Gärtner-Flausen II

Im ersten Posting der „Gärtner-Flausen“ wollten ich hauptsächlich etwas von dem andeuten, was „Kraut und Rüben“ des Gartens in meinem Kopf bewirken. Bis hin zu der skandalösen Behauptung unsterblich zu sein.

Ebenso wichtig ist mir eine andere „Funktion“ des Gartens, für den ich ihn auch sehr schätze: Er bewahrt mich nachdrücklich vor allseits beliebten Flausen – den Selbstversorger-Flausen.

Das geht so: Jetzt erlebe ich die Wochen des größten Ernte“segens“. Der Garten überschüttet uns mit einem Überfluss an Tomaten (täglich ernte ich etwa zwei Kilo), Gurken, Zucchini, grünen Bohnen, Kartoffeln, Kürbis, etwas Paprika, Zwiebellauch, Kräutern aller Art, Brombeeren, Weintrauben, Himbeeren, Physalis, letzten Johannisbeeren, letzten Heidelbeeren, beginnend Pflaumen, Birnen, Äpfel. Von den Blumen rede ich jetzt nicht.

Seit Wochen essen wir täglich unser Selbsterzeugtes. Es ist sogar so vielfältig, dass es uns nicht über wird.

Und doch sind wir himmelweit von einer kompletten Selbstversorgung entfernt. 

Ich schätze, dass wir selbst in diesen Ernte-Hochzeiten kaum 25% unseres Nahrungsbedarfs selbst decken.

Wir kaufen: Brot, Kuchen, Nudeln, andere Getreidewaren, Honig/Zucker, Milch, Joghurt, Käse, Quark, Eier, Butter, Fisch, Wurst, Schinken, Fleisch, Öl, Wasser (trotz eigener Brunnen mit Trinkwasserqualität), Paprika, Kohlarten, Sauerkraut, Bohnen, Erbsen, Linsen, Oliven, Gewürze, Bier, Kwas, Wein, Cognac, Schokolade… Tabak und Hasch brauche ich nicht.

Sicher habe ich Etliches vergessen. Doch diese Liste verdeutlicht bereits, dass es völlig illusorisch ist, all diese Produkte selbst oder lokal oder auch regional herzustellen. Und es geht hier nur um Nahrungsmittel, nicht um Elektrizität, Gas, Wasser, Abwasser, Benzin, Kunststoffe, Medikamente, Klamotten, Informationen und Vieles mehr, was täglich benötigt wird.

Der Garten, der mir soviel gibt, beweist mir gerade damit, dass die Fixierung auf die lokale Ökonomie zur Befriedigung der im engen Sinne materiellen Lebensbedürfnisse (von den weiteren ganz zu Schweigen) ein praktisch untaugliches Ideologem ist. 

Freilich behaupte ich nicht, dass ich bereits das maximal Mögliche aus dem Garten heraushole. Nur etwa ein Drittel unserer Gartenfläche ist Nutzfläche. Niemand braucht mir zu beweisen, dass sich mit einem ausreichend großen Garten (und täglicher Schufterei) eine ganze Familie über Wasser halten kann. Meine ersten prägenden Gartenerfahrungen liegen zwischen 1946 und 1949!

Damals und noch früher, klassisch im Mittelalter, haben sich die Menschen auf dem Lande krummgeschuftet. Meistens reichte es zum Überleben. Sie konnten eben nur von dem Leben, was das Land hergab und was ihr lokaler Markt vermittelte.

Für die Freuden des Lebens war der Liebe Herrgott samt Kirche zuständig. Willi Überlherr, der seine lokale Lösung anpreißt, koste es, was es wolle, sollte eine leistungsfähige Priesterschaft beizeiten in sein Konzept aufnehmen.

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40 Antworten zu Gärtner-Flausen II

  1. BjörnsTipp schreibt:

    Hallo Kranich05.

    Ihr Artikel stimmt mich sehr nachdenklich. Wir, die ach so fortschrittlichen Menschen, die sogar ins Weltall fliegen können, sind nicht in der Lage, uns selbst und unsere Familie über Wasser zu halten. Unser eigenes Überleben sicher zu stellen. Ist das nicht erbärmlich? Wir gestalten unsere Umwelt, bauen an, um Ressourcen zu optimieren. Damit wir mehr haben, als uns die Natur normalerweise zur Verfügung stellen würde. Und wir sind nicht in der Lage, damit eigenständig zu Überleben.
    Ein Reh kann das. Ein Eisbär kann das, ganz für sich allein im ewigen Eis. Die Inuit können/konnten das dort auch, solange sie nicht „zivilisiert“ werden/wurden.
    Wie Sie richtig schreiben, mussten sich im Mittelalter die Menschen krumm arbeiten, damit sie einigermaßen überleben konnten. Welches Lebewesen macht das, außer der Mensch? Eigentlich muss ich sagen, der moderne Mensch. Naturvölker tun das nicht.
    Und was machen wir heute? Wir stehen am Fließband und schrauben Dinge zusammen, die kein Lebewesen benötigt, außer der moderne Mensch. Wir lernen verschiedenste Sachen, aber verlernen zu leben. Eigentlich sehr schade.

    Viele Grüße
    Matthias

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    • Clara S. schreibt:

      Ich halte es für ziemlich unmöglich, den gegenwärtigen 7,5 und künftig 10 Mrd. Menschen dieser Erde über lokale Selbstversorgung ein auskömmliches Leben zu verschaffen; und das unter den Bedingungen des Klimawandels und ohne weitere Zerstörung unserer Umwelt. Hingegen bin ich davon überzeugt, dass dies prinzipiell möglich ist auf Basis der heute gegebenen wissenschaftlich-technischen Möglichkeiten, auch ohne dass wir alle gezwungen sind, von morgens bis abends durch zu schuften.
      Ich verstehe die Trauer über den Untergang der Lebensweise der Naturvölker; dennoch habe ich gemischte Gefühle, wenn ich z.B. die Dokumentationen sehe, die zeigen, wie sich die sibirischen Naturvölker nach dem Zerfall der Sowjetunion auf ihre ursprüngliche Lebensweise zurückbesannen. So faszinierend das sein mag – der existentielle Zwang, der dahinter steht, wäre heute so nicht mehr nötig, wenn es gelänge, die materiellen Lebensgrundlagen der Menschen auf Basis des heutigen Standes der Entwicklung der Produktivkräfte zu sichern.
      Der Knackpunkt ist, warum das nicht gelingt. Und, wie wir es erreichen könnten. Jagen könnten die Sibirer dann immer noch, so wie der Kranich gärtnert. Es wäre nicht dasselbe, ich weiß; wofür ich mich entscheiden würde, weiß ich aber auch.

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    • Detlev Matthias Daniel schreibt:

      Aber was ist jetzt Wahrheit und was ist Legende? Ich habe auch einmal gelesen, daß die Menschen im Mittelalter (im Schnitt) mehr Zeit für Muße, fürs „Nichts“ tun hatten als der moderne Mensch. Und wenn man die Augen auf macht, gibt es Hinweise, die das plausibel wirken lassen. Volkskunst z.B., Erzeugnisse, die mit viel „unnötiger“ „Arbeit“ verbunden waren. Das Leben bot weniger „Sicherheit“, es war härter und weniger lang. War es ärmer, war es weniger lebenswert? Mir scheint, schon die Fragestellung beinhaltet ein gerütteltes Maß Arroganz. Menschen lebten schon immer so, wie sie leben konnten. Nur wir leben heute so, wie wir nicht (über)leben können. Und wenn wir wollten, wüßten wir das.

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      • kranich05 schreibt:

        Sicherlich erlebten die Menschen immer Freud und Leid, Last und Lust.
        Manche spielen heute in Gedanken damit, ihrer gegenwärtigen Last (und Lust) durch „Rückkehr“ in die Natur oder in frühere Zustände zu entfliehen.
        In Wirklichkeit aber versucht es fast keiner.

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    • kranich05 schreibt:

      Zu Björn:
      Ich muss bekennen, dass ich dieses Leben liebe, dieses mein heutiges Leben als moderner Mensch.
      Ich sehe mich nicht nur Überleben, sondern sogar ziemlich luxuriös leben, Dank der Produktivkräfte, die der Mensch in langen Jahrhunderten hervorgebracht hat und heute anwendet.
      Zugleich sehe ich, dass ich Westler erstens in privilegierter Lage bin und zweitens, dass das ganze gesellschaftliche Produktionssystem meines Lebens sehr große, lebensgefährliche, Mängel hat.
      Den Hauptgrund dafür sehe ich in der antagonistischen Spaltung der Gesellschaft. Diese Spaltung ist nicht naturgegeben und auch nicht gottgegeben, doch ist sie sehr tief im historischen menschlichen Dasein verwurzelt. Eine sehr große Rolle spielt dabei die, sozusagen „Klassenkampfmechanik“, die beginnend mit der Aufklärung erkannt und von Marx bis Lenin gründlich reflektiert wurde. Doch reichen diese Erkenntnisse in ihrer bisherigen Reife nicht aus. Ein Grund, sich ernsthaft ums Lernen im Leben zu bemühen.

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      • Lutz Lippke schreibt:

        „Doch reichen diese Erkenntnisse in ihrer bisherigen Reife nicht aus.“
        Das ist nicht die Einzige, aber aus meiner Sicht eine sehr wichtige Erkenntnis.
        Idee, Projektierung und Umsetzung sind zu den Zielen, Zeiträumen, Anforderungen und äußeren Rahmenbedingungen verschieden voneinander. Die Idee bestimmt nicht die einzelne konkrete Handlung der Umsetzung, sondern diese wird durch die konkreten Anforderungen während der Umsetzung bestimmt. Man kann aus der Idee zwar eine Richtung und auch wesentliche einzuhaltene Grundsätze des Vorgehens bestimmen, aber methodisch nicht die Projektierung und Umsetzung ableiten. Das setzt sich so bis in die Details und einzelnen Handlungsschritte fort.
        Als Beispiel dazu hier passend eine kurze Skizze zum Projekt Garten und Selbstversorgung:
        Ich erinnere mich an Berichte zu einem Holzofen-Projekt von kranich05. Ich skizziere hier nur aus meiner oberflächlichen Anschauung das fiktive Projekt und versuche es zur Vereinfachung bewusst sequentiell und im groben Raster darzustellen. Kranich05 könnte das gern anhand der Tatsachen korrigieren, womit sogar ein Abgleich zwischen Fiktion und Realität offenbar wird.
        Nehmen wir an, die Idee reifte über 3 Jahre heran, wurde innerhalb 2 Jahren geplant und innerhalb einem Jahr umgesetzt. Das ergibt grob 3 Phasen mit verschiedenen Zeiträumen und Perspektiven auf das Projekt.
        1. Idee – langfristige Perspektive (3 Jahre)
        2. Planung – mittelfristige Perspektive (2 Jahre)
        3. Umsetzung – kurzfristige Perspektive (1 Jahr)
        Der Zeitraum von 6 Jahren war also mit allgemeinen und bestimmten Zielen und Aufgaben verbunden, die sich je nach Phase des Projekts deutlich voneinander unterschieden. Die Ursprungs-Idee konnte lauten: Ich will ökologisch, günstig und unabhängig selbst Wärme erzeugen. Daraus lässt sich zwar kreative Energie erzeugen, aber keine warme Stube. Kranich05 hätte 5 Jahre im Kalten gesessen, wäre die Euphorie über das Projekt in den sofortigen Abtransport des bisherigen Ofens gemündet. Kranich05 war schlauer und dachte über Varianten, Mittel und Zeiträume nach. Er recherchierte, verglich die Möglichkeiten und wog deren Für und Wieder ab. Es reifte in 3 Jahren die Überzeugung heran, dass sich zur Idee eine Planung lohnen wird. Zu keinem Moment in den 3 Jahren heizte Opa mit der Idee oder mit einem Holzofen die Stube. Allenfalls die Abwärme des Recherche-PC`s war ein kleiner Beitrag des Projekts zur Wärmeerzeugung. Auch in den folgenden 2 Jahren änderte sich das nicht. Aber die Anforderungen und Aufgaben wurden konkreter. Raummaße, Leistungsberechnungen, Wirkprinzipien, Marktlage, Beschaffungskosten, Finanzierungswege mussten geprüft, abgewogen und miteinander in Übereinstimmung gebracht werden. Also keine Wiederholung der Anforderungen aus der 1. Phase. Nur eines blieb gleich: Keine Wärme aus dem Holzofen. Bevor es dann richtig losgehen konnte, musste noch eine Ablaufplanung her. Beschaffung, Einbau des Neuen, Abbau des Alten, Tests und letzter Schliff, das muss erstmal geleistet werden. Nun war alles auf einem konkrete Weg. Keine Flausen mehr im Kopf, keine neuen Wünsche, Varianten und Spielereien. Prüfung auf mögliche Denkfehler und Reaktionen bei plötzlich auftretenden Problemen. Aber auch von diesen Überlegungen lief der Holzofen noch nicht.
        Phase 3 – Die Umsetzung war schweißtreibend, aber gelang dann doch mit viel Energie und Begeisterung. Obwohl Manches anders kam, hatte sich die Planung gelohnt. Die Skizzen und sonstigen Aufzeichnungen halfen soch manches Mal, wenn in der Eile die Übersicht verloren ging. Holzofenwärme brauchte kranich05 in dieser Zeit sicherlich nicht, zumal der Bau erst nach dem Winter erfolgte und planmäßig in die wärmere Jahreszeit ging. So konnte der alte Ofen schon in Reserve gehen und mit dem Neuen risikolos die ersten Tests im Heizsystem beginnen. Zum Glück gab es einen Zeitpuffer. Da passte ein Ventil nicht, der Druck stimmte auch nicht und der Schornsteinfeger hatte bei der 1. Abnahme auch noch zu meckern, bis es Kaffee und Kuchen gab. Pünktlich zum Herbst heizte der Holzofen nun nach 6 Jahren seit der fixen Idee die Stube mit wohliger Wärme. Clever wie Kranich05 ist, hatte er frühzeitig Holz geschlagen und sorgfältig getrocknet. Mit den Freunden konnte auch der Winter zur Einweihungsparty kommen, bei der die unterschiedlichsten Ereignisse, Pannen und freudigen Momente des Projekts bei einem guten Glas Revue passierten.

        Die Idee war Realität geworden, weil kranich05 jede Phase für sich selbst ernst nahm, immer wieder konkrete Erkenntnisse und Einsichten gewann, diese auch mal reifen ließ, statt das Projekt pauschal vorgefertigten Prinzipien zu unterwerfen.

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        • kranich05 schreibt:

          Schöne Geschichte.
          Und so war die Realität: (Die Jahreszahlen müssen nicht ganz genau stimmen, weil jetzt auf die Schnelle aus meinem zunehmend löchrigen Gedächrtnis)
          1. Jahr 2003: Ich wohne seit vier, fünf Jahren in einem sanierten Haus in Lychen („Projektzentrum ÖKOSTADT“). Das Haus haben wir gemeinsam, die Genossenschaft „ÖKOSTADT eG“ und der Verein ÖKOSTADT e.V.“ ökologisch saniert. (Heute „Haus Vogelsang“: https://www.hausvogelgesang.de/)
          Beheizt wird das Haus mit einer Zentralheizung, Wärmequelle ein Holzvergaserofen (Holzscheite). Dazu gab es eine sehr lange kollektive Meinungsbildung. Ich bin dort übrigens „Mädchen für alles“ und auch der Heizer.
          2. 2003/4: Ich trage mich mit dem Gedanken das Lychener Projektzentrum zu verlassen und auf einem mir gehörenden Grundstück bei Oranienburg/Schmachtenhagen zu wohnen. Für mich gibt es (auf Grund meiner Erfahrungen) nie einen Zweifel, dass mein künftiges Haus unbedingt mit Holz geheizt wird.
          3. ab Frühjahr 2004: Ich ziehe nach Schmachtenhagen um, wohne in einem (defekten) Wohnwagen, ohne Heizung. (Meine Frau wohnt und arbeitet zur gleichen Zeit in Jena.) Viel Pendelei. Planung des Hausbaus (Blockhaus). Planung der Heizung.
          3. ab Herbst 2004: Vorbereitung des Hausbaus (Erdarbeiten, Bodenplatte, Schornstein mauern). In dieser Zeit wohne ich in einer Gartenlaube, zunächst ohne Heizung, später Notheizung.
          4. Bis 23.12.2004: Die Firma liefert das Blockhaus und montiert es im Rohbau. Ich „überwintere“ in Jena. Die Heizung ist zu dieser Zeit bereits entschieden – ein schwerer Grundofen, ausschließlich mit Holzscheiten zu beheizen. Selbstbausatz. Meine Frau „erzwingt“ als Zusatz- und Reserveheizung eine Elektroheizung.
          5. ab Frühjahr 2005: Ausbau des Hauses, sehr viel Eigenleistung. Bau des Grundofens.
          Im Blog gibts dazu manchen Bericht: https://opablog.net/2011/11/15/heizen-mit-holz-gestern-heute-morgen-erfahrungen-mit-dem-grundofen-mit-der-holztrocknung/
          6. Herbst 2005, ich glaube Ende Oktober: Der Grundofen ist fertig und wird über 4-6 Wochen trockengeheizt. Abnahme von Schornstein und Ofen durch Schornsteinfeger keinerlei Problem.
          7. Ab Winter 2005/6 bewohnen wir das Haus bis heute. Heizung durch den Grundofen ohne Problem. In all den Jahren ersetze ich einmal die Dichtung an der Ofentür.
          8. 2008. Erst jetzt findet die große Hauspartie statt; als sog. „Tripel“. Wir feiern den Hausbezug, unsere Hochzeit und den 60. von Mrs. Tapir.

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    • BjörnsTipp schreibt:

      Eine Rückkehr zum reinen Leben in der Natur scheint mir für uns Westler wahrlich unmöglich und strebe ich für mich selbst auch nicht an. Auch ich möchte auf den vorhandenen Luxus nicht verzichten, auch wenn er uns krank macht. Es zeigt aber auch, dass wir auf eine sehr spezielle Art in dieses System eingebunden sind. Ein Ausbrechen scheint derzeit nicht möglich.
      Lieber Kranich 05, Sie schrieben, dass Sie kaum 25 % des Lebensbedarfs zu Erntehochzeiten aus Ihrem Garten stemmen. Optimierung ist zwar möglich, aber reicht definitiv nicht für ein ganzes Jahr.
      Analitik schrieb vor einiger Zeit den Artikel „über verschiedene Arten des Wirtschaftens“ (http://analitik.de/2016/01/27/ueber-verschiedene-arten-des-wirtschaftens/)
      Hinsichtlich der regionalen Selbstversorgung ein sehr interessanter Artikel, da er einige Zahlen benennt. Z. B.:
      – Wildbeuter: 4 – 8 h Arbeit täglich (bei heutigen Naturvölkern gemessen!), restliche Zeit für Kultur jeder Art verfügbar, ganzjährige Nahrungssicherheit, pro Quadratkilometer max. eine Person
      – frühe Ackerbauern: täglich harte Arbeit, Hungersnöte inbegriffen, aber bis zu 10 Personen pro Quadratkilometer, 95 % der Menschen in der Landwirtschaft tätig, Absenkung auf bis zu 70 % durch Effektivierung möglich
      – Industrialisierung: Bevölkerungsexplosion und nur noch um die 5 % der Menschen in der Landwirtschaft tätig, Freie Arbeitskräfte ermöglichten den Kapitalismus.

      Regionale Selbstversorgung würde ich mit den frühen Ackerbauern gleichsetzen. Das heißt, dass sich mind. 70 % der Menschen mit der Selbstversorgung beschäftigen müssen. Mähdrescher & Co würden nicht zur Verfügung stehen. Diese sind zu teuer und die Kosten müssten gedeckt werden, was wiederum der Selbstversorgung entgegen stehen würde. 30 % abwärts könnten sich noch um unseren lieb gewonnenen Luxus kümmern. Zudem könnten pro Quadratkilometer nur 10 Personen versorgt werden. Und selbst wenn wir optimistisch 100 Personen pro Quadratkilometer zugrunde legen, müssten auf Deutschland bezogen einige Millionen Menschen sterben (rund 46,8 Millionen), denn die Bevölkerungsdichte beträgt ca. 231 Menschen pro Quadratkilometer.

      Regionale Selbstversorgung ist für Deutschland leider nur eine schöne Utopi. Sie ist nur möglich, wenn das entsprechende Platzangebot vorhanden ist.
      Europa – 75 EW pro Quadratkilometer
      Asien – 90 EW pro Quadratkilometer
      Südamerika – 23,4 EW pro Quadratkilometer
      Paraguay – 16 EW pro Quadratkilometer
      Willi Übelherrs Idee sollte in Paraguay allerdings umsetzbar sein, vor allem wenn nicht alle mitmachen und sich entsprechend industriell versorgen.

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      • kranich05 schreibt:

        Danke für den Hinweis auf Analitik. Ein anregender Artikel im freundlichen Analitik-Stil. Ich hätte ’ne ganze Menge zu polemisieren.
        Das erspare ich mir jetzt bis auf einen Gesichtspunkt:
        Die vergnügt „chillenden“ Wildbeuter; wie idyllisch.
        Übersetzen wir doch bitte die nüchterne Aussage, dass sie pro Person einen Quadratkilometer brauchten in menschliche Prosa: Die vielen anderen Menschen, die „produziert“ wurden – chillende Eltern hin oder her – sind einfach krepiert. So war die Wildbeuter-Welt in Ordnung.

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  2. Lutz Lippke schreibt:

    Im Grunde ist das auch ein Punkt meiner Skepsis gegenüber dem absoluten Primat des Lokalen. Aber man kann „lokale Selbstversorgung“ auch moderner denken und vermutlich tut das Willi. So kann mit der Selbstvermarktung prinzipiell sogar ein weltweiter, fairer Handel dezentral und selbstbestimmt organisiert werden. „lean production“, Ressourcen-Sharing und Wiederverwertungskonzepte können den lokalen Markt auch in der Effizienz gegenüber der Massenproduktion in Front bringen. Da ist noch Vieles möglich und wird auch kommen. Der Stand „Jetzt“ ist allerdings eher der einer konkurrierenden, profitorientierten Erzeugungs- und Verwertungskonzentration als Herrschaft über Alles. Für den Weg zu lokaler Kraft brauchen wir unter dieser Prämisse konkrete und insbesondere objektiv aussichtsreiche Ideen, nicht fromme Wünsche.
    Ein weiterer Punkt ist daher meine Skepsis zur Robustheit dieser Ideen gegen gravierende Fehler und Manipulation. Die Herrschenden sind im Zweifel zu jeder Kooperation und großangelegten Intrige fähig, um Machtverlust zu verhindern. Jede Naivität diesbezüglich verbietet sich. Aber auch die Selbstorganisation garantiert an sich noch keine Fairness, richtige Entscheidungen und das erforderliche Bewusstsein für die Selbstkontrolle. Unter Umständen greifen Muster der Ungleichheit und Unfreiheit sogar direkt bis in Opas Garten durch. Also Zugriffsmuster die im Zuge der Industriealisierung, Entwicklung des Sozialstaat und Rechtsentwicklung mühselig überwunden wurden. Kleingärtner der DDR wissen noch um solche Restriktionen und deren teilweise absurden Blüten.

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    • kranich05 schreibt:

      „Aber man kann „lokale Selbstversorgung“ auch moderner denken und vermutlich tut das Willi.“
      Ich werde in Gärtner-Flausen III ein paar ganz kleine Anregungen geben, wie man sich/ich mir Selbstversorgung etwas moderner vorstelle.
      Ich kenne von Willi Null Ausführungen darüber, wie er sich lokale Selbstversorgung konkret vorstellt.
      Bisher vermeidet er ja vorstehendes Posting ernsthaft zu kommentieren, obwohl es eine direkte Vorlage an ihn darstellt.
      Mir den Kopf darüber zu zerbrechen, was Willi vermutlich denkt, hat für mich nur begrenzten Reiz.

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  3. Clara S. schreibt:

    Also mal konkret zur lokalen Sicherung der konkreten Lebensgrundlagen aus Sicht der Energiegenossin:
    Energiewende heißt für manche individuelles Holzhacken.
    Wir hingegen haben es geschafft, Teile der Bewohner unseres Dorfes für eine gemeinsame Wärmeversorgung aus erneuerbarer, regional erzeugter Quelle zu gewinnen. Wie erfolgreich wir sein werden, und was uns das ganze am Ende kostet (finanziell, aber auch kräftemäßig und sozial), muss sich noch zeigen. Ob unser Modell ein optimaler, moderner Lösungsansatz mit Vorbildcharakter ist, wäre schon eine Diskussion wert. Wir jedenfalls wollten nicht auf die ideale Welt warten, jetzt müssen wir mit dem, was ist, umgehen.
    Wir haben, wie viele andere Dörfer auch, gehandelt. Und es ist aus vielen Gründen grundsätzlich sinnvoll, Energie dezentral zu erzeugen, so wie wir das in punkto Heizenergie machen. Nur, will man die komplette Energieversorgung aus erneuerbaren Quellen sichern, stößt man auf das Problem, dass diese nicht überall und zu jeder Zeit gleich verfügbar sind. Also braucht es sinnvolle, großflächige Systeme, die die dezentralen, verschiedenartigen Energieerzeuger und Speicher fördern, intelligent vernetzen und gezielt dafür sorgen, dass Lücken geschlossen werden. (Wie großflächig, dafür bin ich keine Fachfrau. Einen nationalen Rahmen braucht es mindestens; wenn man auch Flugbenzin mit erzeugen möchte, was theoretisch möglich ist, würde der auch nicht reichen; oder schaffen wir das Fliegen ab?) Wie organisiert sich ein solches Gesamtsystem? Nur über die selbstgesteuerte Vernetzung lokaler Punkte? Braucht es nicht eher eine ausgefeilte zentrale Steuerung? Das zur technischen Seite.
    Wie entstehen aber der politische Wille und die langfristigen Planungskompetenz zur Umsetzung eines solchen Konzepts? Zurzeit konkurriert so ein Ansatz ja mit profitorientierten Großprojekten. Und Energieimporte werden nicht von heute auf morgen überflüssig. Braucht man zur Durchsetzung einer Energiewende, die ihren Namen verdient, also nicht eine starke nationale Staatsmacht, die langfristig denkt und entsprechend handelt?
    Wenn gewünscht, kann ich gern auch was zu den Themen Energiegenossenschaft und Betriebsorganisation, Wirtschaftlichkeit und Geldsystem, demokratische Selbstorganisation oder rechtliche und politische Rahmenbedingungen schreiben. Überall stoßen wir aus meiner Sicht materiell, ideologisch und strukturell an die Grenzen lokalen Handelns und auf die Notwendigkeit, im nationalen und auch internationalen Rahmen zu agieren und politisch wirksam zu werden, wenn wir nachhaltige Veränderung wünschen. Und fühlen uns ohnmächtig. Was so manchen zu lokalem Handeln treibt und gleichzeitig die Skepsis daran nährt.

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    • Lutz Lippke schreibt:

      „Wenn gewünscht, kann ich gern auch was zu den Themen Energiegenossenschaft und Betriebsorganisation, Wirtschaftlichkeit und Geldsystem, demokratische Selbstorganisation oder rechtliche und politische Rahmenbedingungen schreiben.“

      Unbedingt und ich würde mir wünschen, dass im Kommentariat die Neugier und das verständiges Nachfragen und Ergänzen über die Bedürfnisse Prinzipientreue und Belehrungswillen obsiegen.

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    • fidelpoludo schreibt:

      Hallo Clara,
      sehr anschaulich präsentiertes konkretes Material zu einem technisch-ökologischen Problem mit seinen sozialen Implikationen und noch dazu verwoben mit den Fragen, die sich beiden Komplexen stellen. Wie kann eine moderne Energieversorgung konstruiert und gesichert werden, die die kulturellen Besonderheiten und die sozialen (und demokratischen) Interessen der jeweiligen „betroffenen“ Region mit den (evtl. privaten) Strukturen vermittelt, die adhoc nicht veränderbar sind?

      „Also braucht es sinnvolle, großflächige Systeme, die die dezentralen, verschiedenartigen Energieerzeuger und Speicher fördern, intelligent vernetzen und gezielt dafür sorgen, dass Lücken geschlossen werden. (…) Wie organisiert sich ein solches Gesamtsystem? Nur über Wie organisiert sich ein solches Gesamtsystem? Nur über die selbstgesteuerte Vernetzung lokaler Punkte? Braucht es nicht eher eine ausgefeilte zentrale Steuerung? Das zur technischen Seite.
      Wie entstehen aber der politische Wille und die langfristigen Planungskompetenz zur Umsetzung eines solchen Konzepts? Zurzeit konkurriert so ein Ansatz ja mit profitorientierten Großprojekten. Und Energieimporte werden nicht von heute auf morgen überflüssig. Braucht man zur Durchsetzung einer Energiewende, die ihren Namen verdient, also nicht eine starke nationale Staatsmacht, die langfristig denkt und entsprechend handelt?? Braucht es nicht eher eine ausgefeilte zentrale Steuerung? Das zur technischen Seite.
      Wie entstehen aber der politische Wille und die langfristigen Planungskompetenz zur Umsetzung eines solchen Konzepts? Zurzeit konkurriert so ein Ansatz ja mit profitorientierten Großprojekten. Und Energieimporte werden nicht von heute auf morgen überflüssig. Braucht man zur Durchsetzung einer Energiewende, die ihren Namen verdient, also nicht eine starke nationale Staatsmacht, die langfristig denkt und entsprechend handelt?

      Vielleicht irre ich mich, aber ich gehe davon aus, dass der Großteil des technologischen Wissens aktuell und gut abgesichert (gar verbarrikadiert) in den Händen der Großkonzerne liegt, die einerseits dieses Wissen monopolisieren, intransparent verwalten und abschirmen und andererseits untereinander sich den Energiemarkt kartellmäßig aufteilen. (Wer einmal versucht hat, das Gelände eines solchen Konzerns, wo auch immer zu betreten, wird wissen, wovon ich rede: Alles kleine Staaten im Staate) Aber nicht nur das technologische Wissen wird systematisch der Öffentlichkeit entzogen, sondern auch die Besitzverhältnisse. Nicht mehr unüblich, dass 1. scheinbar konkurrierende Unternehmen gegeneinander nicht geringe Aktienanteile erwerben bzw. zuschieben oder verschieben und dass 2. so in der Öffentlichkeit ein Schauspiel eines freien Marktwettbewerbes inszeniert wird, der real nicht existiert. Und diese Entwicklung die nationale Staatsmacht zugelassen, die „starke nationale Staatsmacht“ hat sich und damit die Bevölkerung, deren Interessen sie angeblich vertritt, geschwächt.
      Dank ihres geheimgehaltenen technologischen Wissensvorsprungs, den sie auch als ihr Hauptinstrument ihres Profitstrebens einsetzen, gelingt es ihnen, ihren „überlegenen Sachverstand“ über Lobbyarbeit in die Gesetze einzubringen, die ihren Interessen dienen, die erst in bestenfalls zweiter Linie an einer sinnvoll und transparent organisierten Energieversorgung orientiert sind – möglichst breitflächig, das Monopol ausweitend schon: in Berlin, in Brüssel – wohl auch im IWF, WTO und anderen weltweit agierenden Institutionen. Also sehe ich auch in einer Wiederbesinnung auf den Nationalstaat zumindest dann keine Lösung, wenn er diese Mauer des Privateigentums an technologischem Wissen, dessen Grundlagen sozial, in den von Steuergeldern finanzierten Universitäten produziert wurde. Selbst wenn nicht – inzwischen sind solche Forschungsinstitute oft privatisiert -, kann ein Staat, der sich seiner Verantwortung bewußt ist, an der sozialen Bedeutung dieses privat gehaltenen „Know-How“ – schließlich sind alle Bürger von der Energiegewinnung abhängig – nicht achselzuckend vorbeigehen.

      Um diesen Prozeß der „Refeudalisierung“ des Wissens in Gang zu setzen reicht bestimmt „die selbstgesteuerte Vernetzung lokaler Punkte“ nicht nur nicht aus, sie muß sich mit dem Staat, der sie ja vertreten soll, verbinden und dieser sich mit ihr – statt stumpf gegen sie Eigentumsrechte der Konzerne mit staatlichen Kräften. Ohne einen zur Rückbesinnung auf seine Stärke demokratisch dazu bestimmten und ermächtigten Staat wird sich in dieser Hinsicht – und in vielen Hinsichten – nichts tun. Aber auch: Ein zur Besinnung gekomener Staat macht noch keinen Sommer.

      Ich empfehle zur Energieversorgungsproblematik dringendst einige Vorträge und Aufsätze von H. J. Bontrup, der meines Wissens jahrelang im Vorstand eines solchen Unternehmens gesessen hat. (Viele im Internet zugänglich, auch über die „Memorandum-Gruppe“ oder die „Arbeitsgruppe Alternative Wirtschaftspolitik e.V.“)

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      • fidelpoludo schreibt:

        Korrektur: „statt stumpf gegen sie, die Eigentumsrechte der Konzerne mit staatlichen Kräften zu verteidigen und zu bewachen.“

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        • fidelpoludo schreibt:

          Ist das Eingehen auf die „Energieversorgungsproblematik“ nun eine Verfehlung des Themas oder nicht? Bitte um Stellungnahmen.

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          • kranich05 schreibt:

            Mein gedanklicher Ausgangspunkt des obigen Postings war die Überlegung, sich etwas konkreter der materiellen Lebensbasis im lokalen Raum zu zuwenden. (Im Hintergrund die oft geäußerte Meinung von Willi Ü. wir würden die materielle=lokale Basis des Lebens ignorieren.)
            Es hat sich pragmatisch ergeben, das Thema an paar Erfahrungen der Selbstversorgung mit Nahrungsmitteln aufzumachen. Aber natürlich, meine ich, gehört die tägliche Energieversorgung vor Ort dazu.
            Aspekte vor allem der lokalen Wärmeerzeugung/-versorgung hat Clara informativ aus erster Hand beschrieben und zugleich für mich völlig überzeugend die Abhängigkeit dieser Seite der lokalen Ökonomie von der gesamtgesellschaftlichen Ökonomie UND POLITIK (sowie Wechselwirkungspotentail) aufgezeigt.

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      • fidelpoludo schreibt:

        Noch an Clara,
        Folgendes Institut scheint mir in dieser Problematik sehr weit fortgeschritten zu sein. Aber eine bürgernahe Sprache (etwa ohne den Wust von Kürzeln) sieht anders aus, zumindest sobald man sich in die Details und in die Tiefen begibt. Verfaßt in enger Zusammenarbeit von Technologie- und Verwaltungstechnokraten:
        https://www.wupperinst.org

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      • Clara S. schreibt:

        Ja, damit wären wir bei einer ernsthaften Diskussion über Energiepolitik. Die gleiche Diskussion wäre ja auch in Bezug auf die Digitalmonopole zu führen. Beides sprengt hier wohl im Detail den Rahmen. Die Grundfragen nach der Bedeutung der neuen Technologien und welche Rolle dem (National-)Staat zu kommt, wenn es um die demokratische Kontrolle darüber geht, natürlich nicht.

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    • Detlev Matthias Daniel schreibt:

      Ob individuelles oder kollektives Holzhacken oder welche Energieerschließung auch immer (Energieversorgung ist „von oben“ betrachtet und als primäre Betrachtungsebene tendenziell parasitär. Jemand anderes hat die Energie zu besorgen.) – das muß unter den konkreten lokalen Bedingungen gelöst und entschieden werden. Austausch darüber kann hilfreich und sinnvoll sein, gibt aber keine Antworten sondern nur Anregungen. Das gilt unter den Bedingungen lokaler, eigenverantwortlicher, optimal angepaßter und systemisch resilienter Organisationsprinzipien. Die industriell technologische Lösung mit ihrer maximierten Effizienz und ihren hohen, wenngleich ausgelagerten Kosten ist das Gegenteil davon. Einheitliche Lösungen erfordern ein zentrales Management, wenn es sonst zu Verteilungsproblemen käme, was i.d.R. der Fall ist.

      Lokale Selbstorganisation kann nicht radikal genug gedacht und pragmatisch genug in Angriff genommen werden, eben weil es ein vollkommen anderes System bedingt. Wir sollten auch aufhören, das gegenwärtige Gesellschaftssystem als ein temporär begrenztes Problem weniger Jahrhunderte anzusehen. Schon die Bronzezeit wäre nicht denkbar gewesen ohne großräumige Handelsbeziehungen. Die sich ergebenden Ungleichverteilungen des benötigten Metalls bedingten Konflikte und die Entwicklung von Herrschaftssystemen. Kritisieren wir diese, sollten wir das Ganze in den Blick nehmen. Es reicht nicht, nur Herrschaft abschaffen zu wollen, nur lokale Selbstorganisation zu schaffen, nur Gewalt zu ächten und das Anspruchsdenken aufzugeben, nur die Verteilungsprinzipien, die Wertmaßstäbe zu ändern, usw. Eine Straße nützt nur etwas, wenn sie durchgängig befahrbar ist. Aber irgendwo muß man anfangen, sie zu bauen.

      Es ist gut, wenn ich, bevor ich mich daransetze, ein Haus zu entwerfen und zu detaillieren, versuche zu verstehen, wie und womit die künftigen Bewohner darin leben wollen. Auch wie groß es sein kann, welche Baumaterialen zur Verfügung stehen usw.

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      • kranich05 schreibt:

        Was der Schlenker, Energieversorgung sei tendenziell parasitär, mir sagen soll, verstehe ich nicht.
        Ich warne vor einer pauschalen Verurteilung jeder „industriell technologische(n) Lösung mit ihrer maximierten Effizienz und ihren hohen, wenngleich ausgelagerten Kosten“.
        „Es kommt darauf an…“
        ich bin sehr dafür, „das Ganze in den Blick zu nehmen.“
        Dass dabei die moderne kapitalistische Gesellschaft eine ganz besondere Aufmerksamkeit und die besonders radikale und zugleich pragmatische Betrachtung ihrer Ausbeutungs- und Herrschaftskräfte verlangt (einschließlich derer Begrenzungen) , sehe ich dazu nicht im Widerspruch.

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        • Detlev Matthias Daniel schreibt:

          ??? Verstehe ich jetzt wieder nicht. Ich habe gar nichts verurteilt, nur Zusammenhänge benannt. Das Urteil kommt von dir.

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          • kranich05 schreibt:

            Du hast nur geschrieben (in einem Satzgefüge, dessen Aussage nicht zu den klarsten gehört), dass industriell-technologische Lösungen das Gegenteil „eigenverantwortlicher, optimal angepaßter und systemisch resilienter“ Bedingungen seien und der Austausch über bestmögliche Lösungen offenbar wenig hilfreich und sinnvoll sei.
            Gern lasse ich mir das, was Du gemeint hast, genauer erklären.

            Zumindest glaube ich Dich zu verstehen, dass sich das Primat des Lokalen und „industriell- technologische Lösung(en) mit ihrer maximierten Effizienz“ beißen, unvereinbar sind.
            Da ich mir sehr wohl industriell-technologische Lösung(en) ohne um jeden Preis und auf Kosten Anderer maximierte Effizienz vorstellen kann, sage ich an dieser Stelle: Pech für das Lokale als Heilsschlüssel für alle Weltprobleme.

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    • willi uebelherr schreibt:

      Lieber Lutz, dein humor und die leisen kleinen sticheleien gefallen mir gar sehr. Ob das, was du zuletzt ansprachst, der grundkonflikt ist, wuerde ich sehr bezweifeln. ich sehe es eher als ein problem auf dem weg zur Selbstorganisation oder nicht.

      Von daher steht eher im mittelpunkt, wollen wir eine Selbstorganisation oder doch lieber getragen werden von anderen? Die begruendungen fuer das zweite sind einfach herzuleiten und werden uns taeglich um die ohren gehauen. Wir muessen also einfach nur nachplappern. Und die faehigkeiten dafuer wurden uns ja schon in die wiege gelegt. Wir sind dann heimelig zusammen. Im Alten, was dann als das Neue bezeichnet wird.

      Der konflikt, oder besser die polaritaet, die du beschreibst, ist ganz real. Da muessen wir auch nicht ungeduldig werden, Nur uns einfach mal darauf einlassen, um die potentiale und moeglichkeiten zu erkennen. Wenn wir von vorneherein die Unmoeglichkeit postulieren, brauchen wir uns tatsaechlich keine gedanken weiterhin zu machen. Wir sind von allen anforderungen befreit.

      Ich fuehre diese psychische bedingung so ausfuehrlich vor, weil sie immer wirkt. Rebellische naturen neigen dazu, sofort sich darauf einzulassen. Aengstliche naturen tatsaechlich nicht. Sie rufen nach fuehrung, nach praktischen nachweisen, die ihnen eine sicherheit geben sollten.

      Fidelp hat Clara zitiert:
      „Braucht man zur Durchsetzung einer Energiewende, die ihren Namen verdient, also nicht eine starke nationale Staatsmacht, die langfristig denkt und entsprechend handelt?“

      Wenn wir den illusionen von Staat folgen, vielleicht sogar als „wir sind der Staat“ ala Daniela Dahn, mag sich das als loesung anbieten. Wenn ich meiner definition folge, dass der staat immer ein gewaltapparat gegen die bevoelkerung ist und dafuer zu sorgen hat, dass die bevoelkerung im dienste der eliten wirkt, ist dieser loesungsansatz irreal.

      Detlev schreibt:
      „Die industriell technologische Lösung mit ihrer maximierten Effizienz und ihren hohen, wenngleich ausgelagerten Kosten ist das Gegenteil davon.“
      Klaus-Peter setzt davor:
      „Ich warne vor einer pauschalen Verurteilung jeder …“.

      Was will er uns damit sagen? Dass „industriell technologische Lösung(en)“ durchaus mit unseren lebensvorstellungen in uebereinstimmung gebracht werden koennen, wenn ..?

      „Jahrhundert-Weisheiten von der Kanzel“? Sind die erfahrungen unserer vorfahren so unwichtig? Es haette zumindest den vorteil, dass wir an etwas anknuepfen, was schon einmal da war. Dabei sage ich generell, dass es dabei um bedingende prinzipien geht und weniger um einfache uebertragung.

      Franz Nahrada aus Oesterreich arbeitet viel mit einigen der kloster-erfahrungen. Sie waren damals so etwas wie zentren der freien technologie und selbst hochgradig selbstversorgend. Und einige, aus bestimmten orden, streng in die lokalen strukturen eingebunden. Wir muessen da jene wegnehmen, die sich als feudale verlaengerung begriffen haben.

      Wir koennen auch die Kloester weglassen und danach ausschau halten, wie sich Dorfgemeinschaften ihre Getreidemuehlen, Mostereien, Brauereien, Molkereien, Kaesereien, Wassersysteme, Saatgutlager, Haeuserbau (auch kirchen bzw. kapellen) und dergleichen realisierten. Die enzyklopaedien ueber technische grundlagen waren nicht ueberall vorhanden. Telekommunikation gab es nicht. Aber die thematische kooperation in den Gilden und Zuenften.

      Wenn wir das auf unser heutiges Sein uebertragen, bedeutet es, dass wir die telekommunikation dazu nutzen, dass an jedem ort ein freier zugang zum wissen und zur kommunikation moeglich wird. Damit haben wir zumindest auf der theoretischen und informellen ebene bereits ein instrument, das uns grossen nutzen bringen kann oder koennte. Ich lege hierbei darauf wert, dass wir es wie die strassen und wege als transporttrassen benutzen.

      Damit ist aber noch nichts darueber ausgesagt, wie die materiellen instanzen der technischen infrastrukturen im lokalen entstehen. Hier koennen wir auch gar nicht uns auf existierende naeherungen beziehen, weil die lokalen bedingungen ueberall verschieden sind. Wohl aber auch hier auf grundsaetzliche erkenntnisse, die ich als prinzipien bezeichne.

      Das wichtigste dabei ist, dass wir fuer konstruktives arbeiten eine dafuer geeignete umgebung benoetigen. Und hier bieten sich kommunale technische zentren an. Wie tief sie gehen, ist ja erstmal offen. Wesentlich ist eigentlich nur, dass die lokale lebengemeinschaft den willen hat, sich aus den geldzwaengen aus der importabhaengigkeit zu befreien.

      Ich spreche hier immer ueber technische infrastrukturen. Ich weiss allerdings, dass sie sich immer zu hochentwickelten sozialen zentren ausbilden. Das habe ich konkret aus dem feld hackerspaces, make- und fablabs erlebt und gelesen/gesehen. Oft sind sie auch verbunden mit den technischen zentren der „Community Netzwerke“ wie in Deutschland FreiFunk. Die CCCs und das CyberSpacelabs in Berlin und in vielen europaeischen staedten sind aehnlich in ihrer intention.

      FreiFunk (de) und FunkFeuer (at), organisiert als selbstaendige lokale gruppen mit regionalem austausch und kooperation, verfolgen ja eigentlich das ziel, dass in ihren gemeinden fuer alle ein freier zugang zur telekommunikation entsteht. Wegen ihrer abscheu „radikaler“ ansaetze (ein bezug zu Detlev) haengen sie tatsaechlich an den seilen und ketten. Die idee und zielbestimmung ist richtig und hat viel zu meinem vorschlag zu „Konstruktionprinzipien eines (wirklichen) Internets“ beigetragen.

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  4. fidelpoludo schreibt:

    Copiedand Prized
    „Willi Überlherr, der seine lokale Lösung anpreißt, koste es, was es wolle, sollte eine leistungsfähige Priesterschaft beizeiten in sein Konzept aufnehmen.“

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  5. Detlev Matthias Daniel schreibt:

    Wir preisen auch die Gleichheit, Chancengleichheit etc. aller Mernschen an, obwohl wir wissen, daß es diese niemals geben wird, kann und nicht einmal dürfte. Also bitte – immer schön die Kirche im Dorf lassen. Der Vorteil des Konzeptes lokaler Selbstorganisation (nicht nur -versorgung) als Orientierungspunkt für Entwicklungsziele aber auch als Ausgangspunkt von Keimzellen eines anderen Systems liegt darin, daß wir unser Wirken, Wahrnehmen, Begreifen und damit auch unsere real wahrnehmbare Verantwortung wieder zur Deckung bringen können. Also all das, was sich wechselseitig bedingt, steuern und so ins Gleichgewicht bringen könnte. Die Freiheit, die uns dann verbleibt, wird nicht oder zumindest erheblich weniger beschränkt durch die Zwänge des bestehenden Systems, dafür aber durch die unmittelbar wirkenden Zwänge realer Existenzbedingungen. Ich sage immer, daß wir die Freiheiten, die uns dieses System bietet, nicht unterschätzen sollten. Wir sollten uns allerdings auch nicht davon kaufen, prostituieren lassen.

    In Berlin gibt es einen bemerkenswerten Ort, einen „Weltacker“. 2000 m² Anbaufläche, auf denen sich die Betreiber bemühen, alles anzubauen, was ein Mensch in einem Jahr braucht an Agrarprodukten – sofern es unter den dortigen Klimaverhältnissen wachsen kann. 2000 m² Ackerland stehen derzeit statistisch jedem Menschen zur Verfügung – weltweit. Ich glaube nicht, daß der Mensch grundsätzlich, systemunabhängig von allem abhängig ist, was irgendwo auf diesem Planeten an- bzw. abgebaut – um nicht zu sagen ‚ausgebeutet‘ – werden kann. Ja, ich glaube, solches als gegeben hinzunehmen, läuft letztlich auf das gleiche hinaus, wie die Selbstaurottung des Menschen als gegeben hinzunehmen. Wir sollten nicht den Fehler machen, die Wirklichkeit mit dem zu verwechseln, was wir uns vorstellen können. So kämen wir nie aus der Logik dieses zestörerischen Gesellschaftssystems heraus.

    Auf unserem Grundstück haben wir nicht ganz die Fülle, die Klaus-Peter beschreibt – zum einen, weil wir nicht so viel Zeit in den Gemüseanbau investieren, zum anderen, weil der Schattenwurf großer Bäume manches nicht so gut Wachsen läßt. Dafür kann ich mit dem jährlichen Holzschnitt der Gehölze, die auf unseren 800 m² wachsen in der kalten Jahreszeit jeden Abend unseren Ofen beheizen. Ich plane, unser Haus endlich mit einer guten Wärmedämmung aus Strohballen zu versehen. Dann könnte das im Wesentlichen für die Heizenergie reichen. Unser Grundstück ist natürlich kein Wald. Natürlich kann ich nicht alles, was ich brauche auf diesen 800 m² wachsen lassen, aber ‚lokal‘ heißt ja auch nicht ‚auf meinem eigenen Grundstück‘ (wenn das mit dem Eigentum unbedingt beibehalten werden soll) und es heißt auch nicht ‚ganz allein‘.

    Richard Buckminster Fuller schrieb mal „I found the great majority of „savvy,“ well-to-do individuals I have met convinced that there exists an inherent inadequacy of life-support on planet Earth…“ Wenn ich davon ausgehen würde, daß die Erde bzw. das, was davon in meiner biologischen Reichweite ist, nicht in der Lage ist, mein Leben zu ermöglichen, wie zum Teufel konnte dann so etwas wie Leben überhaupt entstehen? Weiter schreibt er: „…and therefore that their own successful survival as well as that of those whom they cherish depends upon their cleverly learning more and more about how to be legally selfish and thereby to accomplish personal economic advantage by anticipatorily depriving others in directly undetectable ways.“ Da wird deutlich, wie diese Denkweise mit diesem Gesellschaftssystem verbunden ist.

    Vielleicht versetzt es uns in Staunen, wenn wir irgendwann erkennen, daß wir vielleicht gar keine HighTech-Lösungen brauchen, um diese Welt (bzw. uns in dieser Welt) zu retten, sondern nur eine angemessene Bescheidenheit, Eigenverantwortlichkeit und Lernbereitschaft – und eine gute Nachbarschaft.

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    • kranich05 schreibt:

      „Wir preisen auch die Gleichheit, Chancengleichheit etc. aller Mernschen an, obwohl wir wissen, daß es diese niemals geben wird, kann und nicht einmal dürfte.“
      Ein wenig mehr begriffliche Sauberkeit würde ich begrüßen.
      Wer, bitte, preist solchen Unsinn an, wie die „Gleichheit aller Menschen“? Dito Chancengleichheit Aller (meine Chance, ein neuer Mozart zu werden?)
      Sehr entschieden aber „preise ich an“, das Recht jedes Menschen auf Leben. Und „Leben“ dabei nicht verstanden als notfalls ein „Dahinvegetieren“, sondern als ein „würdiges“, „befriedigendes“ Leben (wie man Letzteres im Einzelnen auch definieren mag).
      Ich möchte also Werte verwirklicht sehen, ganz radikal und praktisch (und selbst so leben, dass sie verwirklicht werden können) die von vornherein alle Menschen betreffen und somit über jede konkrete Lokalität hinausgehen.
      Es liegt auf der Hand, dass hierbei ein zentrales Problem „Krieg“ und „Interesse am Krieg“ ist. Es kann keinesfalls nur oder auch nur vorrangig lokal bearbeitet werden.
      Andere Welt-Probleme freilich haben eine enorme lokale Komponente. Aber auch diese zur rechten Geltung zu bringen, verlangt das Lokale prinzipiell zu überschreiten.

      Wir heizen unser Haus zu schätzungsweise 90% mit Holz(scheiten) (der Rest luxuriös: Elektroenergie). Dafür genügen pro Saison 6 bis 8 Raummeter. Brennholz habe ich (abgesehen von Sturmschäden) noch nie vom eigenen Grundstück gewonnen. Das liefert der nahe gelegene Wald. Die ganze Heiz- und Holzfrage war mir bisher ein Vergnügen anhaltender körperlicher Bestätigung. Das könnte sich mit zunehmenden Alter etwas modifizieren.
      Natürlich heißt „lokal“ nicht „alles allein“. Lokale Kooperation bietet enorme und die Phantasie beflügelnde Möglichkeiten. Jedoch nicht vergessen: Eben soviel, wie ich von der Kooperation erhalten will, muss ich der Kooperation geben.

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      • Lutz Lippke schreibt:

        Die Herangehensweisen an Gleichheit sind verschieden. Bombensatz!
        Mir liegt Gleichwertigkeit, was gegenüber dem abstrakten „gleich“ die Komponente Wertigkeit enthält. Der Wert ist kontextabhängig mal sehr eindeutig, mal etwas schwieriger zu bestimmen. Gleicher Lohn für gleiche Arbeit wird durch Ersetzungen mit „gleichwertig“ nicht prinzipiell schlechter, sondern erfasst auch ähnliche, vergleichbare Arbeit und Entlohnung. Gleiche Lebensverhältnisse an verschiedenen Orten kann es nicht geben, schon die Topologie des natürlichen Raums verhindert das. Also „gleich“ kann nur gleichwertig bedeuten. Die Gleichheit vor dem Gesetz meint dagegen tatsächlich die abstrakte Gleichheit. Werte, die nicht in der Gestaltungsmacht des Einzelnen liegen, dürfen im Gesetz nicht zu Lasten des Einzelnen gehen (Diskriminierungsverbot). Im Juristischen wird das gern umgangen, indem festgestellt wird, dass die Ausgangslage der Betroffenen nicht gleich sei. So unterscheidet sich der Asylsuchende vom zurückflüchtenden Deutschen durch die Staatsangehörigkeit. Die Menschenwürde aus Art.1 GG ist aber nicht an die Staatsangehörigkeit des Einzelnen gekoppelt, sondern erzwingt die gleiche menschenwürdige Behandlung jedes Betroffenen durch die zuständigen verfassungsgebundenen Institutionen. Recht und Gesetz haben damit vor allem eine vorsorgende gesellschaftspolitische Funktion. Institutionen und Beteiligte sollen in ihren Handlungen die Rechte der anderen Betroffenen achten. Erst die verweigerte Beachtung dieser Rechte ruft sozusagen als letzte Instanz die Justiz auf den Plan, was zugleich vorsorgend und schadensmindernd wirken soll. Wenn die Durchsetzung von Recht und Gesetz funktioniert, richten sich alle Handelnden schon vorsorglich darauf ein und beachten diese Rahmensetzung. Eine überlastete Justiz und gleichzeitige Verrechtlichung der Lebensverhältnisse weisen dagegen deutlich auf Mängel und Fehlentwicklungen hin. Das ist ein sehr aktuelles und gravierendes Problem und erfasst auch die Bereiche Kriegsgefahr, soziale Verhältnisse, Wirtschaft, Transparenz, demokratische Mitwirkung, Besitzverhältnisse und andere Individualrechte. Es ist daher nicht moglich, losgelöst von existierenden Rechtsverhältnissen politische Veränderungen zu bewirken. Entweder werden diese Veränderungen durch die Rechtspraxis wieder kassiert oder sind schon rechtlich gar nicht mehr erreichbar. Wer das mit Druck der Straße ändern will, muss auf den Zusammenbruch der existierenden Macht- und Rechtsverhältnisse zuarbeiten. Meine Lebenserfahrung sagt mir, dass sich die Tauglichkeit der Mittel aus ihrer Angemessenheit und realistischen Erreichbarkeit des Ziels ergeben. Realistische Ziele und taugliche Mittel sind nur mit Grundüberzeugung und Prinzipientreue verbunden.

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        • Lutz Lippke schreibt:

          Der letzte Satz soll:“Realistische Ziele und taugliche Mittel sind nur eingeschränkt mit Grundüberzeugung und Prinzipientreue verbunden.“ lauten.

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  6. willi uebelherr schreibt:

    Lieber Klaus’Peter, weil du hinweist, dass das thema „Gaertnr’Flausen II“ gedacht ist als ein thema zur „lokalen Selbstorganisation“, so war ich etwas erstaunt darueber, dieses jetzt hier zu lesen. Warum kannst du nicht ein thema mit seinem gehalt eroeffnen? Und denke daran, dass die lokale ortszeit hier 6 stunden relativ zu eurer hinterher laeuft.

    Meinen grossen dank an Detlev. Ich war total begeistert, seine gedanken zu lesen. In der „Permakultur“ gehen wir von 10-20 menschen per hektar aus Bei euch eher 10. Hier eher 20. 10 x 2000 m^2 ergibt 2 hektar. Also eine stabile, vielleicht auch redundante groesse. Auf euren breitengraden kommt die frage der lagerung deutlicher in den mittelpunkt.

    Clara vschiebt das problem auf eine zentralisierte instanz, weil sie lokal ihre begrenzungen sieht, die sie zur zeit noch nicht aufloesen kann. Dem koennten wir uns im einzelnen zuwenden. Wird aber nicht helfen, weil ein ansatz verfolgt wird, der von vorneherein auf aeusseren einfluss aufsetzt. Die konsequenz ist die aufloesung bzw. ablehnung der selbstverantwortung.

    Auf diesen punkt spitzt es Detlev zu. Er sagt zurecht, der begriff „Energieversorgung“ enthaelt vom allgemeinen gebrauch her ein parasitaeres verhaeltnis.

    „Der Vorteil des Konzeptes lokaler Selbstorganisation (nicht nur -versorgung) als Orientierungspunkt für Entwicklungsziele aber auch als Ausgangspunkt von Keimzellen eines anderen Systems liegt darin, daß wir unser Wirken, Wahrnehmen, Begreifen und damit auch unsere real wahrnehmbare Verantwortung wieder zur Deckung bringen können.“

    Wir koennen diesen satz von Detlev gar nicht oft genug uns vornehmen. Es ist der kern unseres strebens und nicht der getriebenheit. Er impliziert, dass unsere lebensexistenz immer unsere selbstverantwortung benoetigt und wenn wir ihm nicht folgen, wir notwendig als anhang im netz zappeln.

    Clara weist ja zurecht auf die notwendigkeit des eingebettet sein in eine groessere gemeinschaft. Der weg hierfuer ist die bewusste kooperation, die zu netzwerken lokaler autonomer knoten fuehrt. Also auch hier keine notwendige zentralisierte instanz.

    Wenn es um elektrische und thermische energie geht, geht es um technologie. Also generierung, speicherung und verteilung. Das gilt bis hinunter zu einem einzelnen haus. Ein lokaler verbund kann uns geografisch raeumlich helfen, es zu entzerren. Wenn wir den speicher nahe zum haus bringen, kann eine grosse redundanz entstehen bei gleichzeitiger entkopplung. Wichtig, um verteilte engpaesse auszugleichen.

    Die urspruengliche intention von Clara und ihren genossinnen war, im rahmen gegebener „Marktverhaeltnisse“, also gegebener selbstverschuldeter abhaengigkeiten, eine reduktion dieser abhaengigkeiten anzustreben. Hier haben wir eine generelle problematik. Reduzieren wir uns auf das gegebene und formen es etwas anders, oder versuchen wir, bei jeder anforderung unsere Eigenfaehigkeiten auszudehnen.

    Es geht hierbei um die technischen infrastrukturen. Auch wenn sie zunaechst diskret erscheinen, so liegt doch eine hohe allgemeinheit in ihnen begraben. Technische infrastrukturen, alt bekannt in allen historischen phasen, stellen eine basis struktur uns zur verfuegung, um uns den herstellungsprozessen zu widemen. Wird hier ein privat-individueller bezug dominant hergestellt, dann verbleibt eine zersplitterung, die keine gemeinschaft im ganzen zulaesst. Sie kann also nur in einer gemeinschaft realisiert werden. Und wenn die lokale gemeinschaft, das kleine dorf, zu klein ist, dann verbinden sich diese kleine einheiten, um sich kooperative zentren im lokalen feld zu schaffen.

    Der block hierbei ist, wie detlev es beschreibt, dass die nachbarschaften nur als zufaellige ansessigkeit verstanden wird und nicht als potential zu einer kreativ produktiven gemeinschaft, die dann die Nachbarschaft wirklich entstehen lassen kann.

    Fidelp hat auf die private aneignung gemeinschaftlichen wissens, also den raub an der gemeinschaft, hingewiesen. Eine der zentralen ausgangsbedingungen. Sich nun an den politischen ueberbau zu wenden und ueberzeugungsarbeit zu leisten, ist, wie wir wissen, nutzlos. Die geschaffenen systemischen strukturen erfordern es. Siehe die aktuelle diskussion um KI.

    „Artificial Intelligence made in Germany“
    https://www.german-foreign-policy.com/news/detail/7694/

    Der text ist frei nicht lange lesbar. Aber er bestaetigt die argumentation von fidelp. und es muss ein thema der „linken Sammlungsbewegung“ werden.

    Die frage, zurueck in die „Steinzeit“ oder nicht, existiert nicht. Auch wenn Klaus-Peter darauf herum reitet. Er hat immer noch nicht verstanden, was eigentlich Produktivkraefte sind, obwohl er permanent mit diesem begriff wirkt. Er reduziert es auf industrielle Konzentrate, was ja voelliger unsinn ist. Produktivkraft ist nichts anderes als all jenes, was wir brauchen oder denken zu brauchen, herstellen zu koennen. In welcher form und mit welchem zeitlichen aufwand und mit welchem aufwand an basis ressourcen wir dies tun, ist damit erstmal noch nicht beschrieben.

    Wenn wir das Sumak Kawsay, das „Gute Leben in Harmonie mit der Natur“ zu grunde legen, koennen wir unsere heutigen industriellen Kombinate eher als extrem unterentwickelte ausdruckformen von „Produktivkraeften“ bezeichen. Wenn wir das verhaeltnis von aufgewendeten ressourcen, wie substanzen, energie und zeit, ins verhaeltnis zum nutzen bringen, dann ist das alles laecherlich. Das sind nun mal die scheuklappen von Klaus-Peter und bestimmt vieler anderer.

    Die problematik beginnt immer, wenn wir uns vom standpunkt einer KonsumistIn dieser frage lokaler selbstorganisation zuwenden. Weil lokale selbstorganisation die eigeninitiative anspricht, die allerding bei konsumptiv orientierten menschen nicht existiert. Ihr ziel ist,
    „Ich muss bekennen, dass ich dieses Leben liebe, dieses mein heutiges Leben als moderner Mensch. Ich sehe mich nicht nur Überleben, sondern sogar ziemlich luxuriös leben, Dank der Produktivkräfte, die der Mensch in langen Jahrhunderten hervorgebracht hat und heute anwendet.“ (Klaus-Peter)

    Der ganze parasitaere politische ueberbau folgt dieser linie. Und geniesst es, egal was es kostet und wer diese kosten uebernehmen muss.

    Auch wenn ich hier Klaus-Peter zumeist anspreche, dann will ich ihn hier nicht zum exempel aufbauen. Ich weiss auch um seine guten seiten. Und er ist stark und haelt es aus und kann auch sehr gut verteilen. Wenn wir uns der frage lokaler selbstorganisation verschliessen, dann werden wir damit nicht konfrontiert. Fidelp hat es mit dem zitat von Reinhard Marx sehr gut getroffen. Und R.Marx weiss sehr gut, wohin das ringen um eine gute alternative letztlich laeuft.

    Wir koennen die fragen zur lokalen Selbstorganisation nur dann beantworten, wenn wir unsere Selbstermaechtigung hierzu in den mittelpunkt stellen. Die problematik des Konsumismus ist ja in Latein Amerika viel tiefer ausgepraegt wie im deutsch-sprachigen raum oder West-Europa allgemein. Das verweist auf eine gute ausgangsposition, die viele noch gar nicht sehen.

    Hier in den diskussionen zur Selbstorganisation habe ich immer auf ein wesentliches erbe im deutsch-sprachigen raum hingewiesen: Wenn wir der Meinung sind, dieses und jenes zu brauchen, dann machn wir uns sofort Gedanken darueber, wie wir es herstellen koennen.

    Das klingt euch vielleicht fremdartig. Als beispiel nehme ich immer die Gilden und Zuenfte, die katholischen Kloester, das erzwungene wandern der Gesellen zur freien technologie, Ferdinand Voight mit seinem freund Wolfram Pfaff in Darmstadt, Alfred Doppelmeyer in Oesterreich, Rudolf Diesel in Nuernberg und Augsburg, selbst Gottfried Wilhelm Leibnitz und die Infinitesimalrechnung, Goettingen mit dem institut fuer Physik und Mathematik und aehnliches.

    Wir im deuschsprachigen raum haben dafuer die besten vorrausetzungen. Auch Wilhelm und Alexander Humboldt stehen hierfuer. Es ist eine geschichte, auf die wir zurueckgreifen koennen, ohne uns als „rassische“ art hervorheben zu muessen. Wir sehen es auch in Nord Italien (ohne Sued Tirol), in Nord Spanien, in teilen von Frankreich. Hier geht es ausschliesslich um die fahigkeit, die notwendigkeit technischer infrastrukturen zu erkennen und anzuwenden. Aus diesem umfeld ist sowohl die „Taeufer Gemeinschaft“ als auch die anarchistische bewegung entstanden. Aus konsumptiv parasitaeren umgebungen kann so etwas nicht entstehen.

    Heute kommt zentral das instrument telekommunikation dazu. Auch darin koennen wir streng den ansatz lokaler netzwerke als konstituierende elemente des globalen Internet verfolgem was sofort privat und staat ausschliesst, ohne dass wir dies explizit zum thema machen. Diese methode des realen ausschlusses von privat und staat ohne seine explizite thematisierung ist teil der strategie, wie wir sie von Detlev zu Buckminster Fuller erhalten haben:
    Wir bekaempfen nicht das Alte. Wir schaffen etwas Neues, das das Alte ueberfluessig macht.

    Aber, das geht nur ueber die Selbstermaechtigung zur Selbstorganisation.

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    • willi uebelherr schreibt:

      Das warten zur moderation wurde sofort beendet. Wieder ein schritt weiter.

      Nochmals kurz konzentriert:
      Wir muessen die Ermaechtigung zur Selbstorganisation herstellen, um ein demokratisches gesellschaftliches Sein zu erwirken.

      Dies, weil Demokratie immer Selbstorganisation ist.

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      • Lutz Lippke schreibt:

        Lieber Willi, die Ungeduld solltest Du Dir abgewöhnen, wenn Du Jahrhundert-Weisheiten von der Kanzel predigst. Gern würde ich mal den konkreten 1.Schritt vernehmen, den Du gehst. Egal ob allein oder mit anderen. Wenn das noch nicht geht, reicht mir auch erstmal der Vorletzte. Aber einfach schon da sein, wo wir alle hinwollen sollen? Wie denn? Hände falten und beten?

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    • kranich05 schreibt:

      „Lieber Klaus’Peter, weil du hinweist, dass das thema „Gaertnr’Flausen II“ gedacht ist als ein thema zur „lokalen Selbstorganisation“, so war ich etwas erstaunt darueber, dieses jetzt hier zu lesen. Warum kannst du nicht ein thema mit seinem gehalt eroeffnen? Und denke daran, dass die lokale ortszeit hier 6 stunden relativ zu eurer hinterher laeuft.

      Meinen grossen dank an Detlev. Ich war total begeistert, seine gedanken zu lesen. In der „Permakultur“ gehen wir von 10-20 menschen per hektar aus Bei euch eher 10. Hier eher 20. 10 x 2000 m^2 ergibt 2 hektar. Also eine stabile, vielleicht auch redundante groesse. Auf euren breitengraden kommt die frage der lagerung deutlicher in den mittelpunkt.“

      Willi, Du bleibst Dir treu.
      Statt Dich für Deine Flegeleien zu entschuldigen, ranzt Du mich an, dass ich mein Posting nicht in einer Dir wohlgefälligen Form gestaltet habe. Geht’s noch?
      Es gab übrigens auch Bolschewiken, die glaubten Hochmut und Grobheit seien die besten Markenzeichen für revolutionäre Gesinnung. Lenin, den Du ja nicht kennst, hat das heftig kritisiert.
      Von Deinem endlosen Kommentar greife ich jetzt nur einen Absatz heraus:
      In der Permakultur geht ihr von irgend etwas aus.
      Wer ist die Permakultur? Was treibt ihr damit; ausgehend oder einkehrend? Was hat die Permakultur mit Deiner Verabsolutierung des Lokalen zu tun?
      Konkrete Ausführungen zu solchen Fragen? Fehlanzeige.
      Du schmeißt mit einem Wort um Dich. Es klingt bedeutend. Jeder darf sich denken, was er will. Oder er lässt es bleiben. Hauptsache Willi hat das Wort.
      Ich wäre Dir sehr verbunden, würdest Du aufzeigen, wie „die“ oder Eure/Deine Permakultur Deine abenteuerlichen Vorstellungen von der Rolle des Lokalen stützt. Aber bitte spare Dir Allgemeinplätze. (Wir – eine Gruppe von Interessierten sind vor etwa 25 Jahren – Kinder, wie die Zeit vergeht! – damals im Rahmen des Projekts „ÖKOSTADT“ (das ich gestern in einem Kommentar zu Lutz‘ Kommentar erwähnt habe) in den Lebensgarten Steyerberg gefahren und haben uns von Margrit Kennedy (Declan Kennedy war verreist) Permakultur erklären lassen.)

      Dein begeisterter Dank gilt Detlev. Aus dem Zusammenhang entnehme ich, dass Dir offenbar (zumindest auch) seine Information über den Berliner „Weltacker“ imponiert hat. Leider ist auch Detlevs Hinweis in Bezug auf das hier Diskutierte – die absolute Rolle des Lokalen – ohne jeden Gehalt.
      Detlev: „Dort bemühen sich… “ Herrje, der kleine Häwelmann hat sich auch bemüht zum Mond zu fliegen.
      Wortgeklingel, Du mit „Permakultur“, Detlev mit „Weltacker“.
      Es gibt keinerlei sachlich-kritische Darstellung des Konzepts Weltacker in Bezug auf Lokale Ökonomie. Und vor allem gibt es keinerlei solide Darstellung von Aufwänden und Ergebnissen (und Lehren) bei Detlev nicht und auf der Webseite „Weltacker“, wenn ich richtig sehe, ebenfalls nicht. Immerhin gibt es das Projekt seit vier Jahren.

      Ich möchte am Ende dieses „bösen Kommentars“ erneut hervorheben, dass ich Lokale Ökonomie nicht für den Nabel der Welt aber für ein hochwichtiges Thema halte. Die Diskussion zeigt mir, das viele Menschen sich darüber Gedanken machen und etliche nicht nur Gedanken. Randbemerkungen, was solche Menschen alles noch nicht verstehen, finde ich…. naja, gönnerhaft.

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  7. Lutz Lippke schreibt:

    Der Grundkonflikt hier ist wohl die Frage, ob für den Weg zur Selbstbestimmung als Ausgangslage das Bestehen einer arbeitsteiligen und suboptimalen Welt anerkannt wird oder aber grundsätzlich als eine falsche Voraussetzung für das Richtige abgelehnt wird. Im ersten Fall kann man JETZT mit NEUEREM im ALTEN anfangen, im zweiten Fall muss man das ALTE einreißen und eine komplett NEUE Parallelwelt aufbauen. Da dieser Blog hier zumindest in seiner technischen Umsetzung zum ALTEN gehört, schon mal die Frage, wo findet man Euch Grundsätzliche, falls kranich05 wider Erwarten dem richtig Richtigen folgen sollte?

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    • fidelpoludo schreibt:

      Der „Grundkonflikt“ und die Fragen, die Lutz‘ Formulierung aufwirft
      Teil 1

      „Der Grundkonflikt hier ist wohl die Frage, ob für den Weg zur Selbstbestimmung als Ausgangslage das Bestehen einer arbeitsteiligen und suboptimalen Welt anerkannt wird oder aber grundsätzlich als eine falsche Voraussetzung für das Richtige abgelehnt wird.“

      Einmal vorausgesetzt, Lutz ist es gelungen, den hier verhandelten Grundkonflikt auf den Punkt zu bringen. Hier ein paar grundsätzliche Gedanken und Fragen dazu:
      (1) Können wir einen großen Teil der „Suboptimalität“ der Welt der ohne Zweifel (lokal, regional, national und international) herrschenden und sich mit jedem neuen Tag weiter „ausdifferenzierenden“ Arbeitsteilung in die Schuhe schieben oder nicht?
      Meines Wissens haben wir das Thema auf diesem Blog noch nicht wirklich genügend beachtet. Es ist an der Zeit. Sucht man im Marxschen Werk nach den spärlichen Stellen seiner „utopischen“ Vorstellungen einer befreiten Gesellschaft, kommen die meisten auf die Stelle zu sprechen, an der das in einer kommunistischen Gesellschaft befreite Individuum in die Lage versetzt wird, sich seine Tätigkeitsfelder frei zu suchen, also etwa „morgens zu jagen, nachmittags zu fischen, abends Viehzucht zu treiben, nach dem Essen zu kritisieren, wie ich gerade Lust habe, ohne je Jäger, Fischer, Hirt oder Kritiker zu werden.“ Man könnte auch hinzufügen: „morgens zu gärtnern, nach dem Essen seinen Blog zu betreiben und abends zu lesen.“ Klar ist auf jeden Fall, dass es nicht darum geht, diese Tätigkeiten jedem anzuempfehlen, sondern um die Betonung der Freiheit, die wir gewinnen, indem die Arbeitsteilung aufhört, uns als Zwang auferlegt zu werden, die Menschen also – möglichst früh und nach dem sozial-ökonomisch ausgerechneten Bedarf des herrschenden Systems – aussortiert werden. Klar wird das, wenn wir das komplette Marx-Zitat aus der „Deutschen Ideologie“ uns ansehen:

      „Sowie nämlich die Arbeit verteilt zu werden anfängt, hat Jeder einen bestimmten ausschließlichen Kreis der Tätigkeit, der ihm aufgedrängt wird, aus dem er nicht heraus kann; er ist Jäger, Fischer oder Hirt oder kritischer Kritiker und muss es bleiben, wenn er nicht die Mittel zum Leben verlieren will – während in der kommunistischen Gesellschaft, wo Jeder nicht einen ausschließlichen Kreis der Tätigkeit hat, sondern sich in jedem beliebigen Zweige ausbilden kann, die Gesellschaft die allgemeine Produktion regelt und mir eben dadurch möglich macht, heute dies, morgen jenes zu tun, morgens zu jagen, nachmittags zu fischen, abends Viehzucht zu treiben, nach dem Essen zu kritisieren, wie ich gerade Lust habe, ohne je Jäger, Fischer, Hirt oder Kritiker zu werden.“

      Die von mir eingebrachte Hervorhebung bezeichnet – so symphatisch und begrüßenswert mir der Gedanke einer Aufhebung der Arbeitsteilung auch ist – den unbestimmten Haken daran. Selbst wenn „die Gesellschaft die allgemeine Produktion regelt“, bleibt doch zumindest ein Rest des Widerspruchs von Gesellschaft und Individuum als Zwang, der sich aus der Ungleicheit der Talente und Begabungen notwendig ergibt, bestehen.
      Ich halte den Gedanken der völligen Aufhebung der Arbeitsteilung – in welcher Gesellschaft auch immer – für illusorisch. Nicht aber den Gedanken – der ja mitschwingt -,
      dass die je verschiedenen Arbeiten – die auch einer „befreiten Gesellschaft“ in ihrer (der Arbeiten) Verschiedenheit (etwa der Trennung von körperlicher und geistiger Arbeit – erhalten bleiben werden – nach ihrem sozialen Wert (dem Wert für das Gemeinwohl) bemessen und anerkannt werden. Der Müllarbeiter, ohne den eine Müllabfuhrorganisation sinnlos wäre, muß mindestens soviel verdienen – und soziale Anerkennung genießen – wie die Organisationen, die seinen Einsatz planen. Das gleiche gilt für Krankenschwestern, -pfleger, Altenbetreuer usw. Wer sich anderen Tätigkeiten widmet (etwa Kunst-, Musik- oder Literatur- und Philosophieproduktion etc. – denen ihr „sozialer Wert“ nicht sofort erkennbar ins Gesicht geschrieben steht), soll aber deshalb nicht unversorgt bleiben. Nur: Der Markt soll das nicht mehr regeln. Weder den Wert (für das Gemeinwohl), noch die soziale Anerkennung. Aber eben auch keine Funktionselite.

      Damit es nicht zu lang wird, unterbreche ich hier – werde aber zumindest in einem zweiten Teil noch auf die Dialektik des Verhältnisses vom „Alten“ zum „Neuen“ oder umgekehrt und Willis bzw. Detlevs Bezug auf Buckminster Fuller eingehen – Bezug, hinter dem ich ein stillschweigend implizites (zugegeben zugespitztes) Plädoyer für den „Krieg als Vater aller Dinge“ glaube ausgemacht zu haben.

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    • Clara S. schreibt:

      Ja.
      Natürlich können wir ein an den wahren Bedürfnissen der Menschen orientiertes, alle Bewohner der Erde erfassendes, auf der heutigen Entwicklung der Produktivkräfte basierendes, demokratisch verfasstes Wirtschaftssystem jenseits des Konsumerismus völlig neu denken. Und dabei auf vergangene Erfahrungen zurückgreifen. Das ist sicher hochinteressant. Wenn das aber mehr sein soll als intellektuelle Gedankenspielerei, dann muss doch eine Vorstellung davon da sein, wie man von den heutigen Gegebenheiten, z.B. in meinem Dorf oder am Arbeitsplatz, realistische Schritte in Richtung einer solchen Transformation einleitet. Die sehe ich in Deinen Ausführungen, Willi, überhaupt nicht. Denen entnehme ich nur, dass alles was ich tue, um mein jetziges Lebensumfeld zu gestalten, im Grunde zum Scheitern verurteilt ist; und die politischen Forderungen, die sich für mich daraus ergeben, unangemessen sind, da zwangsläufig in neue Unterdrückungsverhältnisse führend. Und dass ich mir selbst etwas vormache und mich aus Angst vor Neuem und produktiver Unordnung vor den wirklich notwendigen radikalen gedanklichen und praktischen Schritten drücke. Bleibt aus meiner Sicht nur die Suche nach gleichgesinnten AnarchistInnen, mit denen ich radikal andere Lebensformen erproben würde. Hmm. Das hat es ja in der Geschichte schon öfters gegeben, dass Menschen für so etwas alles hinter sich gelassen haben. In der Sammlungsbewegung #Aufstehen finde ich solche vermutlich nicht.

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  8. fidelpoludo schreibt:

    Tänzchen einlegen erst wieder nach Feischaltung

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