Corona-Kritik schafft „seltsame Bettgenossen“

Rechts & Links gesellt sich nicht gern! Wie wär’s mit Lechts & Rinks? – Oder Quer.
„Rinks“ ist viel „lechter“ aber vor allem: „Lechts“ ist viel „rinker“ als beide glauben.

Gastbeitrag von fidelp


Auf den „Nachdenkseiten“ erschien jüngst ein Artikel von Tobias Riegel mit dem
Titel „Corona-Kritik schafft ’seltsame Bettgenossen'“, der eine Flut von Leserbriefen auslöste, die mehr zu denken geben als der Artikel selbst und das dem Text vorgesetzte Foto wohl besser verstanden haben und „beim Bild nehmen“ als der
Autor selbst.

„Als Kritiker der Corona-Politik findet man sich inhaltlich manchmal neben
„Bild“-Zeitung und FDP wieder. Das ist aber kein Verdienst des Boulevards und
der Neoliberalen, sondern das Phänomen illustriert vor allem den Ausfall der
kritischen Kräfte: Die bestimmenden Fragen der Zeit werden von ihnen nicht
gestellt.
Man reibt sich dieser Tage verwundert die Augen: Bekannte empfehlen Artikel
aus Quellen, die man früher höchstens als Objekt der harschen Medienkritik
behandelt hätte. Doch der politische Umgang mit Corona, die mit unseriöser
Datenbasis gerechtfertigten Maßnahmen, das Panik schürende Verhalten vieler
Journalisten und Politiker und der Protest dagegen wirbelt die Positionen nun
nochmals kräftig auf. Wie ein englisches Sprichwort sagt: Politik schafft seltsame
Bettgenossen.“
Schreibt Tobias Riegel den Beitrag eröffnend.

Wenn ich die Leserbriefe über den Artikel gestellt zu haben scheine, muss ich das
schon deshalb relativieren, weil ihm das Verdienst zukommt, die Diskussion erst
ausgelöst und in Gang gebracht zu haben. Das Thema liegt schon lange in der Luft
und musste einmal „festgenagelt“ werden, was mit Luft eigentlich ein paradoxes
Unternehmen von vornherein ist. Aber man fragt sich schon, warum jemand, der
einleitend den „Ausfall der kritischen Kräfte“ feststellt, die „die bestimmenden
Fragen der Zeit“ nicht mehr stellen (ich setze voraus, dass er – wie unzutreffend auch
immer: „Es war einmal… – „kritisch“ mit links identifiziert), sich „verwundert die
Augen reiben“ kann, wenn Kritisches sich einen anderen Weg sucht und ihn –
das entstandene Vakuum in Ansätzen wieder füllend – in „Bild“, FDP und in als
„rechts“ verschrie(e)nen und ein- für alle Mal abgehefteten Websites, Blogs und
Plattformen in bestimmten Sachfragen wohl auch gefunden hat. Ginge es um die Sache
allein, sollte das doch eigentlich kein Problem sein. Niemand ist gezwungen den
anderen „Schrott“, der sich dort angelagert haben mag, „mit zu kaufen“. „Zur Sache,
Schätzchen!“
Wenn sich von unerwarteter Seite etwa „Zeichen der Abkehr von der allzu reinen
Corona-Lehre“ zu Worte melden, sollte der „kritische Geist“ weder nach rechts oder
links schielen, sondern, wenn schon nicht triumphieren, dann sich wenigstens ein
wenig freuen. Und – wenn sein Herz schon unbedingt aus bestimmten Gründen weiter
links schlagen möchte – seine Genossen, denen (auch in den Leserbriefen) ihr
redseliges „Verstummen“, ihre „Korrumpiertheit“, „der direkte Weg in die
Bedeutungslosigkeit“, der Eintausch der „Rote(n) Fahne gegen eine
regenbogenfarbene“ (Identitätspolitik), das „Spaltungsspiel“ naiv mitzuspielen, das
mindestens ebenso naive und unreflektierte „Kontaktschuld“-Argument immer und
immer wieder als Scheinargument in die Debatte zu werfen, bescheinigt wird, in die
rechte oder linke Seite stupsen und ihnen – je nachdem lauter oder leise – ins Ohr
flüstern: „Aufwachen!“ Außerdem käme da noch zum Tragen, was ein Leser sehr
treffend so formulierte:
„Was die „Linke“ nicht begreifen will: „Man nennt es Meinungsvielfalt. Das
klingt komisch, ist aber so und das ist gut so. Und verschiedene/andere Meinungen
verteufelt man nicht oder steckt sie in irgendwelche Schubladen [wie umstritten,
fragwürdig, bla, foo, baz], sondern setzt sich mit ihnen argumentativ im
Debattenraum auseinander! Idealerweise fair und face-to-face.“

Damit will eine Leserin ganz und gar nichts auf dem Hut haben. Sie ergreift eine
besondere Abart gebildet-deutscher Schuldgefühle und sonnt sich lieber in dem
exquisiten Gefühl linker Besonderheit – das als eine nicht nur in dieser (Corona-)Sache
als von oben gewollte und gesteuerte Spaltung der möglichen Einheit einer Bewegung
gesehen werden muss, wenn sie schreibt: 
„Vereint mit Menschen zu demonstrieren, deren Haltung bzgl. Wirtschaft und
Gesellschaft ich seit Jahren kritisiere, das widerstrebt mir zutiefst.“
oder ein anderer sich dazu bekennt:
„Meine Aversion gegen den Namen Reitschuster ist so groß, dass ich mir das
Interview nicht angehört habe.“
Ganz klar: Es geht nicht um die Sache, sondern um das politische Lager.
Wenn also „fragwürdige Medien (…) einige vernünftige Fragen stellen“ (Riegel), stellt das nicht logischerweise einen Teil ihrer „Fragwürdigkeit“ – zumindest, was die Sache, um die es gehen sollte – in Frage? Sind die aufgeworfenen vernünftigen Fragen nicht der Beachtung und Betrachtung wert? Eine gewisse Ahnung davon darf den „Querdenkern“ bescheinigt werden. Nicht einverstanden erklären kann ich mich  dagegen mit Albrecht Müllers Feststellung:
„Die Parole ‚Weder links noch rechts’ begünstigt rechts, sie begünstigt die
Neoliberalen und das Militär“,
denn: Auch mit denen kann und muß die Diskussion gesucht werden. Erstens muß
Militär nicht unbedingt „rechts“ bedeuten (ich erinnere an das Beispiel des
„Movimento das Forças Armadas“ (MFA) in Portugal, ohne das der Faschismus in
Portugal nicht beendet worden wäre und dessen Ziel eines sozialistischen Regimes auf
demokratischer Basis nur von den vereinten Kräften des kapitalistisch-„
demokratischen“ Bündnisses von CIA, SPD und CDU und anderen nicht unbedingt
militärischen „demokratischen“ Institutionen und Stiftungen des Westens erfolgreich
vereitelt wurde. Viele der Militärs sind im Gefängnis gelandet.)
Und: Warum soll eine Diskussion mit Neoliberalen nicht öffentlich stattfinden? Haben
wir die besseren Argumente oder haben wir sie nicht? Wenn sie die Diskussion
verweigern, ihr Problem.
Dasselbe gilt für „rechte Scharfmacher„.Was ist mit „linken Scharfmachern“?
Die mittlerweile so „links“ sind, dass sie rechts wieder rauskommen und vom Staat
dabei noch gefördert werden: Antifa & Black Lives Matter & Psiram &Wikipedia & die
Amadeu-Antonio-Stiftung und weitere antideutsch-transatlantische, als gemeinnützig
anerkannte Netzwerke, auch von einigen ihrer Kritiker „Transatlantifa“ genannt,
deren Gesamtverbund wohl für die Erfindung und Verbreitung der Füllung und
Anwendung des Begriffes der gutmenschlichen „Political Correctness“ verantwortlich zeichnet, bei dessen Überhandnehmen und der Art und Weise, wie mit ihm Schindluder getrieben wird, verständlich wird, warum viele „Rechte“ mit dem Begriff des „Kulturmarxismus“ nicht ganz zu Unrecht so schnell bei der Hand sind, den sie dann zu Unrecht auf Adorno und die Kritische Theorie der Frankfurter Schule erweitern, deren Werke – wenn überhaupt – sie nur ganz bruchstückhaft kennen.

Laut Udo Pfeifer ist das Ziel der Transatlantifa
„… bei der Bekämpfung politischer oder ideologischer Gegner (…) die “freiwillige
Selbstzensur” der öffentlichen und privaten Medien, öffentlicher Institutionen,
politischer Organisationen und Vereine. Dieses Ziel ist schnell erreicht mittels
Diffamierungen, Lügen und üblen Behauptungen wie bspw. es würde 
Antisemitismus, Naziideologie, Sexismus, Homophobie oder ähnliches verbreitet.
Wer in öffentlicher Verantwortung steht, will hiermit nichts zu tun haben, also
nehmen Entscheider im Zweifelsfall die Zensur ohne Bedenken in Kauf. Von
einer Prüfung solcher Vorwürfe und einer Aussprache mit Kritikern und
Betroffenen wird meist abgesehen.“


Wenn ihnen das im Kulturkampf mit den angesprochenen Formen und Waffen nicht
reicht, holen sie hinterm Rücken noch die raffiniert gebastelte Mehr- und
Allzweckwaffe der „Antisemitismuskeule“ hervor, den Vorwurf des „strukturellen
Antisemitismus“ und kein Auge bleibt trocken.
Ein Leser stellt in diesem Zusammenhang die nicht ganz falsche Frage: „Wer ist
rechter: Grüne oder AfD?


Auch das Statement Albrecht Müllers
„Der durch viele Medien erzeugte Druck gegen Corona-Kritik ist für Linke
gefährlicher als für Rechte: Während manche Rechte sich die Verleumdung durch
große Medien als Orden an die Brust heften können, haben viele „Linke“ noch
immer große Angst davor. Verleumdungen als „Covidiot“ können für
Betroffene im „linken Lager“ böse enden.“
will mir nicht in den Kopf. Die „Linke“ hindert nichts daran, „sich die Verleumdung
durch große Medien als Orden an die Brust“ zu heften. Dann wissen sie endlich
einmal, wann und wo sie richtig liegen. (Wie es heutzutage fast einer Ehren- und
Anerkennungsbezeugung gleich kommt, mit dem Alu-Orden des
„Verschwörungstheoretikers“ bedacht, von Youtube, Facebook, Twitter und Co.
gesperrt oder von Wikipedia niedergeschrieben zu werden.) Solange sie vor den
Verleumdungen „große Angst“ haben, weil es „böse enden“ könnte, haben sie
entweder noch nicht begriffen, worum es geht, oder sie bangen um ihren „hart
erkämpften“ sozialen Status, der sie von denen abhebt, deren Interessen sie als echte
Linke zu verteidigen vorgeben. Allenfalls kann ich noch gelten lassen, wenn sie
berechtigterweise um das Minimum einer würdigen Existenz ihrer Familien und sich
selbst sich Sorgen machen. Von der Angst zur Korrumpierbarkeit ist der Übergang
fließend. Was einen Leser feststellen lässt:

„Ich halte auch die Linke, von Ausnahmen abgesehen, inzwischen für so weit
korrumpiert, dass sie sich nicht mehr traut bzw. nicht mehr willens ist, bei so
einem wichtigen Thema gegen den Mainstream zu schwimmen.“


Fast schon lieber als eine solche Haltung ist mir da – trotz eines Anklangs von
Zynismus – das Eingeständnis und -verständnis eines Lesers, der bei sich selbst
kognitive Dissonanz“ und „emotionale Verwirrung“ diagnostiziert, weil er
sich einfach nicht dazu überwinden kann, einmal dem Herrn Reitschuster (s.o.) zu zu
hören, obwohl ihm schwant, dass der über gute Argumente verfügen könnte. Was
nicht sein darf, kann nicht sein. Doch die Ahnung oder der Verdacht, dass da ein
Haken an seiner eigenen Haltung sein könnte, schwingt unübersehbar mit.
Doch wo die Gefahr wächst, nähert und meldet sich – wie schüchtern und
unausgeprägt auch immer – das Rettende eben auch.

Ein Leser schreibt:
„Ich bin der Meinung man sollte in dieser Sache ideologische Scheuklappen
ablegen (natürlich mit Grenzen) und mit jedem Demokraten zusammenarbeiten.
Das Thema ist zu wichtig, als das man sich in ideologischen Grabenkämpfen
verschleißt.
Nur wer bestimmt, was noch „Demokraten“ sind und was nicht. Erstens ist die
„Demokratie“ seit Bernays und Lippmann, spätestens seit Mausfeld ihres
undemokratischen Wesens höchst überzeugend überführt worden. Und zweitens muss
andererseits in einer wahren meinungs-freiheitlichen Demokratie auch eine
„undemokratische“ Meinung erlaubt sein und darf erst dann bekämpft werden, wenn
sie keine Meinung mehr ist, sondern zur gewalttätigen Praxis übergeht. Die anti-
demokratische Meinung aushalten zu können, ist der Lackmustest wahrer
Demokratie. Alles andere ist selbst anti-demokratisch mit Tendenz zum
Faschismus.
„Wehret den Anfängen!“ ist in seiner Allgemeinheit eine dehnbare Gummi-Phrase, die
von dem, der sie in den Mund nimmt, wenn sie sich auf Meinungen bezieht, und er die
Macht dazu hat, leicht missbraucht werden kann, um nach und nach immer mehr
abweichende Meinungen zu unterdrücken und immer strengere Zensurmaßnahmen
zu ergreifen.


Ein weiterer schüchterner Rettungsversuch:
Wie schön wäre es, könnten wir die Querdenker, Aufstehen und die
Gesprächskreise der Nachdenkseiten bündeln!
Welche mächtige Kraft wäre das !!!
Lieber “seltsame Bettgenossen” als ein “Weiter So!”, oder?
Könnten nicht mal alle ins Gespräch kommen?
Könnte es nicht mal eine Tagung aller Köpfe (von Sahra Wagenknecht über Ken
Jebsen und Albrecht Müller bis Michael Ballweg) geben?“


Abgesehen davon, dass die personale Zusammenstellung des vorgeschlagenen
Gesprächskreises der „Tagung aller Köpfe“ entgegen der Entweder-Oder-
Beschwörung zwei Sätze davor („Lieber ’seltsame Bettgenossen‘ als ein ‚Weiter So!'“)
kaum „seltsame Bettgenossen“ in ihr Bett zu lassen bereit scheint — die rechten Beine
der Lagerstätte sind abgesägt, wodurch die Schieflage einer unguten Einseitigkeit
eines eher linken Lagers erzeugt würde, die selbst den ständig Bettlägrigen Schwierigkeiten bereiten sollte als immer wieder vom Bett Abgeworfene,
weil, der Schwerkraft wegen, zum Runterrollen Bemüßigte und aufeinander Geballte
und Zusammengewürfelte die nötige Distanz zum Gespräch zu gewinnen, nicht mehr
gegeben ist —, abgesehen davon also ist die Richtung der „Rettung“ gar nicht einmal
so falsch angepeilt.


Schließen wir uns am Ende noch einmal kurz mit dem Anfang und dem Bild, das uns
die „Nachdenkseiten“ als Blickfang zum Einstieg in das Thema präsentiert haben, und
betrachten es genauer, könnten wir wirklich „nachdenklich“ werden. Was sehen wir?
Zwei Bettgenossen. Aber sind sie „seltsam“? Na gut, das eine Tier ist weiß und größer.
Das andere kleiner und farbiger. Hund und Katze. Dann eben doch seltsam, aber
möglich! Und da soll es uns Menschen, die wir den Tieren doch vorgeblich (oder
vergeblich?) Geist und Vernunft voraus haben, nicht möglich sein, einfach
miteinander zu reden? Schämt Euch! Ich schäme mich schon.


Der Link zum Artikel von Tobias Riegel und Der Link zu den Leserbriefen

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8 Antworten zu Corona-Kritik schafft „seltsame Bettgenossen“

  1. fidelpoludo schreibt:

    Fesselung der Produktivkräfte im Kapitalismus unserer Zeit
    (die es bei aller „grenzenlosen“ Entwicklung der technischen Produktivkräfte, gar der Aussichten auf eine „Vierte Industrielle Revolution“ („The Great Reset“) eben auch noch gibt; sie betrifft vor allem auch die Mittel und Verfahrensweisen der Kritik der gesellschaftlichen Entwicklung.)

    Schade, dass die Bildelemente des Beitrags nicht wiedergegeben wurden. Wahrscheinlich weil der Kranich – wohl nicht zu Unrecht – Urheberrechtsprobleme befürchtet. Für mich, der ich sehr gerne mit Bildern arbeite (ich habe unter anderem auch Grafik-Design studiert), die oftmals mehr sagen als ellenlange Ausführungen bzw. deren Essenz unmittelbar vor Augen führen, ist das gleichbedeutend mit einem die Freiheit des Denkens und des Sich Ausdrückens sehr stark einschränkendem Hindernis. Die Herangehensweise an meinen Text ging von der Wahrnehmung der Leser des auf den Nachdenkseiten vorgeschalteten Fotos der beiden gemeinsam in einem Korb schlafenden „Bettgenossen“ – unschwer als Hund und Katze zu erkennen – aus und kommt am Schluß, wie in einem sich schließenden Kreis noch einmal drauf zurück. Das dürfte ohne die Bilder nicht mehr ganz so gut – wenn überhaupt noch – funktionieren.
    Die Produktionsverhältnisse, zu denen die geltenden Rechtsbestimmungen zweifellos zählen, bremsen also nicht nur die Produktivkräfte, sondern auch die Möglichkeiten, über die herrschenden Produktionsverhältnisse nicht nur hinaus zu denken, sondern diese Gedanken auch zu verbreiten und sie für andere einsichtig zu machen.
    Der Opablog und andere Mitteilungsformen dieser Art sind davon stark betroffen

    „Quod erat demonstrandum.“ – Es lebe ein erweitertes Verständnis der „Open Source“- Bewegung!
    „A Luta Continua!“ – „Free Assange!“ (weil „Wiki-Leaks“ u.a. nur eine weit berühmtere Variante des hier angesprochenen Problems ist)

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  2. fidelpoludo schreibt:

    Wer den Text mit Bildern über den Artikel von Tobias Riegel auf den „Nachdenkseiten“ unter der Überschrift „Corona-Kritik schafft ’seltsame Bettgenossen'“ und die zahlreichen Leserbriefe, die daraufhin bei der Redaktion eingegangen sind, sich ansehen will,
    möge – nach den folgenden kurzen Einleitungsworten des unten angegebenen Links sich bedienen.
    An die trotz aller weiter wuchernden jeweiligen Rechts-vs-Links-Abgrenzungsversuche gegeneinander, die Ernst Jandl schon 1966 in seinem Gedicht in einzigartiger Weise auf die Schüppe genommen hat, möchte ich – wie der Autor Tobias Riegel – hier anknüpfen. Mit dem Vorteil, dass mir die Reaktionen auf seinen Text vorliegen.
    Zur Einstimmung hier das Gedicht von Ernst Jandl:

    lichtung
    manche meinen
    lechts und rinks
    kann man nicht velwechsern
    werch ein Illtum

    Anmerkung: Da hier in dem Gedicht unschwer festzustellen ist, dass die Buchstaben „r“ und „l“ durchgehend vertauscht werden, fragt man sich – da zu dem Gedicht doch wohl auch dessen Titel (vielleicht sogar in einem besonderen bedeutungsvollen Maße!) zu zählen ist -, was gewinnen wir an Bedeutung, wenn wir das „l“ von „lichtung“ durch ein „r“ ersetzen? Es müßte dann „lichtung“ heißen. Richtig? Wäre das sinnvoll im Sinne der Bedeutung des Gedichts? Ich behaupte: Nein, es würde das Gedicht seiner Bedeutung geradezu berauben und es zu einer bloß lustigen Wort- und Buchstabenspielerei degradieren. Auf die Nichtvertauschung des „l“ in „lichtung“ kommt es für die Ermittlung des Bedeutungsgehaltes des ganzen Gedichts entscheidend an:
    Denn wenn wir die Metapher „Lichtung“ im Sinne wahrer Aufklärung als „Licht (im Sinne von Transparenz) in die Betrachtung der Sache zu bringen“ verstehen, bzw. das Wissen über die Sache als Erkenntnis fördernden Prozess der Belichtung und Beleuchtung der Sache auffassen, die uns erst in die Lage versetzt, im kompetenten Urteil über sie unser Verhältnis zu ihr zu finden, wodurch das Selbst, das hier urteilt, sich gleichzeitig selbst bestimmt und findet, läßt sich das Verhältnis von Überschrift und folgendem Gedicht in einem ersten Schritt als das Verhältnis von Urteil und Sache bestimmen. Achtung! Urteil über folgende Sache.

    Also: Zur Sache (das „Schätzchen“, das wahrscheinlich bei den Ostdeutschen weniger bedeutsame Assoziationen hervorruft als bei den im Westen Sozialisierten, erspare ich mir für dieses Mal). Die Sache ist die vulgär-politisch gängige Aufteilung und Trennung in „Rechts“ und „Links“.
    Ihr wird – in einem zweiten Schritt – durch die spielerisch-absurde wie simple Vertauschung nur zweier Buchstaben – ökonomischer geht es wohl kaum – der Boden entzogen, sie wird als Schauspiel der Vortäuschung falscher Tatsachen desavouiert bzw. entlarvt. Und das mitten im „Kalten Krieg“ und noch kurz vor dem Fahrtaufnehmen der 68er-Bewegung. Der traute sich was! Der durchschaute schon damals das politische Theater. Erst heute dämmert nicht wenigen – wenn auch noch lange nicht allen, dass er recht hatte.

    Denn wem, der einigermaßen interessiert auf die gegenwärtige Verhältnisse schaut, fiele nicht auf, dass die etablierte Linke nicht nur ihren kritischen Biss verloren hat und rechts-konservativ und halstarrig den Status-Quo mit künstlichem Gebiss und Klauen verteidigt, sondern darüber hinaus sich als Wegbereiter einer Neuen Weltordnung andient, indem sie auf den verschiedensten Ebenen des gesellschaftlichen Lebens einem geplanten Endresultat einer technisch optimierten faschistischen Totalverwaltung und -Überwachung zuarbeitet. Ihr gelang es sogar, sich vormals linksextremistische Bewegungen dienstbar zu machen, die schon seit einigen Jahren transatlantisch unterwandert und umfunktioniert wurden. Ein Prozess, der sich bis in die RAF-Zeit mit Gladio und die „Roten Brigaden“ in Italien (als Italien bereit schien kommunistisch zu wählen) zurück verfolgen läßt. Die Bereitschaft, der von der UN diktierten Massenaufnahme von Flüchtlingen zu folgen und die geplante Zerstörung nationalstaatlicher Einheiten (gerade von der EU großräumig in der Vorbereitung) weiter voran zu bringen, gehört in dasselbe Kapitel der zu verwirklichenden Agenda.

    Dagegen meldet sich nicht nur die traditionelle Rechte, sondern auch patriotisch gesinnte Bevölkerungsgruppen – aus allen politischen Lagern – zu Wort, begehren auf, klar erkennend, dass ihre Interesssen weder von den linken etablierten Parteien noch von der Regierung wahrgenommen werden. Das Interesse am Gemeinwohl, an Volkssouveränität, nationaler Unabhängigkeit, demokratischer Selbstbestimmung – einst auch ein Uranliegen linker Politik – ist von links nach rechts gewandert – unübersehbar.

    Wer also hergeht oder herkommt und allen Ernstes behauptet, links und rechts könne man nicht verwechseln, hat ’se nicht mehr alle. Und damit kehren wir zurück zum Gedicht von Ernst Jandl.
    Denn dort folgt nach dem ersten Schritt, der Entgegensetzung von Urteil und Sache; dem zweiten, der Betrachtung der Sache, der dritte: die Spezifikation des Urteils in der letzten Zeile: „werch ein Illtum“. Nicht nur ist die Unverwechselbarkeit von rechts und links ein Irrtum, sondern wer daran festhält, ist auch noch dazu krank (im Kopf). Es bedarf keiner weitreichenden Englischkenntnisse, um „ill“ mit „krank“ zu übersetzen und die sprachlich-politische kreative Wortschöpfung „Illtum“ mit „Krankheit“ zu identifizieren.

    Ich sehe schon, ich muß meinen Text, der mit Bildern unten im Link in seiner zweiten Fassung zur Verfügung steht, ein drittes Mal überarbeiten, um ihn um das Jandl-Gedicht und seine Auslegung zu erweitern. Schon allein, um zu erklären, warum ich die irgendwie auf den ersten versponnen wirkende Überschrift gewählt habe:
    „Rinks“ ist viel lechter
    – aber vor allem:
    „Lechts“ ist viel rinker
    als beide glauben
    Mit ein wenig Phantasie kann ich das aber auch dem geneigten Leser vorerst überlassen, der sich der heutzutage kaum mehr selbstverständlichen Mühe der Lektüre längerer Texte – selbst wenn sie bebildert sind – zu unterziehen bereit und in der Lage ist. Viel randständiges Vergnügen:

    https://mail.google.com/mail/u/0/#sent/QgrcJHrnqxtmJjCNdFsPGkxnGSCVPwVFXSb?projector=1&messagePartId=0.1

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    • kranich05 schreibt:

      Ich halte „das Problem der langen Texte“ für ein bedenkenswertes.
      Kann meine die Darstellungsform meiner Information be- oder verhindern, dass sie den oder die Empfänger erreicht?

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      • fidelpoludo schreibt:

        »Setzen Sechs! Weil „nicht auf den Punkt gebracht!“«
        Mit Sicherheit spielt das eine Rolle. Allerdings ist aber auch sowohl die mangelnde Bereitschaft wie auch die mangelnde Fähigkeit, sich mit längeren Texten zu befassen, die durch Twitter, Fatzebuk u.ä., durch sozial bedingte und „engieerte“ Machenschaften also befördert, unaufhörlich eingeübt und verfestigt wird, ein (Ver- bis Un-)Bildungsziel, das von kritischen Pädagogen spätestens seit PISA und nicht zuletzt als Folge von PISA mit Recht beklagt wird. Als ob in der Kürze automatisch die Würze zu verorten sei oder das treffende aphoristische „Auf den Punkt bringen“ das einzige Merkmal sprachlicher oder literarischer Qualität wäre. Wie will ich denn kompetent beurteilen: „Das hat er hervorragend auf den Punkt gebracht“, wenn ich die Dimensionen dessen, was ich hier auf den Punkt gebracht sehe, nicht durchquert habe. Einen Proust oder einen Kleist . beide mit seitenlangen Sätzen ohne Punkt und Komma – beide waren nebenbei auch zur kurzen Form fähig – müssen wir deshalb als langweilig und langatmig abtun?
        Ich denke, dass die Länge einer sprachlichen Artikulation abhängt von der sozialen Situation (Gespräch oder Vortrag, Diskussion oder grübelnd einsam am Schreibtisch), vom Medium (gesprochen oder geschrieben, schnell und direkt oder indirekt dem oder den bekannten oder unbekannten Empfängern mich mitteilend), von meiner Beziehung zum Empfänger (kenne ich ihn gut? Oder stelle ich ihn mir nur vor, als „idealen Empfänger“ sozusagen? Oder verfasse ich eine Botschaft ins Blaue hinein, in der Hoffnung, dass sich ein Empfänger schon finden werde? Sei es einer, der sie versteht, einer der sie mißversteht, einer der sie zurückweist oder einer, der sie sich glücklich aneignet oder einer, der durch sie inspiriert wird, weitere auf ihr aufbauende Botschaften an wiederum andere Empfänger zu versenden.

        Am kürzesten scheint das Problem behoben mit den nur vier Worten „Das Medium ist die Botschaft!“ Dass da was dran ist, kann ich nur dann behaupten bzw. für „auf den Punkt gebracht“ halten, wenn ich zumindest eine Ahnung davon habe, welche Medien es gibt und wie „die Botschaft“ im Laufe der historischen Vorzeit den Empfänger erreicht hat – wenn sie ihn überhaupt erreicht hat (Marx – Lenin). So manche Botschaft blieb in der Geschichte unvernommen liegen. Mit dem Satz ist das Entscheidende eben nicht erledigt, denn es kommt a) immer noch auf den Inhalt und die Komplexität der Botschaft an und b) ob die Botschaft den Empfänger erreicht hat bzw. ob der Empfänger überhaupt erreichbar war oder – ob es dem Sender bewußt war oder nicht -, ob der intendierte Empfänger noch oder schon unter den Lebenden weilte, als die Botschaft abgesendet wurde, sie – die Botschaft – erst nach geschichtlichen Veränderungen ihren verständigen Empfänger erreichen können würde.

        Ich breche hier ab, weil – eine sieben ist als Gesamtnote bisher noch nicht in Erwägung gezogen worden. Wieder so eine „Botschaft ins Blaue einer auf sie wartenden Zukunft als ihrer würdigen Empfänger…“.

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        • fidelpoludo schreibt:

          Möglich auch, dass es Botschaften gibt oder sich bilden, für die das ihm entsprechende Medium erst noch zu entwickeln ist.

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        • fidelpoludo schreibt:

          „Setzen Sechs!“ Auch weil ich offensichtlich nicht einmal bis fünf zählen kann. „Das Medium ist die Botschaft!“ – Immerhin, nach mehrmaligem Nachzählen und die Brille richtig herum aufsetzend – „und einem im Sinn!“ – scheint es dann ja irgendwie doch noch zu klappen.

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      • fidelpoludo schreibt:

        Für jeden ersichtlich hast Du bei der Behandlung meines sechseitigen Textes das Problem der Länge – trotz der Absicht, es durch Kürzung um die Bilder tendenziell zu lösen – verschärft, um nicht zu sagen, ihn fast unlesbar gemacht: Die Bilder sind zwar weg, aber jede zweite Zeile ist nicht voll. Damit ist die Länge räumlich nahezu verdoppelt. Die gute Absicht ist ins Gegenteil umgeschlagen. Schade! Ich kann jeden verstehen, der sich diese Form des Textes nicht antun will.

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        • kranich05 schreibt:

          Hallo fidelp,
          Deine Sorgen Dein Beitrag sei wegen der Art der Darstellung kaum gelesen worden, scheinen unbegründet zu sein. Die Zahl der Direktaufrufe liegt im Durchschnitt der sonstigen Blogbeiträge.
          Das Weglassen der Bilder passierte NICHT absichtlich, sondern war (mir) technisch aus der pdf-Datei nicht machbar. Um diesen Verlust zu minimieren, habe ich 2x (!) auf die Originalquelle verlinkt, wo die Bilder sichtbar sind.
          Mein dezenter Hinweis (der sich durchaus nicht nur an Dich richtet) kritischer mit Beitragslängen umzugehen, steht nicht zufällig NICHT unter Deinem Gastbeitrag, sondern unter Deinem zweiten Kommentar.
          Gruß vom Opa

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