Thema AfD

Eine Meinungsäußerung von Willi R. Gettél  (Teupenburg)

Willis Beitrag betrachte ich als eine wichtige Ergänzung der Diskussionen über eine linke Sammlungsbewegung, auch wenn er diese Aspekte nicht explizit herausarbeitet.

Legendenbildung

Mit dem angeblichen Vorantreiben der anderen Parteien durch die AfD wird eine Legende aufgebaut, die die sukzessive Demontage des bundesdeutschen „Rechtsstaates“ in besonderer Weise verschleiern soll. Zunächst wäre da die Frage: Wie kommen diese Parteien dazu, sich von der AfD vorantreiben zu lassen , und zwar in Richtung  Demokratiezerstörung? Als wackere Demokraten und Demokratinnen ist es schließlich ihre Pflicht, die Demokratie zu pflegen und zu verteidigen, anstatt vor einer ordinären Pöbelpartei zu retirieren, die eben nur pöbelt, statt zu argumentieren.

Die AfD hat in beträchtlichem Maße die Straße erobert und ist in den Bundestag eingezogen. Doch noch vor ihrem Einzug wurden die Gewichte nach rechts verlagert. Insofern ist sie nur  ein beschleunigender Faktor – vor allem kein Zufall! – , sondern Bestandteil der inneren Rochade.  Der  Umbau wird scheibchenweise vorgenommen. Die AfD dröhnt und poltert, legitimiert durch einen nicht mehr geringen Teil der Bevölkerung. Was sie verlangt, ist weder humanistisch, noch demokratisch; geschweige denn sozial und umweltschützend. Gibt es einen einleuchtenden Grund, sich dieser desaströsen Politik zu beugen? Gestalten wie Seehofer kommen mit dem Argument, der AfD müsse der Wind aus den Segeln genommen werden, was so viel heißt, einen jeweils noch politisch vertretbaren Teil von ihr  zu übernehmen und parlamentarisch salonfähig zu machen.

Die AfD hat substanziell nichts zu bieten. Sie fungiert als Stichwortgeberin. Wer soll das eigentlich glauben, dass diese Partei von den „wahren demokratischen und rechtsstaatlichen Kräften“ nicht gewollt, nicht akzeptiert wird? Sie spielen mit. Nicht die AfD, sie haben lange vor ihr für die Verschlechterung der sozialen Verhältnisse gesorgt. Und nun kommt die AfD, greift die Empörung auf und verwandelt sie in Wählerstimmen. Es ist nicht die Absicht der AfD, die Lage der Empörten zu verbessern. Das kann sie auch gar nicht. Es reicht ihr vorerst, demokratisch legitimiert zu sein. Leider ist diesen Wählerinnen und Wählern noch nicht aufgegangen, dass sie daran beteiligt werden, die bereits schwer angeschlagene Demokratie mit demokratischen Mitteln überhaupt zu beseitigen.

Die AfD ist Glied einer Gesamtstrategie. Ihre Aufgabe besteht darin, durch grobe Vorarbeit dem strategischen Hintergrund die Möglichkeit zu bereiten, in dieser Umbauphase seine Hände in Unschuld zu waschen. Die historisch gewachsenen Verhältnisse sind nicht per Staatsstreich zu schleifen, ohne dass unvorhergesehene Folgeschäden entstehen könnten. Die Temperatur muss schrittweise gesteigert werden, um die Bevölkerung an kommende Verhältnisse zu gewöhnen. Es sind widerwärtige, die Gesellschaft zerfressende Methoden. Herrschende und ihre Handlanger, die zu ihnen greifen, verdienen nur noch Verachtung.

Dieser Beitrag wurde unter Bewußtheit, Blödmaschine, Demokratie, Faschismus alt neu, Machtmedien, Realkapitalismus, Widerstand abgelegt und mit , , verschlagwortet. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.

7 Antworten zu Thema AfD

  1. Joachim Bode schreibt:

    Man vergleiche den ersten mit dem letzten Satz:

    „Die AfD hat substanziell nichts zu bieten. Sie fungiert als Stichwortgeberin. Wer soll das eigentlich glauben, dass diese Partei von den „wahren demokratischen und rechtsstaatlichen Kräften“ nicht gewollt, nicht akzeptiert wird? Sie spielen mit. Nicht die AfD, sie haben lange vor ihr für die Verschlechterung der sozialen Verhältnisse gesorgt. Und nun kommt die AfD, greift die Empörung auf und verwandelt sie in Wählerstimmen.“

    Wer bietet mehr?

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  2. willi uebelherr schreibt:

    Ich, auch ein Willi, ein anderer, erhebe einspruch. Dieser text gaukelt etwas vor, was nicht und nie existierte. Wir koennen eher sagen, dass wir noch in den geburtswehen stecken, wenn wir von Demokratie sprechen.

    Dass die AfD eine willkommene angelegenheit ist, voellig richtig. Das sie beliebigst benutzt werden kann, richtig. Und das theater um die AfD kann grossartig verdecken, verstecken, scheinbare „gemeinsamkeiten“ erwirken.

    Aber der kern bleibt und ist der repraesentative politische ueberbau, die ZurSchau-Stellung von etwas, das blanglos und nutzlos ist. In der programmatik der AfD sehen wir keine unterschiede zu den anderen parteien, nur in der art und weise, wie sie zelebriert wird.

    Wir sind auch nicht teil dessen. Hier wird so getan, als haetten wir mit dem politischen theater etwas zu tun.

    „Als wackere Demokraten und Demokratinnen ist es schließlich ihre Pflicht, die Demokratie zu pflegen und zu verteidigen, anstatt vor einer ordinären Pöbelpartei zu retirieren, die eben nur pöbelt, statt zu argumentieren.“
    Dieser „Willi“ hat ja nicht „alle Tassen im Schrank“. Von welchen Demokraten redet er? Von welcher Demokratie? Meint er das Partei-Spektakel? Da kann er doch zufrieden sein. Es wird etwas aufgemischt. So fallen etwas die Masken mit ihren farbklecksen. Das ist doch gut und nicht schlecht.

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  3. willi uebelherr schreibt:

    Zufaellig habe ich einen text von Luz Maria gelesen. Er passt gut dazu. Und wie immer, werde ich auch hier von ihr maechtig hin- und her-gerissen zwischen zustimmung und ablehnung.

    Lektion über Freiheit und Demokratie
    Luz María De Stéfano Zuloaga de Lenkait, 11.08.2018
    http://www.nahostpolitik.de/?p=5000Lektion

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  4. Lutz Lippke schreibt:

    Das Thema AFD ist auch das Thema Sammlungsbewegung. Die AFD steht als Partei für eine Sammlungsbewegung, die sich gegen etablierte Strukturen und Narrative richtet. Man kann sich nun intensiv damit beschäftigen, welche Ziele diese Bewegung angeblich oder tatsächlich verfolgt, ob sie ihre Entstehung und rasante Verbreitung in verschiedensten Milieus der Vorgehensweise, den Medien oder der insgeheimen Förderung ihrer angeblichen Widersacher verdankt. Das ist sicher alles notwendig, aber nicht hinreichend.

    Viel wichtiger ist doch die Frage, warum der verbreitete Frust über Politik, Medien und gesellschaftliche Zustände nicht in eine Sammlungsbewegung führte, die der eigenen Vorstellung entspricht. Selbst wenn dieser Umstand das Werk von Machenschaften der „Anderen“ wäre, ergibt sich aus der Offenbarung noch keine Lösung für eine Sammlungsbewegung der „richtigen“ Richtung. Den eigenen Erfolg auf eine pauschalierte Enttarnung und Entwertung der AFD und ihrer Förderer zu stützen, bedeutete ja die Hoffnung darauf, dass das eigene Klientel dadurch mobilisiert wird und einsichtige Überläufer die Mehrheits- und Machtverhältnisse verschieben. Also große Demos in vielen Städten, Medienzirkus, Parteigründung, Einzug in Parlamente als Aufmischer der etablierten Szene und sukzessive Einfluss auf Entscheidungen bis hin zur Regierungsbeteiligung. Die Zielstellung wäre damit eine Gegen-AFD, quasi als Heilung des falsch-populistischen Abbiegens. So etwas holt jedenfalls mich nicht hinter dem Ofen vor.

    Am Anfang müsste ein selbstkritischer und ehrlicher Blick auf die eigenen Defizite stehen. Damit meine ich nicht Selbstgeißelung. Aber das Abheben darauf, dass die Menschen, die Gegner und Medien Schuld sind, kann man sich sparen. Das sind allenfalls die Bedingungen, unter denen man die alternative Agenda vom Start zum Erfolg führen muss oder es eben lässt. Hängt der Erfolg von unrealistischen Bedingungen ab, dann nicht starten, sondern Defizite bearbeiten und die Voraussetzungen verbessern. Es nützt dabei eben gar nichts, auf die Defizite der AFD und Anderer zu verweisen, wenn klar ist, dass diese ganz andere Ziele verfolgen, insbesondere destruktive.

    Ein paar denkbare Einsichten ohne Anspruch auf Vollständigkeit:
    – man kann Wahrheit, Wahrhaftigkeit und das Richtige nicht pachten
    – der Nachweis des Falschen beim Anderen, belegt nicht die eigene Richtigkeit
    – ein Ziel ist noch kein Plan, eine Aktion noch kein Ziel
    – Bedingungen an Andere blockieren die eigene Handlungsfähigkeit
    – Wesentliches entsteht nicht durch Ausschluss des Ungelösten/Widerstreitenden
    – Abgrenzung ist keine Lösung, sondern allenfalls ein notwendiges Hilfsmittel

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    • Jens schreibt:

      Lieber Lutz, lieber Willi,
      sehr erfrischend (und irgendwie beruhigend), von Euch in weiten Teilen andere Facetten einer ganz ähnlichen Art, den Beitrag zu lesen und Schlüsse draus zu ziehen / Widersprüche zu sehen, zu lesen. Teils meinte ich mit meinen = anderen Worten wohl ziemlich genau dasselbe, teils beleuchten wir drei noch unterschiedliche Symptome desselben Dilemmas.

      Sehr inspirierend und voran treibend, mit Euch (und Klaus-Peter, fidel… und auch Detlev; sorry wenn ich wen vergessen habe, ich respektloser Halunke) in den letzten Tagen in so intensivem, wenn auch immer zeit- und teils freischaltungs-versetztem Diskurs zu sein – herzlichen Dank Euch Allen!

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  5. Jens schreibt:

    „Leider ist diesen Wählerinnen und Wählern noch nicht aufgegangen, dass sie daran beteiligt werden, die bereits schwer angeschlagene Demokratie mit demokratischen Mitteln überhaupt zu beseitigen.“
    – hmm, genau genommen und der Logik des Beitrages folgend, ist umso bedauernswerter, dass alle anderen Wähler – also auch „wir“ („tatsächliche“ Demokraten, besser-machen-Woller), inkl. des Beitragsschreibers –
    1. genauso ein Beitrag dazu leist(et)en – zur Beseitigung der Demokratie; wenn wir doch die anderen Parteien wählen / unterstützen, die doch Teil dieser Entwicklung und somit mit-schuld sind! –, und
    2. dass uns das genausowenig „aufgeht“ – wir haben aber auch alle Hände voll zu tun, auf die Destruktivität durch die AfD hinzuweisen, richtig? –.

    Zumindest mal ziemlich bemerkenswert, das. Oder wo liegt da mein Denkfehler?

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  6. Jens schreibt:

    „Glied einer Gesamtstrategie“
    ist nicht nur die AfD, sondern Vieles andere mehr (inkl. des Verhaltens der anderen Politiker! Und bei weitem nicht nur in „der Politik“). Immanent ist allem, dass es bei genauerer Betrachtung substanzlos in Begründung und Art der Umsetzung ist. „Alternativlos“ genannt, Diskussionen sind gefälligst überflüssig (Ihr Naivlinge / Verschwörungstheortiker oder noch Schlimmeres!).
    In gewissem Sinne willkürlich, in anderem zielorientiert.

    „Herrschende und ihre Handlanger, die zu ihnen greifen, verdienen nur noch Verachtung.“
    Weder verdienen sie m.E.n. nur „Verachtung“ (wie hässlich! Selbst hässlich werden, nur weil Andere vermeintlich hässlich sind? Das ist doch genau, was der Autor den Parteien vorwirft!?! Man sieht: In die Falle ist schnell getappt..), noch verdienen sie sie überhaupt. Ganz sicherlich nicht, wenn dies „sie“ nicht genauer umrissen ist als „AfD + ihre Wähler“! Das ist glatte und bei genauerer Betrachtung ziemlich substanzlose Vorverurteilerei, bornierte Besserwisser- und Zurechtweiserei, und vor allem ist das: Für nichts Gutes gut. Weder, es so zu sehen. Noch, „die“ so zu behandeln –> beides KANN nicht zu Lösungen führen!
    Natürlich gibt es verachtenswertes Verhalten! Aber es gibt für fast alles auch „gute“ (also, wenn wir wollen, auch für uns zumindest nachvollziehbare) Gründe, es so zu machen. Viele von diesen Gründen, finden/fänden wir selbst sogar auch gut (würden wir sie anschauen).
    Und insbesondere dann, wenn wir nach deren Kenntnis und vielleicht Verständnis immer noch viel besser fänden, daraufhin ganz anders vorzugehen als „die“ es tun – DANN haben wir doch einen Anknüpfungspunkt. Einen dann vielleicht auch für den AfD-Wähler nachvollziehbaren Grund, in seiner Situation etwas anders machen zu können (z.B. Die Linke wählen, oder wasauchimmer) – und bestenfalls: Patsch! Es gibt einen AfD-Wähler weniger..

    Ihm um die Ohren zu bratzen, was er für’n Dummkopf oder noch Dooferes ist, geht hingegen eher nach hinten los. Das einzig „Gute“, was das bringt, ist das Gefühl (!), etwas Gutes gemacht zu haben bzw. gegen etwas Schlechtes angegangen zu sein.
    (jeder einzelne AfD-Wähler ist an sich aber nicht „etwas Schlechtes“! Er tut vielleicht was Schlechtes. Vielleicht ist er auch insgesamt verwirrt / fehlgeleitet.. Aber „gegen“ ihn zu kämpfen – den Menschen zu bekämpfen, weil er aus unserer Sicht in die entsprechend falsche Schublade gehört – das macht keinen Sinn. Auch nicht (!) für den wagemutigen Kämpfer für das Gute, aufrecht-Erhalter humanistischer Werte – wenn er am Ende tatsächlich SO vorgeht.. Es fühlt sich an, wie ein kleiner Schritt nach vorn, ist in echt aber ein guter Schritt zurück!
    ‚Ja, wir sind alle beteiligt! –> Banging heads against walls, wie ein Kollege gern sagt.

    Außer: Wir MACHEN was, was besser IST.
    (verachten gehört nicht dazu, fingerzeigen – v.a. wenn ANSTTAT an eigene Nase fassen –, „besser“wissen und zurechtweisen auch eher nicht, nicht nur weil völlig respektlos, ohne Anstand sowie Sinn und Verstand. Sorry, meine Meinung..)

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