Vorsätzliche Ignoranz?

Über das Krimilesen, John Donne, den Saker und die Suche nach der Wahrheit

von Ulrike Simon

Was macht man (oder von mir aus frau) wenn sie abschalten muss, erschöpft, krank oder depressiv ist? Wenn sie nicht gerade in den Weiten der Alternativmedien versinkt, zieht sie sich stundenlang Filme rein oder greift – altmodisch – zum Buch. In meinem Fall sind das in der Regel Krimis, und ich bin dabei nicht wählerisch; manchmal ist aber doch Weltliteratur dabei, z.B. Bücher von Dorothy Sayers. Ihr Roman ‚Gaudy Night‘ (Aufruhr in Oxford) ist Krimi, Liebesroman und eine Abhandlung über die Suche nach der Wahrheit und deren Tücken: bei der Aufklärung eines Kriminalfalles, in der Wissenschaft aber auch jeden persönlich.

Der von Dorothy Sayers erdachte Krimiheld und persönliche Traummann Lord Peter Wimsey liebt den englischen Dichter des 16./17. Jahrhunderts John Donne. Und wie viele ihren Krimihelden zu den Schauplätzen ihrer Erlebnisse folgen, so bin ich ihren Literaturempfehlungen nachgegangen. Und bei John Donne und seinem Gedicht Satire III gelandet. Wovon handelt es? Natürlich von der Suche nach der Wahrheit.

Auch wenn es Donne bei seiner Wahrheitssuche darum geht, sich zwischen dem Katholizismus seiner Familie, dem Protestantentum oder der anglikanischen Kirche Englands zu entscheiden – einer für ihn existentiellen Entscheidung, wurden doch im England seiner Zeit (1594) Katholiken wegen ihres Glaubens gefoltert und umgebracht, auch sein Bruder – empfinde ich sein Gedicht als hochaktuell.

Der bekannteste Teil des Gedichts:

On a huge hill,
Cragged and steep, Truth stands, and he that will
Reach her, about must and about must go,
And what the hill’s suddenness resists, win so.

Auf einem riesigen Hügel, zerklüftet und steil, steht die Wahrheit, und der, der sie erreichen möchte, muss wieder und wieder um ihn herumgehen, um so den Widerstand zu überwinden, den dessen Schroffheit ihm entgegensetzt.

Donne schildert, wie ihn die Wahrheitssuche emotional mitnimmt, und welchen Mut es ihn
kostet; aber man müsse seinem Gewissen folgen.

Es käme darauf an, seine Seele zu retten und sich nicht von den beiden Hauptfeinden unterkriegen zu lassen: dem Teufel, mit dem man sich dem Hass überließe, und der eigenen Vergänglichkeit.

John Donne beschreibt verschiedenen Einstellungen der Menschen zur Wahrheitssuche so:

  • Mirreus sucht seine Wahrheit in der Vergangenheit – was vor tausend Jahren richtig gewesen sei, müsse auch heute noch gelten.
  • Graius folgt brav der Wahrheit seines Vaters, wie ein Mündel die Frau heiratet, die sein Vormund ihm nach bestem Willen, Gewissen und finanziellen Erwägungen gesucht hat.
  • Phrygius verachtet alle Wahrheiten; so wie ein Mann, der einige Huren kennt, glaubt, alle Frauen seien schlecht.
  • Graccus meint, es sei im Grunde egal, für welche Wahrheit man sich entscheide; so wie der Mann, der finde, alle Frauen seien grundsätzlich gleich, obwohl sie sich in unterschiedlichen Ländern verschieden verhielten und kleideten.

Donne besteht jedoch darauf, dass es eine für ihn richtige Wahrheit gibt:

Obwohl Wahrheit und Unwahrheit fast wie Zwillinge erschienen, so sei die Wahrheit doch ein wenig ‚älter‘.

Zum Thema persönliche Wahrheit und Macht sagt er:

Man dürfe sich nicht bedingungslos den menschlichen Gesetzen unterwerfen – wenn man später nach anderen Maßstäben beurteilt würde – könne man sich dann für sein Handeln rechtfertigen, indem man sage ein Philipp, Gregory, Harry oder Martin habe einen das gelehrt?

Die Sache der Menschheit stünde nicht so schlecht, dass die Könige von Gott einen Freibrief ausgestellt bekommen hätten, jeden zu töten, den sie hassen.
Um der Macht richtig zu gehorchen, sollte man jedoch ihre Grenzen kennen; einer absteigenden Macht zu dienen, sei Götzendienst. Und, wie an einem Fluss, können Blumen am Rande der Strömung sehr gut gedeihen, setzen sie sich aber vollkommen der Strömung aus (unterwerfen sie sich bedingungslos der Macht), werden sie unweigerlich mitgerissen und zermalmt.

Mit Donne’s Schwenk zur Realpolitik hat es mich dann doch wieder ins Internet verschlagen, und da gab es ja auch mal eine äußerst erfreuliche Nachricht, nämlich, dass trotz massivster antirussischer Propaganda die Deutschen mehrheitlich lieber freundschaftliche Beziehungen zu Russland hätten und in deren Augen die größere Kriegsgefahr von den USA ausgeht.

Sonst ist man ja als Konsument alternativer Medien häufig doch eher verzweifelt, wenn es im Bekannten- und Freundeskreis zu politischen Diskussionen mit denjenigen kommt, die sich immer noch ausschließlich über ‚seriösen‘ Quellen informieren.

Über den im westlichen Imperium vorherrschenden Geisteszustand in Bezug auf die Wahrheit hat der Saker vor einigen Tagen ja auch einen interessanten Artikel veröffentlicht, der zu einem etwas traurigerem Fazit kommt:

Seine Kernaussagen:

  1. Wir haben eine Situation, in der viele Menschen sich als absolut faktenresistent erweisen und auf die immer plumperen Propagandalügen mit ‚(vorsätzlichem) Nicht-Wissen-Wollen‘ (wilful ignorance) reagieren, oft sogar grundsätzlich infrage stellen, dass es überhaupt so etwas wie Wahrheit gibt. Zumindest aber ist es ihnen komplett egal, ob sie belogen werden oder nicht.
  2. Diese Ignoranz sei aber nicht ausreichend, um uns Bürger ‚auf Linie‘ zu halten: hinzu käme die Rechtfertigung allen Handelns aus der Überzeugung von der westlichen Überlegenheit. Überheblichkeit und Arroganz gepaart mit äußerst aggressivem Verhalten kennzeichne die heutige westliche Politik, die sich so ihre Wahrheiten selbst konstruiert
  3. Die Energie, um diese Politik zu unterhalten, speise sich aus der Hysterie, mit der jede dieser Kampagnen dann gefahren würde.

Die Schlussfolgerung des Saker: Es ist die traurige Realität, dass die große Mehrheit der Menschen um uns herum, diese Situation akzeptiert, und keinen Grund sieht sie anzuprangern; geschweige denn, etwas dagegen zu tun.

(Nicht nur) mein Fazit: Vorsätzliche Ignoranz ist Unterwerfung, das Bestehen auf Wahrheitssuche ist Rebellion.

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90 Antworten zu Vorsätzliche Ignoranz?

  1. Lutz Lippke schreibt:

    Oft genug unterliege ich der pessimistischen Sicht. Das lähmt einerseits, andererseits weckt es die Rebellion. Das merke ich erst dann bewusst, wenn ich Vertrauten mein Motiv für eine scheinbar aussichtslose Aktivität erklären muss, wo mich der ausbleibende Erfolg doch belastet. Sich nicht abfinden und mit dem Gegebenen einrichten, macht den Unterschied. Das ist intrinsisch, schicksalhaft und die Trigger sind letztlich individuell. Meine Hypothese ist, dass Viele nicht ignorant, sondern ratlos sind. Viele wollen keinen Wahnsinn, keine Lüge, keine Zuspitzung und sehnen sich nach Klarheit und Sicherheit für ihr Leben. Wenn einem das genommen wird, dann bricht die Seele oder es bricht die Rebellion durch und sucht nach Wahrheit. Um dem Aussichtslosen zu entrinnen, hilft nur die pragmatische Fokussierung auf erreichbar Wesentliches. Eine alte Weisheit sagt: Zorn ist der kluge Bruder der Wut.

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  2. Clara S. schreibt:

    Ich liebe ja meinen Alias Namen, habe den obigen Beitrag aber dann doch lieber unter meinem offiziellen Namen veröffentlicht …
    Eine Frage an die Bloggemeinde: Was ich nicht verstehe ist die Faktenresistenz so vieler Menschen, die ich persönlich schätze: Obama und Clinton gut, Assad und Putin böse, Russen dopen, alle anderen haben Asthma … Auch der Zynismus des o.g. Phrygius oder Graccus‘ vorgebliche Toleranz geben mir Rätsel auf. Kann das jemand erklären?

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    • Johannes S. schreibt:

      Eine Antwort gibt der Psychoanalytiker Erich Fromm in seinem Werk „Die Furcht vor der Freiheit“. Diese Abhandlung ist angesichts der „Bewußtseinkrise“ der westlichen Welt nach wie vor hochaktuell.
      In Wikipedia wird zu dieser Abhandlung ausgeführt:
      „In seiner Untersuchung widmet er sich daraufhin den Fluchtmechanismen vor der Freiheit:
      Flucht ins Autoritäre (vgl. Autoritärer Charakter)
      Flucht ins Destruktive (vgl. spätere Veröffentlichung Anatomie der menschlichen Destruktivität)
      Flucht ins Konformistische (vgl. Konformismus)

      All diese drei menschlichen Deformationen bestimmen in verhängnisvoller Weise gegenwärtig die Politik, tragen zum Abbau der Demokratie, der Rüstungs- und Kriegspolitik und erklären auch die fatale Entwicklung zum Mainstream, nicht nur in den Medien.
      Wenn Willi Übelherr fortwährend das Thema Ökonomie und die Verfügbarkeit gemeinschaftlicher Resourcen, wie im nachfolgenden Kommentar als die entscheidende und bestimmende Ursache für das gesellschaftliche Elend anspricht, möchte ich ihm grundsätzlich widersprechen. Der menschliche Geist, die menschliche Psychologie, die Philosophie und auch die Religion bestimmt mit der Ökonomie, dem materiellen Dasein, der Wirtschaftsform das Leben und Bewusstsein der Menschen, Diesen Überbau nicht den Stellenwert zu zuerkennen, entspricht nicht der Lebenswirklichkeit und -wahrheit.
      Der Aufbau eines humanen Sozialismus wäre unter Einbeziehung der humanistischen Psychologie, der Tiefenpsychologie möglicherweise positiv verlaufen.
      Die verschiedenen Schulen der Tiefenpsychologie kamen erst nach Marx auf. Marx hat deshalb nicht umfassend genug, die menschliche Psychologie erkannt und realisiert.
      Der charismatische Jörg Drewermann, überzeugter Christ und Tiefenpsychologe ist mit seinen Werken und auch seinem Einsatz für den Frieden ein lebendiger Zeuge, das nicht (nur, überwiegend) das materielle Denken, nicht das „Haben, sondern das Sein “ eine treibende Kraft in der Geschichte der Menschen ist und sein kann.

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    • Lutz Lippke schreibt:

      Die ökonomischen Welterklärungen gehen vom homo oeconomicus aus, der rationale Entscheidungen trifft. Der Bias dieser Reduktion ergibt sich daraus, dass viele persönliche Entscheidungen nicht rational, sondern affektiv oder stabilisierend getroffen werden. Handlungsleitend sind unbewusste und bewusste Erfahrungen mit früherer Situationen und Entscheidungen und das Verhalten des Umfeldes. Das führt dazu, dass im einen Extrem das Leben permanent durch wiederholende Handlungen im gewohnten Modus abgespult wird, selbst wenn die aktuelle Situation ein anderes Vorgehen abfordert. Das Ergebnis wird als schicksalhaft, alternativlos erlebt und logisch in die zwanghaft stabile Weltsicht integriert. Die Faktenresistenz ist logische Folge der eigenen Tatsachen und dem Streben nach kognitiver Resonanz. Eine intrinsisch motivierte Faktenresistenz durch festgezurrte Wahrnehmungsfilter und Umdeutungseffekte. Das andere Extrem stellt affektiver Aktionismus bis hin zur eigenen Strukturlosigkeit dar. Die kognitive Dissonanz wird durch permanentes Agieren und Reagieren gedämpft. Der Aktionismus ersetzt die sonst stabilisierenden Gewohnheiten und wird damit selbst zur einzigen stabilen Gewohnheit. Wenn heute richtig sein soll, was gestern falsch war, dann müssen sich dafür nur begründende Fakten finden. Was richtig sein soll, ergibt sich aus den äußeren Anforderungen, also extrinsisch. Die Darstellung von stabilen Überzeugungen ist dann nur eine Masche, als Affektreaktion auf äußere Anforderungen. Auch diese Beliebigkeit muss sich kognitiv stabilisieren, was mit Resistenz gegenüber stabilen Fakten aus Gesetzmäßigkeiten und Grundwahrheiten gelingt.
      Wir alle reflektieren und agieren als Individuen zwischen diesen Extremen und vermuten „rational“ dort, wo die eigene kognitive Dissonanz am Geringsten ist. Die Rückkopplungen in der Gemeinschaft verstärken (Mitkopplung) oder konterkarieren (Gegenkopplung) die eigene Weltsicht und wirken so eskalierend oder einschränkend auf den Input zurück.
      Gerade wegen dieser gruppendynamischen Effekte, halte ich die Erkenntnisse der Organisationspsychologie ebenso wichtig wie individualpsychologische. Wir kommen nicht ohne Erkenntnis zu den psychologischen Wirkungen und deren Rückkopplungen auf die ökonomischen Fakten aus. Seit Marx wurde nicht nur Überbau gebaut, sondern auch Aufklärung betrieben und wichtiges erkannt. Nicht von ungefähr haben psychologische Kriegsführung, Propaganda und false-flag-Aktionen einen hohen Stellenwert in den herrschenden Kreisen. Unsere schulische Bildung hat nur unzureichende Fähigkeiten vermittelt mit intransparenten und ambivalenten Situationen umzugehen. Im Zweifel wurde wohl überall Unterordnung und Anpassung trainiert. Dieses Defizit müssen wir lösen.

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    • willi uebelherr schreibt:

      Lieber Lutz, ich fuehle mich gerade etwas wie Johannes, der davon schrieb, verstehen zu wollen, was er liest, aber es ihm nicht gelingen mag. Ich vermute, er bezog sich auch auf meine kommentare.

      „.. dass im einen Extrem das Leben permanent durch wiederholende Handlungen im gewohnten Modus abgespult wird ..“
      „Das andere Extrem stellt affektiver Aktionismus bis hin zur eigenen Strukturlosigkeit dar“

      Das hat ja ein vorspiel:
      „Die ökonomischen Welterklärungen gehen vom homo oeconomicus aus, der rationale Entscheidungen trifft.“ Wenn dem so waere, haetten wir keine probleme. Aber das habe ich ja schon in meiner generellen antwort dargelegt.

      Das erste, der rueckzug ins gewohnte, das Neue, die Neugierde und das eperimentelle ablehnen. Das zweite, aktionen zum selbstzweck, beraubt von jedem inhalt.

      Ich frage mich bei diesen polen, wo willst du hin? Wenn die pole das spektrum definieren, bleibt kein platz fuer mich. Da stehe ich nur davor und wundere mich „wie a schwaelble, wenn’s blitzt“. (fuer nicht-Bayern: wie eine kleine schwalbe, wenn es blitzt im gewitter. Wichtig dabei ist, dass kleine schwalben in einem geschuetzten haus im geschuetzten bau leben.).

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      • Theresa Bruckmann schreibt:

        Dazu fällt mir ein, dass ich die Plurale Ökonomik und die Beweggründe der VWL-Studierenden noch gar nicht vorgestellt habe.
        Hier also:
        https://www.plurale-oekonomik.de/projekte/offener-brief/
        http://www.spektrum.de/kolumne/tschuess-bruttoinlandsprodukt-zeit-fuer-was-neues/1220479

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        • fidelpoludo schreibt:

          Danke Theresa,
          „Plurale-Ökonomik“ kannte ich schon lange und habe auf YT schon manche hervorragende Vorlesung mit viel Gewinn verfolgt. Sie laden immer wieder interessante Wirtschaftswissenschaaftler und Ökonomen ein, die sich dann auch einer Diskussion stellen. Kann ich also nur empfehen.
          Die Kritik des BIP als dominanter Wertmaßstab war mir in groben Zügen schon bekannt. Hier sind die wesentlichen Punkte nicht nur zusammengefaßt, sondern auch bis ins Detail dargestellt. Unbedingt auch weiterzuempfehlen.

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        • Detlev Matthias Daniel schreibt:

          Nur einen Punkt aus dem offenen Brief möchte ich noch ansprechen. Da heißt es: „Trotz aller Versuche sie durch Mathematik als solche zu definieren, ist die Volkswirtschaftslehre keine Naturwissenschaft.“ Könnte es nicht sein, daß in den Naturwissenschaften die Mathematik vergleichbare Wirkungen anrichtet? Daß sie hier wie dort systemisch komplexe, nicht linear herleitbare Verhältnisse einfach übergeht und ausblendet? Müßte nicht eine wirkliche Natur-Wissenschaft diese in wesentlich komplexeren Bezügen darstellen als in isolierten, linearen Ursache-Wirkungs-Verhältnissen? Ist das vielleicht mit eine Ursache der Auswirkungen ihrer technischen Anwendung? Vielleicht liegt der Unterschied zu Sozialwissenschaften nur darin, daß die Rückkoppelung mit größerer Verspätung kommt.

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          • Theresa Bruckmann schreibt:

            Meine Mathematik-Kenntnisse sind nicht ausreichend, um das zu beurteilen.
            Ich fand z.B. Theoretische Physik weit interessanter als Experimentalphysik,
            für ein Studium z.B. der Astronomie (war ein Traum), reichte das bei weitem nicht.
            Gleichwohl fasziniert mich Mathematik ebenso wie Logik.
            Das ist jetzt kein Kokettieren, Vielleicht sind Ihre Erfahrungen ähnlich. in den 8 Jahren
            Volksschule (die Klassen 1-4 und die Klassen 5-8 waren zusammengefasst), lernten wir die %-Rechnung und Rauminhalte zu berechnen, an der Abendrealschule kamen die Strahlensätze und Winkelfunktionen dazu, an der FHW die Differentialrechnung (wg. Grenznutzen, Grenzerlös z.B.), im Physikstudium die Integral-Rechnung mehr war nicht).

            Warum man aber Volkswirtschaft zu den Sozialwissenschaften zählt, nehme ich an ist,
            weil es die Menschen sind, die alle diese Regeln und dieses ganze Miteinander gestalten, während die Naturwissenschaften etwas auffinden (etwas meint, dass da etwas ist (Strahlung), was messbar ist und z.B. von einem sich nähernden oder fliehenden Stern/Objekt herkommt.
            Die Sorge, dass die Mathematik oder überhaupt Modelle in den Naturwissenschaften etwas anrichten, habe ich deshalb nicht, weil die Erkenntnistheorie von Karl R. Popper
            allgemeine Anerkennung erfahren hat, dass eine Theorie genau nur so lange Gültigkeit hat, bis sie falsifiziert ist und dass selbst Newtons Mechanik nur deshalb (noch)gültig ist, weil sie noch nicht falsifiziert ist.
            Weil in den Sozialwissenschaften, dazu zählen also auch Wirtschaft und Politik, alles menschengemacht ist, kann man auch alles anders regeln, was man wieder positiv sehen kann. Was mich jetzt verunsichert ist der Bereich de Unbewussten. Fachleute, also
            Psychologen würden wohl in ihren Psychoanalysen Dinge auffinden, von denen wir höchstens etwas ahnen. Gleichzeitig gibt es aber auch eine Interaktion beim forschenden Naturwissenschaftler, dass er ja irgendwie selbst eine Störung, ein Störfaktor des
            Geschehens ist.
            Das ist jetzt ein Antwortversuch, verbunden mit dem Wunsch, dass andere ihn weiterdenken oder widerlegen. Auch dazu kann jemand wie Lutz Lippke oder Prof. Mausfeld weit bessere Antworten liefern.
            .

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        • fidelpoludo schreibt:

          Ein Glanzpunkt der westlich-globaler Aufklärung:
          Mißachtung und Fehlanwendung der Mathematik fällt Jahrzehnte nicht nur nicht auf, sondern wird zudem noch sozial, finanziell, „akademisch-wissenschaftlich“ und in manch anderer Hinsicht auch noch gefördert und honoriert.

          Auch wenn Lutz Lippke es nicht wahrhaben will: Die Feststellung einer Überbetonung der Mathematik, gar Mathematisierung der Ökonomie wird von vielen Kritikern (soweit sich noch welche über Wasser halten konnten) eindeutig getroffen. Paul Krugman und Yanis Varoufakis sind nur zwei prominente Vertreter dieser Kritik. Die Liste wäre jederzeit zu erweitern. Nicht nur sie halten die vermeintliche mathematische Exaktheit volkswirtschaftlicher Modelle für fragwürdig oder bezweifeln die Einspeisung eigenartiger Annahmen über das Verhalten von Menschen (Stichwort „homo oeconomicus“) in mathematische Modelle, die dann als Begründung für direkte Eingriffe in unser soziales Zusammenleben dienen. Das Handeln von Menschen soll so mit Methoden erforscht werden, die sonst nur bei naturwissenschaftlichen Fragen angewendet werden.

          Die Präsentation mathematisch ausgeklügelter Modelle glaubt sich einer Legitimation enthoben, weil mathematische Logik nun einmal nicht falsch sein kann. Auf diesen Trick sind Generationen unserer Wirtschaftswissenschaftler und Ökonomen, einschließlich nicht weniger Nobelpreisträger, samt derer, die sie ihnen verliehen – die „aufgeklärten“ Eliten des Westens also – reingefallen – oder besser: Sie haben sich auf dieses nicht uneinträgliche Geschäft gestürzt und sich gegenseitig mit diesem Virus angesteckt und auf die Schulter geklopft, nicht ohne so nebenbei andere Nichtgläubige in Randständigkeit, Karriereende bzw. -abbruch und Lächerlichkeit zu stürzen.

          Was das – nur für die Ökonomie und die Gesellschaft (von den Beiseitegeschobenen jetzt abgesehen) bedeutet und was dabei rauskommt, wenn Mathematik zur Legitimation pseudowissenschaftlicher Dogmen herhalten muss, die dann nicht mehr hinterfragt weden, hat dieser Mann sehr ausdrücklich formuliert: Peter Ulrich (emeritierter Lehrstuhlinhaber und Leiter des Instituts für Wirtschaftsethik an der Universität St. Gallen; Begründer der „Integrativen Wirtschaftsethik“, die mit der Erhellung der impliziten Normativität der ökonomischen Denkform ansetzt) in seinem Geleitwort „Wider den politischen Ökonomismus“ zum Buch von Frank Niessen: »Entmachtet die Ökonomen! Warum die Politik neue Berater braucht«, Marburg: Tectum 2016, S. 7-10.
          „Seit ihrer neoklassischen Wende im letzten Drittel des 19. Jahrhunderts orientiert sich die an den akademischen Wirtschaftsfakultäten fast ausschließlich gelehrte Standardökonomik oder eben Mainstream Economics viel lieber an den Methoden der Natur- als an jenen der Sozialwissenschaften. Demenentsprechend versucht sie tatsächlich so etwas wie eine
          naturgesetzlich gedachte Sozialphysik zu entwerfen: eine Lehre von kontextfrei geltenden ökonomischen „Sachgesetzen“, die zu befolgen Inbegriff einer von ethischen Beurteilungen und politischen Interessen ganz unabhängigen, „reinen“ ökonomischenVernunft sei.
          Solche Pseudo-Naturwissenschaft blendet alle (sich historisch verändernden) kulturellen, sozialen und politischen Zusammenhänge aus. Die aus so betriebener Ökonomik abgeleiteten politischen Empfehlungen leiden von vornherein unter grundlegenden Verkürzungen: Sie sind Ausdruck eines ökonomischen Sachzwangdenkens, das die
          marktwirtschaftlichen Wettbewerbsverhältnisse unkritisch normativ wendet
          : Statt für die vernünftige Einbettung der Marktwirtschaft in die Gesellschaft, in der wir leben möchten, zu argumentieren, wird uns unter der Hand – die „unsichtbare Hand“ des Marktes (Adam Smith) lässt grüßen – eine mehr oder weniger totale Marktgesellschaft als Leitbild untergejubelt, in der das gesamte Leben und die ganze Welt dem Marktprinzip unterworfen werden.
          Solange die Realpolitik diesen „wissenschaftlichen“ Empfehlungen von Experten der (nicht wirklich) reinen ökonomischen Vernunft folgt, schreitet denn auch die Durchökonomisierung der Lebensverhältnisse ungebremst voran. Wer konkret treibt sie voran? Das liegt realpolitisch auf der Hand – nämlich vor allem in den durchaus sichtbaren Händen des politischen Lobbyismus mächtiger Wirtschaftsinteressen in Berlin, Brüssel, Washington etc. Wie weit ist solche Ökonomisierung legitim und wünschbar? Das kann von einer Wirtschaftswissenschaft, die sich von der Auseinandersetzung mit ihren normativen Voraussetzungen selbst abgeschnitten hat, in einer methodisch „disziplinierten“ Weise gar nicht beantworte werden. Gerade weil sich die akademische Standardökonomik fraglos als wertfrei und interessenneutral missversteht, ist sie der Vereinnahmung durch mächtige Interessen und der Indienstnahme für deren ideologische Rechtfertigung ausgeliefert.“

          Das komplette Geleitwort (ohne meine Hervorhebungen) findet sich hier:

          Klicke, um auf Geleitwort%20zu%20FNiessen_PUlrich.pdf zuzugreifen

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      • Lutz Lippke schreibt:

        Willi, mir fällt auf, dass Du im Allgemeinen sehr deterministisch argumentierst „dann hätten wir keine Probleme“, im Konkreten aber unklar bleibst.
        Konkret wäre es z.B., eine ökonomische Erklärung zu benennen, die nicht von rationalen Erwägungen ausgeht. Wobei mit „rational“ in diesem Zusanmenhang logisch die Sicht des Erklärers gemeint ist und nicht eine absolute oder fremde Rationalität. Eine generelle Antwort wäre radikal formuliert ein „absolutistischer Überbau“. Das steht im direkten Zusammenhang mit verschiedenen (rationalen) Perspektiven und Dimensionen (siehe Detlef), aber auch verschiedenen (z.T. irrationalen) Aktions- und Reaktionsmustern. Die von mir spontan formulierten Extreme, Du nennst sie richtig Pole, grenzen nach meiner Intention den psychologisch motivierten Bereich von Aktion und Reaktion ein. Das Spektrum liegt also dazwischen. Psychologie ist demnach nicht durch fixe Werte, sondern durch Grenzwerte und Wahrscheinlichkeiten im Ganzen erfassbar und notwendiger Teil jeder rationalen Erklärung. So nehme ich das bei mir, bei Dir und jedem anderen wahr. Wenn Du Dich zwischen diesen Polen nicht wiederfindest, dann bestimme doch Deinen Platz konkret. Gehst Du etwa davon aus, dass Du das Rationale sicher von Deiner Psyche und ihren irrationalen Effekten trennen kannst?

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        • Lutz Lippke schreibt:

          Nachtrag:
          Grenzwerte und Wahrscheinlichkeiten meine ich tatsächlich im mathematischen Sinne. Beide haben die interessante Hilfs-Eigenschaft Unklares determinieren zu können. Allerdings nur bei streng mathematischer Anwendung. So kann ein Grenzwert anstelle einer unbekannten Variable eingesetzt und damit eine Ergebnismenge ermittelt werden. Auch mit Wahrscheinlichkeiten lässt sich gut entscheiden, allerdings nicht so, wie das als Glaubenswahrscheinlichkeit in Politik, Recht und auch VWL praktiziert wird. Allzu oft wird auch der Kardinalfehler begangen, mathematische Wahrscheinlichkeiten einer größeren Stichprobe direkt auf einen isolierten Einzelfall zu übertragen.

          Deswegen auch eine Anmerkung zu dem Link, den Theresa Bruckmann angegeben hat.
          Dort wird die Mathematisierung der VWL, also ein mathematisches Primat in der Methodik der VWL, kritisiert. Das halte ich für unzutreffend. Die mathematische Qualität reduziert sich in Politik, Recht und Wirtschaft weitgehend auf das Niveau der abgeschlossenen Grundschule + Statistik. Auf dieser Basis wird eine meinende Zahlenakrobatik praktiziert, die mit ( analytischer) Mathematik wenig zu tun hat, sich aber mit deren Aussehen schmückt. Oder ist meine Einschätzung unangemessen?
          Ansonsten finde ich den Offenen Brief aber lesenswert.

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          • Theresa Bruckmann schreibt:

            Gemeint ist, dass man mit beeindruckenden mathematischen Präsentationen Lösungen
            herbeizaubert (so glaubt man), die gar keine Antwort auf das Problem darstellen können,
            weil man eine Kausalität behauptet, die so gar nicht existiert, oder die nur zu einem geringen Teil existiert, aber bei der Komplexität noch den geringsten Einfluss hat (aber man will halt
            beweisen, dass es die zu hohen Löhne sind). .
            Es wäre also viel sinnvoller über die Zusammenhänge nachzudenken (mit oder ohne
            Mathematik), um an die wirklichen Ursachen zu gelangen, statt an einem Dogma festzuhalten, das man mathematisch so verklärt, dass einem staunend gar nicht auffällt, welches Blendwerk
            hier präsentiert wird.

            Sehr viele kritisieren die Messgröße BIP für den Erfolg einer Volkswirtschaft bzw. das
            BIP pro Kopf als Wohlstandsindikator für seine Bevölkerung.
            Das BIP (Bruttoinlandsprodukt) ist das Maß für die gesamte Jahreswirtschaftsleistung eienr Volkswirtschaft. Da es Auskunft gibt über die Produktion von Waren und Dienstleistungen im Inland nach Abzug der Vorleistungen und Importe, dient es als Produktionsmaß und damit als Indikator für die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit einer Volkswirtschaft (Inlandskonzept).
            Ein Land, in dem die Landwirtschaft eine große Rolle spielt, hat gegenüber einem Land, das
            ganze Atomkraftwerke und/oder kostspielige Rüstungsgüter herstellt, ein vergleichsweise
            kleines BIP. Aber sind die Einwohner eines solchen Landes deshalb unzufriedener oder unglücklicher? Es wird also nach anderen Messgrößen für den Wohlstand/das Wohlbefinden der Bevölkerung eines Landes gesucht.
            Diese Suche wird z.B. hier problematisiert.
            http://www.spektrum.de/kolumne/tschuess-bruttoinlandsprodukt-zeit-fuer-was-neues/1220479

            Wenn man im Internet nach Pluraler Ökonomik sucht, findet man inzwischen auch Lehrstühle, die eine Vielfalt anbieten. Hier würde ich mich allerdings nicht umsehen, wenn es mir um wirkliche Alternativen geht; denn wie immer, wenn eine Welle an Kritik aufkommt, wird diese eingehegt (wahrscheinlich verflacht) und dem Mainstream einverleibt.

            Interessante Videos findet man aber hier:

            https://www.youtube.com/user/PluraleOekonomik/playlists?view=1&shelf_id=4

            In Berlin wirkt z.B. Prof. Dirk Ehnts an einer Privat-UNI in Pankow
            Post-Keynesianismus (Eine sehr kurze Einführung) – Prof. Dirk Ehnts @FU-Berlin

            und für den, der Vorträgen in Englisch folgen kann, auch hier:

            2013 habe ich einmal eine ganze Woche lang Videos der Pluralen Ökonomik
            ‚in quasi einem einwöchigen Studium‘ angesehen. Das ist bequem. Man kann
            so oft zurücksetzen und wiederholen, bis man verstanden hat, dazu kommt
            es ‚frei Haus‘ daher.

            Die Saldenmechanik nach Stölzel habe ich mir angesehen

            Binswanger

            Geldschöpfung; Wachstum; Spekulation (Mathias Binswanger) [Ringvorlesung Geld- und Finanzsystem #4]

            Noch nicht angesehen habe ich dieses, weil immer wieder neues dazukam:

            zur Mathematik in der VWL

            Grenzen der mathematischen Erkenntnis – Prof. Dr. Karl-Heinz Brodbeck

            Diese beiden Professorinnen möchte ich mir noch anhören:


            Wechselwirkungen von Ökonomik und Gesellschaft (Graupe/Hirte/Ötsch/Rommel)

            Plurale Ökonomik https://www.youtube.com/watch?v=8FEDI6esLQQ
            Ringvorlesung Plurale Ökonomik; Postkeynesianische Krisentheorien; Elisabeth Springler, 2015.11.05

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            • fidelpoludo schreibt:

              Ganz meine Meinung! So argumentiert – in Bezug auf die Dominanz der Mathematik und der mit ihr präsentierten wie legitimierten Modelle, die die Realität schlicht und einfach ignorieren und von ihr absehen, Yanis Varoufakis, der das alles jahrelang mit- und durchgemacht hat, bis er der neoliberal-neoklassistischen Verblendung auf die Schliche kam. Einige der Videos habe ich gesehen und manche mehr. Glaubt mir, es ist keine vertane Zeit, sie sich konzentriert anzusehen. Gerade die, die Sie noch nicht angesehen haben, sind mir in bester Erinnertung.

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            • Lutz Lippke schreibt:

              Die Kritik am BIP hatten wir ja schon mal. Die Formel:
              BIPx / BIPy = GLÜCKx / GLÜCKy ist nicht mathematisch, solange der Nachweis GlÜCK = BIP * i mit i > 0 fehlt. Damit wäre aber BIP und GLÜCK nur eine unterschiedliche Skalierung der gleichen Metrik wie auch 1 Meter = 1000 mm. Das lässt sich wohl zu BIP und GLÜCK sicher widerlegen. Die Mathematik ist also nicht das Problem,, sondern gerade deren Missachtung und Fehlanwendung. Leider auch der Kritik daran, weil ja die Pseudomathematik als Mathematisierung der VWL kritisiert wird. Das war mein Einwand.

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              • Theresa Bruckmann schreibt:

                Ja, genau das.

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              • fidelpoludo schreibt:

                „BIPx / BIPy = GLÜCKx / GLÜCKy“
                (Das „Hä?“, das mir auf der Zunge liegt, verkneife ich mir jetzt einmal und setze es mit seiner sprachlichen Umgebung in Quarantäne-Klammern wie mein Antivirenprogramm hoffentlich den Staatstrojaner)
                Glück und Mathematik: Glück messen, mathematisch in einer Formel unterbringen zu wollen. Für mich absolut lächerlich bis hirnrissig. Selbst Sprache reicht nicht heran. Wissenschaftliche schon gar nicht. Allenfalls dann und wann einmal poetisch-lyrische.
                Ganz klar: Das war eine „Mißachtung und Fehlanwendung“ der Mathematik. Aber die einzige? Ist sie – als Fehlanwendung – nicht Mode geworden? Etwa in der Werbung und ähnlichen propandistischen Unternehmungen? Oder in vielen Forschungslaboratorien, in denen Ergebnisse mit mathematischen Formeln verschleiert werden können, weil das alles nachvollziehen und dann noch den realen Ausgangspunkt damit abgleichen zu wollen, eine Unmenge an Zeit erfordert und ein ans Pathologisch grenzenden Eigensinn, der nur der Statistik glaubt, die er selbst gefälscht hat.
                Wie konnte diese „Fehlanwendung“ die überwiegende Masse von Akademikern, Studenten, Professoren Dr. Dr. Habil. derart unentdeckt bleiben, dass sogar Nobelpreise mit dieser Fehlanwendung honoriert wurden und die Nobelpreisträger mit dem Preis im Säckel anschließend ihren Marktwert an den Elite-Universitäten, auf den Spitzenfachkonferenzen in einem Maße steigern konnten, das sich – diesmal mathematisch korrekt – wohl leicht berechnen und ermitteln ließe. Glaubt man Bontrup, Flassbeck, Wolff, Hudson & Co dominieren sie seit einigen Jahrzehnten die wirtschaftswissenschaftlichen Lehrstühle in der ganzen – ach so aufgeklärten – westlichen Welt. Und damit nicht genug! Kritiker werden mundtot gemacht, um ihre Karrieren gebracht, ausgelacht, verleumdet und ins soziale Abseits befördert.

                Es konnte – und es kann weiterhin – zu dieser Entwicklung kommen, weil (Natur)Wissenschaft, Technologie und Mathematik eine Art des modernen Religionsersatzes geworden sind. Vielleicht sollten einige mal wieder so Bücher wie „Die Antiquiertheit des Menschen“ von Günter Anders lesen, um einen Einstieg in die Problematik zu finden. Für die meisten Menschen, auch die Gebildeten – wie wir gesehen haben – nimmt das mit mathematischen Formeln und wissenschaftlichem Brimborium Umgebene den Glanz einer unbegreiflichen Größe an, die umso mehr glänzt, je unverständlicher es sich präsentiert: Es zeigt sich als
                „ein sehr vertracktes Ding ist, voll metaphysischer Spitzfindigkeit und theologischer Mucken“, insofern als es zum Fetisch wird. Um sein Geheimnis zu lüften treten dann gerade die Begabtesten an und verlieren sich dann mit der Zeit – weil nict gelingt, was nicht gelingen kann – im puren Nachbeten. Zumal das noch besonders belohnt wird. Vor allem, wenn man sich fähig erweist, um das ganze Lügengebäude noch ein paar zusätzliche Kränze zu winden.
                Ich plädiere dafür, dass der Schuster der Mathematik bei seinen Leisten bleibt, zählt und misst, was zähl- und messbar ist. Das müssen nicht immer nur Erbsen sein.

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                • Lutz Lippke schreibt:

                  Ausgangspunkt war meine Kritik an der Kritik. Von einer Mathematisierung der VWL kann also keine Rede sein, wie es aber im offenen Brief auf plurale Ökonomik heißt. Ein Abwenden von echten mathematischen Methoden wäre also der falsche Schluss. Vielmehr ist sie eine durchaus wichtige Methode, die eben korrekt angewandt werden muss. Erst dann kann der Nutzen wirklich ermessen werden.
                  Eine ähnliche Fehldeutung besteht doch zu werte- vs. prozeduralorientiertem positivem Recht. Dem positiven Recht wurde die Anfälligkeit fürs Totalitäre angedichtet und somit die Linke auf werteorientiertes Recht fixiert. Das steht aber über dem Souverän und dem Gesetz, nützt somit tendenziell eher den Herrschenden.
                  Das Drama ist demnach, das billiger Etikettenschwindel gerade auch bei denen wirkt, die sich als kritisch und aufgeklärt ansehen. Also immer wieder auch bei uns bzw. mindestens bei mir.

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                • Theresa Bruckmann schreibt:

                  Beim Googeln nach der Frage: „Warum das BIP messen?“ fand ich dieses:
                  https://www.tagesanzeiger.ch/wissen/natur/das-dilemma-des-gartens-eden/story/13974556

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      • willi uebelherr schreibt:

        Liebe freunde, jetzt will ich mich doch mal etwas hier einmischen. Ich haenge es einfach hinten an, wenn es funktioniert.

        Zunaechst Wissenschaft. Sie setzt eine belastbare referenz voraus. Sie bedeutet, etwas ausserhalb von uns unserem Wissen zugaenglich zu machen. Von daher haben alle bereiche der theorienbildung ohne eine solche referenz mit Wissenschaft nichts zu tun. Es sind Religionen. Dazu gehoeren Rechtstheorien, Volks- Betriebwirtschaft, Soziologie, Paedagogik. Allerdings sehen wir da auch uebergaenge, weil die Geschichte tatsaechlich uns eine solche referenz liefert, wenn wir sie als gegeben, existent verstehen und erkennen.

        Bei der Soziologie ist ihre empirische form nah an Wissenschaft, weil sie versucht, das geschehen, das geschah, zu durchforsten.

        Streng genommen gibt es nur eine Wissenschaft: die Gesetze der Natur, also die Physik.

        Technologie. Fidelpoludo hat sie eingefuehrt im eher negativen sinn. Wenn wir Technologie als die materialisierung der gesetze der natur verstehen, verliert sie ihren negativen sinn. Dann rueckt es mehr zu uns, wie wir die gesetze der natur anwenden, sie selektiv verbinden. Wenn wir die „Harmonie mit der Natur“ als handlungsgrundlage verwenden, dann agieren wir im verantwortlichen mehrdimensionalen raum von Detlev.

        Mathematik. Dient der quantisierung von vorgaengen. Allerdings unter der vorraussetzung, dass wir die vorgaenge qualitativ verstehen.

        Mit der theoretischen physik ab Max Planck geschah nun, dass in den bereichen, wo wir die vorgaenge nicht mehr sehen, fuehlen, hoeren oder schmecken koennen, sich die physik in eine grosse spekulationsblase verwandelt hat. Mit der konsequenz, dass andere sagten, das koennen wir auch. Aus den modellbildungen werden nun gesetzlichkeiten hergeleitet und wenn sie nicht aufgehen, wird die mathematische sprache und das modell so erweitert, dass es wieder passt. (Werner Heisenberg hat das mal als junger student Albert Einstein vorgetragen, der dann stink sauer war).

        Am BIP, BSP oder GDP (Brutto Inlands Produkt, Brutto Sozial Produkt, Global Domain Product) koennen wir das gut sehen. (Da gibt es auch ein gutes lied dazu). Das gleiche finden wir in den Rechtstheorien, den Sozialtheorien und insbesondere den sogenannten Wirtschaftstheorien, Mikro und/oder Makro.

        Erwin Schroedinger und Wolfgang Pauli waren meister auf diesem gebiet. Die ganze Quantentheorien, Quantenfeldtherorien, Quantendynamiktheorien sind gute beispiele dafuer. Die grundfrage, Wellenform oder Teilchenform, bleibt mit solchen konstrukten unbeantwortbar. Da helfen auch keine mathematischen sprachklimmzuege, wie sie dann notwendig entstanden.

        So ist verstaendlich, dass viele sich aus diesen spekulationsblasen verabschieden und Qualitatet vor Quantitaet setzen. In den finanz- und wirtschaftstheorien wird der schwachsinn offensichtlich. Ich habe das massiv erlebt bei Hugo Chavez (Ve), Rafael Correa (Ec) und Evo Morales (Bo).

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        • fidelpoludo schreibt:

          Hallo Willi,
          das hast du geschickt gemacht: dich an dieser Stelle wieder einzuklinken. Dann werden die Zeilen wieder etwas länger. Interessanter und informativer Beitrag das. Du scheinst dich auf dem Gebiet der Physik und der Naturwissenschaften ja gut auszukennen. Da klafft bei mir eine riesige Bildungslücke, die ich – selbst, wenn ich es wollte – zu meiner Lebenszeit nicht auch nur annähernd zu füllen in der Lage sein werde.
          Ich gebe dir ausdrücklich recht, dass Technologie oder Technik, richtig eingesetzt, ihren negativen Sinn verliert. Ich würde sogar noch viel, sehr viel weiter gehen: Richtig und verantwortlich eingesetzt, wäre sie die Lösung vieler, wenn nicht sogar der meisten Probleme, mit denen wir uns heute herumschlagen. Von der Abschaffung der Armut, des Hungers und vieler Krankheiten bzw. schon ihrer Vorbeugung.
          Dass die meisten Menscheen das ahnen und wir den Vorschein auf einigen Gebieten ja schon teilweise realisiert finden, erklärt auch ihre Anbetung und die unvermittelte, aber falsche Verehrung ihrer Weitertreiber, Vorreiter und Propagandeure. Deshalb und dabei übersehen sie ihre oft genug katastrophal falsche Anwendung: von der Atombombe über Geo-Engenering bis zu 9/11etc. – You name it (probably better than me!).
          Den Begriff der „Harmonie mit der Natur“ sehe ich jedoch anders. Die Harmonie der Natur gibt es nicht. Ihr ist das völlig gleichgültig. Alles was geschieht – und ich meine restlos alles – bleibt ihren Gesetzen unterworfen, kümmert sie nicht, weil die sich völlig blind automatisch immer wieder realisieren, sei da gegeben, was gegeben ist und möge da kommen, was komme. Selbst wenn wir diesen Planeten, selbst ein winziger Teil der Natur, der seinen Anfang und sein Ende als weitere Verwandlungsform finden wird, erfolgreich in die Luft sprengen: die Natur überlebt völlig indifferent. Geht es eben ohne die Erde weiter. Was ist Öl anderes als zusammengepresste Naturstoffe, Tiere, Pflanzen, Erde und andere Stoffe in einen anderen einheitlichen Aggregatzustand versetzt nach einem Naturgesetz ihrer Formverwandlung.
          Ein bekannter Witz bringt es schrecklich lustig auf den Punkt:

          Treffen sich zwei Planeten.
          Der Eine: „Oh, du siehst aber schlecht aus.“
          Der Andere: „Ich habe Menschen!“
          Der Eine: „Das geht vorbei.“

          Wenn du allerdings unter „Harmonie mit der Natur“ die Bedingungen meinst, unter denen Tiere, Menschen, Pflanzen, alles organische Leben atmen, sich austauschen, von Sonne und Licht beschienen sind, überhaupt vegetieren und leben können, dann hast du völlig recht. Nur sehe ich diesen Möglichkeitszustand als einen in der Naturgeschichte und ihren vielen anderen möglichen Metamorphosen winzig kleinen Abschnitt an, den zu erhalten oder zu beenden über Leben und Tod entscheidet. In diesem Sinne wäre ich bereit, mich auch einen Konservativen zu nennen.
          Nur unter dieser Voraussetzung stimme ich dann deinem Satz zu:

          „Wenn wir die „Harmonie mit der Natur“ als handlungsgrundlage verwenden, dann agieren wir im verantwortlichen mehrdimensionalen raum von Detlev.“

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        • kranich05 schreibt:

          Der Streit, welche Wissenschaft wissenschaftlicherr sei als die andere, welche die wissenschaftslichste ist und welche von Willi in die Küche zu Aschenputtel geschickt wird ist von geradezu verblüffender Scholastik.
          Ich denke, dass jede Wissenschaft einigermaßen ihren Gegenstand definiert, in dessen Rahmen sie Ereignisse untersucht und Gesetzmäßigkeiten aufdeckt. Das trifft sogar auf die Philosophie zu, wenn sie Wissenschaft ist.

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        • Detlev Matthias Daniel schreibt:

          In der von dir bekannten Hartnäckigkeit hast du, Willi, deine unter uns längst pulverisierte Definition von Technologie wieder aus dem Ärmel gezogen. Und prompt Mißverständnisse produziert. Denn wenn wir Technologie als „die Materialisierung der Gesetze der Natur“ verstehen, dann ist sie eben – vorausgesetzt die Natur ist (auch) materieller Natur – eine Ausprägung derselben und nicht menschengemacht. Damit wäre eben alles, was wir heute unter Technologie verstehen, keine solche bzw., da der Mensch ja auch Teil der Natur ist, allenfalls ein Spezial- oder Sonderfall von Technologie allgemein, für den wir nur noch keinen geeigneten eigenen Namen haben.
          „Ich gebe dir ausdrücklich recht, dass die materielle Wirklichkeit der Gesetze der Natur, richtig eingesetzt, ihren negativen Sinn verliert. Ich würde sogar noch viel, sehr viel weiter gehen: Richtig und verantwortlich eingesetzt, wäre sie die Lösung vieler, wenn nicht sogar der meisten Probleme, mit denen wir uns heute herumschlagen.“ Schön, wenn wir uns darauf verständigen können, aber ich glaube, da sollte man sich erst einmal klarer verständigen, was man meint.

          Ich bin absolut einverstanden, wenn du meinst, daß es ein Ziel wäre, in unserem Verständnis und Verhalten die Trennung bzw. Dissonanz zwischen Mensch und Natur zu überwinden – (nicht nur) in unserem eigenen Interesse. Das geht aber nicht so, daß wir sie einfach wegdefinieren. Dafür bedarf es Anstrengungen und konkreter Veränderungen. Natürlich kann der Mensch letztlich nichts anderes sein als Teil des Systems der Natur – so wie eben auch das Krebsgeschwulst Teil des Organismus ist und es zugleich nicht ist. Es wäre – man erlaube mir diese schräge Bemerkung – im wohlverstandenen eigenen Interesse des Krebses, den Organismus nicht zu zerstören. Gut, die Natur als ganz Großes Ganzes kann der Mensch (noch lange) nicht zerstören, die Biosphäre aber schon.

          „Zunaechst Wissenschaft. Sie setzt eine belastbare referenz voraus. … Von daher haben alle bereiche der theorienbildung ohne eine solche referenz mit Wissenschaft nichts zu tun.“ Mit derlei Ausführungen tue ich mich schwer. Vielleicht weil ich mich stets bemühe, klar zwischen Beschreibungen, Gedankengängen und Bewertungen zu unterscheiden. Hier aber finde ich alles ineinander verschränkt. Da hätte also so ein Descartes’scher Gedankenschluß „dubito ergo sum“ mit Wissenschaft nichts zu tun? Ach ja, Philosophie ist ja streng genommen auch keine Wissenschaft, nur Physik ist es. Und Chemie? Und Biologie? Und was ist mir den Phänomenen der Psyche und der Metaphysik? Ist das alles unwirklich? Zu dumm, daß es ohne all das keine Physik gäbe. Nun kann man natürlich nach Belieben die Perspektive verändern, erweitern oder auch verengen, man sollte sich nur Rechenschaft darüber ablegen, welchen praktischen Erkenntnisgewinn diese Perspektive bringt. Von einer Mehrdimensionalität ist sie jedenfalls ziemlich weit entfernt.

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          • fidelpoludo schreibt:

            Ja genau das Wort hat mir gefehlt, es trifft genau den Punkt, den ich meine: „Biosphäre“. Sie ist Natur, streng genommen aber nur eine ihrer möglichen Erscheinungsweisen, weshalb, wenn sie zerstört wird, die Natur durchaus nicht zerstört ist.
            Auch sonst weitgehende Zustimmung, was die Forderung nach klarerer Begrifflichkeit und nach der Bedeutung, nach dem „praktischen Erkenntnisgewinn“ der vermittelten Perspektive. Wobei natürlich Erkenntnisgewinn zunächst einmal auf der Theorieseite verbleibt, aber eben doch, wenn er etwas taugt, für die Praxis die Bedeutung hat, aus theoretischen Gründen von ihr zunächst abzuraten („Aktionismus“) bzw. vehement für sie einzutreten, wenn sie gut vorbereitet (theoretisch), Aussicht auf Erfolg verspricht (theoretisch), die Risiken und Gefahren abgewogen werden (theoretisch) … Und ich glaube, die Liste ließe sich verlängern.
            Und hier kommt die Psychologie ins Spiel: Es gibt eben aus vielerlei Gründen die tollsten Theoretiker, die zur Praxis nicht oder kaum tauglich sind – jedenfalls wenn das große Rätzel Praxis es von ihnen fordern würde. Es gibt aber auch die Praktiker, denen ein paar theoretische Anstöße reichen, um instinktiv deren erfolgreiche Umsetzung abschätzen zu können. Und viele Variationen dazwischen. Und eben auch die „Obstruktionäre“ und Blockierer, die sich sowohl theoretisch wie praktisch darauf (bezahlt, beauftragt oder nicht) spezialisiert haben, jeder ernst zu nehmenden Veränderung das Wasser abzugraben, beide – emanzipatorische Theorie und Praxis – zu verhindern. Wenn es sein muß, stürzen sie sich mit den wohlmeinenden emanzipatorisch gesinnten Praktikern – absichtsvoll „vor der Zeit“ in die Praxis, um ihren Erfolg zu verhindern. Erfahrungsgesättigte Theorie eines notorischen Bedenkenträgers mit praktischer Bedeutung oder nicht?

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        • willi uebelherr schreibt:

          Liebe freunde, mein motiv, manchmal so radikal zu formulieren, ist, dass wir unsere begrenztheit verstehen und deutlich machen. Dass wir unsere bedingtheit anerkennen und aufhoeren zu glauben, dass wir menschen uns ueber unsere existenzgrundlagen erheben koennen. Uns den zwaengen entziehen koennen.

          Da hilft vielleicht, Wissenschaft auf den boden herunter zu holen. Und es fuehrt zur provokation, klar. Was ist Chemie und Biologie anderes als Physik, wenn wir mal die methoden der „Schublaeden“, der klassifizierung, weglassen.

          Technologie gibt es, seit die menschen gelernt haben, zu lernen und sich darueber auszutauschen. So konnten die materiellen lebensgrundlagen stabilisiert werden. Ich unterstuetze sehr Fidelpoludo, wenn er sagt, dass bei richtiger anwendung mit den dafuer notwendigen sozialen strukturen wir alle unsere materiellen lebensanforderungen fuer alle menschen auf diesem planeten loesen koennten.

          Dass dem nicht so ist, ist ein typisch europaeisches problem der selbstueberschaetzung, hergelaufen ueber das Christentum, mit seinen luegen und gewaltexzessen, und mit deren verbreitung global das elend der vielen global organisiert.

          Dahinter verstecken sich zwei tiefe probleme unseres denkens, deshalb auch der philosophie sowie der psychologie:
          1) mit unserem koerper sind wir streng den gesetzen der natur unterworfen. Wenn wir uns nicht daran halten, dann wars das. Es existiert eine referenz ausserhalb uns selbst.
          Mit unserem denken gibt es diese referenz nicht. Wir koennen jeden schwachsinn zur wahrheit erklaeren und mit Kreuz und Schwert versuchen, durchzusetzen.
          2) wenn wir geboren werden, sind wir reine Egoisten. Narzissmus genannt. Es ist also ein prozess der reifung (der kultivierung) basierend auf rationaler erkenntnis, dass wir die gemeinschaft benoetigen. Das geht aber nicht ohne ein ICH, ohne selbstwertgefuehl. Wenn dieser prozess frueh unterbrochen wird, wie im Zuchthaus der Kinder, auch Schule genannt, dann jagen wir unser ganzes leben unserem ICH hinterher, ohne es jemals zu erreichen. Bescheidenheit, Zurueckhaltung, ist dann nicht moeglich.

          Detlev hat meine definition von technologie als „zerstaeubt“ bezeichnet. Ebenso diese letzte fundamentale einschaetzung vielleicht, weil sie natuerlich in unserem kreis gegenstand der debatten war. Dieser kreis hatte sich konzentriert auf die frage, „Wie wollen wir leben“ und dem von Detlev eingebrachten zitat: „Wir bekaempfen nicht das Alte. Wir schaffen etwas Neues, was das Alte ueberfluessig macht.“

          Aber da beginnen dann die probleme, weil wir uns notwendig auf gehbare alternativen konzentrieren muessen und dabei immer mit der fuer uns notwendigen Technologie konfrontiert werden. Telekommunikation und Wasser sind dabei zwei zentrale themen.

          Aber damit verlassen wir den raum der theoretischen beliebigkeit und wenden uns den gesetzen der natur zu. Und somit existiert eine klare referenz, die vielen menschen nicht passt, weil sie sie als einschraenkung erleben.

          In Venezuela habe ich haeufig menschen erlebt, die mir sagten, sie brauchen nicht arbeiten. Sie sind reich. „Saudi Venezuela“ war das gefluegelte wort, entstanden in den 1970er jahren.

          Wir koennen uns als menschen solche traumwelten aufbauen. Wir koennen auch legitimieren, andere tierarten beliebigst uns als futterquelle halten. In unserem denken ist das alles moeglich. Ein grosser teil der BrasilianerInnen unterstuetzen den Staudamm-Wahn. Sehen das Amazonas-Becken als verwertbar fuer ihren Extraktivismus. Sie haben nichts dafuer getan. Es ist fuer sie ein Basar, der zur pluenderung bereit steht.

          Wenn es um Staatskonstrukte geht, wird es genauso Wahn-sinnig. Staaten existieren nicht. Ich habe noch keinen gesehen, weiss nicht, wie er aussieht. Es ist wie in kirchen, wo die leute hinrennen, um zu einem Gott zu beten, den es nie gab und nie geben wird.

          Die ganzen probleme entstehen, wenn wir mit unserem denken uns abheben vom boden. Wenn wir in virtuellen raeumen agieren, weil wir uns da alles schaffen koennen. Insbesondere dann, wenn wir all jene, die wir nicht sehen, als unsere sklaven behandeln oder behandeln lassen.

          Ich halte es fuer strikt falsch, alles den Eliten, den Maechtigen, zuzuschieben, wenn wir selbst die Vakuum-Raeume schaffen, in denen sie agieren koennen. Sie tun nichts anderes, als in den ihnen gegeben raeumen zu agieren. Und gemaess ihrer selektion und konditionierung sind sie alle reine Egoisten. Zurueckgeblieben in ihrer frueh-infantilen entwicklungsstufe. Albert Schweitzer und Erich Fromm haben das sehr gut verstanden.

          Es gaebe noch vieles hier anzumerken. Aber es draengt mich, mich mehr dem zugrunde liegenden zuzuwenden. Die zeilen sind wieder viele. Es reicht. Und, ich habe das FIAT-Geldsystem weggelassen, wo wir eigentlich alle ablesen koennten, wenn es um virtuelle denkwelten geht.

          mit lieben gruessen, willi

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        • willi uebelherr schreibt:

          Lieber Detlev, du zitierst Fidelpoludo:
          „„Ich gebe dir ausdrücklich recht, dass die materielle Wirklichkeit der Gesetze der Natur, richtig eingesetzt, ihren negativen Sinn verliert. Ich würde sogar noch viel, sehr viel weiter gehen: Richtig und verantwortlich eingesetzt, wäre sie die Lösung vieler, wenn nicht sogar der meisten Probleme, mit denen wir uns heute herumschlagen.“
          Darauf folgt deine flappsige anmerkung:
          „Schön, wenn wir uns darauf verständigen können, aber ich glaube, da sollte man sich erst einmal klarer verständigen, was man meint.“

          War das nicht deutlich genug? Wenn wir den gedanken hinter den worten folgen, verstehen wir doch, was er meint. Wozu also solche grundlegenden aussagen zerreden?

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  3. willi uebelherr schreibt:

    Liebe freunde,

    es ist ja richtig, dass wir die wirklichkeit nur verstehen, wenn wir sie uns in allen ihren schattierungen vor augen fuehren. Aber warum muessen wir den grundlegenden fragen ausweichen? Um dann wieder ins klagen und jammern zu verfallen?

    Das thema „Nachricht von der Trauminsel“ hat unsere nasen direkt darauf gestossen. Optimistisch betrachtet wird in jedem thema uns die oekonomie und die verfuegbarkeit gemeinschaftlicher resourcen wieder ereilen. Nicht, weil es so schick und reflektiv ist, sondern weil es die wirklichkeit in seinen grundformen und grundstrukturen bestimmt.

    Ich mag ja The Saker sehr. Aber er operiert im ueberbau. Dort, wo alles irgendwie hingeschoben werden kann. Mit der rede von Hernn Putin am 1.3. und jetzt der wahl von Herrn Putin wird er wieder optimistischer. Die militaerische staerke der russischen armee, was ja immer eine staerke der faehigkeit zur technologie ist, staerkt all jene, die sich im raum des ueberbaus mit den verrotteten strukturen des Nato++ blocks beschaeftigen.

    Seltsamerweise ist der erste teil der rede von V.Putin in den hintergrund getreten. Aber dieser erste teil beschreibt die grundlagen im zweiten teil. Russland reduziert weiter die militaerausgaben. Warum? Sie verstehen, dass es eine frage des verstaendnisse der gesetze der natur und ihrer materialisierung, der Technologie, ist. Es macht eben keinen sinn, im sandkasten des kindergartens der Nato++ mitzuspielen. Auch nicht mit quantitaeten und massen eine qualitaet zu erreichen. Der ganze aufwand entpuppt sich als billiger troedelladen.

    Das hat ja viel mit dem thema „vorsaetzliche Ignoranz“ zu tun. Auch viel mit „nicht wissen wollen“. Solange ihr selbst euch um die grundlagen menschlicher und deren gesellschaftlicher existenz herumdrueckt, bleibt euch nur das spiel im theater.

    mit lieben gruessen, willi

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    • Clara S. schreibt:

      Eine wie ich, die eine Bioenergiegenossenschaft mitbegründet hat und sich gerade täglich viele Stunden ehrenamtlich mit den Mitbürgern, Planern, Baufirmen, Verwaltungsbehörden, Geldgebern, Kommunalpolitikern und den Tücken der Volks- und Betriebswirtschaft im Guten und im Schlechten auseinandersetzt, um das Projekt zum Erfolg zu führen, dabei immer versucht, positiv zu bleiben und allen Menschen gegenüber offen und verständnisvoll gegenüberzutreten, und sich dieses Projekt aus praktischen und politischen Gründen ausgesucht hat, muss sich von Dir nicht sagen lassen, dass sie im Überbau hantiert, nur Theater spielt und sich doch lieber mal mit den Grundlagen der menschlichen Existenz auseinandersetzen sollte (was heißt das, dass ich jetzt Sinti oder Roma kostenlos in meinem zu großen Haus mit wohnen lasse?). Wenn ich über die Schwierigkeiten mit Wahrheitssuche schreibe, dann nicht, um zu jammern und zu klagen, sondern um das was dabei passiert mit anderen zu teilen.
      Dass meine Befindlichkeit keine Rolle spielt, weil ich ja die Revolution vorbereiten muss, wurde mir schon in Studententagen von politischen Aktivisten vorgehalten. Die Revolution ist noch nicht da, meine Vergänglichkeit hingegen wird mir täglich mehr bewusst. Und wie schwer es ist, andere nicht zu hassen und meine Überheblichkeit abzulegen, auch.

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      • Theresa Bruckmann schreibt:

        Liebe Clara S,
        an Sie habe ich die Frage, wie viel Mitbestimmung/Mitentscheidung innerhalb Ihrer Bioenergiegenossenschaft verwirklicht ist?
        Als ich für fidelpolu die Zusammenfassung, also das Kapitel 5 aus Heinz-J. Bontrups Buch ‚Arbeit, Kapital und Staat – Plädoyer für eine demokratische Wirtschaft, S. 605-611 abgeschrieben habe, dachte ich: „Da mach‘ ich mit‘; ich meine, wäre ich jung und unabhängig, würde ich mir so ein Unternehmen suchen bzw. Gleich- und Ähnlichgesinnte zur Gründung eines Unternehmens, das diese Grundsätze übernimmt und verwirklicht.
        Deshalb meine Frage an Sie: „Wie viel ist bei Ihnen von so einer weitgehenden Mitbestimmung verwirklicht?
        Der Einfachheit halber hier noch einmal der Text, von dem ich spreche:

        *** Diesen Text habe ich wegen seiner Überlänge auf die Seite „Dokumente“ des opablog (s.o.) verschoben, dort unter II. …

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        • fidelpoludo schreibt:

          Also, ich muss feststellen, dass Bontrup für mich als Redner besser ist denn als Schriftsteller. Beim Reden erklärt er die impliziten Voraussetzungen sofort fast immer, wohl weil ein Gespür für die fragenden Blicke seiner Zuhörer hat, was er nur haben kann, weil er nicht an seinem vorgefertigten Text kleben bleibt. Man bemerkt oft, dass er beim freien Vortrag nicht nur auf die Zuhörerschaft achtet, sondern auch selbst beim Reden auf neue Gedanken und Formulierungen kommt, neue Zusammenhänge entdeckt und sie in neue Metaphern zu kleiden weiß, detailreiche und langatmige Ausführungen provokativ dann in kurze, treffend zugespitze Sätze, Fragen oder Apelle münden läßt, in ungeplante Exkurse sich begibt. Kurz: Er ist ein Vortragsgenie, dem man förmlich beim „allmähliche Verfertigen der Gedanken beim Reden“ unter Einbeziehung des Ausdrucks seiner Gefühle geradezu zusehen kann, wie sonst nur – um in seinem Fachbereich zu bleiben – bei Richar D. Wolff. Beim Schreiben gelingt ihm das weniger. Er verweist dann auf einzelne Kapitel seines Buches. Z.B.: Den Unterschied zwischen Mikro- und Makroebene habe ich durch die eindeutigen Erklärung von ihm und Flassbeck klar gemacht bekommen. Mit der nun hier auftauchenden Meso-Ebene habe ich allerdings meine Probleme. Mikro und Makro sind eher räumlich gedacht, wodurch sich Widersprüche des ökonomischen Handelns ergeben: Was auf der betriebswirtschaftlichen Ebene sinnvoll und rational ist, erweist sich auf der volkswirtschaftlichen nicht nur als irrational, sondern sogar kontaproduktiv, wenn nicht als katastrophal. Mit Meso kommt das Wettbewerbsprinzip und der Markt ins Spiel. Mikro und Makro sind verschiedene Betrachtungsweisen. Meso eher nicht. Ist sie der Versuch einer Vermittlung zwischen beiden, die es im Gegensatz zu den zweien noch gar nicht wirklich gibt, also eher utopisch gedacht ist. Da ist mir noch zu viel unklar. Vielleicht muss ich dafür doch noch einmal ins Buch zurückkehren. Vielleicht wird es dann klarer. Er hatte nicht die Gelegenheit meinen fragenden Blick zu erhaschen.

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          • fidelpoludo schreibt:

            Hallo Theresa,
            wenn Sie ihn persönlich kennen, sollten Sie ihm vielleicht einmal nahelegen oder nahelegen lassen, sich auf rinrm ökonomisch orientierten Portal, ähnlich wie Richard D. Wolff auf „demoracy-at-work“, sich mindestens einmal monatlich zu den aktuellen politisch-ökonomischen Ereignissen zu äußern, zu ereifern, zu urteilen, zu bewerten usw. Ich bin mir ziemlich sicher, dass er damit eine Menge Leute erreichen könnte, die ihm ähnlich fasziniert zuhören, wie es Richard D. Wolff gelingt, der sich als Marxist und Sozialist immer wieder fast irritiert darüber wundert, wie ihm das Publikum seit ca. 10 Jahren in einem stetig wachsenden Ausmaß nicht nur im Internet, sondern auch bei seinen anderen öffentlichen Auftritten, zu denen er pausenlos seit seiner Pensionierung in fast allen Staaten der USA unterwegs ist, zu- und nachläuft. Sogar die Kirchen haben sich ihm geöffnet und aufgetan.

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            • Theresa Bruckmann schreibt:

              Heinz-J. Bontrup hat vorgestern das Bundesverdienstkreuz am Bande bekommen.

              „Die Tätigkeit von Professor Heinz Bontrup dient neben einer langen Liste seiner Publikationen in den öffentlichen Medien im besten Sinne der ´ökonomischen Alphabetisierung´ breiter Bevölkerungskreise“, so die offizielle Begründung.
              Rudolf Hickel hielt die Laudatio, die man hier findet:

              Klicke, um auf aaw_gratulation_fuer_prof._bontrup_zur_verleihung_des_bundesverdienstkreuzes_am_21.3.pdf zuzugreifen

              Als einer der Sprecher der Gruppe ist Bontrup hier zu erreichen: memorandum@t-online.de
              Weil ich, wie gesagt, seit 2011 nicht mehr auf den Tagungen (Freitagabend bis Sonntagabend) war, und jetzt nicht mehr im Westen, sondern im Norden beheimatet bin, kam es zu keiner persönlichen Begegnungen mehr. Aber natürlich schreibe ich ihm, wenn mir etwas besonderes auffällt, so z.B. meine Begeisterung als er Gast bei Ken Jebsen war:
              https://kenfm.de/heinz-josef-bontrup/
              und hier

              in der Runde mit Erwin Thoma, Dennis Hack und Günter Grzega.
              Ich stehe aber auf dem Verteiler der Gruppe und werde natürlich auch gratulieren.
              Weil es kein ‚oben und unten‘ gibt, würde ich es besser finden, wenn Sie ihm den Vorschlag selber machen.

              Hier noch eine interessante Nachricht:
              https://www.rubikon.news/artikel/brockelnde-phalanx

              und für Sie persönlich noch den LINK, falls Sie nicht fündig geworden sein sollten.
              Der Dozent wollte jetzt wissen, ob das nun das gemeinte Stück sei.
              Daraufhin musste ich lange suchen und würde hier fündig:

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        • willi uebelherr schreibt:

          Lieber Fidelpoludo, da muessen sowohl H.J.Bontrup und H.Flassbeck noch viel lernen. Zur zeit sehen sie sich nur selbst. Streiten miteinander und mit anderen um besondere beachtung. Ihnen, wie allen in diesem bereich, fehlt die gesellschaftliche verantwortung. Und immer sind die texte hinter eine kasse zu finden. Inzwischen habe ich es aufgegeben, mit den leuten vom Makroskop darueber zu diskutieren. Es nuetzt nicht, es sind reine egoisten. Fuer uns sind sie eigentlich nutzlos.

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    • kranich05 schreibt:

      Russland reduziere die Rüstungsausgaben…
      Mag eine Frage des „richtigen Rechnens“ sein. Ich aber glaube, dass die russische Rüstung immense und wachsende Mittel verschlingt.
      Vielleicht hat man ja einen wundersamen Weg gefunden, wer’s glaubt.
      Du, Willi, scheinst aus dieser Meldung abzuleiten, dass Russland nicht im „sandkasten des kindergartens der Nato….“ mitspiele. Die ganze Rüsterei sei (wenn ich Dich richtig verstehe) „billiger troedelladen“.
      Ich neige zwar nicht zur verbreiteten Kriegshysterie, jedoch so wie Du über den Ernst der Zeit mit einigen wurschtigen Floskeln wegzugehen, das scheint mir doch sehr daneben.

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    • willi uebelherr schreibt:

      Ja, ich weiss, das klang jetzt ein bisschen „wurschtig“. Obwohl ich mich eigentlich nur ein bisschen lustig mache.

      Flugzeugtraeger, das sind die schwarzen inneren flaechen einer zielscheibe auf den bildschirmen. Schon vom weitem gut zu sehen.
      Flugzeuge, das sind die gluehwuermchen auf den dunklen monitoren der radarsysteme.
      Cruise Missiles, drohnen und dergleichen sind nur ein bisschen kleiner.
      Unterseebote heben sich wunderbar vom hintergrund ab.

      Es ist eine frage der Sensorik und Aktorik. Fuer mich hat das aehnlichkeiten mit dem 15./16.jahrhundert, als die Franzosen es ganz toll fanden, mit schweren ruestungen im mann gegen mann kampf zu brillieren und nach und nach alle verschwanden, weil die englaender mit exakten distanzwaffen, den Langboegen, operierten. Klein (2-3m), leicht, gut tragbar und, wenn noetig, mit hoher durchschlagskraft. Schichtenverleimtes eschenholz mit wasserfestem leim. Die mongolen unter Dschigis Khan haben es aehnlich gemacht. Die Mallorquianer (dank an Lutz fuer den begriff) waren gefuerchtet wegen ihrer steinschleudern, die steine in tellerform. Auch eine leichte distanzwaffe mit hoher durchschlagskraft.

      Warum die russische armee immer noch auf panzer setzen will, verstehe ich nicht. Das sind fahrbare metallsaerge fuer mehrere.
      Im deutschen maschinenbau haben wir aehnliches. Tonnenschwere konstrukte, um wenige gramm zu bewegen. „Deutscher Schwermaschinenbau“ nenne ich das.
      Ebenso im bereich der elektrischen Energieversorgung. 70-90% geht in die verteilung und lastvorhaltung.

      Mit vernunft, rationalitaet und logik ist das alles nicht mehr zu verstehen. Die christliche theologie kann da bestimmt helfen. Auch das roemische staatsrecht.

      Ich verweise darauf, dass der „Westen“, den ich Nato++ block nenne, weil fuer die Latinos ist der „Westen“ im Norden oder Nord-Osten, an seinen eigenen strukturen erstickt. Ein derartig schwachsinniges system verliert jegliche lebensfaehigkeit. Da muss Russland nicht viel tun, weil sie an ihrer eigenen bloedheit kaputt gehen.

      Die Chinesen begreifen es erst langsam. Und so manche in Russland brauchen scheinbar auch laenger. Militaer, notwendig, solange wir diese idioten der Nato++ haben, ist immer eine frage der technologie und nicht der masse und nicht des gleichschritts.

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      • kranich05 schreibt:

        Willi,
        was gibt Dir die Kompetenz, über die russische Panzerwaffe zu reden?
        Weil Craig Roberts oder Saker Vorbehalte geäußert haben?
        Wir sollten uns nicht zu Sofastrategen aufschwingen-
        Im Video hier ist gut zu sehen, wie Panzer und Infanterie erfolgreich im Verbund wirken.

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    • willi uebelherr schreibt:

      Lieber Klaus-Peter, nichts ausser nachdenken gibt mir die kompetenz. Und, es ist richtig, viele sehen es ebenso.

      USA sind russischen Waffen unterlegen
      zu General John Hyten, Kommandeur des US Strategic Command (STRATCOM)
      http://parstoday.com/de/news/world-i38392-usa_sind_russischen_waffen_unterlegen

      Wir koennen uns ja gern im Fatalismus ueben. Dann brauchen wir uns keine gedanken machen, wie wir unsere zukunft gestalten wollen. Die anderen machen es fuer uns.

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      • willi uebelherr schreibt:

        Und, wir sollten den rat von Fidelpoludo im thema „Nachricht von der Trauminsel“ etwas ernst nahmen. Karl marx hat uns auch den weg gezeigt, indem er die bedingungen unserer gesellschaftlichen verhaeltnisse etwas seinen aetzenden fragen unterwarf.

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      • willi uebelherr schreibt:

        Auf dem rechner, an dem ich arbeite, habe ich YouTube gesperrt. Ich muesste dann auf einen anderen rechner ausweichen. Will es aber nicht.
        Panzer und Infanterie, das klingt fuer mich nach fruehem Mittelalter. Warum soll ich mich damit beschaeftigen? Wichtig ist, Energie in ihrer gebunden form zu verstehen. Panzer, flugzeuge, Raketen, Schiffe und U-boote sind alles konzentrierte energie. Da brauchen wir dann keine bomben oder sonstige explosivmittel, egal, wie transportiert. Die Eigenenergie zur Selbstzerstoerung anregen. Das reicht.
        Manchmal genuegt es schon, die telekommunikation lokal/global und militaerische GPS systeme zu blockieren.

        Was machte dem USS Donald Cook im Schwarzen Meer so Angst?
        Voltaire Netzwerk | 22. September 2014
        https://www.voltairenet.org/article185380.html

        Das ist Physik pur.

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      • fidelpoludo schreibt:

        Dass diese Zugabe der eigenen Unterlegenheit „vergiftet“ sein könnte, ist dir nicht in den Sinn gekommen? Sie ist die verdeckte „kriegskeynesianische“ Aufforderung an Trump, das wahnwitzig aufgeblasene Militärbudget noch einmal drastisch zu erhöhen.

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      • kranich05 schreibt:

        W. UE.,
        Dein faktenfreies „Nachdenken“ überzeugt mich nicht. Vielleicht beharrst Du auf „höherer Einsicht“ oder gar „Eingebung“? Deinem Gerede über Panzer habe ich (per Video) die Tatsache, die Wirklichkeit des Krieges gegenüber gestellt – ein oder zwei Tage alt. Darauf blödelst Du zurück mit „frühem Mittelater“.
        Die Kämpfe in Ost-Ghouta haben hunderte Tote gefordert, darunter, soviel ich weiss, keine Panzerbersatzungen.
        Ich habe den Eindruck mit Deinen lustigen Sprüchen über das Militärische (Die BRD gibt dafür jährlich 40 Mrd aus.) willst Du ein lebendiges Beispiel dafür geben, dass Du vorsätzliche Ignoranz gut kannst.

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  4. willi uebelherr schreibt:

    Clara reagiert persoenlich empoert, Johannes denkt, in meiner argumentation eine Regression, eine Rdeuktion bis zur Verkuemmerung zu erkennen. Wir lieben ja alle den freien fluss unserer gedanken, die wir uns dann schonungslos vor die augen halten. Und, das ist gut so.

    Ich will euch auf einen text bei KenFM aufmerksam machen:
    Scholz ernennt Goldman-Sachs-Mann zum Staatssekretär: Ein klares Signal an die Finanzelite
    Ernst Wolff, 20.3.2018
    https://kenfm.de/scholz-ernennt-goldman-sachs-mann/

    „Um ihnen entgegenzusteuern, müssten die Flut billigen Geldes eingedämmt und die Zinsen erhöht werden. Das aber trifft auf den erbitterten Widerstand genau der Banken, die vor zehn Jahren für „too big to fail“ erklärt wurden und die mittlerweile so mächtig sind, dass sie jede Regierung der Welt innerhalb vor wenigen Tagen in die Knie zwingen können. Diese Großbanken haben sich mittlerweile wie Süchtige an das billige Geld gewöhnt und setzen es Tag für Tag in horrendem Ausmaß zur Finanzspekulation ein.

    Damit aber stecken sowohl die Zentralbanken als auch die Regierungen in einer Klemme, aus der es für sie langfristig kein Entrinnen gibt. Da beide aber von Menschen geführt werden, die nur kurzfristig – nämlich an die eigene Macht und die eigene Karriere – denken, reagieren sie durchweg auf dieselbe Art und Weise: Sie unterwerfen sich bedingungslos den Interessen der „Too-big-to-fail“-Banken. Genau diese Botschaft möchte Scholz offenbar der Wall Street senden.“

    Was ist nun mit dem politischen ueberbau? Er folgt, oder wird zerschlagen. Das gilt auch fuer unsere Rechtstheoretiker. Da kann ich noch so viel darueber reden, dass das Rechtssystem gekapert wurde. Von wem und durch wen? Es gab noch nie im deutschsprachigen raum den Volkssouveraen. Das muessen wir erst lernen. Und an dieser stelle sind wir ja.

    Johannes du schreibst:
    „das nicht (nur, überwiegend) das materielle Denken, nicht das „Haben, sondern das Sein “ eine treibende Kraft in der Geschichte der Menschen ist und sein kann.“ Vom Haben habe ich nie gesprochen, sondern immer vom Sein. Sehr wohl spreche ich davon, dass ein Nehmen immer ein Geben vorraussetzt.

    Auch das passt sehr gut zum thema „vorsaetzliche Ignoranz“. Die tiefste ignoranz existiert dann, wenn wir meinen wir muessen nur geld haben, dann koennen wir uns alles kaufen. Und uns dabei einen teufel scheren, wie nun das entsteht, was wir da brauchen.

    Clara schreibt, bestimmt zu recht:
    „und sich gerade täglich viele Stunden ehrenamtlich mit den Mitbürgern, Planern, Baufirmen, Verwaltungsbehörden, Geldgebern, Kommunalpolitikern und den Tücken der Volks- und Betriebswirtschaft im Guten und im Schlechten auseinandersetzt“.

    Ohne dass ich jetzt weiss, worum es da im einzelnen geht, sehe ich sofort den ueberbau, der nicht zulassen will, dass der unterbau veraendert wird. Und deswegen auch mit allen mitteln irgendwie dagegen wirkt.

    Die tiefenpsychologie hilft da uns verdammt wenig. Oder sollen wir dieses verhalten als psychologische deformation behandeln? Mache ich nicht, sondern betrachte es als gewachsenen schwachsinn, an dem nur dumme menschen sich festhalten wollen. Zumindest, solange sie vorteile davon ihr eigen nennen koennen.

    Vorsaetzliche Ignoranz finden wir ueberall. Wir wollen nicht wahrhaben, was eigentlich geschieht. Wir wollen uns unsere Illusionen erhalten mit (fast) jedem preis. Das hat ja viel mit selbsttaeuschung und selbstbetrug zu tun.

    Deine aufzaehlung der liste von Erich Fromm enthaelt dies nicht.
    – Flucht ins Autoritäre
    – Flucht ins Destruktive
    – Flucht ins Konformistische
    Deshalb ergaenze ich:
    – Flucht in das Nichterkennen, Nicht-Wahrhaben, in die Selbsttaeuschung

    Es bezieht sich auf „Die Furcht vor der Freiheit“. Es ist alles viel einfacher, wenn ich die Unfreiheit nicht erkenne. Dann kann ich gut und entspannt leben und die anderen fuer alles verantwortlich machen und mich an ihnen raechen.

    mit lieben gruessen, willi

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  5. Clara S. schreibt:

    Der Satz „das Persönliche ist politisch“ ist vielleicht ein wenig abgegriffen. Trotzdem – bei unserem Genossenschaftsprojekt wurde es mehr als deutlich: die Teilnahme erforderte die Entscheidung jedes einzelnen Hausbesitzers in unserem Dorf, man musste es wagen, einer Gemeinschaft zu vertrauen. So ist der Erfolg jedes im Kern antikapitalistischen / antiimperialistischen Unterfangens davon abhängig, dass sich genügend Menschen entscheiden, daran mitzuwirken. Dieser schwierige individuelle Entscheidungsprozess wird in John Donne’s Gedicht dargestellt. Der Saker schildert eher die Schwierigkeiten der ‚Aufklärer‘ bei der Unterstützung solcher Entscheidungsprozesse. Natürlich hätten wir uns als Energiegenossen gewünscht, dass alle vom Projekt begeistert sind. Das ist aber nicht so – im Gegenteil, wir werden auch angefeindet, man legt uns bewusst Hindernisse in den Weg etc. etc. Geduldige Überzeugungsarbeit, persönliche Integrität und Respekt auch denjenigen gegenüber, die uns nicht unterstützen, sind fundamental. In so einem Zusammenhang meinen Text als Jammern zu verstehen, halte ich für völlig unangemessen.
    Wenn man, wie ich, so ein Projekt nicht nur aus pragmatischen Überlegungen heraus betreibt sondern der Auffassung ist, dass jede/r Einzelne etwas zur Bekämpfung des Klimawandels tun kann und sollte, regionale Energieerzeugung die Antwort auf imperialistische Kriege zur Sicherung der fossilen Ressourcen ist und, unabhängig davon, Formen wirtschaftlicher Selbstorganisation erprobt werden sollten, kommt man sehr schnell zu der Frage, was der ganze Aufwand soll. Die Arbeit ist kräftezehrend und, angesichts der Größe des Problems, ein Tropfen auf einem heißen Stein. Mich dann zu vergewissern, dass meine individuelle Rebellion wertvoll ist, selbst wenn ich gar nichts Praktisches täte außer auf meiner Wahrheit zu bestehen, hilft mir sehr.

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    • fidelpoludo schreibt:

      Einmal grundsätzlich:
      Jedes „Genossenschaftsprojekt“, das heutzutage realisiert wird, ist – wenn es den Namen verdient – erst einmal zu begrüßen. Vielleicht – nicht vielleicht, sondern dann doch mit Bestimmtheit -, nur dann nicht, wenn es den Rüstungsbereich und die Waffenindusrie oder den Betrieb von Atomkraftwerken betrifft. Ein Genossenschaftsprojekt im Überbau ansiedeln zu wollen, ist meiner Ansicht nach völlig daneben. Wird es richtig organisiert und verstanden, liegt sein Verständnis und seine Absicht darin, so viele an ihm Beteiligte wie möglich an den Entscheidungen darüber zu beteiligen, was, wie, wo, mit welcher Perspektive produziert oder konsumiert wird (es soll ja auch Konsumgenossenschaften geben, die wenn sie erfolgreich sind, sich oftmals darauf einigen, die einzukaufenden Waren vorzugsweise bei Produktionsgenossenschaften zu bestellen). Idealerweise wäre auch über den erzielten Gewinn, auf seine weitere Verwendung, bzw. seine Verteilung hin, gemeinschaftlich-genossenschaftlich abzustimmen. Wie selbstverständlich auch über die Einsetzung und die Anerkennung von Führungspersonal. Auf die Gefahr hin, mich zu wiederholen, verweise ich wieder einmal auf Richard D. Wolff und dessen Websites https://www.democracyatwork.info/ und https://www.rdwolff.com/, auf denen neben der Kritik der US-Politik und -Ökonomie immer wieder auf gelungene Beispiele von Formen wirtschaftlicher Selbstorganisation eingegangen wird, die von ihm auch erforscht und beraten werden.
      Selbst ein Scheitern bringt Erfahrungen, die wertvoll bei einem nächsten eigenen Versuch oder dem anderer sein können und sollten. Der aufzuwendende Kraftaufwand und die auftauchenden Probleme bezeugen letztenendes doch nur, dass man sich auf dem richtigen, weil alternativen Weg befindet.
      Ich wünsche viel Erfolg.

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  6. kranich05 schreibt:

    Ich halte viel von einer ganzheitlichen Betrachtung. Die „Alten“ (Marx, Engels, Lenin) hatten das drauf. Natürlich brauchen wir abgegrenzte Begriffe – Ökonomie, Politik, Bewusstsein, Basis, Überbau usw – wenn wir die Wirklichkeit theoretisch reproduzieren wollen. Wenn es aber um konkrete gesellschaftliche Erscheinungen und Prozesse geht, dann bringt es wenig, die abstrakten Begriffe gegeneinander in Stellung zu bringen und seien sie auch aufs Schärfste definiert.
    Die Bioenergiegenossenschaft unbedingt in der Basis ODER im Überbau verorten zu wollen, sie als gruppendynamisches ODER technologisches ODER tiefenpsychologisches Phänomen zu betrachten, halte ich für scholastisch.
    Es geht um praktische Fragen, und um sich darin zurecht zu finden, brauchen wir alles, was uns an geistigem Werkzeug zur Verfügung steht – Theoretisches aber auch Künstlerisches (wird oft vergessen) aber auch Mutterwitz (der ist uns Intellektuellen meist zu popelig) bis hin, warum nicht, zu dem einen oder anderen Geistesblitz eines Anarchisten.
    Das Thema „vorsätzliche Ignoranz“ hat mich seit zwei Wochen massiv beschäftigt und zwar im Zusammenhang mit meinen Beobachtungen des Fernsehkonsums. Könnte es nicht sein, dass wir oft zu akademisch, zu intellektuell darüber reflektieren, wie die Menschen warum denken? Ich möchte mal die Extremthese aufstellen: Der Normalfall ist, dass „die Menschen“ überhaupt nicht denken. Sie haben es nicht nur nicht gelernt, sondern ihnen wurde es aktiv verlernt. Sie haben kein Instrumentarium, um zu Denken, und ihren zu schwachen Bemühungen zu diesem zu gelangen wird ein Irrgarten entgegengestellt, in dem sie rettungslos gefangen sind.
    Das Fernsehen ist die bedeutendste perfekte, totale und allseits akzeptierte, ja aktiv gesuchte Maschine, die all das bewirkt.
    Diese zugespitzte Beschreibung verlangt nach Konkretisierung unter politischem, soziologischem und psychologischem Aspekt.
    Ein ökonomischer Aspekt hat, glaube ich, große Bedeutung: Die (zuminderst hier im Westen) genutzte Produktivität ist so enorm groß, dass die Impulse der Wirklichkeit, die den genannten Zombiezustand in Frage stellen, bis zur Wirkungslosigkeit abgemildert oder abgebogen werden.

    Ich beschreibe einen trostlosen, fast völlig aussichtslosen Zustand. Dabei vergesse ich nicht, dass die Willensfreiheit, die Entscheidungsfreiheit zum Wesen des Menschen gehört. Sie sorgt dafür, dass die Zukunft offen ist.
    Über den geschilderten Zombizustand muss radikal nachgedacht werden als Voraussetzung dafür, um vielleicht irgend etwas zum Verhältnis Zombizustand-Willensfreiheit zu entdecken, was uns weiterhilft.

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    • willi uebelherr schreibt:

      Lieber Klaus-Peter, betrachte das Fernsehen als ein Fenster, das einen blick in die Weite zulaesst. Auf der basis des vertrauens in die wirkung des denkens und reflektierens bei den menschen sehen wir sofort die hohe wahrscheinlichkeit, dass die verlogenheit und die irrationalitaet in den argumentatioslinien sich selbst entlarvt. Und genau das tritt heute mehr und merh zum vorschein.

      Die Luegen und Luecken treten sich ab. Sind dem ansturm nicht gewachsen. Wie ist es sonst zu erklaeren, dass die mehrheit der deutschen bevoelkerung eine friedliche kooperation in Eurasien ohne den einfluss von Nord-Amerika bevorzugt. Die propaganda wirkt nicht auf dauer, sondern zersetzt sich selbst.

      Offene raeume entstehen, die geradezu panikartig versucht werden, institutionell aufzufuellen. So manche Talk-shows scheinen hier anzusetzen, so weit ich dies ueber blogs erfahre. Das spiel wurde uebertrieben. Noch fehlt die alternative, die letztlich aus den vielen alternativen medien entstehen kann.

      Aber auch hier wirken die alten kraefte, wie wir es bei Rubikon, KenFM und anderen noch sehen. Aber mir scheint, dass auch im Rubikon so langsam ein neuer wind sich bahn bricht.

      „Ein ökonomischer Aspekt hat, glaube ich, große Bedeutung: Die (zuminderst hier im Westen) genutzte Produktivität ist so enorm groß, dass die Impulse der Wirklichkeit, die den genannten Zombiezustand in Frage stellen, bis zur Wirkungslosigkeit abgemildert oder abgebogen werden.“

      Du kannst die „Produktivitaet“ sowohl als zustand oder als potential auffassen, je nachdem, was dir lieber ist. Ich bevorzuge das zweite. „Produktivitaet“ entsteht aus der gemeinschaftlichen aktion und ist auch gemeinschaftlich nutzbar. Diese betrachtungsweise hat viele vorteile, weil sie uns die rationale erkenntnis ermoeglicht, dass wir es sind, die gestalten koennen. Und wir die anderen, die parasitaer existierenden, nicht brauchen.

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      • kranich05 schreibt:

        Hallo willi,
        von Deinen guten Ratschlägen gehen Zwölfe aufs Dutzend.
        Wenn Du ausnahmsweise mal den von mir zugespitzt dargestellten Inhalt zur Kenntnis nehmen würdest, müsste Dir Dein Ratschlag, wie ich das Fernsehen betrachten möge, doch ziemlich hohl vorkommen.
        Meine zugespitzte Aussage war, dass es einen (Entschuldigung: Jargonwort) Zombizustand gibt und das dass Fernsehen die bedeutendste Maschine zur Erzeugung, Aufrechterhaltung und Vertiefung dieses Zustand ist.
        Dieser Meinung muss Du nicht sein, aber dann bitte doch nicht einfach ignorieren, sondern argumentieren, am besten „radikal nachdenken“ darüber.
        Denn, so meine Hoffnung, es ist objektiv zwischen „Zombizustand-Willensfreiheit“ des Menschen eine Spannung. Und es müsste mit dem Teufel zugehen, wenn dort nicht wenigstens winzige Risse zu finden wären.
        Für jeden konkreten Hinweis bin ich dankbar, nicht aber für Geschwalle, dass sich „propaganda … auf dauer, … selbst “ zersetzt.

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      • kranich05 schreibt:

        Auf Produktivität komme ich im gegebenen Zusammenhang nur deshalb zu sprechen, weil ihr (heute historisch erreichtes) exorbitantes Maß es den Machthabern und Superreichen erlaubt, ganze Völker materiell ruhig zu stellen, ohne mehr als ein Fingerschnipsen von ihrer Macht und ihrem Reichtum abzugeben.
        Marx hat die Anfänge dessen als „Gratiskraft der Produktivkraft Wissenschaft“ erkannt. Diese Gratiskraft könnte einen zusätzlichen Fluch der Fesselung des Menschen bewirken.

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  7. Detlev Matthias Daniel schreibt:

    Ich möchte mal noch eine etwas andere Perspektive hinzufügen und hole dafür etwas aus. Man kann zwei Wege/Triebkräfte/Steuerungen unterscheiden, wie menschliches Handeln entsteht und diese Welt gestaltet. Zum einen unbewußt, also aus psychischen Motiven, und zum anderen bewußt, also aus rationalen Erwägungen. Natürlich durchmischen diese sich im Regelfall. Dieses kann so geschehen, daß sie einander widersprechen und zu den Vorgängen führen, die insbesondere Lutz hier beschrieben hat, sie könnten sich aber auch integrieren und ergänzen, so daß z.B. der Verstand die psychischen Bedürfnisse erkennt und berücksichtigt. Ich denke, das ist es, worauf insbesondere Johannes hinauswill.

    Wenn wir uns jetzt die realen Probleme anschauen, also das, was dem Handeln und der gesellschaftlichen Organisation der Menschen eine solche Tragweite verleiht, daß wir heute vom Anthropozän sprechen, dann ist es nicht das Unbewußte, sondern die rationale Steuerung menschlichen Handelns, die diese Wirkungen erzeugt – direkt oder indirekt durch die rational geschaffenen Werkzeuge. Nur von hier, vom Denken können neue, kreative, die dynamische Wirklichkeit verändernde Impulse aus dem System selbst kommen. So richtig es ist, daß wir die materielle Organisation unseres Lebens verändern müssen, Ausgangspunkt bzw. Flaschenhals dabei ist stets unser Denken, auch wenn es sich nie vollständig von den anderen Aspekten trennen läßt. Was macht dieses Denken? Es reflektiert im weitesten Sinne, was wirklich ist – nicht nur materiell-physisch sondern auch metaphysisch auf der Sinnebene. Und ja, es erzeugt dabei auch neue Wirk-lichkeit. Es ist also nicht irrelevanter „Überbau“, um den es bei diesen Fragen geht.

    These 1: Es geht um die Dimensionalität der Wirklichkeit, die sich in unserem Denken abbildet. Fakten – der Begriff sagt es – sind Vergangenheit, unveränderbar, eindimensional. Die Zukunft dagegen ist mehrdimensional, beinhaltet viele Möglichkeiten. Die Gegenwart ist dann der Übergang, der Filter, der diese Mehrdimensionalität reduziert und entscheidet, was vergangen, also Fakt sein wird. Unser Denken, wenngleich es sich in die Zukunft und die Vergangenheit erstreckt, findet in der Gegenwart statt. Es folgt damit üblicherweise der Reduktion der Wirklichkeit. Ist es darauf determiniert?

    These 2: Unser Denken verändert die Wirklichkeit dann, wenn es diesem Vorgang nicht ergeben folgt, sondern entgegen dem Geschehen Alternativen in die Gegenwart hinüberrettet. Wenn es selbst mehrdimensional wird. Die Frage nach der Wahrheit läßt sich auch so betrachten, daß wir zwar einen Blick auf alternative Möglichkeiten geworfen haben, uns aber nicht einigen oder entscheiden können, in welcher Weise wir die Wirklichkeit reduzieren wollen. Noch ist unser Begriff von ‚Wahrheit‘ eindimensional, aber längst proklamieren wir Meinungsfreiheit, also Freiheit der Überzeugung, welcher Wahrheit wir uns verhaftet wissen wollen. Ist das nur ein unverbindlicher Tummelplatz, wo wir uns mit stumpfen Waffen austoben können, um beim Kampf um die Wahrheit nicht die Zivilisation zu vergessen?

    These 3: Die Wirklichkeit IST mehrdimensional. Das heißt, sie geht über die Dimensionen hinaus, die wir bislang begreifen können. So wie sich eine dreidimensionale, räumliche Struktur einem zweidimensionalen Blick in unendlich vielen unterschiedlichen Perspektiven darstellen kann, so auch eine mehrdimensionale Wirklichkeit einem Denken, das diese in einer eindimensionalen Projektion, Wahrheit genannt, spiegelt. Und so wie jede Perspektive optische Täuschungen möglich macht, so auch jedes eindimensionale Denken. Wenn es uns aber gelingt, verschiedene Perspektiven einzunehmen, können wir allmählich eine umfassendere, mehrdimensionale Vorstellung entwickeln, die auch diese Täuschungen korrigieren kann.

    These 4: Begünstigt durch neue mehrdimensionale Kommunikationsmöglichkeiten (Richard Buckminster Fuller: „If you want to teach people a new way of thinking, don’t bother trying to teach them. Instead, give them a tool, the use of which will lead to new ways of thinking.“) stehen wir an der Schwelle zur Entwicklung eines mehrdimensionalen Denkens. Die Widersprüche, Konflikte und Dissonanzen (alternative Fakten etc.), die wir wahrnehmen können, sind (sicher nicht alle) Ausdruck stattfindender Veränderungen. Die kommunikativ-sozialen Blasen, in denen sich alternative Wahrheiten konstituieren, sind kumulative Übergangsstadien, etwa wie Filmbilder, die in einem zu grob gewählten Zeitraffer den kontinuierlichen Zusammenhang nicht mehr (noch nicht) erkennen lassen.

    These 5: Die Wahrnehmung, daß viele Menschen gar nicht mehr zu denken scheinen, widerspricht dem nicht. Welchen Gewinn würde es ihnen bringen, in einem endlos ausgetretenen und festgefahrenen Diskurs um die eine Wahrheit einen eigenen Beitrag zuzufügen? Es ist die gleiche Resignation wie angesichts der weltweiten praktischen Zustände: Was ändert mein Beitrag daran? Also denken sie – weil sie nicht anders können als zu denken – im Privaten und über die Dinge, die ihnen in diesem Rahmen Gewinn und Befriedigung bringen. Weil sie die Dimension der Vielfalt im Sozialen auch im Zeitalter des Smartphones nur sehr allmählich zurückgewinnen können.

    Ist John Donnes Ringen und Bemühen um die Wahrheit damit obsolet? Keineswegs, aber es verändert sich. Es wird nicht mehr darum gehen, die Wahrheit aus einem Meer von Unwahrheiten herauszuheben, auch nicht darum, seiner Wahrheit treu zu bleiben, sie gegen alle Widerstände zu verteidigen, sondern wechselnde, neue Perspektiven zu suchen und zu verbinden, sich nicht auf einer Position auszuruhen oder gar zu verbarrikadieren. Bequemlichkeit, Trägheit ist heute wie damals Feind des Fortschritts, der Verbesserung.

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  8. Lutz Lippke schreibt:

    Die Perspektive von Detlef erscheint mir interessant. Ich sehe einen Zusammenhang zwischen Mehrdimensionalität, verschiedenen Perspektiven, Wertepluralismus und Ungleichzeitigkeit. Deswegen braucht es echte Kommunikation und Toleranz ohne das Ultimatum der Nützlichkeit.
    Andererseits sitzt uns die Notwendigkeit des gemeinschaftlichen Handelns und die Vergänglichkeit im Nacken. Deswegen würde mich ein Austausch zum Konkreten interessieren. Dafür bietet sich das Projekt von und mit Clara Simon förmlich an. Es ist lokal, ökologisch, ökonomisch, selbstorganisiert, abhängig von gemeinschaftlicher und staatlicher Unterstützung. Also alles drin. Vielleicht ist Clara Simon bereit, ein bisschen aus dem Nähkästchen zu plaudern. Daraus ergibt sich sicherlich eine interessante Diskussion und Anregung.

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    • Johannes S. schreibt:

      Lutz Lippke, Sie sprechen mir mit Ihren Worten: “ Deswegen würde mich ein Austausch zum Konkreten interessieren! “ aus dem Herzen Die Diskussion ist nach meinem Dafürhalten meist viel zu abstrakt, bleibt im Theoretischen hängen und hat viel zu wenig Bezug auf die Lebensrealität der Menschen und auch die aktuellen politischen Geschehnisse in Deutschland, Und wenn ich ehrlich bin, zumindest für mich zeitweise schwer verständlich, deshalb mit Anstrengungen verbunden. Deswegen habe ich zeitweise Widerstände entwickelt.
      MIt diesen überhöhten, anspruchsvollen Worten und Aussagen können Menschen nicht erreicht werden. Erich Fromm hat sich allgemeinverständlicher ausgedrückt und gleichwohl sehr differenziert und in die Tiefe gehend die Gesellschaft analysiert.
      Bevor ich den Kommentar von Lutz Lippke mit dieser Anregung gelesen habe, hatte ich den Gedanken, aus meinem konkreten Leben einen Konflikt darzustellen bei dem es um den Gegensatz geht, zwischen Macht, materiellen Reichtum, akademischer Arroganz, einem aufgeblähten Ego mit paranoiden Unterstellungen und dem gegenüberstehend
      Abhängigkeit, vergebliches einfordern von Verständnis, Werten, Wahrheit, Mitmenschlichkeit, Anerkennung. Schwierigkeiten sich abzugrenzen, sich zur Wehr zusetzen sich in einem Abhängigkeitsverhältnis angemessen durchzusetzen.
      Ich hoffe mich in etwa verständlich gemacht zu haben und werde den Konflikt evtl. später darstellen.
      Also runtergebrochen ein häufiger Konflikt zwischen Macht, Materie und Menschlichkeit und Geist, wie dies tagtäglich Arbeitnehmer, Mieter, Antragsteller auf staatliche Leistungen erleben und meist sich der Macht beugen oder nachgeben müssen.

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    • fidelpoludo schreibt:

      Als erstes meine volle Zustimmung zum Interesse am „bioenergiegenossenschaftlichen“ Projekt von Clara Simon. Ich weiß nur nicht, ob sie damit nicht in rechtliche Schwierigkeiten kommt. Das wird sie aber wohl richtig einschätzen und beurteilen können.

      Als zweites möchte ich an einen Philosophen erinnern, der die „Parallaxe“ (von altgriechisch παράλλαξις parállaxis „Veränderung, Hin- und Herbewegen“, also die scheinbare Änderung der Position eines Objektes, wenn der Beobachter seine eigene Position verschiebt) zu einer seiner wichtigsten methodischen Herangehensweisen an Probleme der allerverschiedensten Art gemacht hat. Er, Slavoj Zizek, hat 2006 ein Buch mit dem Titel „The Parallactic View“ veröffentlicht, das Suhrkamp auf deutsch unter dem Titel „Parallaxe“ veröffentlicht hat. Nichtsdestotrotz hält er sich dennoch für einen Marxisten, der auch ein Buch über Lenin geschrieben hat: „Die Revolution steht bevor. Dreizehn Versuche nach Lenin“.

      Über sein Parallaxe-Buch könnten diese Informationen interessant sein:

      „Parallaxe bezeichnet gemeinhin die scheinbare Änderung der Position eines Objekts, wenn der Beobachter seine eigene Position verschiebt. Was ist aber, wenn die beobachtete Veränderung nicht einfach nur subjektiv ist? Was ist, wenn sie gerade vom Gegenstand selbst und seinen ihm innewohnenden Antagonismen ausgeht?
      Die Parallaxe erscheint in Žižeks pointenreicher Analyse als Denk- und Erklärungsfigur in höchst unterschiedlichen theoretischen Ansätzen: Sie findet sich im Wellen-Teilchen-Dualismus der Quantenphysik ebenso wie in der Psychoanalyse, der Philosophie und der Politischen Theorie. Slavoj Žižek arbeitet dabei vier maßgebliche Erscheinungsformen der Parallaxe heraus: die ontologische Differenz, die als letzte Parallaxe unseren Bezug zur Wirklichkeit bestimmt; die wissenschaftliche Parallaxe, die nicht zuletzt in der gegenwärtigen Hirnforschung einen unüberschreitbaren Graben zwischen der phänomenalen Erfahrung der Wirklichkeit und ihrer wissenschaftlichen Erklärung markiert; der Bruch, der jedem Kunstwerk innewohnt, und schließlich die politische Parallaxe, die als gesellschaftlicher Antagonismus jeden gemeinsamen Grund verwehrt.
      Slavoj Žižeks neues großes Buch ist eine kritische Analyse der Gegenwart und zugleich ein grundlegendes philosophisches Werk, das sein theoretisches Gerüst in eine programmatische Form bringt. Es vereint philosophische und theologische Analysen, brillante Interpretationen von literarischen Texten, Filmen und Kompositionen und nicht zuletzt erhellende Anekdoten.
      »Erkenntnisblitze zwischen Hegel und Hitchcock, zwischen Analyse und Obszönität, zwischen U und E« Die Zeit

      Ansonsten vielleicht nicht uninteressant:
      http://www.zeit.de/2015/07/slavoj-zizek-weniger-als-nichts

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    • Detlev Matthias Daniel schreibt:

      Meine Gleichsetzung von rational und bewußt war vielleicht etwas leichtfertig. Man kann ‚rational‘ als eine funktionale oder als eine ideale Kategorie verstehen (wie Willi es tut) und, zugegeben, wenn das Bewußtsein nur einen Tunnelblick freigibt, fällt es schwer, von Ratio zu sprechen. Aus dem Kontext war doch aber hoffentlich klargeworden, wie ich den Begriff verstanden hatte.

      Noch einmal zur Mehrdimensionalität von Wirklichkeit und Denken: Auch wenn für mich einiges dafür spricht, daß die Wirklichkeit in einer schwer vorstellbaren Weise sich in Dimensionen erstreckt, von denen wir nichts wissen und die wir nicht wahrnehmen können, so kann die Mehrdimensionalität zugleich auch als Topos dafür genommen werden, daß die Vielfalt und Differenziertheit der Wirklichkeit das Fassungsvermögen menschlicher Vorstellung weit übersteigt und so nicht komplex verstanden werden kann (offenbar auch eine Kernfrage, mit der sich Zizek beschäftigt). Ob nun eine trilliardenfach vernetzte (um willkürlich eine unvorstellbare Zahl zu nennen) Näherungsmodell einer tatsächlich mehrdimensionalen Wirklichkeit ist, oder andersherum die mehrdimensionale ein vereinfachendes Modell einer tatsächlich trilliardenfach vernetzten Wirklichkeit, ist in Bezug auf den Erkenntnisnutzen unwesentlich.

      Insofern kann diese Vorstellung auch in Bezug gesetzt werden zum Projekt einer örtlichen Energiegenossenschaft. Wenn ich mein Transport- und Fortbewegungsbedürfnis mit Hilfe von Erdöl befriedige, so ist das vor allem deswegen ein Problem, weil alle anderen es ebenso machen. Das ändert dann auch nichts wesentliches, wenn ich Erdöl durch Pflanzenöl ersetze o.ä. In der millionenfachen Reproduktion eines eindimensional zweckorientierten Handelns stößt das System sehr bald an seine (Belastungs)Grenzen und erschöpft sich. Das ist auch nicht wirklich verwunderlich, ist es doch das Bestreben eindimensionalen Denkens, kontrollierbare, also überschaubare und damit endliche Bezüge zu schaffen. Wenn wir aber so wirtschaften, daß wir kleinteilig Produktion und Bedarf quantitativ und qualitativ konsequent an den örtlichen Verhältnissen und Möglichkeiten ausrichten, entwickelt sich allmählich ein vielfältiges, polymorphes und doch komplex zusammenhängendes Netz, wo der Abfall des einen der Nutzen des anderen ist und die Freiheit, das innere Wachstum einen wesentlich größeren Raum entfaltet, als die äußeren Grenzen annehmen lassen. Das ist das Wesen von Mehrdimensionalität, daß jede Dimension die Wirklichkeit potenziert.

      Das bedeutet nicht, daß es keine Grenzen mehr gibt, aber gleichzeitig besteht die Hoffnung, daß auch das Wachstum sich genauso organisch entwickelt und einreguliert. Das bedeutet auch nicht, daß die Menschen in ihrer Borniertheit künftig keinen Unfug mehr treiben, aber die Fehlertoleranz des Systems steigt. Wichtig scheint mir, daß man in ausreichend komplexen Zusammenhängen denkt, damit man nicht wieder auf den einfachen, bequemen Weg uniformer Lösungen verleitet wird, denn das heutige System ist ja nicht einfach aus einer bloßen Schnapsidee entstanden. Ohne eine Veränderung des Bewußtseins wird es auch keine Veränderung der (menschengemachten) Wirklichkeit geben.

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      • Theresa Bruckmann schreibt:

        Das sind Gedanken!
        Bedeutet das dann auch, dass wir dann im Nahbereich nur Entscheidungen treffen, deren Folgen wir auch überschauen und damit verantworten können?

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      • willi uebelherr schreibt:

        Lieber Detlev, grandios. Mich stoert nur der begriff „Mehrdimensionalitaet“. Den inhalt denke ich sehr gut zu verstehen und zu schaetzen.
        Ich folge hier Theresa. Sie hat es als frage formuliert, obwohl sie sich dessen selbst sehr klar ist. Und du hast es ja selbst aehnlich formuliert.
        Aber vielleicht ist der begriff gar nicht so falsch. In unserem denken treten weitere betrachtungsperspektiven dazu, je tiefer wir uns mit einer sache beschaeftigen. je mehr wir die sache in einem groesseren raum der interaktionen betrachten.
        Wenn wir nun die wesentlichen kriterien, die wir da finden, als bezugsgroessen der sache verwenden, taumelt die sache nun tatsaechlich in einer hoerheren dimensionalitaet.
        Das ist ja aehnlich der „Gemeinwohl Oekonomie“ (Theresa?), wo zusaetzliche kriterien zur beurteilung einfliessen, die dann eine sache im groesseren raum der wirkungsweisen erkennen lassen.

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  9. willi uebelherr schreibt:

    Liebe freunde, ich bin wirklich begeistert, wie intensiv dieser dialog und diskurs sich entfaltet. Ich will auch bei Clara um Entschuldung bitten, wenn ich sie peroenlich verletzt habe. Das war nicht mein interesse.

    Wir sehen, wie schnell wir doch immer wieder auf den kern stossen, sobald wir uns die zeit lassen, den gedanken zu folgen. Aber zunaechst zu Detlev, den ich sehr schaetze. In seiner einfuehrung schreibt er:

    „Wenn wir uns jetzt die realen Probleme anschauen, also das, was dem Handeln und der gesellschaftlichen Organisation der Menschen eine solche Tragweite verleiht, daß wir heute vom Anthropozän sprechen, dann ist es nicht das Unbewußte, sondern die rationale Steuerung menschlichen Handelns, die diese Wirkungen erzeugt – direkt oder indirekt durch die rational geschaffenen Werkzeuge.“

    Das ist ja aehnlich zu dem, was auch Lutz angedeutet hat. Das halte ich fuer grundfalsch. Wuerde es der Rationalitaet folgen, dann kaeme die Irrationalitaet sofort zum vorschein. Es liegt tief in einem unbewussten folgen der seitlichen zaeune, gewissermassen kanaele, oder in der „Stampede“, wie Detlev es mal ausdrueckte. Dem vollstaendig getrieben sein. Sich dem direkten und indirekten zwang hinzugeben, weil es einfacher ist, koennen wir nicht mit Rationalitaet bezeichnen, auch wenn es oft propagandistisch als rational verkauft wird.

    Rational waere, wenn wir unser denken streng auf dem bedarf, dem notwendigen, das aus unseren materiellen lebensgrundlagen und materiellen existenzbedingungen sich herleitet, aufsetzen wuerden. Die farben und formen sind der Vielfalt zugewandt. Sind traditionell und erfahrungsbasiert tradiert, sind den klimatischen und topografischen bedingungen unterworfen. Auch der versuch, die Regression und Einfalt der Vielfalt entgegenzustellen, hat nichts mit Rationalitaet und Vernunft zu tun, sondern ist tief in der dogmatik und dem religioesen verwurzelt und wird unbewusst sich immer durchsetzen, wenn wir unser bewusstsein nicht schaerfen und klaeren.

    Aber am ende findet Detlev wieder zu sich selbst zurueck:
    „.. sondern wechselnde, neue Perspektiven zu suchen und zu verbinden, sich nicht auf einer Position auszuruhen oder gar zu verbarrikadieren.“

    Klaus-Peter schreibt:
    „Die Bioenergiegenossenschaft unbedingt in der Basis ODER im Überbau verorten zu wollen“ hat nichts mit Scholastik zu tun. Derartige formen der selbstorganisation sind immer der Basis zugeordnet. Nur in seiner dem Ueberbau zugewandtem ausdruck interagieren sie, mehr oder weniger, mit dem Ueberbau. Der ueberbau will sich immer einmischen. Seine aufgabe ist es, die interessen der privaten kapitalakkumulation geltend zu machen. Fuer den eigentlichen inhalt, den sowohl sozialen als auch technologischen anforderungen ist er nicht zu gebrauchen und liegt nur im weg rum. Er stoert und versucht, seine stoerung zu maximieren.

    Das dilemma ist ja in unseren debatten, dass eine fast kindliche naivitaet manchmal vorherrscht zum wesen des ueberbaus, das sich auf den staat fokusiert, waehrend die grundlage das spekulative geldsystem ist. Solange wir uns da nicht frei machen, werden wir immer im netz und an den faeden kleben und zappeln wie die fliegen im spinnennetz.

    Wenn wir konkrete formen der selbstorganisation in die hand nehmen, werden wir sofort damit konfrondiert. Wenn wir das aber als laestig empfinden, als nicht zutraeglich, werden wir uns nie aus dem netz befreien koennen. Das koennen wir wieder sehr gut sehen an den „Machern“ von Ken Jebsen:
    Die Macher: Jenni Energietechnik, 18.3.2018
    https://kenfm.de/die-macher-jenni-energietechnik/

    Ich glaube, bin aber nicht sicher, dass Theresa dies auch schon referenziert hat. Die grundlage fuer eine „Energiewende“ sind unsere lokalen technischen infrastrukturen. Nur mit kaufen aus den baumarkt oder direkt geht das nicht. Wir muessen, wenn wir anfangen, den gleichen weg wie Josef Jenni gehen. Nicht alle, aber alle, die daran interessiert sind. Und ein grosser anteil ist das studium der gesetze der natur. Allerdings sind die bedingungen in Deutschland doch deutlich guenstiger wie in Latein Amerika. In Spanien sieht das schon wieder ganz anders aus.

    Heute dominieren die „Konsumer Genossenschaften“. Eine zukunft haben nur die „Produktions Genossenschaften“. Der alte konflikt zwischen Ferdinand Lasalle mit Karl Marz und Friedrich Engels steht nach wie vor im zentrum. Und dies nicht nur bei uns in Deutschland oder im deutsch-sprachigen Raum, sondern ueberall.

    Wir koennen nicht erwarten, dass das eingespielte und rechtlich sanktionierte system sich offen haelt dafuer, dass die menschen es selbst organisieren koennen, wenn sie es wollen. Die agenten des Ueberbaus werden es nicht zulassen wollen.

    Rein technisch waere es einfach, ein netz der lokalen arbeitsgruppen fuer lokale generierung, speicherung und verteilung thermischer und elektrischer energie entstehen zu lassen. Wir koennen nicht davon ausgehen, dass die mehrheit der menschen dies aus einer rationalen erkenntnis in die tat umsetzt. Insofern koennen wir immer nur als saatgut, als keimlinge agieren. Allerdings muessen wir die bedingungen der anforderungen aus den gesetzen der natur als auch die systematische verhinderung aus dem politischen ueberbau zur kenntnis nehmen, um es beruecksichtigen zu koennen.

    Detlev hat wieder sehr gut zitiert:
    „Richard Buckminster Fuller: „If you want to teach people a new way of thinking, don’t bother trying to teach them. Instead, give them a tool, the use of which will lead to new ways of thinking.““.

    Diese „tools“ interpretiere ich als die konkreten anforderungen aus einem wunsch nach einer anderen lebensweise, die wir aus der erkenntnis der gesetze der natur loesen koennen. Das soziale und intellektuell reflektive entsteht notwendig von selbst. Das erkennen der konkreten anforderungen ist deutlich schwieriger, weil es der bewusstwerdung der widersprueche im Sein und dem mut zur selbstorganisation, also der Selbstermaechtigung zur Selbstorganisation, vorraussetzt. Hier setzen ja alle formen der „Verarmungstheorie“ an, die letztlich auf den zwang sich stuetzen. Ich halte das fuer falsch, auch wenn ich weiss, dass dies zuletzt immer wirkt.

    Unter dem gesichtspunkt von „Aufklaerung“ und zivilisatorischer entfaltung im gegensatz zur kulturellen Regression bis zur vollstaendigen Reduktion existiert ja ein handlungsraum, der ohne katastrofale zusammenbrueche funktionieren kann, wenn wir seine existenz-bedingungen ernst nehmen.

    mit dank und lieben gruessen, willi

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  10. willi uebelherr schreibt:

    Liebe freunde, ich will einige gedanken hier darlegen, wie ich sie mit der Rede von Herrn Putin am 1.Maerz und seiner Wahl zum Praesidenten verbinde.

    Die technologische entwicklung in Russland, die auch im militaerischen seinen ausdruck findet, reorganisiert das „Gleichgewicht des Schreckens“. Aber nicht nur.

    Detlev hat hierzu einen massiven einwand in unserem diskurskreis vorgebracht. Die angestrebte pluralitaet im globalen setzt die neutralisierung hegemonialer ansprueche voraus und daemmt deren akteure. Das personale chaos in Washington zeigt uns sehr gut die panikwirkung. Ebenso die billige heuchelei in England zu Skripal oder die versuche, chemische attacken in Syrien zu organisieren. Das ergebnis ist eine weitere selbstaufloesung und selbstzerfledderung.

    Die rede von Herrn Putin geht nur am ende auf die militaerischen konsequenzen ein. Und als ingenieur weiss ich sehr gut, dass dafuer ein tiefer umbau buerokratischer systeme, die mehr der varfaulung zugewandt sind, notwendig ist. Deswegen ist der erste teil so wichtig.

    Unsere vielen beobachter der beobachter realisieren das nicht, weil sie die inneren gesetzmaessigkeiten nicht verstehen und auch nicht verstehen wollen. Das bezeichne ich als „vorsaetzliche Ignoranz“. Ignoranz finden wir immer und ueberall. Vorsaetzlich interpretiere ich als bewussten ausschluss wirklicher vorgaenge, die im denken der akteure nicht existieren duerfen. Das bedeutet aber, dass zumindest eine ahnung darueber existiert, dass sich die verhaeltnisse doch deutlich veraendern und so langsam „aus dem Ruder“ laufen. Also, der kontrollierbarkeit sich entziehen.

    Die frage ist ja mehr, was machen wir damit. Schauen wir einfach nur zu, kommentieren wir, oder verstaerken den druck aus dem inneren. Von aussen existiert er bereits. Einfach nur recherchieren, was die anderen tun, nuetzt uns relativ wenig.

    Unser handlungsraum liegt in der herausnahme unserer materiellen lebensgrundlagen aus dem spekulativen geldsystem, weil es fuer uns den maximalen nutzen ermoeglicht und fuer unsere gegner den maximalen schaden erzeugt. Dies deshalb, weil hinter all den geschehnissen die private kapitalakkumulation mit ihren verschiedenen ausdrucksformen agiert und ihr apparat, der staat mit seinem virtuellen ueberbau, nur diesem zu dienen hat.

    Ich weiss, dass diesem ansatz die „Illusion von „der Staat sind wir““, siehe Daniela Dahn oder Dieter Dehm von „Die Linke“, massiv entgegensteht. Aber ich vermute, dass dies auch bei uns in iesem kreis dominant ist.

    Manche sprechen vom dritten weg, wenn es um das kommunale geht. ich spreche vom zweiten, weil fuer mich privat und staat das gleiche ist. Es geht also letztlich um das netzwerk der Kommunen, die eine region wie Deutschland gestalten. Kommunen sind lokale lebensgemeinschaften mit ihrer eigenen oekonomie, die sie unabhaengig machen und so auch die Grundlage fuer soziale und politische Selbstorganisation, die dann Unabhaengigkeit und Autonomie in der Gestaltung der lokalen Lebensweisen ermoeglichen.

    mit lieben gruessen, willi

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  11. fidelpoludo schreibt:

    Hallo Willi und Detlev MD:
    eine kleine „scholastische“ Anmerkung – mit Coda:

    Wenn ich schon das Privileg genieße, von Euch zitiert zu werden, schaut doch bitte öfter einmal genau hin. Detlev zitiert mich falsch, wenn auch möglicherweise nicht völlig sinnentstellend, aber zu der Erkenntnis, dass Technologie und Technik so einfach mit „materielle Wirklichkeit der Gesetze der Natur“ definiert werden können, bin ich noch nicht vorgedrungen, würde es vorziehen – mindestens, wenn es sich vermeiden läßt – Undurchdachtes nicht so einfach rauszuhauen (obwohl mir das bestimmt auch passiert).

    „Ich gebe dir ausdrücklich recht, dass Technologie oder Technik (nicht jedoch: ‚die materielle Wirklichkeit der Gesetze der Natur‘), richtig eingesetzt, ihren negativen Sinn verliert.“

    Willi zitiert das von Detlev falsch Zitierte als falsches richtig, was die Sache aber nicht viel besser macht, da die falsch zitierten Sätze in ihrer richtigen Form zuerst als Reaktion auf einen seiner Beiträge erschienen, er das falsche Zitieren also hätte bemerken können.
    In diesem Fall kein Drama. Aber solche Unkorrektheiten können unübersehbare Folgen haben, sich verselbständigen etc. Ihr versteht sicher, was ich meine.

    Also ich habe doch einige Bauchschmerzen bei der Gleichsetzung der verschiedenen Begriffe. Technologie ist nach meinem Verständnis zunächst eine Wissensform, nämlich eine wissenschaftliche, die sich als Produktionsmittel mittels Anwendung der Gesetze der Natur auf die materielle Wirklichkeit (Technik) auf diese auswirkt, verändernd in sie eingreift – und zwar mit manchmal durchaus unabsehbaren Folgen (Extremfall für die Menschheit: Auflösung der Biosphäre). Weshalb der „verantwortliche Umgang“ damit so bedeutsam wird.
    Vielleicht wäre darüber nachzudenken, was
    „verantwortlicher Umgang“ heißt.
    Vorschlag: Veränderung der Produktionsverhältnisse.
    Vergesellschaftung der wichtigen Produktionsmittel (Abschaffung des Privateigentums an den Schlüsselindustrien wie den digitalen Netzwerken)
    Alles noch grobschlächtig dahingeworfen, meint aber nichts anderes als
    Demokratisierung der Wirtschaft, in der und mit deren Hilfe und Antrieb Staat und Gesellschaft bestimmte Rollen einnehmen, die alle drei notwendigerweise in ihrem Rollenverständnis verändert, sich aber gemeinsam am gleichen einzigen verantwortlichen Leitspruch orientieren:

    „Of the People!
    For the People!
    By the People!“

    Grosse Worte – Ungelassen ausgesprochen.

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    • Detlev Matthias Daniel schreibt:

      Fidelpoludo, nur falls es noch einer Erklärung bedarf: Mein falsches Zitat geschah ja mit voller Absicht, um deutlich zu machen, daß Willis Aussage und deine Zustimmung offenbar nicht das gleiche meinen. Richtig: Diese Erkenntnis, daß Technologie und Technik so einfach mit Natur (ihre Materialisierung ist ja ihr Wesen) gleichgesetzt werden können, erschließt sich mir auch nicht. Aber davon hatten wir es mit Willi schon an anderer Stelle lang und breit.

      Üblicherweise wird ja Technik beschrieben als die Anwendung der Gesetze der Natur zum Nutzen des Menschen. Da ich es hier ja nun schon mal hatte von der Ein- und Mehrdimensionalität des Denkens und der Wirklichkeit, hier noch eine Anmerkung: Schon in der Ausdrucksweise „Naturgesetz“ steckt eindimensionales Denken und die Beschreibung meint ja auch nicht, daß wir Menschen uns an der Natur derart orientieren, daß wir uns ihren Gesetzen unterordnen (oder daß wir uns in ihr Wirken einordnen), sondern daß wir diese Gesetze (verbindliche, Zwangsregeln) anwenden, um das Geschehen zu zwingen, uns zu dienen. Ein mehrdimensional komplexeres, systemisches Denken, das ich meine, geht von einem umfassenderen, nicht linear zweckgerichteten Geschehen aus. Eine Vorstellung davon gewinnt man vielleicht, wenn man sich Fließbilder anschaut oder Wolkenformen also Formen am Übergang zwischen Chaos und Struktur. Die sich hier abzeichnenden Regeln lassen sich auch nicht linear-gesetzesförmig beschreiben. Aber genau das sind die wesentlichen Strukturen unserer Wirklichkeit in ihrem Werden und Vergehen. Also in dem Geschehen, in dem (unser) Leben stattfindet. Vielleicht könnte man als neues Modell (nach Buckminster Fuller: „build a new model that makes the existing model obsolet.“) statt „Anwendung der Gesetze der Natur zum Nutzen des Menschen“ formulieren „Handeln nach dem Verständnis der Natur zum Nutzen Aller.“ Das könnte dann vielleicht auch eine Brücke schlagen zu Willis „Definition“.

      Es juckt mich, hier noch eine abstrakte Betrachtung anzustellen zu den „Gesetzen“ der Natur. Dem Vernehmen nach haben die Theorien zur Entstehung unseres Kosmos einen Schwachpunkt. Die Entstehung eines über einen längeren Zeitraum relativ stabilen, sich strukturierenden Kosmos aus dem Urknall ist zwar möglich, aber so extrem unwahrscheinlich, daß die Theorie sich eigentlich selbst diskreditiert. Eigentlich wäre anzunehmen, daß es kurz nach dem Urknall wieder in sich zusammenstürzt oder aber in die vollständige Auflösung verpufft. Nun ist es generell müßig, sich den Kopf zu zerbrechen über die Wahrscheinlichkeit dessen, was bereits eingetreten ist. Die Krux scheint mir gleichwohl zu sein, daß die Wissenschaft, gefangen in ihrem linearen Denkmodell, die Gesetze der Physik als etwas Ewiges, statisch Persistentes versteht, dem folglich auch der Urknall unterworfen sein mußte. Was aber, wenn diese Gesetze sich erst aus einem chaotischen, völlig regellosen Geschehen autopoietisch systemisch herausgebildet haben? Nehmen wir z.B. einmal an, daß im Moment des heißen Plasmas, also des undifferenzierten Zustandes zwischen Energie und Materie auch andere Möglichkeiten der Strukturierung von Materie bestanden, als die uns bekannten atomaren Strukturen. Und vielleicht sehen diese Strukturen in zig Milliarden Jahren auch nicht mehr so aus wie heute? Können wir es wissen? Wenn sich eherne physikalische Gesetze irgendwann plötzlich auflösen, wenn wir nur tief genug in den Mikrokosmos vordringen – unterhalb einer bestimmten Ebene struktureller Organisation, dann könnte auch das als ein entsprechender Hinweis aufgefaßt werden.

      Nach Willis Verständnis ist das natürlich alles spekulativer Kram. Aber derart abstrakte Überlegungen haben beispielsweise Technologien hervorgebracht, die auch er als nützlich ansieht. Er tendiert dazu, die Dinge so eingrenzend zu interpretieren, daß am Ende nur noch die eine „richtige“ Anschauung und Option übrigbleibt. Eben die „Gesetze“ oder die „Wahrheit“, an die sich jeder halten muß. Auch wenn da sehr viel Reflexion und Arbeit drin steckt, also das Bemühen, die „richtigen“ Gesetze und Wahrheiten zu finden, habe ich zumindest den Verdacht, daß wir auf diese Weise die gewünschten Veränderungen nicht erreichen. Zwar gibt es sicher verschiedenste Ausprägungen eines auf linearem Denken basierenden Gesellschaftssystems, aber keines, das nachhaltig Freiheit (im nicht nur individuellen Maßstab) erzeugt. Scheint mir jedenfalls so. Streitpunkt ist da nicht, ob wir uns an unseren natürlichen Existenzbedingungen orientieren sollten, sondern eben das Verständnis, das unseren Weg, unser Vorgehen im Konkreten prägen wird und entscheidend sein wird für die Ergebnisse, die wir erzeugen. Ich sage nicht, Willi, das ist falsch. Ich meine nur, das hat wahrscheinlich Konsequenzen, die du selber nicht willst. Es sind vergleichbare Denkstrukturen, wie sie gesellschaftliche Veränderungen im polarisierenden politischen Richtungsstreit blockieren oder – wie hier schon diskutiert – aufklärende Auseinandersetzungen im ideologischen Streit.

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    • fidelpoludo schreibt:

      „Of the People! For the People!By the People!“
      Wenn keiner auf meine Stichworte eingeht:
      Alles muß man hier alleine machen (Achtung! Nicht Satire,
      sondern bloß provokative Übertreibung.):
      Wieder gar nicht so ganz andere nennen es:
      „Klassenlose Gesellschaft“
      Aber ihre angelsächsische Variante, die halbwegs ernst gemeint
      wohl nur bis Kennedys Tod eine Chance der Erwähnung hatte,
      ist nicht zu verachten und aufzugeben, fasst sie doch
      in genialer Einfachheit zusammen:
      1. Von wem die Initiative für ihre Einrichtung ausgeht.
      2. Für wen sie sie einrichtet.
      3.Dass sie ihre Kontrolle sowohl im Auge behält,
      als sich auch nicht wieder aus der Hand nehmen zu lassen gewillt ist.

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    • willi uebelherr schreibt:

      Liebe freunde, ja, ich bin immer begeistert, wenn ich eure gedanken lesen kann. Nicht, weil sie mir aufklaerung ermoeglichen, sondern, weil ich so den denkverlaeufen von freunden folgen kann.

      Es gibt bei diesen fragen eine fundamentale ausgangsbedingung. Unsere biografie, unser Sein im denken und tun, unser erfahrungshintergrund. Das wirkt mehr als alles andere.

      Ich neige zur vereinfachung, zur reduktion, um das fuer mich wesentliche empor steigen zu lassen. Vereinfachungen derart werden von geschulten denkerInnen sofort zurueckgewiesen. Es darf nicht einfach sein, sonst haetten ja alle diese titel und zertifikate keinen sinn. Sie sollen aber einen sinn haben, um daraus eine soziale skalierung erzeugen zu koennen.

      In meinem denken steht der „Proletarier“ an erster stelle. Nicht der, der sich in massen verkauft, um dann im supermarkt seine ernaehrung zu kaufen. Das hat mit dem, was den begriff „Proletarier“ fasst, nichts zu tun. Das ist die Detlev’sche Stampede, der regressive Konsumismus.

      Ich halte auch nichts von dem slogan „Vergesellschaftung der Produktionsmittel“. Dagegen halte ich sehr viel von Selbstermaechtigung zur Selbstorganisation. Und an dieser stelle stehen wir eigentlich. Klaus-Peter will nun die tiefe debatte auf die seichte ebene ziehen. Dem folge ich nicht.

      Clara geht einen anderen weg. Sie versucht, im rahmen des ihr moeglichen, die lebensweise selbst zu bestimmen. In allen unseren debatten wird dieser punkt in den hintergrund geschoben. Ganz bewusst, oder vielleicht doch eher unbewusst?

      In unserem kreis habe ich immer folgende methode vorgeschlagen.
      Wir bestimmen unsere ziele und visionen so, als koennten wir alles tun. Damit treten unsere traeume hervor.
      Wir erkennen die distanz von dem, was heute ist und dem, was sein soll.
      Wir suchen fuer uns gehbare wege, um von unserem heute in unsere zukunft zu kommen.

      Das zentrale element ist die oekonomische unabhaengigkeit und nicht eine irgendwie geartete kritik am bestehenden. Weil wir dezentralisiert leben, muss notwendig unser tun hoch dezentralisiert werden. Menschen in Muenchen oder Berlin oder Bruessel koennen nicht bestimmen, wie die menschen in Oberbayern leben und leben wollen. Die menschen in Oberbayern koennen nicht bestimmen, wie die menschen in Brandenbug oder im Rheinland leben oder leben wollen.

      Meine definition des begriffs Technologie ist darauf gegruendet, dass wir die einfachheit der zusammenhaenge erkennen, auch wenn es selbst in einem grossen raum eingebettet ist. Der hintergrund oder die beschleunigung war fuer mich Albert Einstein: „Das Geniale ist immer einfach“.

      Als jahrelanger konstruktionsingenieur fuer prozesstechnologie und technische informatik weiss ich in etwa, worauf es ankommt, um unabhaengig werden zu koennen. In Latein Amerika sind ja nicht die mangelnden resourcen entscheidend, sondern der fehlende wille. Und wenn der nicht existiert, koennen wir sowieso nichts machen, weil es immer die menschen selbst tun muessen.

      Das dilemma liegt nun darin, dass das kapitalistische system mit dem konsum-wahn die menschen einfangen will, solange es geht. Ich dagegen komme mit anforderungen zur selbstorganisation, zum selbstaendigen studium, zum nachdenken und experimentieren.

      Friedrich, auch „Fritz the Cat“ sich nennend, hat einen grossartigen text uebersetzt:
      Migranten erwünscht – Wozu?
      Dmitry Orlov, 22.03.2018
      https://www.theblogcat.de/uebersetzungen/migranten-erw%C3%BCnscht-wozu/

      Fritz the Cat ist wieder extrem aktiv mit uebersetzungen aus dem englischen. In diesem text wird klar, dass es um immer kleiner werdende regionen des organisierten Konsumismus geht. Der rest wird zerstoert, entvoelkert, und steht als freie rohstoffquelle zur verfuegung. Und wir sehen die brueche, die mit der „Multi-Polaritaet“ entsteht. Das ist auch der grund fuer den extremen schwachsinn und das extreme Idiotentum, was wir heute im „Westen“, dem Nato++-Block mit seinen 68 staaten, erleben. Nur, dieser block ist nicht homogen.

      Wir suchen keine monotonie und keine homogenitaet. Wir suchen die Vielfalt, die dann die Kooperation ermoeglicht. Aber in kooperationen koennen nur aktive menschen agieren. Das ist auch der grund, warum sich die kooperation so schwer tut. Es gibt nur wenige menschen, die aktiv agieren wollen.

      mit lieben gruessen, willi

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  12. Pingback: John Donne und vorsätzliche Ignoranz | opablog

  13. Theresa Bruckmann schreibt:

    „Wir können eine Welt gestalten, wie sie die Welt noch nie gesehen hat“ – Vor 50 Jahren wurde Rudi Dutschke Opfer eines Attentats.

    „Wir wissen“, fuhr Rudi fort, „dass im Augenblick nur Minderheiten aufgeklärt werden können, aber Minderheiten, die geschichtlich die Chance haben, Mehrheiten zu werden.
    Geschichte sollte nicht mehr als Kette gesetzmäßig ablaufender Ereignisse begriffen werden, sondern als ein Feld von Möglichkeiten, die sich realisieren lassen, wenn die Menschen sich ihrer bewusst werden und für sie kämpfen. Er las natürlich auch das Buch, das Johannes Agnoli und Peter Brückner gemeinsam verfasst hatten, das „Transformation der Demokratie“ hieß und aus dem die Revolte ihre Argumente gegen Parlamentarismus und bürgerliche Demokratie bezog. Die 68er-Bewegung erweckte den Rätegedanken und die Idee der Selbstverwaltung zu neuem Leben und versuchte, an die Traditionen und Diskussionen der frühen Weimarer Jahre anzuknüpfen. https://www.nachdenkseiten.de/?p=43121

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    • willi uebelherr schreibt:

      Liebe Theresa, meinen grossen dank fuer diesen link.

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    • Theresa Bruckmann schreibt:

      Was natürlich heute wie ein riesiger Schatten über allem liegt,
      ist die Finanzkrise, die Umweltkrise und diese irre Kriegsführung.
      Irgendwie war damals die Luft freier zum Atmen.
      Sie haben sich noch gar nicht hierzu geäußert:
      https://www.rubikon.news/artikel/brockelnde-phalanx
      Noch ein LiNK:
      https://www.heise.de/tp/features/Die-Globalisierung-verstehen-3991082.html

      Übrigens teile ich alle Meldungen dieser Art in das folgende Schema ein:
      Davos – Verführungsstrategie (Dazu zählt Nugging, und diese Smart-Techniken, die uns das Leben vereinfachen sollen, aber doch auch kontrollierbarer machen).
      Hierzu zählt z.B. dieses:
      https://www.rubikon.news/artikel/orwell-3-0
      https://www.rubikon.news/artikel/der-mensch-bleibt-analog

      Davos – Machtausübung mittels Druck und (Staats)-Gewalt
      https://www.rubikon.news/artikel/moderne-sklaverei

      Porto Alegre
      vertikal (innerhalb einer (hierarchischen) Struktur
      Dazu könnte dieses zählen:
      https://kenfm.de/uno-weltwassertag-2018/
      oder auch dieses:

      https://www.schweiz.attac.org/aktualitaet/weltsozialforum-2018-in-salvador-bahia-brasilien/

      Porto Alegre
      horizontall (dezentrale lokale Projekte mit und ohne Einbindung in eine Dachorganisation)

      Ich bin jetzt allerdings unsicher, ob das Bioenergieprojekt, dem Clara S angehört,
      hierzu gezahlt werden möchte.

      Entlehnt ist dieses Schema Prof. Wallerstein

      ab Minute 14:20 zu Davos und Porto Alegre
      ab Minute 17:00 erklärt er den Horizontalismus.

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    • Lutz Lippke schreibt:

      „Die ganze Oppositionsbewegung krankt zurzeit daran, dass sie eine konkrete Utopie noch nicht ausgemalt hat . Das zu tun, ist die wichtigste Aufgabe der kritischen Theorie – gerade jetzt in der Zeit der sehr, sehr langen und komplizierten Übergangsperiode, die bestimmt wird durch den Kampf gegen die bestehende Ordnung .“
      ( Rudi Dutschke 1967)

      Von der Aufbruchstimmung und Politisierung der 68ziger und auch deren Gegenpolen scheinen wir derzeit weit entfernt zu sein. Eher sind die Gegenpole im Aufbruch und Vormarsch. Der Artikel ist wirklich lesenswert.
      Was mich allerdings stört, ist die Selbstverständlichkeit, mit der das letztliche Scheitern des Großprojekts humaner Sozialismus dem politischen Gegner und den verkorksten Knechten angelastet wird. Das vermeidet einerseits einen kritischen Blick auf eigene Beschränktheit und Fehler. Andererseits ermöglicht es die Fortschreibung der Schuldigkeit in Richtung der heutigen „Unpolitischen“. Darin liegt ein grundsätzlicher Widerspruch. Denn entweder ist das Unpolitische nicht politisch oder es ist nicht unpolitisch. Die Frage zur vorsätzlichen Ignoranz sollte also in beide Richtungen gehen.
      Eine offene Frage ist für mich auch, ob es EINE kritische Theorie und Utopie geben kann, die in einer fiktiv aufnahmebereiten, nicht voreingenommenen Öffentlichkeit alle wesentlichen Fragen und Themen abhandeln könnte. Das wäre ja eine Bedingung an den Sender vor der folgenden Bedingung an den Empfänger. Ich bin da sehr pessimistisch und das hängt gerade nicht (nur) mit der Sicht auf die Empfänger zusammen. Die Vorstellung, dass man ein theoretisches oder ein handlungsorientiertes Prinzip für Alles ausdenken und praktizieren kann, widerspricht meiner Lebenserfahrung. Es läuft nicht wie Willi propagiert nur auf Lokalität der durchgreifenden Prinzipien zu grundsätzlichen Gesetzmäßigkeiten, sondern auf eine große Auswahl von allgemein theoretischen bis konkret praktischen Dimensionen, die ihre Überzeugungskraft und Anwendbarkeit in konkreten Kontexten, dem Leben wie es ist oder sich jedem Einzelnen darstellt, nachweisen müssen. Die Entscheidung für oder gegen eine Sicht oder Handlung bleibt demnach zunächst subjektiver Teil der Selbstorganisation des sich Positionierenden und bewirkt nicht die objektive Qualifizierung der Sichtweise oder Handlung. Dem Demokratieprinzip liegt die Vorstellung zugrunde, dass eine Mehrheit von Beteiligten im Schnitt bessere und ausgleichendere Entscheidungen trifft als eine Elite der Wissenden und Besonderen. Der Umstand, dass sich die Vertreter von elitären Verhältnissen (noch) mit dem Mäntelchen Demokratie und Rechtsstaatlichkeit tarnen müssen, spricht für die Überzeugungskraft dieser Pinzipien, die Manipulation nicht gegen diese Prinzipien, sondern für die fatale Achtlosigkeit Derjenigen, die sich (angeblich) tatsächlich diesen Prinzipien verpflichtet fühlen. Im Artikel werden Vermutungen angestellt, wie sich Dutschke heute positioniert hätte. Entscheidender ist aber die Frage, warum zur SDS-Zeit die Fokussierung und Abhängigkeit einer gemeinschaftlichen Selbstorganisation auf Ausnahmeerscheinungen wie Dutschke nicht überwunden werden konnte. Die Antwort könnte darin liegen, dass Dutschke ein begeistender Akteur auf allen Gebieten war, aber auch darin, dass er integriert hat, was sich an der bierernsten Frage des Richtigen, des „einzig Wahren“ begeistert spaltet und gegenseitig lähmt.
      Ähnliche Vorgänge beherrschen auch heute unsere Auseinandersetzungen zwischen Realos und Fundis, zwischen Machern und Kritikern des Machens, zwischen aktiven Angepassten und deaktivierten Unangepassten.

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      • fidelpoludo schreibt:

        „Der Umstand, dass sich die Vertreter von elitären Verhältnissen (noch) mit dem Mäntelchen Demokratie und Rechtsstaatlichkeit tarnen müssen, spricht für die Überzeugungskraft dieser Pinzipien, die Manipulation nicht gegen diese Prinzipien, sondern für die fatale Achtlosigkeit Derjenigen, die sich (angeblich) tatsächlich diesen Prinzipien verpflichtet fühlen.“
        Bravo, Lutz Lippke! Das ist „dialektische Logik“ vom Feinsten. Bloch hätte es kurz auf die Formel gebracht: „Tribut des Lasters an die Tugend.“

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  14. Theresa Bruckmann schreibt:

    Was natürlich heute wie ein riesiger Schatten über allem liegt,
    ist die Finanzkrise, die Umweltkrise und diese irre Kriegsführung.
    Irgendwie war damals die Luft freier zum Atmen.
    Sie haben sich noch gar nicht hierzu geäußert:
    https://www.rubikon.news/artikel/brockelnde-phalanx
    Noch ein LiNK:
    https://www.heise.de/tp/features/Die-Globalisierung-verstehen-3991082.html

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  15. Theresa Bruckmann schreibt:

    Übrigens teile ich alle Meldungen dieser Art in das folgende Schema ein:
    Davos – Verführungsstrategie (Dazu zählt Nugging, und diese Smart-Techniken, die uns das Leben vereinfachen sollen, aber doch auch kontrollierbarer machen).
    Hierzu zählt z.B. dieses:
    https://www.rubikon.news/artikel/orwell-3-0
    https://www.rubikon.news/artikel/der-mensch-bleibt-analog

    Davos – Machtausübung mittels Druck und (Staats)-Gewalt
    https://www.rubikon.news/artikel/moderne-sklaverei

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    • fidelpoludo schreibt:

      „… oder Barbarei!“ – TINA oder TAPAS! – Davos oder Portoalegre!

      Hallo Theresa,
      Diese Einteilung Davos – Portoalegre hat mich auch überzeugt bei Wallerstein.
      Wollte ich auch in Erinnerung bringen. Sie haben den Hinweis auf Portoalegre, den Sie im Sinne hatten, aus irgendeinem Grund dann aber vergessen, obwohl Sie das Schema angedeutet haben. Deshalb stelle ich es noch einmal in Wallersteins Worten komplett vor:

      „Ich benutze diese Sprache, um die beiden Richtungen zu beschreiben, die man an dieser historischen Wegkreuzung einschlagen kann. Der Geist von Poroalegre ist die Einstellung, die zu einer verhältnismäßig demokratischen und egalitären Welt führt, während der Geist von Davos die Geisteshaltung beschreibt, die nach einer Struktur sucht, in der die Vorteile der privilegierten Minderheit des alten Systems mit neuen Mitteln wieder hergestellt werden sollen. Dies könnte noch weit schlimmer ausfallen als das gegenwärtige System. Es wird auf jeden Fall keine Besserung bringen.“

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      • Theresa Bruckmann schreibt:

        Danke fidelpoludo,
        ich habe einen Beitrag eingegeben.
        Weil der zu viele LINKS enthielt, blieb er im Netz hängen.
        Als ich das bemerkte, zerschnitt ich den Beitrag in 3
        ungefähr gleich große Teile.
        Jetzt erst sehe ich, dass sie als 3 scheinbar völlig von einander
        unabhängige Beiträge dastehen.
        Also es geht um das von Wallerstein entlehnte Schema:
        Davos – Durchsetzung des Elitenprojekts
        einmal weich, durch Verführung, Nuging, versprochene Reformen
        oder aber durch Gewalt und Druck (Hartz IV mit seinen Sanktionen
        zähle ich dazu)..

        Auf der anderen Seite
        Porto Alegre mit vertikaler Struktur

        Horizontalismus.

        Aus dem Wallerstein-Video (schon mehrfach auf dem Blog)

        Ab 10:34 Minute Sie unterscheiden zwischen einem Geist von Davos und einem
        Geist von Porto Alegre. Bitte erklären Sie, was Sie damit meinen.
        Ich benutze diese Sprache, um die beiden Richtungen zu be-
        schreiben, die man an dieser historischen Wegkreuzung ein-
        schlagen kann.
        Der Geist von Porto Alegre ist die Einstellung, die zu einer ver-
        hältnismäßig demokratischen und egalitären Welt führt, während
        der Geist von Davos die Geisteshaltung beschreibt, die nach ei-
        ner Struktur sucht, in der die Vorteile der privilegierten Minderheit
        des alten Systems mit neuen Mitteln wiederhergestellt werden
        sollen. Dies könnte noch weit schlimmer ausfallen, als das gegen-
        wärtige negative System. Es wird auf jeden Fall keine Besserung
        bringen.
        Können Sie etwas zu den inneren Abspaltungen der Davoser
        Richtung sagen?
        Sehen Sie, es gibt in beiden Lagern jeweils 2 Strategien, die mit-
        einander im Streit liegen.
        Im Lager der Davoser gibt es einen Richtungsstreit zwischen
        denen, die die Technik der gewaltsamen Unterdrückung bevorzu-
        gen und denen, die die Technik der Verführung durch Pseudo-
        reformen favorisieren, die für die Menschen des anderen Lagers
        möglicherweise attraktiv sein könnten.
        Das Lager von Porto Alegre dagegen ist gespalten zwischen den
        Horizontalisten und den Vertretern eines wiederbelebten Vertika-
        lismus. Es gibt also tatsächlich 4 Strömungen und damit ist es
        nicht leicht, die Lage zu verstehen, einzuschätzen und zu analy-
        sieren. Das führt zu weiterer Verwirrung. Aber so sieht die Wirk-
        lichkeit nun einmal aus. Wir leben in einer sehr komplizierten
        Welt, in der es schwierig ist, zu erkennen, was wir tun wollen, und
        wie wir es tun sollen. Und das alles in einer Situation mit ungewis-
        sem Ausgang. Wir können schlicht nicht wissen, wer siegen wird.
        Wir können nur hoffen und arbeiten, damit unsere Seite gewinnt.

        So weit Wallerstein.
        Nun könnten wir ja alles was wir lesen, planen machen danach beurteilen, inwieweit sie das Davoser Ziel befördern bzw. inwieweit es uns in Richtung Porto Alegre führt.
        Wenn wir nun: ein jeder an seinem Platz alle Entscheidungen nach diesen beiden Zielen
        befragen, haben wir einen Kompass in der Hand, der uns sagt: Stopp, falsch! oder
        weiter in diese Richtung.
        Die Ziele findet die Gemeinschaft in einem demokratischen Willensfindungsprozess auf
        allen Feldern unserer Gesellschaft.
        Ob dabei Gemeinwohlmatrix, -Bilanz oder andere von einer Gruppe selbst gesteckte Ziele Orientierung geben sollen?
        Aber wir brauchen auch die vertikale Struktur (Mikro – Makro).
        Bei Clara Simon fand ich den LINK, dem ich den Satz entnahm:
        „Natürlich ist die Verteilungsfrage elementar wichtig und kann nicht durch Regenbogen-Politik und politisch korrekte Sprachregelungen ersetzt werden.“ (wobei ich nicht weiß was ‚Regenbogen-Politik‘ heißen soll. Claras Bioenergieerzeugungsgenossenschaft
        jedenfalls kann man nicht so verniedlichen. Diese Initiative würde ich dem Horizontalismus zuordnen (weil ein Dachverbund weder notwendig noch hinreichend ist, gleichwohl nützlich, wie wir sehen konnten).
        Was Heinz Bontrups Engagement betrifft, würde ich ihn mit seinen Forderungen ‚Demokratisierung der Wirtschaft‘, ‚Arbeitszeitverkürzung‘ z.B. dem Vertikalismus zuordnen. Seine Forderungen haben Adressaten in der Politik, bei den Gewerkschaften. Gleichzeitig wendet er sich aber vor allem auch als Aufklärer an alle.

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        • fidelpoludo schreibt:

          Hallo Theresa,
          bei Bontrup sehe ich das ähnlich wie Sie. Zwar ist sein Ziel eindeutig „Demokratisierung der Wirtschaft“, das würde auch heißen „Horizontalismus“ bzw. Portoalegre. Vielleicht kenne ich noch nicht alle seine Vorschläge, dorthin zu gelangen, aber die er nennt, sind eher vertikaler Art, das stimmt schon. Als „Aufklärer“ wirkt er „horizontal“, indem er demokratische Mehrheiten schaffen will, die sich für vertikale Reformen (Arbeitszeitverkürzung, die zwar von den Lohnabhängigen gefordert werden könnte, aber weiter oben eben beschlossen werden müßten) einsetzen. Möglicher- und wahrscheinlicherweise ist das – wenn er einmal eingeschlagen werden sollte – der schnellere und realistischere Weg. Auch wenn sich in diese Richtung kaum etwas zu bewegen scheint. (Ob ihn die Verleihung eines Verdienstkreuzes darüber hinwegzutrösten vermag, möchte ich doch sehr bezweifeln. Wie ich ihn zu kennen glaube, hätte er gerne darauf verzichtet, wenn nur ein paar seiner Vorschläge von der Seite berücksichtigt worden wäre, die ihn zynischer Weise für seine „aufklärerischen Verdienste“ jetzt ausgezeichnet hat.)
          Richard Wolffs Weg der Strukturveränderungen von der Basis her und ihrem Umbau hält Bontrup wahrscheinlich, wenn nicht für utopisch (im Sinne von unmöglich), dann doch wahrscheinlich für so langatmig, dass diese Art des Emanzipationsprozesse von geschickter Intervention und Subversion der Davoser Seite jeder Zeit wieder ab- oder unterbrochen werden könnte. Wolff allerdings fährt auch letztenendes zweigleisig und hätte gegen eine Beihilfe und Unterstützung vom Staat und Gesetzgeber mit Sicherheit nichts einzuwenden. Wahrscheinlich auch nichts gegen Arbeitszeitverkürzung. Ihm wäre es aber lieber, wenn die Arbeiter in den Betrieben das selbst beschlössen und vor Ort durchsetzten.

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          • fidelpoludo schreibt:

            Zur Verleihung des „Bundesverdienstkreuz am Bande“ an Professor Bontrup dürfte jedem, der ihn kennt und weiß und erfahren hat, wie er sich den Mund fusselig geredet hat, um die herrschende ökonomische „Undenkweise“ zu kritisieren, bei Zurkenntnisnahme der Begründung: „sein lebenslanges Engagement im wirtschaftswissenschaftlich-sozialpolitischen Bereich und seine umfangreich ehrenamtliche und bundesweite Aufklärungsarbeit in sozialpolitischen und wirtschaftlichen Fragen ( „Die Tätigkeit von Herrn Professor Bontrup dient neben einer langen Liste seiner Publikationen in den öffentlichen Medien im besten Sinne der ,ökonomischen Alphabetisierung‘ breiter Bevölkerungskreise„) auf- und einfallen,
            dass die „Breite der Bevölkerungskreise“ sich spätestens bei den für seine Gebiete zuständigen akademischen Sachverständigen wie regierenden Wirtschaftsministern und -fachleuten dermaßen verengt hat, dass nichts mehr durchgedrungen sein kann;
            dass „Aufklärung“ wie ökonomische „Alphabetisierung“ entweder völlig fruchtlos blieben, weil sich nicht erkennen läßt, dass sie irgendetwas unternommen haben, das bewiese, dass sie aus seiner Aufklärungsarbeit und ökonomischen Alphabetisierung die notwendigen Konsequenzen zu ziehen bereit gewesen wären (sie also unaufgeklärt und analphabetisch sich anmaßen, ihren Lehrer zu verhohnepiepeln) oder aber – was näher liegt -, dass sie ihn dafür auszeichnen, dass diese unerwünschte Aufklärung sich eben nicht verbreitet und die notwendigen Folgen nach sich gezogen hat.
            Es tut mir leid! Eine Laudatio, die darauf nicht zu sprechen kommt, sollte man in die Tonne kloppen! Zum Glück habe ich die Laudatio nicht gelesen und brauche deshalb keine Namen nennen.

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  16. Theresa Bruckmann schreibt:

    Porto Alegre
    vertikal (innerhalb einer (hierarchischen) Struktur
    Dazu könnte dieses zählen:
    https://kenfm.de/uno-weltwassertag-2018/
    oder auch dieses:

    https://www.schweiz.attac.org/aktualitaet/weltsozialforum-2018-in-salvador-bahia-brasilien/

    Porto Alegre
    horizontall (dezentrale lokale Projekte mit und ohne Einbindung in eine Dachorganisation)

    Ich bin jetzt allerdings unsicher, ob das Bioenergieprojekt, dem Clara S angehört,
    hierzu gezahlt werden möchte.

    Entlehnt ist dieses Schema Prof. Wallerstein
    https://videogold.de/immanuel-wallerstein-die-globale-systemkrise-und-der-kampf-um-eine-postkapitalistische-welt/

    ab Minute 14:20 zu Davos und Porto Alegre
    ab Minute 17:00 erklärt er den Horizontalismus.

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    • willi uebelherr schreibt:

      Liebe Theresa,
      ich bin dem Welt Sozial Forum gegenueber sehr kritisch, weil sie zur Palaestina-Frage vollig versagt haben. Der grund: Attac-de/at/fr haben strikt geblockt ebenso wie all die sonstigen geldgeber. Insofern ist das nur billiges theater.

      In der globalen WSF-discussion liste bin ich auch rausgeflogen, weil ich das selbstbestimmungsrecht der PalaestinenserInnen offen einfordere, was notwendig die aufloesung von Israel beinhaltet.

      Aehnlich sieht es ja mit dem UN-wasserprojekt „Water Day“ aus. Mit sicherheit eine richtige aktion, aber mit den falschen akteuren und deshalb falschen schwerpunkten. Dazu habe ich in unserem kreis geschrieben:

      ————————————-
      IPS Daily Report, 21.03.2018
      http://www.ipsnews.net/newsletters/sent/ipsnews-gn-1803212026.html

      World Water Day – Nature for Water
      By IPS World Desk, 19.03.2018
      http://www.ipsnews.net/2018/03/world-water-day-22-march/

      Liebe freunde,

      eine liste von texten zum thema Wasser ist auf der seite von IPS News zusammengefasst (1. link). Im haupttext „World Water Day – Nature for Water“ (2. link) lesen wir:
      „Environmental damage, together with climate change, is driving the water-related crises we see around the world. Floods, drought and water pollution are all made worse by degraded vegetation, soil, rivers and lakes.“

      „Environmental damage“, Umwelt Zerstoerung, ist ja richtig. Und „climate change“, Klima Veraenderung? Woher kommt sie anders als aus der Umwelt Zerstoerung neben den langfristigen aenderungen? Einer der zentralen zerstoerungen ist die waldzerstoerung. Da gibt es klare akteure.

      Wenn die akkumulationsfaehigkeiten nachlaessen und die extremen thermischen kraefte durch solare reflektion zunehmen, haben wir 2 wichtige ergebnisse.

      1) der freie fluss der ozeanischen wasserkondesate in den wolken kann sich nicht mehr frei ausbilden (Passat Winde).
      Passat (Windsystem)
      https://de.wikipedia.org/wiki/Passat_(Windsystem)

      2) wenn es dann mal regnet, kann das wasser nicht mehr zurueckgehalten werden, um langsam abzufliessen.

      Die Passat-Winde ruhen auf der drehung der erdkugel in oestlicher richtung, der die atmosphaere nicht gleichzeitig folgen kann. Von einem punkt auf der erdkugel aus betrachtet entstehen relative West-Winde, die zum Aequator hin wegen der hoechsten umfangsgeschwindigkeit maximal werden.

      Klimatische aenderungen haben wir natuerlich immer, weil die ausrichtung der erdachse, der abstand zur sonne und die sonnenaktivitaeten nicht konstant sind.

      mit lieben gruessen, willi
      Asuncion, Paraguay
      ——————————-

      Wir sollten uns im klaren sein, dass nur wir selbst das problem „Wasser“ auf diesem planeten loesen koennen. Und das gleiche gilt auch fuer die telekommunikation, die dafuer existenziell wichtig ist.

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    • fidelpoludo schreibt:

      Liebe Theresa,
      hier dürften Sie sich vertippt haben, denn einmal nennen Sie „Porto Alegre“ (nebenbei übersetzt: „der fröhliche Hafen“) „vertikal (innerhalb einer (hierarchischen) Struktur und einige Zeilen weiter „horizontall (dezentrale lokale Projekte mit und ohne Einbindung in eine Dachorganisation)“.
      Aber wer nicht ganz auf den Kopf gefallen ist, dürfte sich klarmachen können, dass „vertikal“ sich auf „Davos“ beziehen muss, wie Sie es 25. März 2018 um 01:49 einige Zeilen höher richtig bezeichnet haben.

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      • Theresa Bruckmann schreibt:

        Wallerstein
        unterscheidet
        Davos das Eliten-Projekt, die ihre Vorherrschaft zu erhalten sucht.
        Das geschieht auf zweierlei Weise, nämlich soft (durch Verführung
        man stellt Reformen in Aussicht, dann Nuging)
        ODER aber durch Repression: Druck, Zwang, (Unterdrückung, Polizei etc.)

        Porto Alegre ist die Gegenbewegung (jetzt ist ihr Forum gerade in Salvador zu Ende
        gegangen (der Schwung scheint raus zu sein)

        Hier unterscheidet Wallerstein.
        eine vertikale Struktur

        und eine horizontale Struktur (Horizontalismus).

        Er behauptet, die LINKE habe verloren, weil sie allerlei linke Strömungen in eine
        einheitliche Struktur zwang, anstatt verschiedene unterschiedliche und ähnlich
        Verbände Parteien zuzulassen). Nicht jeder, der ein linkes Projekt fördert, möchte auch gleichzeitig in eine straffe Top-Down-Struktur. Das sind jetzt auf die schnelle meine
        eigenen Worte.
        Er erklärt diesen Misserfolg im selben Video, und zwar in dem Zusammenhang, warum er für diesen Horizontalismus Partei ergreift.

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  17. willi uebelherr schreibt:

    Liebe freunde, „vorsaetzliche Ignoranz“ ist ja ein gutes thema. Clara S. meint, dass wir ohne „vorsaetzliche Ignoranz“ nicht leben koennen und hat als beispiel die Sinti/Roma-situation angefuehrt. Palaestina, Namibia und Suedafrika koennen wir auch gleich mit dazu nehmen. Und so manche regionen ebenfalls.

    Ich will hier auf einen kurzen text von RTde aufmerkasam machen.
    Expertengespräch mit RT: 25.3.2018
    „Es ist nur eine Frage der Zeit, bis der Euro zusammenbricht“
    https://deutsch.rt.com/meinung/67297-expertengespraech-mit-rt-umstieg-auf-gold-laesst-totenglocke-fuer-euro-ertoenen/

    Darin lesen wir:
    „Laut Grass könne nur ein Idiot der Ansicht sein, dass man Reichtum aus dem Nichts schaffen kann und dies als Grundlage für ein nachhaltiges System nutzt.“

    Das ist ja „vorsaetzliche Ignoranz“ in reinster form.
    Und ein irgendwie gearteter goldstandard dient nur der erhaltung der spekulationsblase und sieht irgendwie, fuer manche, nicht ganz so verbloedet aus.

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    • Detlev Matthias Daniel schreibt:

      „Clara S. meint, dass wir ohne „vorsaetzliche Ignoranz“ nicht leben koennen.“ Ach Willi, wo hast du den das schon wieder her? Ignoranz, ja, das ist ein Thema, aber die Unterstellung des Vorsatzes scheint mir dann doch eher ein rhetorisches Mittel auf der Suche nach Erklärungen für ein anscheinend paradoxes Phänomen. Die selbstverschuldete Unmündigkeit der Menschen ist gleichwohl nicht mit Vorsatz gleichzusetzen. Nur weil dein Lebensweg dich zu einem (vielleicht auch nur bereichsweise) größeren Bewußtsein geführt hat, zielt ein anderer Weg, selbst wenn er auf bewußter, also vorsätzlicher Entscheidung beruht, sicher nicht auf Ignoranz. ‚Vorsätzliche Ignoranz‘, also die bewußte Entscheidung gegen das Bewußtsein – dieses Begriffspaar ist an sich schon ebenso paradox wie das Phänomen, das damit bezeichnet werden soll. Wir sollten es nicht als Kampfbegriff einsetzen, um Aussagen anderer disqualifizieren zu wollen.

      Bewußtsein – auch in seiner negativen Ausprägung als Ignoranz – ist immer Komponente eines komplexeren Systems und nur aus diesem wirklich zu verstehen. Ausgeblendet bzw. nicht enthalten ist i.d.R. das, was der bestehenden Erklärung widerspricht (Verdrängung) oder was für sie nicht notwendig erscheint (Vereinfachung). Meist gehen diese zwei Aspekte Hand in Hand.

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  18. Lutz Lippke schreibt:

    Horizontal/Vertikal kann man doch ganz pragmatisch mit umgehen. Jedes einzelne Projekt der Selbstorganisation hat mindestens Erfahrungswerte in diesen Lagen. Unser spontanes Diskussionsprojekt mit seinen Höhen, Tiefen, Längen und Kürzungen bildet das selbst ab. Hierarchisch ungebundene Diskutanten nutzen eine Plattform, die opablog in einem hierarchischen System eingerichtet hat. Spätestens wenn Reichweite und Engagement ein erhebliches Maß annehmen würden, gäbe es die Notwendigkeit diese Spontanität durch konkrete Entscheidungen in die eine oder andere Richtung zu fokussieren. Dabei gäbe es sicher Bruchlinien und auch Kontroversen. Mit diesem Wissen, kann man den Blick von sich wieder auf andere richten.

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    • fidelpoludo schreibt:

      Klar! Sollte man auch ganz pragmatisch mit umgehen.
      Eine Plattform anders als in einem hierarchischen System einzurichten, ist das möglich?
      Und wenn ja, was sollte das bringen. Ein solches Beispiel als wirklich funktionierendes kenne ich noch nicht, wenn es nicht chaotisch werden soll.

      Gefällt 1 Person

      • Lutz Lippke schreibt:

        Technologisch ist diese Zukunft in P2P-Netzen zu suchen, ein heutiger Forschungsschwerpunkt der ITK-Wissenschaften und keineswegs trivial. https://de.wikipedia.org/wiki/Peer-to-Peer

        Der Wikipedia-Artikel bezieht sich allerdings weitgehend auf Overlay-Systeme, die die P2P-Anwendung auf der verfügbaren Client-Server-Struktur des Internets aufsetzt.
        Freifunk als WLAN-Router-Netz ist dagegen grundsätzlich wohl ein strukturiertes P2P-Netzwerk, womit letztlich auch wieder eine allem übergeordnete Instanz (Verteilte Tabellen) wirkt. Die Verteilung der zentralen Organisation auf möglichst viele Peers soll für Resistenz gegen Ausfälle und Manipualtion sorgen. Die absolut freie, für Alle anwendbare und zugleich vertrauenswürdige technische Vernetzung ist wohl noch Zukunftsmusik. Es sei denn, Willi wurde nur nicht erhört. (Kleiner Scherz zur Aktivierung ohne boshaftem Hintersinn).

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  19. willi uebelherr schreibt:

    Liebe freunde, ich war mir nicht klar, ob ich nun diesen kommentar hier oder zu den neuen beitraegen von Klaus-Peter einfuegen sollte. Ich mache es hier, weil die „Linke“ die „vorsaetzliche Ignoranz“ gewissermassen gepachtet hat.

    Fidelpoludo zitiert Immanuel Wallerstein:
    „.. die nach einer Struktur sucht, in der die Vorteile der privilegierten Minderheit des alten Systems mit neuen Mitteln wieder hergestellt werden sollen.“

    Das ist ja der kern des ganzen. Der Staat ist immer das instrument des Alten, der „privilegierten Minderheit“. Und der kapitalismus ist nur eine zeitlich besondere form.

    Im Juni ist in der Schweiz eine abstimmung gegen das FIAT-Geldsystem und fuer das Voll-Geldsystem. Damit wird zwar der staat nicht ploetzlich zum instrument der bevoelkerung, auweia, aber die finanzstrukturelle grundlage der „privilegierten Minderheit“ koennte wegbrechen.

    Es gibt ja auch eine 2. linie: Arbeitszeitverkuerzung. Wir reduzieren den aufwand, in dem wir all das nutz- und sinnlose einstellen und die restliche notwendige arbeit auf alle verteilen. Da bleibt dann nicht mehr viel uebrig fuer die einzelnen.

    Die beiden neuen beitraege von Klaus-Peter zelebrieren den Fatalismus. Sonst nichts. Warum Klaus-Peter so etwas hervorhebt, verstehe ich nur so, dass er das TINA fuer sich anerkennt, weil er keine alternativen sieht. Und fuer mich ist dies der kern des pseudo-linken denkens. Immer nur dahin schauen, was die eliten tun und selbst nur dafuer sorgen, dass keine brueche durch selbstorganisierte alternativen entstehen.

    Wir koennen ja auch sagen, dass die DDR das zuchthaus dafuer war, wie es in der BRD die gewerkschaften waren. Also letztlich pyramidale strukturen zu erhalten, komme was da wolle.

    Die grossen demonstrationen der jugendlichen in der USA zeigen uns, dass die basis der systemerhaltung, der selbstverschuldeten Unmuendigkeit, nicht stabil ist. Und das thema „Sozialismus“ ist dort hoch aktuell. Nur, was soll denn Sozialismus eigentlich sein?

    Ich definiere es so: Wenn in unserem denken, in unseren wertsystemen, also in unserer Ideologie, die sozialen fragen an erster stelle stehen. Aber damit fliegt alles raus, was sich jemals sozialistisch genannt hat und sich heute so nennt. Weil wenn es um die soziale Frage geht, geht es immer um die gleichwertigkeit aller menschen und damit ihrer gleichberechtigung. Die konsequenz ist, es gibt keine „privilegierte Minderheit“, keine Eliten, keine pyramidalen strukturen.

    So einfach koennte es sein, wenn wir unsere gedanken zu ende denken. Und nicht dann aufhoeren, wenn es um unsere eigenen privilegien geht. Siehe Sinti/Roma-diskussion. Oder auch Telekommunikation und Wasser und freie technologie mit der aufloesung privatem eigentums an wissen.

    mit lieben gruessen, willi

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    • fidelpoludo schreibt:

      „Die grossen demonstrationen der jugendlichen in der USA zeigen uns, dass die basis der systemerhaltung, der selbstverschuldeten Unmuendigkeit, nicht stabil ist. Und das thema „Sozialismus“ ist dort hoch aktuell.“

      Hallo Willi, habe ich etwas verpaßt? Wo sind diese großen Demonstrationen? Sind es die gegen Trump? Oder welche meinst du?
      Wenn die Basis der Systemerhaltung nicht stabil ist, dann aus ganz anderen Gründen als dieser Demonstrationen wegen. Die kommen bei diesen Demonstrationen doch fast gar nicht vor. Occupy Wallstreet ist schon wieder lange her. Sicher ist das Thema „Sozialismus“ aktueller als früher, aber „hochaktuell“ ist es noch lange nicht. So wie du jetzt redest, haben sich als links missverstehende Sozialdemokraten (u.a. auch Habermas, sogar Marcuse) jahrzehntelang geredet. Es war nichts dahinter, wie wir jetzt erkennen können und woraus der Kranich seine Schlüsse zieht. Es war und ist alles mehr oder weniger Mumpitz. Und es ist immer schlimmer geworden.

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  20. fidelpoludo schreibt:

    Fake-News-Reality at his best
    Vorsätzlicher kann keine Ignoranz vor-, auf- herbei- und am Nasenring durch die geopoltische Zirkusarena herumgeführt werden:

    „Schwarz ist weiss. Was nicht da ist, ist da. Und was da ist, ist nicht da.“
    „Es gibt keinen IS. Es gibt Theater, das von der Weltpresse so einhellig vorgetragen wird, dass die Menschen nicht bemerken, dass sie etwas sehen, was es nicht geben kann, wenn man auch nur eine Prise Menschenverstand über die Situation streut. Wenn aber niemand die IS-Armeen gesichtet hat, gegen wen kämpfen eigentlich die NATO und Russland in Syrien? Nun, sie kämpfen gegeneinander. Deswegen ist der Krieg so zäh. Die NATO ist laut Kater folgendermaßen aufgestellt: Der innere Ring sind die Spezialkräfte der NATO-Armeen, allen voran natürlich der USA. Die Spezialkräfte führen den Krieg und besetzen die Ölfelder und Ölraffinerien und sonstige wertvolle Ressourcen. Siehe den oben zitierten Artikel, der offen damit wirbt, dass die USA das syrische Öl kontrollieren. Der mittlere Ring sind Söldner aus aller Welt, die Dorfbewohner terrorisieren, Wohnviertel beschießen, Kalaschnikows in die Kamera halten und so tun als würden sie Krieg treiben, solange es keinen echten Widerstand gibt. Diese Söldner werden vom inneren Ring gesteuert und beschützt, ihre Kampfkraft ist aber zweitrangig und an die wertvollen Sachen dürfen sie auch nicht heran. Und dann gibt es den äußeren Ring, bestehend aus verblendeten Jungs, die der Matrix auf den Leim gegangen sind, an die Existenz des IS glauben, ein Kalifat toll finden und Teil davon sein wollen. Das ist pures Kanonenfutter, Idioten, die man bedenkenlos verheizen kann. Eignen sich hervorragend für Photos und westliche Dokumentationen. Gesteuert wird das Kanonenfutter vom mittleren Ring. In Libyen ist es genau das gleiche Spiel.“

    Auszug aus: „Risse in der Matrix“ von Analitik
    http://analitik.de/

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  21. fidelpoludo schreibt:

    Multiple Fälle „vorsätzlicher Ignoranz“ jetzt gebündelt als Archiv den kommenden „vorsätzlichen Ignoranten“ zur gefälligen „vorsätzlichen Ignoranz“ zum Fraße hingeworfen

    Einer gewichtigen „vorsätzlich ignoriertem“ Instanz in den Wirtschaftswissenschaften, der „Arbeitsgruppe Alternative Wirtschaftspolitik“ ist nun ein Denkmal in einem Archiv gesetzt worden – kurz nachdem einem der nicht weniger „vorsätzlich ignorierten“ Hauptdenker dieser Institution – unter weitestgehend „vorsätzlicher Ignoranz“ von Mainstream und verbliebenen Resten der „Öffentlichkeit“ (nicht ohne Zynismus also) – Professor Heinz Bontrup das „Bundesverdienstkreuz am Bande“ (am Rande) verliehen wurde (wohl eben, weil der Vorsatz der Ignoranz sich erfolgreich durchzusetzen wußte):
    Tom Strohschneider nennt in seiner Würdigung der Arbeitsgruppe und ihrer Geschichte die „vorsätzliche Ignoranz“ (deren Zusammenhang mit „kognitiver Dissonanz“ noch zu bedenken wäre) reichlich bescheidener und selbstkritischer „mangelnden Hegemoniefähigkeit linker oder auch nur kritischer Positionen in der Wirtschaftspolitik“. Dennoch bleibt seine Würdigung lesenswert (selbst wenn ich ihre Lektüre mit betimmten Hervorhebungen maltraitiert habe):

    „Zum ersten Mal sind nun sämtliche Memoranden auf einem Speichermedium zusammengefasst, ein umfangreiches Archiv, das nicht nur für historisch an Wirtschaftspolitik Interessierte eine Fundgrube ist, sondern auch einen Überblick über die Themen kapitalismuskritischer Ökonomik verschafft.
    Zwar stehen im Zentrum der Memoranden vor allem Positionen, die um einen linken Keynesianismus oszillieren. Zugleich aber spiegelt sich in dem Archiv, welche Forderungen in der Arbeiterbewegung wann und warum aktuell waren, wie man früher und noch viel selbstverständlicher mit an Marx angelehnten Begriffen präzise Kritik am Kapitalismus übte und inwieweit wirtschaftspolitische Forderungen immer zugleich auch gesellschaftspolitische Ziele hatten. (…)
    Die Archiv-Ausgaben, laut Memorandum-Gruppe »ein zitiersicheres, volltextrecherchierbares, über 10.000 Seiten umfassendes« Gedächtnis wirtschaftspolitischer Kritik und sozialökologischer Alternativen umfasst alle Memoranden von 1975 bis 2016, hinzu kommen noch diverse Sonderveröffentlichungen aus drei Jahrzehnten. (…)
    Die Titel der Ausgaben lesen sich wie eine kurze Geschichte der Bundesrepublik, durch eine linke wirtschaftspolitische Brille geblickt: »Gegen soziale Zerstörung durch Unternehmerherrschaft« (1984), »Mit Arbeitszeitverkürzung und Umweltprogrammen gegen die Krise« (1987), »Gegen Massenarbeitslosigkeit und Chaos – Aufbaupolitik in Ostdeutschland (1991), »Neuverteilung von Arbeit und Macht – Alternativen zur Bedienung der Oberschicht« (2008) und so fort. 2011 nahm ein Sondermemorandum das »Euroland in der Krise« in den Blick und schlug ein alternative »Sieben-Punkte-Programm zur Wirtschafts- und Währungsunion« vor. (…)

    »Wenn sich«, und die Unterzeichner des Memorandums von 1977 vermuteten dies stark, »herausstellen sollte, daß verstärkte gewerkschaftliche Mitbestimmung und Neuorientierung des staatlichen Sektors nicht ausreicht«, um der »Sicherung sinnvoller Arbeitsplätze, der Verbesserung des Lebensstandards und dem Ausbau des Systems der sozialen Sicherheit für die Arbeitnehmer sowie wirksamer Umweltsicherung in der Bundesrepublik« zu dienen, wie die Memorandum-Gruppe ihre grundlegenden Ziele einmal beschrieben hat, müsse man eben »einen Schritt weiter gehen und die wichtigsten Schlüsselbereiche und Unternehmen der privaten Verfügung entziehen, in gesellschaftliches Eigentum überführen und demokratisch legitimierter Planung und Koordination unterziehen«. Eine solche Vergesellschaftung sei mit dem Grundgesetz vereinbar, hieß es damals. Und man sehe so ein Vorhaben »nicht in erster Linie als den verwaltungsmäßigen Akt der Enteignung, sondern als demokratische Kontrolle der Gesellschaft über die wirtschaftliche Entwicklung und bestmögliche Befriedigung gesellschaftlicher Bedürfnisse. (…)
    Es ging immer darum, das Feld der Profitlogik zu Gunsten der gesellschaftlichen Interessen einzuhegen. (…)
    Über den Zusammenhang von Kurzfrist- und Langfristforderungen, über die »Schwierigkeiten der Begründung« alternativer Wirtschaftspolitik überhaupt und über das immer wieder zutage tretende Problem, dass die herrschenden Eigentumsverhältnisse eine weitergehende Gestaltung der Produktionsweise im gesellschaftlichen Interesse blockieren, wird man heute jedenfalls trotz Internet und Globalisierung nicht grundsätzlich anders sprechen können als damals – als die Geschichte der Memoranden begann.“
    Gute Besichtigung allerseits!

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