Beschluß des Oberlandesgerichts Karlsruhe (AZ 20 WF 70/21) mehr oder weniger erledigt. Das Gericht stellt fest, dass das Familiengericht bei einer Anregung gem. § 1666 BGB verpflichtet ist, nach pflichtgemässem Ermessen Vorermittlungen einzuleiten. Es kann die Prüfung, ob eine Kindeswohlgefährdung vorliegt, nicht einfach auf das Verwaltungsgericht verlagern.

        Damit löst sich jeder Anhaltspunkt für staatsanwaltliche Ermittlungen wegen Rechtsbeugung in Luft auf, wie ich es bereits anfänglich ausgeführt hatte.
        Die Staatsanwaltschaft und der Ermittlungsrichter, der den Durchsuchungsbeschluss erlassen hat, müßten sich jetzt normalerweise auf Ermittlungen wegen Verfolgung Unschuldiger einstellen. Ich bin aber sicher, dass solche Ermittlungsn nicht stattfinden werden. Wir haben nicht ohne Grund eine weisungsgebundene Staatsanwaltschaft….

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        • Jo Bode schreibt:

          Richtig ist zwar, dass das OLG Karlsruhe nicht als Rechtswegsinstanz für das Amtsgericht/Familiengericht Weimar zuständig ist. Wenn aber schon ein Obergericht feststellt, dass im Zusammenhang mit § 1666 Abs. 4 BGB die Zuständigkeit des Familiengerichts, nicht aber die des Verwaltungsgerichts, gegeben ist, besteht kaum noch die Möglichkeit, dem Richter am Amtsgericht vorzuwerfen, er habe mit seiner durch ein Oberlandesgericht geteilten Rechtsauffassung, die zudem vom Gesetzeswortlaut gestützt ist, eine Rechtsbeugung begangen.

          Ich erkläre mir die Sache so: Staatsanwälte haben normalerweise keine oder nur wenig Ahnung von Familienrecht. Das gilt auch für Ermittlungs- und Verwaltungsrichter. Die Juristen-Ausbildung vernachlässigt nämlich diesen Bereich. Deshalb drängt es sich geradezu auf, entsprechende Regelungen Richtern vorzubehalten, die sich in die besonderen Problematiken des Familienrechts eingearbeitet haben. Wenn ich mir nur ansatzweise vorstelle, wie die mir bekannten Staatsanwälte, Ermittlungs-und Verwaltungsrichter mit den rechtlichen und auch tatsächlichen Fragen des Kindeswohls umgehen würden- ich könnte nur noch verzweifeln…..
          Ich bin sicher, dass kein Angehöriger der vorgenannten Arbeitsbereiche von sich aus bereit und in der Lage wäre, in familienrechtlichen Fragen – auch der Zuständigkeit – qualifiziert zu arbeiten. Da helfen Anweisungen von oben, unter Hintanstellung von berechtigter Zurückhaltung „zur (Un)Tat“ zu schreiten.

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  8. Jo Bode schreibt:

    Ein Kollege wird interviewt:

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  9. Jo Bode schreibt:

    Zwei ziemlich überzeugende juristische Stellungnahmen zur formellen (1) und materiellen (2) Verfassungswidrigkeit des „Notbremse-Gesetzes“:

    (1) Holger Grefrath, wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl für Öffentliches Recht und Finanzrecht (Prof. Dr. Christian Waldhoff) an der Humboldt-Universität zu Berlin, erklärt, warum das Gesetz nicht ordnungsgemäß zustande gekommen und damit nichtig ist:

    https://verfassungsblog.de/die-bundesnotbremse-ist-nicht-zustande-gekommen/

    (2) Unter „Der Missbrauch des Infektionsschutzes für politische Winkelzüge wird immer deutlicher“
    bei
    https://www.wodarg.com/
    begründet der Staatsrechtler Professor Dr. iur. Dietrich Murswiek ausführlichst die materielle Verfassungswidrigkeit im Rahmen einer u.a. auch von ihm erhobenen Verfassungsbeschwerde.

    Beide Dokumente enthalten längere Passagen, die auch juristische Laien interessieren könnten.

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  10. Pingback: 1. Mai 2021 in Oranienburg – demokratischer Widerstand am Amtsgericht und mehr | opablog

  11. Johannes S. schreibt:

    https://2020news.de/beschluss-aus-karlsruhe-stuetzt-sensationsurteil-aus-weimar-rechtsbeugungsvorwurf-gegen-richter-ohne-grundlage/
    Ein OLG hat in einem „umgekehrten“ Fall entschieden, dass die Verweisung eines Familiengerichts an das Verwaltungsgericht nicht rechtmäßig war. Dies stützt die Rechtsauffassung des mutigen Richters Dettmar und widerlegt den absurden , politisch motivierten Anfangsverdacht auf Rechtsbeugung..
    In einer Gerichtsverhandlung mit einer Maskenbefreiung wurde das Attest des Angeklagten nicht anerkannt, der -Anwalt wurde genötigt eine Maske zu tragen und der Gerichtspräsident erteilt dem Anwalt ohne Aussprache Hausverbot.. Deutschland auf dem Weg zur Bananenrepublik….

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  12. Jo Bode schreibt:

    Dringende Lese-Empfehlung:

    https://www.achgut.com/artikel/bismarck_die_wurst_und_das_4._bevoelkerungsschutzgesetz/P50#comment_entries

    Beim Lesen dieses von einem Kollegen unter Pseudonym (!) verfassten Beitrags – einschließlich der z.T. sehr beachtlichen Leserkommentare – beschlich mich zunehmend die Vorstellung, dass sich der Vorwurf der Rechtsbeugung trefflich in Richtung Bundesregierung, Bundestag, Bundespräsident und Bundesverfassungsgericht (1. Senat) richten könnte…

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