Recht  versus  Demokratie?  

Ein Gastbeitrag von Lutz Lippke

mit einer Vorbemerkung vom opablogger

Herr Lippke hat schon in früheren Diskussionen hier im Blog auf die Politikwissenschaftlerin und Rechtsphilosophin Prof. Dr. Ingeborg Maus aufmerksam gemacht. Ich hatte „eine lange Leitung“ bis ich seinen Hinweisen endlich nachging. Noch habe ich nicht viel gelesen von Frau Maus (Diese Art Texte geht mir nicht schnell ein.), doch schon ist klar, dass sie ganz wichtige Grundlagen und Orientierungen erarbeitet für eine wirklich demokratische Verfasstheit unserer Gesellschaft. Dabei geht sie theoretisch wie historisch vorbildhaft gründlich vor.

Großer Dank also an Herrn Lippke dafür, dass er diese Perle in unseren Blickwinkel rückt! Zugleich scheint mir, dass er selbst von der rechtwissenschaftlichen Fachsprache zumindest teilweise „überwältigt“ ist. Als naiver, wohl sogar etwas skeptischer „Endnutzer des Rechts“ fällt es mir immer noch schwer, den Text in seiner Bedeutung für die präzise demokratietheoretische Ausrichtung der gesellschaftspolitischen Kämpfe unserer Zeit fruchtbar zu machen. So betrachte ich diesen Gastbeitrag als einen Startpunkt, von dem aus Herr Lippke selbst aber auch andere kluge Leserinnen und Leser vielleicht weitere Ideen, „Übersetzungen“ oder Vorschläge ausgehend vom Werk von Ingeborg Maus einbringen mögen.

Recht  vs.  Demokratie?  

Motivation 

Wie wichtig ist juristisches Recht für eine  funktionierende Demokratie? 

Aufwärmfragen: 

Geht juristisches Recht ohne Demokratie? Ist das juristische Recht ein Kontrahent/Konkurrent  der 
Demokratie? Geht Demokratie ohne Recht? Geht Demokratie ohne Gerechtigkeit? 

Was ist demokratisches Recht? 

Angebot: Ein demokratisch legitimiertes Legalsystem „in progress“. 

Idee der Gewaltenteilung 

Das demokratische Legalsystem in der Gewaltenteilung: 

Grundsatz: Alle Macht geht vom Volke (Demos) aus. 

Legislative: demokratisch bestimmter Gesetzgeber 

Exekutive: Vollzug der Gesetze 

Judikative: Anwendung der Gesetze 

Folge: Bürger und Institutionen unterwerfen sich dem Gewaltmonopol des kontrollierten    Legalsystems.
 

Praxis in Deutschland: 

Ist das Gesetz klüger als der legitimierte Gesetzgeber? 

BGH-Präsident Hirsch: 

,,Es geht also nicht darum, was sich der ,Gesetzgeber‘ –  wer immer das sein  mag – beim Erlaß des Gesetzes ,gedacht  hat‘, sondern darum, was er  vernünftigerweise gedacht haben sollte.“  

DIE ZEIT Nr. 41/2003 

Larenz/Canaris, Methodenlehre der Rechtswissenschaft, 3. Aufl.  1995, S. 139: 

Wer das Gesetz auslegt, sucht in ihm eine Antwort auf die Fragen seiner Zeit. 

Die „objektive Auslegung“ als getarnte Normsetzung.  (vgl. Prof. Rüthers – Rechtsstaat oder 
Richterstaat?, S.14) 

Richter sollen die Exekutive kontrollieren. Wer bestimmt und kontrolliert die Richter, wenn der 
Gesetzgeber durch höheres Recht egalisiert wird? 

Das Nachfolgende gibt einen Einblick in das Thema des Buches: Bürgerliche Rechtstheorie und  
Faschismus …“ von Ingeborg Maus, 1980, 2. erweiterte Auflage, W. Fink-Verlag München 

Ingeborg Maus gehört zu den wichtigsten Demokratietheoretikerinnen der Gegenwart. Ihr   wissenschaftliches Interesse gilt vor allem verfassungsrechtlichen und rechtspolitischen Fragen. …Ihre Forderung einer „Demokratisierung der Demokratie“ richtet sich gegen die Tendenzen der   Verselbständigung von Regierung, Verwaltung und Justiz, die sie entschieden bekämpft.  

Recht vs. Gesetz – grundsätzliche Überlegungen 

Ingeborg Maus erkennt die gründungsrechtliche Wirkung von „funktionalen Äquivalenten“ in 
Exekutive und Judikative zur Verlagerung der Rechtsentscheidungen aus der Legislative in die 
unmittelbare Anwendungssituation (Vorwort zur 2. Auflage S.X). 

Ihr Untersuchungsgegenstand ist die Kontinuität bürgerlicher Rechtstheorie im Spannungsfeld  der 
Industrialisierung und Demokratisierung unter den Bedingungen von 2 Weltkriegen und den gesell-schaftspolitischen Umbrüchen in Deutschland. Maus stellt heraus, dass die herrschenden 
Narrative der letzten 100 Jahre ein trügerisches Bild vom bürgerlichen Rechtsverständnis und deren
Wandlungen zeichnen. Sie untersucht die grundsätzlichen rechtlichen Theorieansätze und deren 
Implikationen auf die Entwicklung der gesellschaftlichen Verhältnisse. Maus gelingt es dabei,  die wesentlichen Zusammenhänge der Rechtsentwicklung mit denen der sozio-ökonomischen Verhältnisse und Interessenlagen deutlich herauszustellen und gleichzeitig deren  ambivalente Feinheiten und Wechselwirkungen detailliert sichtbar zu machen. 

Rechtliche Gründungstheorie vs. formale Rechtstheorie 

Der Begriff „rechtliche Gründungstheorie“ entstammt der Hauriouschen Lehre, einer Theorie 
konstituierender Rechtsakte. Der Franzose Hauriou definierte den „Rechtsakt“ als vorausgehenden  Gründungsakt, der sich selbsttätig im Entstehen jeder Institution vollzieht. Maurice Hauriou, Die 
Theorie der Institution und der Gründung  (fondation) – (1925) 

Maus erklärt im Buch (S.19): „Auch wenn die Beziehung der Hauriouschen Theorie zum hier  
interessierenden Zusammenhang nicht überstrapaziert werden soll und für den   herauszuarbeitenden rechtstheoretischen  Typus auch andere Bezeichnungen denkbar wären, so  
scheinen doch der starke Einfluß der Hauriouschen Lehre auf material-dynamische Rechtstheorien seit der Weimarer Zeit und das in der antiformalistisch orientierten  Diskussion der Gegenwart ihr erneut zugewandte starke Interesse eine zusätzliche Bestätigung  abzugeben.“ 

(Hinweis: Der Begriff „Gründungstheorie“ ist hier thematisch von dessen Verwendung im  
Unternehmensrecht abzugrenzen.) 

Der Gründungsmythos des Gerechtigkeitsstaats: 

Rechtliche Gründungstheorie             vs.               Formale Rechtstheorie 

Vornormatives Recht                                                 Wertepluralismus 
Gründungsvorgang                                                     Verfassungsentwurf (Kompromiss)

Einheitliche Verfassungsintention                            Wertepluralismus der Verfassungsgesetze 
Bindung des Gesetzgebers                                        Politischer Volkswillen 

Gesetze sind Sekundärrecht                                     Gesetzespositivismus 
Gerechtigkeitsstaat                                                   Gesetzesstaat 

Welchem Grundsatz entspricht „vom Gesetzesstaat zum Rechtsstaat“ ?  (Heinrich  Lange:  Vom  Gesetzesstaat  zum  Rechtsstaat,  Tübingen  1934.)

A) Der nationalsozialistische Rechtsstaat ist ein gerechter Staat. (Carl  Schmitt,  Fünf  Leitsätze  für  die   Rechtspraxis,  Berlin  1933  )

B) Verfassung im Geiste der Gerechtigkeit… (DDR) (Art.  86  der    Verfassung  der  DDR   (Stand  7.  Oktober  1974)    )

C) Rechtsstaat bedeutet Gerechtigkeitsstaat. (BRD) („inhaltliche  Bindung  an  eine  höherrangige   Wertordnung“,  bpb  2009  )

Gerechtigkeitsstaat im Jahrhundert der Ideologien 

  wechselnde außerrechtliche Glaubenssätze und Wertvorstellungen 

  Verschränkung von Recht und Metaphysik (Recht und Ideologie) 

  material – dynamisch (wechselnde Inhalte nach Bedarf) 

  anti-formalistisch, Rechtsfortbildung durch weite Auslegung, „noch vertretbar“ 

  Systemgerechtigkeit entsprechend der herrschenden Systemideologie 

Methodik: materiale Gerechtigkeit (Moral) vs. formale Gerechtigkeit (Prozess): 

Rechtliche Gründungstheorie              vs.            Formale Rechtstheorie 

 Konstitutions – Modell                                        Kollisions – Modell 
  Einheitliches Recht                                            Autonome Einzelordnungen 

 Moralnormen                                                     Unterscheidbare Rechte 
 Universeller Konsens                                        Kollisionsregime 

Zur historische Kontinuität der rechtlichen Gründungstheorie 

1. Weimarer Zeit 

Maus untersucht die Motivation und Wirkung der Theoriemodelle zunächst im Rahmen der 
Entwicklung des Bürgertums, der Industriealisierung und Ausbildung von Staatlichkeit und   Parlamentarismus. Sie weist die enge Verbindung der formalen Rechtstheorie mit der 
frühbürgerlich-liberalen, progressiven Aufklärungsbewegung im Zuge der Französischen   Revolution nach.  Die Forderung nach verbindlichem, gleichen Recht diente der Ermächtigung der 
Kleinproduzenten gegenüber der Aristokratie und seinem Exekutivstaat, sowie der Sicherung des 
bürgerlichen Eigentums und Wohlstands. Der vor allem vom Bürgertum getragene industrielle 
Fortschritt um  1900 bildete mit seiner Intensivierung der Produktion und Innovationskraft   zunehmend die wirtschaftliche Basis der Gesellschaft und verdrängte die auf Grundbesitz und 
extensive Landwirtschaft basierende Macht der Feudalherren. Dem bürgerlichen Bedürfnis nach 
Rechtssicherheit für Investitionen und Innovationen kam der noch autokratisch geführte 
Exekutivstaat daher weitestgehend nach, in dem er die verbindlichen Rechtsnormen den aktuellen    Anforderungen der wirtschaftlichen Entwicklung anpasste. Diese Verbindlichkeit des gesetzten   Rechts entsprach bis 1912 noch dem positivistischen Rechtsverständnis, dass ursprünglich dem   Bürgertum den Weg zur wirtschaftlichen Macht gebahnt hatte. Mit der Ausbildung eines   wohlhabenden, industriellen Bürgertums entstand nun aber ein erheblicher Druck für eine   Beteiligung an der politischen Macht. Gleichzeitig hatte sich aber auch die Masse der   Unterprivilegierten aus Industrie- und Landarbeitern organisiert und die frühbürgerlichen   Gleichheits- und Freiheitsrechte für sich antizipiert. Sie beanspruchten gleiche politische Rechte   und soziale Reformen. Die Oktoberrevolution in Russland und die Novemberrevolution in   Deutschland stellte für das kapitalistische Bürgertum klar, dass nur eine parlamentarische   Beteiligung sozialdemokratischer Kräfte die Gefahr eines gewaltsamen sozialistischen Umbruchs    bannen konnte. Gleichzeitig war diese Aussicht jedoch auch mit der Gefahr einer sukzessiven   Durchsetzung sozialistischer Ideen auf legalem Weg verbunden („kalte Revolution“). Die   Verhandlungen zur Weimarer Verfassung  waren Ausdruck dieser Interessen- und   Machtkonstellation und führte zu einem Wertepluralismus als Verfassungskompromiss.  Das früher vorteilhafte positivistische Rechtsverständnis erwies sich den konservativen  Bürgerlichen nun als ein wesentliches Risiko für den Erhalt des Status Quo und  Profitmehrung. Das Rechtssystem war  aufgrund der Unverbindlichkeit der Verfassung  zum Wirtschaftssystem und dem noch vorherrschenden Verständnis vom Gesetzespositivismus offen für legal umsetzbare soziale oder sogar sozialistische Reformen.  Um dieses Risiko zu bannen, entwickelten bürgerliche Rechtstheoretiker die Idee  eines quasi selbsttätig gegründeten und umfassend bindenden Rechts   (Primärrecht, Urrecht), das der gesetzgeberischen Gestaltung durch das Parlament per Definition   entzogen ist. Das gesetzgebende Parlament wurde hierdurch auf die kleinteilige Regulierung der   Verteilungsverhältnisse beschränkt, die zudem unter Vorbehalt einer wirtschaftsfreundlichen  Ausgestaltung gestellt wurde. Die exekutive Gewalt des Staates stellte dafür keine sichere Basis   mehr dar, wenn nun aufgrund der parlamentarischen Mehrheiten auch Sozialreformer in   Regierungsämter gelangten. Die bürgerlichen Rechtstheoretiker sahen in der überwiegend noch   obrigkeitsorientierten Judikative die ergänzende Gewähr für den Erhalt der erreichten   wirtschaftlichen Eigentums- und Machtverhältnisse. Dem Status Quo und den zukünftigen   Bedürfnissen des kapitalistischen Wirtschaftssystems wurde daher eine selbstreferentielle   Eigengesetzlichkeit als „Natur der Sache“ in Anlehnung an naturgesetzliche Logik unterstellt,  die  als fester Grundwert in der Rechtsprechung zu respektieren war. Mit der Betonung der   unternehmerischen Eigentumsrechte und der Eigengesetzlichkeit der Wirtschaft als zentrale   Verfassungsinstitutionen konnte man die „Direktionssphäre“ der Gesellschaft dem   gesetzgeberischen Zugriff durch das Parlament entziehen und die Rechtsprechung bei der   Auslegung der Gesetze an das Recht der wirtschaftlichen Eigengesetzlichkeit binden. 

2. Faschismus und Rechtstheorie 

Maus liefert in ihrem Buch trotz der Erwähnung im Titel keine umfassende Analyse des 
Rechtssystems  im Faschismus. Herausgearbeitet wird für die entscheidende Phase die temporäre 
Affinität, nicht die Identität zwischen bürgerlichen Interessen und faschistischem System bei der 

Entformalisierung des Rechts. Die These, dass sich ökonomische und unmittelbar parteipolitische 
Interessen im NS-System wechselseitig verstärkten und der organisierte Industriekapitalismus 

entscheidend gefördert wurde, reproduzierte sich in der inneren Folgerichtigkeit der rechtlichen 
Gründungstheorie Carl Schmitts. Maus betont im Gegensatz zur „Agententheorie des Faschismus“ 
die These der temporären Übereinstimmung in sich selbstständiger faschistischer und bürgerlicher 
Intentionen. Demnach war nicht die Furcht vor einer offenen Revolution Ursache für das Interesse 

an der Auflösung formaler Rechtsstrukturen, sondern die vor einer innerhalb des parlamentarischen 
Legalsystems sich durchsetzenden „kalten Revolution“ sozialistischer Reformen. Mit der Analyse 
der Motive für die Zurücknahme progressiver Möglichkeiten des Rechtspositivismus im Übergang 
von der Weimarer Republik zum Faschismus offenbart sich die Kontinuität bürgerlicher 

Rechtstheorie in der faschistischen wie der vor- und nachfaschistischen Ära. In der Analyse der   konkurrierenden Rechtstheorien widerlegt Maus die in der „Bewältigungsliteratur“ verbreitete 

These vom rechtstheoretischen Verzicht auf materiale Bindungen und der Affinität des 
Gesetzespositivismus zum Faschismus. Sie kommt umgekehrt zu dem Ergebnis, dass gerade in 
antipositivistischen Ansätzen materialer Rechtstheorie seit der Weimarer Republik der Rückgang 
demokratischer Gesellschaftsgestaltung mittels demokratisch kontrollierter Rechtsentscheidungen 

seinen Ausdruck findet. Hierbei vermeidet Maus eine abstrakte Konfrontation formaler und 
materialer Rechtstheorie, sondern untersucht deren Funktionswandel in der rechtlichen 
Durchsetzung gegebener gesellschaftlicher Machtstruktur unter den Bedingungen der 
Demokratisierung des politischen Systems. Der bedeutende Unterschied der gesellschaftlichen 
Faktizität als Rechtsordnung im Faschismus zur stillschweigenden Nivellierung des Rechts mit 

sozialökonomischer Sachgesetzlichkeit in der bürgerlichen Rechtstheorie bestand darin, dass es mit 
der Entpolitisierung im Faschismus einer Abschirmung ökonomischer Macht gegen Sozialpostulate 
von politisch verselbständigten demokratischen Kräften nicht mehr bedurfte. Aus dieser Kontinuität 
des Antiformalismus und Faktizismus gerinnt Maus eine atemraubende Konsequenz: 

Die Theorie konstituierender Rechtsakte, die in ihrer faschistischen wie nachfaschistischen  
Version den Übergang rechtsetzender Funktionen auf außerparlamentarische Instanzen impliziert,  

deren Intention der Entformalisierung des Rechts aber nur im faschistischen Kontext zugleich mit  
ökonomischer Machtausübung offenen politischen Terror freisetzt, ist in der folgenden  
Untersuchung einheitlich als rechtliche „Gründungstheorie“ bezeichnet. 

3. Bürgerliche Rechtstheorie in der BRD 

Das Bonner Grundgesetz wird in der Tradition der Weimarer Verfassung gesehen, enthält aber im 
Gegensatz zum Weimarer Wertepluralismus eine Zielbestimmung auf den Sozialstaat. Diesem 
materialen Verfassungsminimum mit sozialgestaltender Relevanz müsste ein strikt formaler 

Gesetzesbegriff gegenüber stehen, an den die Realisierung der Verfassungsintentionen gebunden ist. 
In den neueren Verfassungsinterpretation haben sich gegenüber der Weimarer 

Verfassungsdiskussion aber die Rollen vertauscht. Während reaktionäre Intentionen nun scheinbar 
eine beschränkende neopositivistische Verfassungsinterpretation artikulieren, wendet sich die 
progressive Staatsrechtslehre einer antiformalen Interpretation der Verfassung zu. Aus 

demokratischem Verständnis heraus kann die detaillierte inhaltliche Bestimmung der Verfassung 
aber nicht schon in der Verfassung selbst aufgefunden werden. Das hätte nämlich zur Folge, dass 

solche Inhaltsbestimmung als Ergebnis rechtstheoretischer Erörterungen oder autoritärer 
Entscheidungen des Verfassungsgerichts dem Juristenstand überlassen bliebe. In der vordringenden 
Verfassungsgerichtsbarkeit wiederholt sich die Doppeldeutigkeit materialer Verfassungstheorie und 

nährt den Zweifel daran, dass antiformale Rechtstendenzen der Verwirklichung materialer 
Gerechtigkeitsforderungen unterprivilegierter Gesellschaftsgruppen dienen. Jede materiale 
Verfassungstheorie hat Konsequenzen, soweit sie eine Kompetenzerweiterung der Judikative 

impliziert, die über die Gefährdung bürgerlicher Rechtssicherheit weit hinausgeht. Indem sie 
unbestimmten Vorbehalt der Justiz Vorschub leistet, die Verwirklichung von Grundrechten für den 
gesellschaftlichen Bereich nur nach dessen bestehender Sachlage zu bemessen, kehrt sie sich gegen 

genau die soziale Transformation, die die  geltende Verfassung als inhaltliche Ausfüllung einer 
„minimalen “ aber verpflichtenden Zielbestimmung dem Gesetzgeber übertrug. Hält sich eine 
sozialstaatlich-materiale Theorie am ehesten an den Verfassungsauftrag, indem sie dessen 
Konkretisierung dem Gesetzgeber überlässt und relativiert eine sozialkonservative materiale 
Theorie die Verfassung gerade durch eine zu weitgehende Inhaltsbestimmung, die die Verfassung 

der Judikative überantwortet, so orientiert sich die alle rechtliche Fixierung auflösende 
Gründungstheorie an einer verselbstständigten Exekutive.  

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59 Antworten zu Recht  versus  Demokratie?  

  1. Joachim Bode schreibt:

    Lieber Lutz Lippke, hallo Opa,
    mit dieser hervorragenden Darstellung Maus´scher Erkenntnisse, die bei den allermeisten Juristen in Deutschland blankes Entsetzen und heftigste Abwehrreaktionen mit Angstschweiß hervorrufen würden (wenn sie denn überhaupt zur Kenntnis genommen bzw. verstanden würden), ist natürlich wegen der anspruchsvollen und abstrakten Gedankengänge ein ziemliches Wagnis eingegangen, und gleichzeitig ein großes Tor zu neuen Erkenntnissen – auch für mich – geöffnet!
    Danke!
    Ich bin auf ein Mehr gespannt.
    Im Netz gibt es übrigens zahlreiche kostenlose Zugänge zum Werk von Ingeborg Maus, deren Name – wetten, dass! – in fast allen juristischen Fakultäten des Landes weitgehend unbekannt gehalten und sein wird.

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    • Lutz Lippke schreibt:

      Es beruhigt mich, dass von sachverständiger Seite kein Verriss meines Versuches kommt. Danke!
      Tatsächlich ist das Thema trotz des konzentrierten Untersuchungsgegenstands vielschichtig und entsetzt auch mich in einigen Folgerungen, z.B. hinsichtlich der Wirkung von Grundwerten und Verfassungsgerichtsbarkeit. Das hinderte mich auch daran, die Dinge einfacher auszudrücken. Die Wissenschafts- und Rechtssprache war mir lange ein Mysterium, bis ich mich genötigt sah, nach strukturellen Grundlagen der heutigen, sehr flexiblen Rechtsprechung zu suchen. Bernd Rüthers war dafür eine gut lesbare Quelle, aber zur historischen Entwicklung und den Wechselwirkungen mit Demokratiedefiziten wurde ich erstmals bei Maus in dieser Stringenz fündig. Bis dahin hatte ich mich schon an die Terminologie gewöhnt und benutze sie selbst häufiger als mir lieb ist.
      Lieber Joachim Bode, vielleicht können wir uns dabei ergänzen, durch Übersetzungen den Einstieg für „Rechtsbegriff“-Stutzige, also die normalen gesunden Menschen, zu erleichtern. Denn was Maus uns zu Recht und Demokratie zu sagen hat, halte ich für sehr wichtig.

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    • kranich05 schreibt:

      „zahlreiche kostenlose Zugänge“…, vielleicht wäre Ihnen, lieber Bode, ’ne kleine kostenlose Auflistung möglich…
      bei der Tube fand ich nichts. Sonst habe ich aber noch nicht genug gesucht.

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      • willi uebelherr schreibt:

        Ja, lieber Klaus-Peter, das unterstuetze ich. Lieber Joachim, auch ich bitte um die kenntnis der freien quellen. Bei den „Blaettern.de“ sieht es nicht gut aus mit freiem zugang. Und Ingeborg Maus ist teil der redaktion.

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  2. willi uebelherr schreibt:

    Lieber Lutz, ich danke dir fuer dein bemuehen und deine zeit fuer diesen text.

    Ist es hilfreich fuer uns, fuer das, was eigentlich ansteht? Nuetzlich ist es bestimmt. Und wir erkennen vielleicht ein gang des geschehens. Die erhaltung des „Status Quo“, der die private aneignung gemeinschaftlicher ressourcen zum inhalt hat.

    Aber hilfreich kann nur sein, ein eigenes verstaendnis gemeinschaftlicher strukturen entstehen zu lassen, Z.b.:
    „Angebot: Ein demokratisch legitimiertes Legalsystem „in progress““
    „Grundsatz: Alle Macht geht vom Volke (Demos) aus.“

    Werden eigene entwuerfe erst dadurch vernuenftig, wenn sie ihre spuren in der geschichte zeigen? Egal jetzt, in welcher richtung?

    Als zentrale aufgabe benenne ich:
    Die Selbstermaechtigung zur Selbstorganisation.

    Ermaechtigung hat ja viel mit Vermoegen und Faehigkeit zu tun. Aber auch mit einer bewussten erklaerung. Sind wir dabei gebunden an eine theoretische legitimierung? Nach deinem „Grundsatz“ ganz klar Nein.

    Was trennt uns davon? Unsere eigene, „selbstverursachte Unmuendigkeit“. Wir wollen noch nicht uns selbst organisieren. Deswegen oeffnen wir den raum, den andere dazu nutzen, uns zu organisieren, so wie sie es brauchen. Koennen wir ihnen dafuer etwas vorhalten, sie anklagen, wuetend auf sie sein? Nein, weil wir es ihnen anbieten, sie dazu einladen, es zu tun.

    Letztlich laufen doch alle diese analysen darauf hinaus, uns zu zeigen, wie verbloedet wir doch eigentlich sind, dass wir all diesen schwaetzern hinterher laufen wie „die Schafe zur Schlachtbank“.

    Das waere doch ein hilfreiches resultat, oder?

    mit lieben gruessen, willi

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  3. Theresa Bruckmann schreibt:

    Danke Lutz Lippke,
    so eine Dichte an Aussagen ist nicht leicht zu
    bewältigen. Dafür muss ich die Zeit meiner
    besten Tagesform nehmen.
    Fürs Erste habe ich die Einzelaussagen
    in den ‚komplexen‘ Sätzen immerhin schon
    einmal farblich markiert.
    Ich weiß noch nicht, wie oft ich den so
    weiter strukturierten Text lesen muss,
    bis er sich mir ganz erschließt.
    Und dann werde ich ihn noch einmal
    sacken lassen.
    Mal sehen, was davon sofort passt
    und was erst einmal probehalber
    übernommen werden kann.
    Ob etwas ganz abzulehnen ist,
    wohl eher nicht.
    ABER beim Stand der Arbeit am Text
    kann ich nur sagen: Höchst spannend
    und noch einmal Danke!

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  4. Lutz Lippke schreibt:

    Ich nenne mal 4 praktische Themen, die ich mit Maus verbinde
    1. Wer demokratisch handlungsfähig werden will, muss sich um das Rechtssystem kümmern.
    2. Politische Macht wird nicht antidemokratisch durch den bloßen Kontostand ausgeübt, sondern durch rechtliche Absicherung der Aneignungs-, Besitz- und Vermögensverhältnisse.
    3. Warum interessiert sich die Linke nicht für allgemeine und konkrete Rechtsfragen? Rechtsfragen sind doch keine Mehrheitsfragen, also insbesondere für Minderheiten wesentliches Mittel der Durchsetzung ( siehe frühes Bürgertum).
    4. Wie müsste ein Rechtssystem im demokratischen Sozialismus beschaffen sein?

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  5. Lutz Lippke schreibt:

    In dem Kommentar

    Kommt! Ins Offene, Freunde! – sechster Schritt


    hatte ich einerseits eine Verbindung zwischen Atzmon und Maus hergestellt und andererseits mehrfach die Phrase „Natur der Sache“ verwandt. Zur Intention von „Natur der Sache“ haben Willi und kranich05 nachgefragt. Da die Begrifflichkeit thematisch hier anschließt, will ich meine Intention auch hier erläutern. Ich beziehe mich dabei auf Ingeborg Maus, versuche es aber trotzdem freihändig und erläutere die Konsequenzen an einem sehr wichtigen und anschaulichen Beispiel.
    Grundsätzlich ist im rechtlichen Sinne die „Natur der Sache“ ein tatsächliches oder gedachtes Ergebnis aus der Eigengesetzlichkeit dieser Sache.
    Also „Sache“ -> Eigengesetzlichkeit -> Ergebnis = „Natur der Sache“
    Der Schlüssel zur „Natur der Sache“ ist also die Sache selbst und dessen Eigengesetzlichkeit.
    Mit Naturgesetzen oder Naturrecht steht die Phrase nicht direkt im Zusammenhang. Sie kann von Juristen sogar konträr bestimmt werden.

    Beispiel: kapitalistische Wirtschaftsordnung und Grundgesetz
    Nach Maus bedingt die von ihr enttarnte gründungsrechtliche Interpretation des Grundgesetzes als einheitliche Verfassungsintention die Folgerung, dass das Bestehen der kapitalistischen Wirtschaftsordnung durch das Grundgesetz absolut geschützt ist. Dies obwohl im Grundgesetz eine ausdrückliche wirtschaftspolitische Programmatik nicht enthalten ist.
    Der „materiale Gehalt“ der geschützten Wirtschaftsordnung ergibt sich vielmehr aus der Anwendung der gründungsrechtlichen Interpretationstheorie. Der absolute Schutz des wirtschaftlichen Kapitals ergibt sich in einer „Gesamtschau“ aus diversen Grundrechte, die im Wesentlichen die Handlungsfreiheit des Privateigentums für unternehmensbestimmte Zwecke bestimmen. Dazu gehört natürlich auch das Vererben usw.
    Die kapitalistische Wirtschaftsordnung ist hier die „Sache“. Die „Eigengesetzlichkeit der Sache“ ergibt sich definitionsgemäß aus ihr selbst. Sie ist grundsätzlich ein Fakt, der nicht erst normiert werden muss (Faktizität). Demzufolge sind die Ergebnisse der Eigengesetzlichkeit dieser Sache eine „Natur der Sache“. Das betrifft natürlich auch die Vorbedingungen für die Funktionsfähigkeit der Sache, die ggf. vom Staat sichergestellt werden müssen (z.B. Infrastruktur, Bereitstellung von Humankapital etc.). Provokant könnte man es darauf zuspitzen, dass Ausbeutung und das Aufklaffen der Schere zwischen Arm und Reich in der „Natur der Sache kapitalistische Wirtschaftsordnung“ liegt und vom Grundgesetz absolut geschützt wird. Ingeborg Maus drückt das etwas zurückhaltender aus.

    Sehr viel verbrämter kommt jedoch das BVerfG zu einer abgeschwächten Deutung, die aber im Kern das Ergebnis bestätigt. Hierzu die bpb: „Das Grundgesetz ist also nicht in dem Sinne neutral, dass die vorgefundene und gewachsene Wirtschaftsordnung prinzipiell in eine Zentralverwaltungs- oder Zentralplanwirtschaft umstrukturiert werden könnte.“ http://www.bpb.de/apuz/30557/wirtschaftsordnung-und-grundgesetz?p=all
    Der Verfasser Hans-Jürgen Papier war Präsident des BVerfG

    Der Artikel der bpb zeigt darüberhinaus einige Differenzen zu den Erkenntnissen von Maus auf, die interessante Ansätze für weitere Prüfungen ergeben.

    Hier möchte ich aber noch zur allgemeinen einfachen Rechtsprechung etwas weitergehen:
    Ganz allgemein verwenden Juristen die Phrase „in der Natur der Sache“ sehr häufig als synonym für viele tatsächliche oder behauptete Eigengesetzlichkeiten, die sich aus einer „Gesamtschau“ aus geschriebenen Normen, ungeschriebenen Sitten und Gewohnheitsdenken ergibt. So haben Verträge eine Eigengesetzlichkeit, also eine „Natur der Sache“, die z.B. unklare Vertragsregelungen in eindeutige verwandeln. Diesen Vorgang bestimmt im Zweifel der Richter im nachhinein durch Auslegung. Die Methoden sind flexibel abhängig von der freien richterlichen Überzeugung und finden ihre Grenze im „nicht mehr Vertretbaren“ aus Sicht der freien richterlichen Überzeugung weiterer Richter bis hin zu den Verfassungsrichtern. So war auch das binäre Geschlechtssystem unstriitige gewohnheitsrechtliche Grundlage der Rechtsprechung, mit teilweise katastrophale Zumutungen für Ausgeschlossene. Die kürzliche Aufgabe des binären Geschlechtssystems durch das BVerfG war m.M.n. keine Einsicht in die Missachtung der Rechte Betroffener, sondern die Folge eines missglückten „Ehe für Alle“-Gesetzes. Dass nun gerade die Grünen, als vehemente Identitäts- und Antidiskriminierungs-Wortführer (Alles außer Soziales) das „ungeklärte Geschlecht“ durch eine blödsinnige Gesetzesformulierung vom „Ehe für Alle“-Gesetz ausgeschlossen hatten, ist schon bezeichnend für parteipolitische Qualitäten.
    Gründungsrechtlich eingeschränkte und zudem handwerklich schlechte Gesetzgebung trifft auf unbegrenzte Auslegung – Die heimliche Revolution vom Rechtsstaat zum Richterstaat? (Prof. Rüthers). Dazu aus der berufenen Quelle eines juristischen Blogs: https://community.beck.de/2016/11/19/bernd-ruethers-die-heimliche-revolution-vom-rechtsstaat-zum-richterstaat

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  6. Theresa Bruckmann schreibt:

    Für Lutz Lippke
    zu Ingeborg Maus
    Ein Versuch die Darstellung in die Alltagssprache zu
    fassen.
    Ingeborg Maus untersucht, wie die 3 historischen
    Entwicklungen, die Herausbildung eines Bürgertums,
    die Industrialisierung und die Herausbildung von Staatlichkeit
    mit Volksvertretern (Parlamentarismus) die Theorienbildung
    unseres Rechtssystems begünstigten und wie sie sich auswirkten.

    Sie weist die enge Verbindung der formalen Rechtstheorie
    (formal im Gegensatz zur …Rechtstheorie?)
    mit der Aufklärungsbewegung im Zuge
    der französichen Revolution nach.
    Die Forderung nach einem verbindlichen gleichen Recht diente
    der Emanzipation (Ermächtigung) der Kleinproduzenten (kleine
    Fabrikbesitzer, Manufakturen) gegenüber seiner adeligen
    Herrschaft und seinem Exekutivstaat (Allmachtstaat?),
    aber ebenso zur Sicherung des erreichten (bürgerlichen)
    Eigentums und Wohlstandes.

    Um 1900 verdrängte der industrielle Fortschritt mit seiner Intensivierung
    von Produktion und Innovationskraft die Macht der Feudalherren,
    die noch auf Grundbesitz und extensiver Landwirtschaft basierte
    (gründete). Dieser industrielle Fortschritt bildete zunehmend die
    wirtschaftliche Basis der Gesellschaft.
    Diesem bürgerlichen Bedürfnis nach Rechtssicherheit für Investitionen
    und Innovationen kam der autokratische Staat daher weitestgehend
    entgegen, indem er die verbindlichen Rechtsnormen den zeitlichen
    Anforderungen dieser Wirtschaftsentwicklung anpasste.

    Noch bis 1912 entsprach das positivistische Rechtsverständnis
    (Erklärung, Gegensatz) dieser Rechtsverbindlichkeit des gesetzten
    Rechts, welches ursprünglich dem Bürgertum zur wirtschftlichen
    Macht verholfen hat. (den Weg zur wirtschaftlichen Macht gebahnt
    hatte).
    Die wohlhabenden Fabrikbesitzer (eines wohlhabenden industriellen
    Bürgertums) verlangten nun ein Beteiligung an der politischen
    Macht.
    Gleichzeitig hatten sich aber die Unterpriviligierten aus Industrie und
    Landarbeit organisiert und forderten ebenfalls die frühbürgerlichen
    Gleichheits- und Freiheitsrechte für sich. Und zwar beanspruchten
    sie für sich sowohl die politischen Rechte, wie auch soziale Reformen.

    Die Oktoberrevolution in Russland und die Novemberrevolution in
    Deutschland zeigte dem kapitalistischen Bürgertum, dass nur eine
    parlamentarische Beteiligung sozialdemokratischer Kräfte die Gefahr
    eines gewaltsamen sozialistischen Umbruchs bannen konnte.

    Gleichzeitig jedoch sah man, dass mit dieser parlamentarischen
    Beteiligung die Gefahr verbunden ist, dass sich sukzessive
    (allmählich oder nach und nach) sozialistische Ideen auf legalem
    Weg durchsetzen könnten, („kalter Revolution“).

    Die Aushandlung der Weimarer Verfassung drückte diese Interessen-
    und Machtkonstellation aus und führte zu einem Verfassungskompromiss,
    der einen Wertepluralismus verkörpert.

    Für die Bürgerlichen erwies sich das vordem für sie vorteilhafte
    positivistische Rechtsverständnis nun als ein wesentliches Risiko
    für den Erhalt des Status Quo und ihrer Profitmehrung.

    Aufgrund seiner Unverbindlichkeit für das Wirtschaftssystem
    war die Verfassung und das Rechtssystem nach vorherrschendem
    Verständnis vom Gesetzespositivismus offen für legal umsetzbare
    soziale und sogar sozialistische Reformen.

    Um dieses Risiko zu bannen, entwickelten bürgerliche Rechtstheoretiker
    die Idee von einem quasi selbsttätig gegründeten und umfassend
    bindenden Rechts (Primärrecht, Urrecht), das der gesetzgeberischen
    Gestaltung durch das Parlament per Definition entzogen ist.

    Das gesetzgebende Parlament wurde dadurch beschränkt auf die
    kleinteilige Regulierung der Verteilung(sverhältnisse), die zudem
    noch unter den Vorbehalt einer wirtschaftsfreundlichen Ausgestaltung
    gestellt wurde.

    Wenn nun aufgrund der parlamentarischen Mehrheiten auch Sozialreformer
    in Regierungsämter gelangten, stellte die staatliche Exekutivgewalt
    dafür keine sichere Basis mehr dar.

    Eine ergänzende Gewähr für den Erhalt der erreichten wirtschaftlichen
    Eigentums- und Machtverhältnisse sahen die bürgerlichen Rechtstheoretiker
    in der überwiegend noch obrigkeitsorientierten Judikative.

    Dem Status Quo und den zukünftigen Bedürfnissen des kapitalistischen
    Wirtschaftssystems wurde daher eine selbstreferentielle (d.h. nicht weiter
    begründbare) Eigengesetzlichkeit als „Natur der Sache“ in Anlehnung
    an naturgesetzliche Logik unterstellt. die als fester Grundwert in der
    Rechtsprechung zu respektieren war.

    Mit den zentralen Verfassungsinstitutionen,
    zum einen die unternehmerischen Eigentumsrechte
    und zum anderen der Eigengesetzlichkeit der Wirtschaft
    konnte man die „Direktionssphäre“ der Gesellschaft (die Lenkungs-/Leitungs-
    sphäre) dem gesetzgeberischen Zugriff durch das Parlament entziehen, und
    die Rechtsprechung bei der Auslegung der Gesetze
    an das Recht der wirtschaftlichen Eigengesetzlichkeit binden.

    Eigener Kommentar:
    Damit wird das Primat Wirtschaft über die Politik gestellt.
    Übrigens der Wunsch großer Konzerne heute nach Investitions-
    und Innovationssicherung, wie er in den Entwürfen TTIP, CETA, deutlich
    wurde, nach einer parallelen Internationalen Schiedsgerichtsbarkeit,
    mit der man Staaten verklagen kann, wenn sie die Geschäfte stören,
    findet seine frühe Entsprechung hier im nationalen Recht.

    2. Faschismus und Rechtstheorie

    Maus liefert keine umfssende Analyse des Rechtssystems im Faschismus,
    sondern sie arbeitet in der entscheidenden Phase – das war die Entformalisierung
    des Rechts – die zeitliche (temporäre Affinität) Nähe/ Zu-einander-hingezogenheit
    zwischen den bürgerlichen Interessen und dem faschistischen System heraus
    (nicht etwa die Identität, d.h. sie behauptet keine Übereinstimmung von beidem).

    Die These, dass sich ökonomische und unmittelbare parteipolitische Interessen
    im NS-System wechselseitig verstärkten und dass der organisierte Industriekapitalismus
    entscheidend gefördert wurde, reproduzieren (deutsches Wort für reproduzieren)
    sich in der inneren Folgerichtigkeit der rechtlichen Gründungstheorie Carl Schmitts.

    Maus betont im Gegensatz zur „Agententheorie des Faschismus“ die These der
    zeitlichen (temporären /und sogar zufälligen?) Übereinstimmung von in sich
    selbstständiger faschistischer und bürgerlicher Intentionen. (Zielsetzungen?)

    Demnach war nicht die Furcht vor einer offenen Revolution die Ursache für
    das Interesse an der Auflösung formaler Rechtsstrukturen, sondern die Furcht
    vor einer „kalten Revolution“ sozialistischer Reformen, die sich innerhalb
    des parlamentarischen Legalsystems durchsetzen könnte.

    Die Kontinuität bürgerlicher Rechtstheorie in der faschistischen wie in der vor-
    und nachfaschistischen Ära offenbart sich in der Analyse der Motive für die
    Zurücknahme progressiver Möglichkeiten des Rechtspositivismus im Übergang
    von der Weimarer Republik zum Faschismus.

    In der Analyse der konkurrierenden Rechtstheorien widerlegt Maus die in der
    „Bewältigungsliteratur“ verbreitete These vom rechtstheoretischen Verzicht
    auf materiale Bindungen und der Nähe (Affinität) des Gesetzespositivismus
    zum Faschismus
    Sie kommt umgekehrt zu dem Ergebnis, dass gerade der Rückgang demokratischer
    Gesellschaftsgestaltung mittels demokratisch kontrollierter Rechtsentscheidungen
    in antipositivistischen Ansätzen materialer Rechtstheorie (wie könnte man das
    statt dieser 4 Wörter auf gutdeutsch sagen?) der Weimarer Republik seinen
    Ausdruck findet.

    Hierbei vermeidet Maus eine abstrakte Konfrontation formaler und materialer
    Rechtstheorie, sondern sie untersucht deren Funktionswandel in der rechtlichen
    Durchsetzung gegebener gesellschaftlicher Machtstruktur unter den Bedingungen
    der Demokratisierung des politischen Systems.

    Der bedeutende Unterschied der gesellschaftlichen Faktizität (deutscher Ausdruck?)
    als Rechtsordnung im Faschismus
    zur stillschweigenden Nivellierung des Rechts (mittels?) mit sozialökonomischer Sachgesetzlichkeit in der bürgerlichen Rechtstheorie bestand
    darin, dass es mit der Entpolitisierung im Faschismus
    einer Abschirmung ökonomischer Macht
    gegen Sozialpostulate von politisch verselbständigten demokratischen Kräften
    nicht mehr bedurfte.
    Aus dieser Kontinuität des Antiformalismus und Faktizismus
    gerinnt Maus eine atemraubende Konsequenz:

    „DieTheorie konstituierender Rechtsakte,
    die in ihrer faschistischen wie nachfaschistischen Version
    den Übergang der rechtsetzenden Funktionen
    auf außerparlamentarische Instanzen impliziert,
    deren Intention (Ziel) der Entformalisierung des Rechts
    aber nur im faschistischen Kontext zugleich mit
    ökonomischer Machtausübung offenen politischen Terror freisetzt,
    ist in der folgenden Untersuchung
    einheitlich als rechtliche „Gründungstheorie“ bezeichnet.“

    3. Bürgerliche Rechtstheorie in der BRD

    Das Bonner Grundgesetz wird in der Tradition der Weimarer Verfassung
    gesehen. Es enthält aber im Gegensatz zum Weimarer Wertepluralismus
    eine Zielbestimmung auf den Sozialstaat.

    Diesem materialen Verfassungsminimum mit sozialgestaltender Relevanz
    müsste ein strikt formaler Gesetzesbegriff gegenüber stehen,
    an den die Realisierung der Verfassungsintention (Verfassungszielsetzung)
    gebunden ist.

    In den neueren Verfassungsinterpretationen haben sich gegenüber der
    Weimarer Verfassungsdiskussion aber die Rollen vertauscht.

    Während reaktionäre Intentionen (Zielsetzungen) nun scheinbar
    eine beschränkende neopositivistische Verfassungsinterpretation artikulieren,
    wendet sich die progressive Staatsrechtslehre einer antiformalen Interpretation
    der Verfassung zu.

    Aus demokratischem Verständnis heraus kann
    die detaillierte inhaltliche Bestimmung der Verfassung
    aber nicht schon in der Verfassung selbst aufgefunden werden.
    Das hätte nämlich zur Folge,
    dass solche Inhaltsbestimmung
    als Ergebnis rechtstheoretischer Erörterungen oder
    autoritärer Entscheidungen des Verfassungsgerichts
    dem Juristenstand überlassen bliebe.

    In der vordringenden Verfassungsgerichtsbarkeit
    wiederholt sich die Doppeldeutigkeit materialer Verfassungstheorie und
    nährt den Zweifel daran, dass antiformale Rechtstendenzen
    der Verwirklichung materialer Gerechtigkeitsforderungen
    unterprivilegierter Gesellschaftsgruppen dienen.

    Jede materiale Verfassungstheorie hat Konsequenzen,
    soweit sie eine Kompetenzerweiterung der Judikative impliziert,
    die über die Gefährdung bürgerlicher Rechtssicherheit weit hinausgeht.

    Indem sie (die materiale Verfassungstheorie)
    unbestimmtem Vorbehalt der Justiz Vorschub leistet,
    also einem Vorschub, der die Verwirklichung von Grundrechten
    für den gesellschaftlichen Bereich nur nach
    bestehender Sachlage dieses Bereichs bemisst,
    kehrt sie sich gegen genau die soziale Transformation.
    welche die geltende Verfassung als inhaltliche Ausfüllung
    einer „minimalen“, aber verpflichtenden Zielbestimmung
    dem Gesetzgeber übertrug.

    Hält sich eine sozialstaatlich-materiale Theorie
    am ehesten an den Verfassungsauftrag,
    indem sie dessen Konkretisierung dem Gesetzgeber überlässt,
    und relativiert eine sozialkonservative materiale Theorie die Verfassung
    gerade durch eine zu weitgehende Inhaltsbestimmung,
    welche die Verfassung der Judikative überantwortet,
    so orientiert sich die alle rechtliche Fixierung auflösende Gründungstheorie
    an einer verselbstständigten Exekutive.

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    • Lutz Lippke schreibt:

      Ich werde bei Gelegenheit die Vorschläge in den Text einarbeiten und dann eine pdf zur Verfügung stellen. Vielleicht gibt es ja noch weitere Klärungen.

      Mein Anspruch, den gesamten Rahmen der Abhandlung von Maus im Beitrag verständlich aber korrekt darzustellen, ist wohl fehlgeschlagen. Mir ging es vor allem um das Verständnis für die praktische Dimension der Erkenntnisse von Maus.

      Die sehe ich vor allem in Folgendem:
      1. Ohne verbindliches Recht keine Demokratie
      2. Durch unbestimmte Rechtslogik wird Demokratie gefährdet
      3. Verbindliches Prozessrecht muss unbestimmte Rechtsbegriffe/Werte fixieren
      4. Logische Qualität des Rechts ist gerade kein Gegensatz zu gerechten Lösungen
      5. Rechtslehre als Textauslegungslehre manifestiert die Unbestimmtheit des Rechts

      Ich möchte Alle gern anregen, über diese Punkte zu diskutieren. Mir ist bewusst, dass man sich den bürgerlichen Rechtsstaat illusionslos als halbwegs funktionierend wünscht, falls man ihn doch einmal braucht, und vorher keine Lust hat, das Kleingedruckte aus dessen verklausulierten AGB’s zu entziffern.

      Aber allen ist wohl auch klar, dass die Rechtsordnung immer auch eine politische Funktion hat. Mir war früher nicht bewusst, welch grundlegende Dimension die Beschränkung der Demokratie, die Absicherung der Machtverhältnisse und Möglichkeiten der Repression in diesen Deutschland-AGB tatsächlich vorliegt. Der Verweis auf ein paar gekündigte Geheimabsprachen mit den ehemaligen Besatzungsmächten lenkt von dem Selbstgemachten nur ab.

      Erst durch die persönliche Erfahrung von ungehemmter Rechtswillkür wurde ich auf grundsätzliche, methodische Mängel des Rechtssystems aufmerksam und habe nach deren Ursachen gesucht. Nach Erfassen der politischen Dimension der Fehlkonstruktion stellte ich mir die praktische Frage, mit welchen Rechtsgrundlagen ein demokratischer Wandel oder wenigstens ein Umbruch zur Demokratie überhaupt noch möglich wäre.

      Und ich musste leider feststellen, dass keine mir bekannte linke politische Kraft hierfür auch nur ansatzweise ein relevantes Konzept hat.

      Ist die deutsche Beteiligung an Konfliktverschärfung und Angriffskriegen in der Welt wirklich nur durch Demonstrieren und Besserwählen zu bekämpfen?

      Ist die Verlagerung der Politikverantwortung auf eine autokratische EU-Exekutive mit neoliberal bindender Wirtschaftsverfassung und akuten Plänen für eine mobile Interventionsarmee etwa die linke Antwort auf steigende Kurse der AfD?
      Wird damit nicht Ursache und Wirkung (erneut) vertauscht?

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    • willi uebelherr schreibt:

      Lieber Lutz, Ich wollte ja eigentlich schon laenger auf deine betrachtungen antworten. Und jetzt wird es notwendig, weil es sich bei dir mehr und mehr zuspitzt.
      „Ohne Rechtssystem keine Demokratie“.

      Damit brichst du vieles von dem, was du vorher schon hast anklingen lassen. Demokratie ist ein lebendiges system, wo die akteure jederzeit ihre „Verfasstheiten“ und ihre „Regeln“ veraendern koennen. Demgegenueber steht ein statisches Rechtssystem, das dann oft durch aenderung der interpretation angepasst wird.

      Zunaechst. Es hat im deutschsprachigen raum, auch in Europa, oder sonstwo nie eine Demokratie gegeben. Heute ist es fatal, von einem demokratischen system zu sprechen. Wenn dann leute, wie bei KenFM Positionen 13, von repraesentativer Demokratie reden, dann sage ich, dass das alles dummschwaetzer sind.

      Repraesentation oder Demokratie. Beides geht nicht. Wenn wir die politischen systeme grafisch darstellen, kommen wir zu einer linie mit 2 endpunkten: Demokratie und die ein-Personen-Repraesentation. Dieses konstrukt geht sowieso nicht, weil eine Person braucht immer einen apparat. Wir nicht.

      Nur die Demokratie am endpunkt ist moeglich. Dazwischen finden wir formen der repraesentativen Republik mit unterschiedlichen auspraegungen der allgemeinen partizipation.

      Eine aehnlichen unsinn hat Hugo Chavez in die welt gesetzt, wenn er von partizipativer Demokratie redete. Aber Demokratie ist immer vollstaendig partizipativ. Oder manche reden von direkter Demokratie. Aber Demokratie ist immer direkt.

      Wenn wir nun etwas diesen grundgedanken folgen wollen, dann ist doch klar, dass das Rechssystem immer von den subjekten im demokratischen raum bestimmt wird. Deswegen ist dein hinweis so unsinnig, weil ob die Demokraten sich ein Rechtssystem schriftlich fassen oder nicht, ist allein ihre eigene entscheidung.

      Demokratie kann auch ohne ein schriftlich fixiertes regelwerk bestens auskommen. Unter welchen bedingungen sie notwendig werden sollten, weiss ich nicht. Alle bisherigen Verfassungen sind nur dazu da, die allgemeinen prinzipien in der einfuehrung stueck fuer stueck wieder aufzuloesen.

      Auch hier wieder ein verweis auf Venezuela, deren verfassung in der tradition von Simon Bolivar 400 artikel hat. Ja jetzt mal ehrlich. Welcher schwachlopf hat sich soetwas ausgedacht? Unter vernuenftigen bedingungen kommen wir mit fuenf bis zehn artikel allemal aus. Und immer dann, wenn wir im nachhinein nicht die wirkung der ersten aufloesen wollen.

      Das entscheidende aber sind die kompetenzraeume. Und das sind fuer mich immer die Gemeinden. Sie sind autonome einheiten, die in ihrem raum bestimmen. Und wenn sie im regionalen raum so etwas brauchen, dann tun sie es. Und das gilt dann fuer die region Deutschland ebenso.

      Jede Gemeinde ist absolut autonom in ihrem raum und kann ihre lebensweise so gestalten, wie sie es fuer richtig halten. Und wenn sie bestimmungen fuer gut halten aus anderen raeumen, dann wenden sie diese auch in ihrem raum an. Aber niemals kann eine aeussere instanz darueber bestimmen, was in diesem lokalen raum gilt.

      Weil wir in vielen fragen auch ueber die grenzen unseres raumes hinaus agieren, wie wasser, landschaft, biodiversitaet, wald usw., dann finden wir immer eine kooperative ebene.

      Das entscheidende, wie eine politisch soziale autonomie entstehen kann, ist die unabhaengigkeit in der oekonomie. Eine gemeinde kann nur politisch autonom agieren, wenn sie auch oekonomisch unabhaengig ist. Und weil uns aber die politische autonomie so wichtig ist, vorrausgestzt sie ist es, tun wir alles, um diese oekonomische unabhaengigkeit entstehen zu lassen. Die technologie hilft uns dabei. Also die materialisierung der gesetze der natur.

      Die methodik dabei ist die kooperation. Sie ist getragen von gemeinsamen inentionen und interessen. Wir wollen, dass auch die nachbargemeinden diese unabhaengigkeit erreichen und helfen uns gegenseitig.

      So entsteht das netzwerk oekonomisch unabhaengiger und damit politisch autonomer gemeinden, das die region Deutschland ist. In diesem konzept gibt es keinen staat, weil er als parasitaere instanz nutzlos ist. Da existiert auch kein verkauf von lebenszeit an andere, weil unsere zeit unser hoechstes gut ist. Das verschwenden wir nicht. Da existieren auch keine vertikal hierarchischen strukturen, aslo pyramidale konstruktionen, weil wir diese nutzlosen wasserkoepfe nicht brauchen.

      Wenn wir so an die fragen herangehen, dann sehen wir sofort, wie nutzlos fuer uns alle arten von Rechtssysteme sind. Welch aufgesetzte parasitaere und nutzlose konstruktionen sie eigentlich sind.

      mit lieben gruessen, willi

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      • Lutz Lippke schreibt:

        Als Utopie der lokalen Vollkommenheit mit globalem Gewissen pflichte ich Deinem Entwurf bei. Think global, act local – ist eine Idee für die Skalierbarkeit der Gemeinwohl-Ökonomie. Wann, wo, wie genau geht es los?

        Demokratisches Legalsystem „in progress“ bedeutet weder statisch, noch fremdbestimmt. Ich weiß nicht, woher der Widerspruch in meinen Aussagen kommen soll. Es ging mir gerade darum festzustellen, dass eine mit statischen und unbestimmten Moralbegriffen gespickte Rechtsordnung ohne verbindliche Verfahrensregeln dem Missbrauch offen steht. Ich habe nur festgestellt, dass die angestrebte Demokratie beim derzeit real herrschenden Rechtssystem an die bestehenden Machtverhältnisse gebunden ist. Die Feststellung, dass es noch keine vollständige Demokratie gegeben hat, ist insofern irrelevant, weil wir uns nicht über Science Fiction, sondern unsere reale Lage und die realen Optionen verständigen. Auch eine vollständige Demokratie müsste sich demokratische Regeln geben, die auch tatsächlich funktionieren. Mich interessiert weniger, was wir tun könnten, wenn zufällig ein idealisierter Zustand eintritt. Mir kommt es ein wenig so vor, als würdest Du das, was ich als bewusst fokussierende Modellierung (Idealisierung) für die Analyse der Wirkung von ausgesuchten Variablen ansehe, einfach per einsichtigem Beschluss zur funktionierenden Realität erklären willst.

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      • willi uebelherr schreibt:

        Lieber Lutz,
        „Die Feststellung, dass es noch keine vollständige Demokratie gegeben hat, ist insofern irrelevant, weil wir uns nicht über Science Fiction, sondern unsere reale Lage und die realen Optionen verständigen.“
        Nein, das ist nicht irrelevant. Es gibt uns die orientierung, dass wir ein demokratisches miteinander entstehen lassen muessen. Und wir uns komplett von den gesetzten normen dabei entfernen koennen, wenn sie uns nicht geeignet erscheinen. Diesen raum der selbstbestimmung brauchen wir.
        Auch missbrauch ist moeglich, fehlinterpretationen, fehlschluesse. Wir lernen daraus. So verstehen wir, warum wir in einem bestimmten zusammenhang uns selbst in den vordergrund schieben, alles um uns herum unserem privaten oder gruppenorientiertem egoismus unterwerfen wollen.
        Das prinzip der gleichwertigkeit aller menschen ist uns nur theoretisch nah. Praktisch erzwingt es konsequenzen, vor denen wir zurueckschrecken. Clara hat das unter „MeToo..“ deutlich ausgesprochen.
        Auch Immanuel Kant ist vor diesen konsequenzen zurueck gewichen, entsprechend seiner realen lebensweise.

        Die globale kooperation in der freien technologie ruht auf den 2 prinzipien:
        „Global denken, lokal handeln“ und „Wissen ist immer Welterbe“. Das ist dir ja sehr vertraut und wir finden es schon bei Epikur. Letztlich laufen alle unsere ansaetze einer positiven transformation auf die allgemeine anwendung dieser prinzipien hinaus mit der erweiterung, dass die gesamte Natur die grundlage unserer Existenz ist. Oder anders ausgedrueckt: „Sumak Kawsay“, das gute leben fuer alle in harmonie mit der natur.

        „Demokratisches Legalsystem „in progress“ bedeutet weder statisch, noch fremdbestimmt.“ Ja, genau so habe ich es verstanden.

        Wenn du aber schreibst:
        „Ohne verbindliches Recht keine Demokratie“, dann frage ich mich, wer anders als die demokraten, die subjekte der demokratie, sollen denn entscheiden, was „rechtens“ ist. Nur sie selbst koennen es tun und immer nur so, wie sie sich gerade verstehen. Der aufruf auf ein „verbindliches Rechtssystem“ zeigt doch immer nach aussen, weil die akteure innen sich zunaechst immer im Recht fuehlen. Sie muessen also innen erkennen, dass sie nun das prinzip der gleichwertigkeit mit der daraus folgenden gleichberechtigung brechen. Das ist aber in kooperativen strukturen sofort sichtbar, weil alle schritte offen bestimmt werden.

        So bildet sich letztlich ein rechtssystem aus der historischen betrachtung der verlaeufe des alltaeglichen tuns. Das ist auch das, was du als „in progress“ beschreibst. Zumindest verstehe ich es so.

        mit lieben gruessen, willi

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        • Lutz Lippke schreibt:

          Mein Ausgangspunkt war die Frage, ob Demokratie ein verbindliches Rechtssystem braucht und wie dieses im Wesentlichen beschaffen sein muss. Diese Frage sollte man explizit in 2 Fragen aufteilen, wenn es ins Detail geht.
          1. Welches Rechtssystem ermöglicht eine Demokratie, also R -> D?
          2. Welche Wirkmächtigkeit muss Demokratie auf das Recht haben, also D -> R?
          In beiden Fragen ist Demokratie statische Voraussetzung und das Rechtssystem die Untersuchungsvariable. Demokratie wird also abstrakt als funktionierendes Element angenommen, um das dafür erforderliche Rechtssystem bestimmen zu können.

          Zu 1. Es muss ein möglichst verbindliches, produzerales Recht zur Einberufung und Konstitution des demokratisch bestimmten Gesetzgebers gegeben sein, der seine demokratische Verfassung frei bestimmt. Abgesehen davon wirkt jede vorkonstituive, inhaltliche Festlegung des Rechtssystems demokratiefeindlich. Der demokratische Gesetzgeber darf nicht durch vordenokratische Institutionen oder Rechte politisch gebunden sein. Die reale Konstitution der Demokratie ist als initialer Akt nur schwer ideal umzusetzen, da es ja um den Wechsel von einem vordemokratischen Zustand geht. Daher ist nicht von idealisierten vollständigen Bedingungen auszugehen, sondern von hinreichenden. Maus hat dargelegt, dass in der Weimarer Zeit um 1918 die hinreichenden Bedingungen durch verbindliches, prozedurales Recht grundsätzlich vorlagen.

          Zu 2. Demokratie muss in den politischen Richtungsentscheidungen und der Gesetzgebung im Rahmen der selbst gesetzten Verfassung frei sein. Maus thematisiert die Frage, wie politisch vorbestimmend eine Verfassung noch sein kann und welche Folgen das hat. Grundsätzlich sollte sie jedenfalls zukunftsoffen sein und im Wesentlichen nur die demokratischen Prozeduren verbindlich festlegen. Maus sah das für die Weimarer Verfassung prinzipiell gegeben, für das Bonner GG nicht. Dafür thematisiert sie Wertepluralismus und formales Rechtsverständnis ( Weimar) und im Gegensatz dazu einheitliche Verfassungsintention und materiales Rechtsverständnis (Bonn).
          Der demokratische Souverän bestimmt das verbindliche Rechtssystem durch Gesetzgebung zu prozeduralen und inhaltlichen Rechten. Für die Gewährleistung der Entscheidungs- und Handlungsfreiheit des Demos ist zu jedem Zeitpunkt das Bestehen eines verbindlich geltenden Rechts erforderlich. Das impliziert das Recht auf Veränderung des zukünftigen Rechts („in progress“).

          Deine zurecht kritische Sicht auf die Realität erklärt das Bestehende dagegen für hinfällig und insgesamt zu verwerfen. Du konstruierst davon befreit einen fiktiven Idealzustand und kannst so auf einen Migrationspfad und die Analyse des Bestehenden verzichten. Du verweist auf das notwendige Lernen durch Versuch und Irrtum. Da gehe ich nicht mit, weil das Vergangene und Bestehende schon Ergebnis unserer try and error-Phase ist. Indem Du Dich von der Verantwortung für das Jetzt freisprichst, soll das Neue jungfräulich und rein werden. Motto: wenn wir alle in unserem Geist den K-Schalter in die richtige Richtung umlegen, dann befreien wir uns von kapitalistischer Ausbeutung und knebelnden Rechtssystemen und treffen zukünftig alle Entscheidungen im Konsens und gerecht. Selbst ein Täter wird seine Strafe selbst mitbestimmen und ein Opfer nie Genugtuung erwarten. Das Recht kann just in time produziert werden. Wir sind alle eins und Deinz ist auch Mainz. Entschuldige Willi, aber das ist doch idealistisches K-Fasching mit schillerndem Kostümwettbewerb. Wir können zwar von den Realitäten abgehoben ausgiebig feiern und sollten das auch, aber das ist doch keine hinreichende Lösung für Alles.

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  7. Theresa Bruckmann schreibt:

    Lieber Lutz Lippke,

    Ihre umfangreiche Arbeit, die uns ein Grundwissen
    vermittelt, aufgrund dessen überhaupt erst eine
    Verständigung und Diskussion möglich wird,
    mag Ihnen in vielen Momenten als eine undankbare
    Aufgabe vorgekommen sein.
    Aus meiner Sicht ist dieser Auftakt aber notwendig
    und vollkommen hinreichend für eine unvoreingenommene
    Diskussion. Danke! denn dafür kann man nicht genug danken!
    Mir ist aber auch wichtig, das Original zu lesen.
    Man kann sich dabei besser einfühlen in die Gedankenwelt
    der (noch unbekannten) RechtstheoretikerInnen, was treibt
    sie um, wie kommen sie zu neuen neuen Ansichten über
    ihren Forschungsgegenstand, unser Rechtssystem.
    Dafür musste ich den Text für mich handhabbar machen,
    (Welches ist der Hauptsatz, darin Subjekt, Prädikat usw.,
    welches der Nebensatz und sein Inhalt), um ihn überhaupt
    erfassen zu können.
    Das hat überhaupt nichts damit zu tun, Ihnen ‚am Zeug
    flicken‘ zu wollen.
    (Timo Jung von ‚Jung & Naiv‘ hat Marcle Fratzscher,
    den Leiter des DIW, Deutsches Institut für Wirtschafts-
    forschung, interviewt und Fratzscher äußerte sich zu Marx
    und meint, so ungefähr, dass man sich mit Sekundärliteratur
    über Marx begnügen könne. Es kostete mich Überwindung
    weiter zuzuhören).

    Zur praktischen Dimension der Erkenntnisse von Maus
    sagen Sie:
    Die sehe ich vor allem in Folgendem:
    1. Ohne verbindliches Recht keine Demokratie
    2. Durch unbestimmte Rechtslogik wird Demokratie
    gefährdet
    3. Verbindliches Prozessrecht muss unbestimmte
    Rechtsbegriffe/Werte fixieren
    4. Logische Qualität des Rechts ist gerade kein Gegensatz
    zu gerechten Lösungen
    5. Rechtslehre als Textauslegungslehre manifestiert die
    Unbestimmtheit des Rechts

    1 bis 4 stimme ich voll zu.
    Der Punkt 5 klingt in meinen Ohren so als gäbe es parallel zu
    den Exegeten der Bibelauslegung, auch solche in der
    Gesetzesauslegung.
    Davon weiss ich gar nichts, kann mir natürlich vorstellen, dass es sie gibt.
    Insofern – also völlig unbedarft – würde ich sagen, dies sollte nicht nötig
    sein. Die Gesetze sollen klare Aussagen sein. Und nur die Frage der An-
    wendbarkeit des Gesetzes auf den Einzelfall bedarf der Abwägung des
    Juristen.

    Mit Ihren persönliche Erfahrung von Rechtswillkür, dem Auffinden
    methodischen Mängeln im Rechtssystem, haben Sie mit den Ursachen
    auch die der Fehlkonstruktion gesehen.
    Und so sind sie zu der praktischen Frage gelangt:
    „Mit welchen Rechtsgrundlagen wäre ein demokratischer Wandel oder
    wenigstens ein Umbruch zur Demokratie überhaupt noch möglich?“

    Andere mögen ähnliche Erfahrungen gemacht haben, wieder andere,
    so wie ich z.B. hatten bisher das ‚Glück‘, persönlich keine so schlimme
    Bekanntschaft mit unserem Recht gemacht zu haben, die ihn an
    Fehlkonstruktionen denken ließ.

    Sie sehen, wieder sind sie vielen von uns in der Einsicht voraus,
    und wieder werden sie ‚in Vorleistung‘ gehen müssen, damit wir
    in die Lage versetzt werden, selbst Ideen einzubringen.

    Ganz anders sieht es im Politischen aus:
    Unsere Umwelt, Gesundheit, Bildung, Leistungen der staatlichen
    Fürsorge haben alle eine bestimmte Organisationsstruktur und diese
    Organisationsstruktur und selbstverständlich die ganzen Gesetze
    folgen einer Zielsetzung, sind gesetzlich geregelt. Und das alles betrifft uns!

    Dann auf der EU-Ebene: Budgetrecht, Parlamentsvorbehalt national aber
    wie sie schreiben: „Ist die deutsche Beteiligung an Konfliktverschärfung
    und Angriffskriegen in der Welt wirklich nur durch Demonstrieren und
    Besserwählen zu bekämpfen?“ und
    „Ist die Verlagerung der Politikverantwortung auf eine autokratische
    EU-Exekutive mit neoliberal bindender Wirtschaftsverfassung und
    akuten Plänen für eine mobile Interventionsarmee etwa die linke Antwort
    auf steigende Kurse der AfD?
    Wird damit nicht Ursache und Wirkung (erneut) vertauscht?“

    Zu Ihnen, Herr Uebelherr gleich eine Frage:

    Das Prinzip von der Gleichwertigkeit aller Menschen besagt
    ja Gott sei Dank (oder besser Mausfeld sei Dank) ausdrücklich
    nicht ‚Gleichheit‘ aller Menschen.
    Wieviel Individualität (oder nennen Sie es schon Egoismus?)
    würden Sie, Herr Uebelherr, mir in meinem Gute-Laune-Garten
    lassen?
    Die Diskussionen werden spannend!

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  8. Theresa Bruckmann schreibt:

    Wie aktuell diese Rechtsfragen sind, sieht man
    auch hier:

    EUropa – „Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Aber wo geht sie hin?“ Prof. Andreas Fisahn (attac)

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    • fidelpoludo schreibt:

      EUropa – „Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Aber wo geht sie hin?“

      Ohne das Video angesehen zu haben, fällt mir die Antwort ein:
      Sie geht durch einen transatlantischen Filter, durch den einmal hindurchgegangen sie sich selbst nicht mehr wieder erkennt und sich gegen das wendet, von dem sie ausgegangen war.
      (Es soll da mit viel dem Volk abgeknöpfter und also ebenso von ihm ausgehender Knete ausgestattete rechtsdrehende und -verdrehende Agenturen und Kanzleien geben, die sich auf solche Dienste spezialisiert haben. Ihr habt sie noch nicht gesehen? Kein Zufall: Sie sind ja nicht bloß vom Volke aus-, sondern auch von ihm weggegangen, um mit neuen Forderungen ans Volk zurückzukommen.)

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  9. Lutz Lippke schreibt:

    Ich habe Ihre Anmerkungen von Beginn an positiv aufgenommen, mein Selbstzweifel war produktiv gemeint. Ich bin froh über kritisches Reflektieren und kann auch Scharfes vertragen. Mir fehlen die Insignien des Standesdünkel. Jeder Nachteil hat ja auch einen Vorteil. Die Mitwirkung als Nichtjurist an Auseinandersetzungen mit Juristen im beckblog hat mich ganz gut im Umgang mit Konträrem geschult.
    Sie sprechen meine persönlichen Erfahrungen mit dem Rechtssystem an. Mir ist irgendwann bewusst geworden, dass die einengende Sicht auf Einzelfälle auch eine Art spaltende Identitätspolitik ist. Der Blick auf den Einzelfall ist im deutschen Rechtssystem sehr stark ausgeprägt. Schnell fallen wir bei deren Bewertung auf die eigene Identität als wesentlichen Maßstab für Gerechtes zurück. Um dieser moralischen Falle der Spaltung zu entgehen, vermeide ich Einzelfall-Diskussionen und fokussiere die zugrunde liegenden Prinzipien. Leider sind gerade von Justizentscheidungen Betroffene dazu selten in der Lage, so dass die Öffentlichkeit nur medial verwertbare Fälle unter Einfluss aller denkbaren Verfälschungen und Instrumentalisierungen erfährt. Es ist nicht Hopfen und Malz verloren, aber das Rechtssystem braucht dringend Aufklärung. Die kritischen Juristen führen seit langem einen Minderheitenkampf gegen die herrschende Meinung des staatstragenden Mainstream im Justizsystem.
    Meine Idee ist nun, zunächst einige typische Fälle hier in Kommentaren anzureißen und dem Theoretischen damit einen Praxisbezug beizugeben. Ein erstes Beispiel war mit der „Wirtschaftsordnung im Grundgesetz“ zu Verfassungslehre vs. Demokratie. Als nächstes Beispiel denke ich an eine politische BGH-Entscheidung mit Hilfe der Umgehung des Gesetzestextes zu Lasten der Minderheitsrechte im Bundestag. Leider folgenlos, weil keine Verfassungsbeschwerde eingelegt wurde. Daran werden schon typische praktische Auswirkungen des Richterrechts und dessen Umgang mit Demokratie, Verfassung und Gesetz sichtbar. Was halten Sie von diesem Vorgehen?

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  10. Theresa Bruckmann schreibt:

    Hallo Lutz Lippke,
    an dieser Stelle habe ich gestern den nachfolgenden Text
    eingegeben. Weil der wohl wieder von einem ’schwarzen Loch‘
    aufgesogen wurde, hier noch einmal:

    Lutz Lippke,

    Ihren Vorschlag, was das nächste Thema sein
    könnte
    „Es ist nicht Hopfen und Malz verloren, aber das Rechtssystem braucht dringend Aufklärung. Die kritischen Juristen führen seit langem einen Minderheitenkampf gegen die herrschende Meinung des staatstragenden Mainstream im Justizsystem.
    Meine Idee ist nun, zunächst einige typische Fälle hier in Kommentaren anzureißen und dem Theoretischen damit einen Praxisbezug beizugeben.
    Ein erstes Beispiel war mit der „Wirtschaftsordnung im Grundgesetz“ zu Verfassungslehre vs. Demokratie.
    Als nächstes Beispiel denke ich an eine politische BGH-Entscheidung mit Hilfe der Umgehung des Gesetzestextes zu Lasten der Minderheitsrechte im Bundestag. Leider folgenlos, weil keine Verfassungsbeschwerde eingelegt wurde.
    Daran werden schon typische praktische Auswirkungen des Richterrechts und dessen Umgang mit Demokratie, Verfassung und Gesetz sichtbar. Was halten Sie von diesem Vorgehen?“

    Danke, das Vorgehen gefällt mir.
    Jedoch komme ich so schnell nicht vom bisher Gefundenen los.

    Sie haben also bisher folgendes erarbeitet:

    A) Zur praktischen Dimension der Erkenntnisse von Maus
    sagen Sie:

    Die sehe ich vor allem in Folgendem:
    1. Ohne verbindliches Recht keine Demokratie
    2. Durch unbestimmte Rechtslogik wird Demokratie
    gefährdet
    3. Verbindliches Prozessrecht muss unbestimmte
    Rechtsbegriffe/Werte fixieren
    4. Logische Qualität des Rechts ist gerade kein Gegensatz
    zu gerechten Lösungen
    5. Rechtslehre als Textauslegungslehre manifestiert die
    Unbestimmtheit des Rechts

    B) und auf die Frage, ob Demokratie ein verbindliches Rechtssystem braucht

    und wie dieses im Wesentlichen beschaffen sein muss.
    Diese Frage sollte man explizit in 2 Fragen aufteilen, wenn es ins Detail geht.
    1. Welches Rechtssystem ermöglicht eine Demokratie, also R -> D?
    2. Welche Wirkmächtigkeit muss Demokratie auf das Recht haben, also D -> R?

    In beiden Fragen ist Demokratie statische Voraussetzung und das Rechtssystem die Untersuchungsvariable.
    Demokratie wird also abstrakt als funktionierendes Element angenommen, um das dafür erforderliche Rechtssystem bestimmen zu können.

    Ich komme irgendwie nicht los vom Begriff Wertepluralismus.

    Sie schreiben (am 10.02. 13:26 h)
    Zu 1: „Die reale Konstitution der Demokratie ist als initialer Akt nur
    schwer ideal umzusetzen … Maus hat dargelegt, dass in der Weimarer Zeit um 1918
    die hinreichenden Bedingungen durch verbindliches, prozedurales Recht grundsätzlich
    vorlagen.“ und

    Zu 2: „Demokratie muss in den politischen Richtungsentscheidungen und der
    Gesetzgebung im Rahmen der selbst gesetzten Verfassung frei sein. Maus thematisiert
    die Frage, wie politisch vorbestimmend eine Verfassung noch sein kann und welche
    Folgen das hat. Grundsätzlich sollte sie jedenfalls zukunftsoffen sein und im Wesentlichen nur die demokratischen Prozeduren verbindlich festlegen.
    Maus sah das für die Weimarer Verfassung prinzipiell gegeben,
    für das Bonner GG nicht.

    DAS ist der P u n k t der mich aufhorchen lässt!
    Dafür thematisiert sie Wertepluralismus und formales Rechtsverständnis (Weimar)
    und im Gegensatz dazu
    einheitliche Verfassungsintention und materiales Rechtsverständnis (Bonn).
    Der demokratische Souverän bestimmt das verbindliche Rechtssystem durch Gesetz-
    gebung zu prozeduralen und inhaltlichen Rechten.
    Für die Gewährleistung der Entscheidungs- und Handlungsfreiheit des Demos
    ist zu jedem Zeitpunkt das Bestehen eines verbindlich geltenden Rechts erforderlich.
    Das impliziert das Recht auf Veränderung des zukünftigen Rechts („in progress“).

    Ich stelle mir jetzt einmal den Wertepluralismus b i l d l i c h v o r .
    Ich stelle mir einen Ozean von Möglichkeiten vor,
    aus dem der demokratischen Souverän wählen kann.
    Das wäre ein P r i m a t P o l i t i k

    Jetzt kommt ein V o r b e h a l t,
    z.B. ein wirtschaftlicher,
    den Stelle ich mir wie einen F i l t e r
    vor.
    Es fällt nur noch durch den Filter, was mit dem V o r b e h a l t v e r e i n b a r ist.
    Das heißt
    das allermeiste aus dem O z e a n der Möglichkeiten
    kommt ü b e r h a u p t und von-vorn-herein g a r n i c h t mehr in B e t r a c h t.

    Der Vorbehalt hat die Wirkung eines Flaschenhalses, eines künstlich gesetzten Engpasses,
    um n u r die e r w ü n s c h t e n Möglichkeiten z u z u l a s s e n.

    Die Möglichkeiten unterliegen einem B r i e f i n g.
    Sie stehen g a r n i c h t m e h r zur W a h l.

    Der Vorbehalt engt beliebig ein, je nachdem wie ausgedehnt er gesetzt/erzwungen wird.

    Solche Vorbehalte können sein:
    Wirtschaftsform (Wettbewerb, Markt, Globalismus oder Abschottung zum
    Schutz der heimischen Wirtschaft u.v.m.)
    öffentliche Sicherheit, (ein Ausnahmezustand z.B.)
    Kriegswirtschaft (anstelle jeglicher/m Produktion und Handel)
    Rassismus oder Exceptionalismus
    u.v.m.

    Es ergab sich jetzt so, dass ich 2 interessante Textbeiträge fand und las,
    der eine betrifft die Vergangenheit
    https://www.heise.de/tp/features/Das-Scheitern-der-Neuen-Linken-3964243.html

    der andere die ganz nahe Zukunft:
    https://www.heise.de/tp/features/Traum-vom-Militaer-Schengen-3964417.html

    Zur Vergangenheit:
    Schon wieder so ein Text zu den Linken,
    aber dann – war alles wieder da, ja so war es damals –
    Swing lag in der Luft, die Rolling Stones, und ‚Weg mit den alten Zöpfen‘
    aber
    und wo stehen wir heute?
    Dank Maus und Lippke fällt mir jetzt
    der Change von der Weimarer Verfassung zum Bonner GG ein!
    Ja, war ich damals auch Atlantikerin?
    O.k. wird wohl so gewesen sein,
    obwohl die Musik aus ‚Swinging London‘ kam.
    Und hab‘ ich da was verpennt?
    Mein Beitrag ‚zur Verbesserung der Welt‘ war die Mitgliedschaft
    bei Amnesty International. Mehr nicht?
    Was wäre möglich gewesen?
    Mit Maus & Lippke nehme ich jetzt an:
    Das war der Vorbehalt Wirtschaft vor Politik,
    oder anders gesagt das Primat Wirtschaft vor der Politik!
    Und ich fand’s wohl im großen und ganzen o.k.
    Zumal damals mit Willy Brandt einer an der Staatsspitze
    stand, der sich um Verständigung auch mit den ‚Ländern Latein-
    Amerikas‘ bemühte, man gab Entwicklungshilfe usf.
    Waren das nur Trostpflaster? frage ich mich jetzt.
    Hatten wir, die Jugend im wohlhabenden Norden
    ‚unser Brot und unsere Spiele‘
    und waren abgelenkt und sahen nicht das ‚Betriebssystem‘.
    Wir sahen auch den Kommunismus, hofften auf Annäherung
    und ein ‚gegenseitiges Durchdringen‘, so dass von beiden
    Systemen das beste unser Zukunftsmodell betimmen
    könnte!
    Dann fiel die Mauer. Dank Gorbatschow und den Russen.
    Die Jugend der DDR meint/oder lässt man sie glauben,
    das sei ‚ihr Werk‘, warum auch nicht?
    (Hab‘ keine Ahnung, lass‘ mich gern aufklären von
    unseren Kolleg/Innen jener Jahre ‚drüben‘).
    Und jetzt?

    Der 2. Beitrag: Am kommenden Wochenende beginnt
    die Münchner Sicherheitskonferenz.
    Der Aufbau des neuen Verteidigungsbündnisses PESCO
    (Permanent Structured Cooperation) soll auch Thema
    dort sein.
    Der derzeitige EU-Ratspräsident Donald Tusk: „eine gute
    Nachricht für Europa und die NATO und eine schlechte für
    unsere Feinde…“
    Und Mihnea Motoc, stellvertretender Direktor des EPSC
    (European Political Strategy Centre) eines EU-internen
    Think tanks, ehemaliger Verteidigungsminister Rumäniens
    und verantwortlich für die Koordination von PESCO, …
    Ein Europäisches Verteidigungssystem sei „ein bisschen
    etwas von allem, was wir bislang haben“, es sei „ein
    Management von Krisen auf niedrigem Niveau.“

    ‚Das Krisenmanagement beziehe sich vor allem auf den Süden
    der EU. Ob damit die Abwehr von Flüchtlingen gemeint
    sei, wurde nicht präzisiert‘ heißt es weiter in dem Artikel
    und
    ‚Motoc schwebt ein ‚Militär-Schengen‘ vor, eine Art Militär-Mobiltät,
    in der sich innerhalb der Mitgliedsstaaten Material und Personen
    freier transportiert werden können. Dies setze jedoch das noch
    nicht erteilte Einverständnis der Mitgliedsstaaten voraus (sic! Gott
    sei‘ Dank), das im März innerhalb der EU diskutiert werden solle.‘
    hier also:
    https://www.heise.de/tp/features/Traum-vom-Militaer-Schengen-3964417.html

    Was für ein Tempo!
    Und ob es jetzt eine Rolle spielt, ob wir eine ‚handlungsfähige
    Regierung haben‘. Naja, was sich da so abzeichnet! Geschenkt!

    Wenn man überhaupt an EU-Europa denkt!
    mit seinem Lissabon-Vertrag (der Pseudo-Verfassung).
    Maastricht, sagt Prof. Schirmer war der Sündenfall.
    Jedenfalls, denk‘ ich an Maus & Lippke,
    Wertepluralismus und EU-Lissabon-Vertrag.
    Da bleibt viel aussen vor, was nicht zum Vorbehalt
    ’neoliberale Wirtschaftsordnung‘ passt.

    Dass Sigmar Gabriel nicht zur Münchner Sicherheitskonferenz
    fährt! Dass bringt mich auf die Idee: Wäre doch toll, wenn
    viel Gäste so verhindert wären.
    Man stelle sich das mal vor:
    Die MüSiKo findet statt, keiner geht hin, aber
    die Gegen-Demonstation ist da!

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    • Lutz Lippke schreibt:

      Das ist der Kern. Die Formulierung des GG, aber insbesondere die Auslegung des GG durch Juristen stellt faktisch ein generelles Primat des privatwirtschaftlichen Marktes vor sozialen Rechten der Bürger und Gestaltungsmöglichkeiten der Politik dar. Die Wirtschaft darf nicht beschnitten oder staatlich organisiert werden, der Bürger hat kein Grundrecht auf mehr als die reine Existenz (Art.1 GG) und der Gesetzgeber darf auch nicht mehr geben. Das ist Beschlusslage des BVerfG. Mit der EU übernimmt faktisch die Kommission und der Rat als Exekutive nun die neoliberale Allmacht, das Parlament ist allenfalls nerviges Legitimationsbeiwerk. Die Vorne-Verteidigung, Militäreinsatz im Innern, Polizeistaat usw. wird neben dem Wirtschafts- und Arbeitsmarkt vollständig dem Zugriff des Demos entzogen, denn völkerrechtlich fehlt schon ein europäisches Staatsvolk. Die Anfütterzeit mit ein paar Wohltaten der EU wird auslaufen, wenn alle Rechtsakte für die Entmachtung der Völker durch sind. Die EU verkommt dann endgültig zum Schutzprogramm für Reiche, Mächtige und deren Abschottung gegen Reformen und jede Selbstermächtigung. Die Zukunft sieht katalonisch aus, wenn diesem Notarsklüngel nicht baldigst Ver- und Widerstand entgegengesetzt wird. Ich versteh die linken Politiker nicht, die das doch erkennen müssten. Das schreibt denen der wissenschaftliche Dienst des BT auf. Da helfen doch keine Zehntel mehr Wählerschaft, keine Kundgebungen oder Solidaritätsadressen. Das muss auf den Tisch und hart verhandelt und gegengesteuert werden. Das würde ich in einem 2.Teil zusammentragen und mit Quellen vesehen.

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    • Lutz Lippke schreibt:

      Noch einmal Zustimmung und Abgleich:
      Die Form der Volksherrschaft ist natürlich auch eine Variable mit der sich auch Maus intensiv befasst. Im Buch findet man dazu aber nur die allgemeine Feststellung, dass der/das Demos die einzige politische Gewalt und Stimme Aller darstellt. Auf die Volksherrschaft bezieht sich grundsätzlich auch das GG. Hier richtig, ist Denokratie daher als abstrakt idealisierte Konstante als Vertreterin aller freien Individuen angesehen, die ihre politische Macht bestimmungsgemäß ausführen will und gegenüber dem Volk rechtfertigen muss. Die Frage ist also, unter welchen rechtlichen und institutionellen Voraussetzungen kann Demokratie wirksam sein. Das Prinzip der Gewaltenteilung und das staatliche Gewaltmonopol wird als institutionelle Voraussetzung der Verfassung als richtig und notwendig angenommen. Es bleiben also die Verfassungsgesetze als wandelbare Größe und die Macht- und Kompetenzverteilung auf ausführende und rechtsprechende Gewalt zu untersuchen.

      Wertepluralismus (Weimar) – einzelne (individuelle) Grundrechte für verschiedene Klientel nebeneinander, verschiedene Wirtschaftsformen, Soziales, kein vorherrschendes Ziel, vom Parlament veränderbar, (Konservative rühmten sich, dass sie Erbschaft gerettet haben. Das wurde also verhandelt!), Der Wertepluralismus gibt mit den einzelnen Grundrechten der Bürger gegenüber dem Staat einzelne grundsätzlich gleichrangige Erfüllungsziele vor. Die Ausbalancierung erfolgt durch demokratisch bestimmte Gesetzesbefehle (Gesetzespositivismus), die Regierung und Justiz binden.
      dagegen
      einheitliche Verfassungsidee (Bonn) – vorherrschende Leitidee durch Interpretation von Rechtgelehrten und hohen Richtern bindet alle 3 Gewalten und damit auch das Volk. Der Rückgriff zur Legitimation erfolgt durch Gründungstheorie, die Status Quo und Eigengesetzlichkeit manifestiert. Zum Status Quo und Eigengesetzlichkeit des Staates gehört die vorherrschende Wirtschaftsordnung. Die konkrete Ausgestaltung der Gesetze zur Wirtschaftsordnung ist an diese Eigengesetzlichkeit dynamisch gebunden. Zur Freiheit gehört die Vertragsfreiheit zur Arbeit, die nur durch begründete allgemeine Interessen eingeschränkt werden darf. Zu sonstigen Grundrechten haben die Bürger ein individuelles Abwehrrecht gegenüber dem Staat aber nicht gegenüber dem Vertragspartner. Aus dem Abwehrrecht folgt aber auch kein Gestaltungsrecht
      Das ist alles Richterrecht, aus GG und Gesetzen frei „komponiert“ und assoziiert.

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  11. Theresa Bruckmann schreibt:

    Sie sagen:
    Die Frage ist also, unter welchen rechtlichen und institutionellen Voraussetzungen kann Demokratie wirksam sein.
    Als institutionelle Voraussetzung der Verfassung nehmen Sie das Prinzip
    der Gewaltenteilung und das staatliche Gewaltmonopol als richtig und
    notwendig an.
    Sind die beiden Annahmen auch hinreichend?
    Wo bringen wir die Forderungen unter, dass Verträge in deutscher Sprache
    abgefasst sein sollten, umfänglich bewältigt werden können (ich denke dabei
    an die 1000-Seiten-Verträge CBl oder auch PPP, dazu in Englisch, die nur
    große Kanzleien erläutern und bearbeiten können), nicht geheim sondern
    transparent sollten die Verträge sein, (also nicht etwa so wie hier beschrieben
    https://www.rubikon.news/artikel/strukturelle-antidemokratie)?

    Zur Freiheit gehört die Vertragsfreiheit zur Arbeit, die nur durch begründete
    allgemeine Interessen eingeschränkt werden darf. (Ist hier gemeint, dass
    Arbeitgeber und Arbeitnehmer frei sind in der Vertragsgestaltung, dass aber
    z.B. unbegründete Sonntagsarbeit nicht Teil des Arbeitsvertrages sein kann?
    und wenn Sie schreiben: „Zu sonstigen Grundrechten haben die Bürger ein
    individuelles Abwehrrecht gegenüber dem Staat, aber nicht gegenüber dem
    Vertragspartner.“ Wäre also Vorschrift nur tadellos geschminkt aus dem Haus
    zu gehen, kann ich das abwehren, nicht aber, wenn der Arbeitgeber verlangt,
    dass ich tadellos geschminkt zur Arbeit erscheinen muss? Ist derartiges
    gemeint?

    Zum Vorgehen bei der Beurteilung des Richterrechts.
    Sie gehen also so vor, dass Sie das derzeit geltende Gesetz nehmen
    und die dabei bestehenden Ermessens-Spielräume (bis hin zur Willkür)
    der Juristen beleuchten.
    Der Wertepluralismus begleitet uns dabei immer als Referenzmodell?
    Oder ist das Referenzmodell die Gründungstheorie wie sie nach
    Weimar zur irgendeinem Zeitpunkt einmal war?

    Wie ist das überhaupt mit den Fragen nach der Entwicklung seit
    der Gründungstheorie (Bonn) bis heute?
    Hat sich eine/r gefunden, dem Beispiel Ingeborg Maus folgend,
    die Gründungstheorie (Bonn) bis heute fortzuschreiben?

    Wenn Willy Wimmer von der Bonner Republik sagt, dass die Rechte
    nach Berlin gegangen und dort nie angekommen sind, ergibt sich
    natürlich die Frage: Was ist zwischen Bonn und Berlin juristisch
    geschehen?

    Zunächst sind da ja 2 Stränge, nämlich die
    Wiedervereinigung Deutschland unter mit dem
    jetzt gemeinsamen GG, gleichzeitig aber gelten
    auch alle Verträge, die die BRD geschlossen hat.

    Mein Model/Creifelds Staatsbürger-Taschenbuch, 31. Auflage, C.H. Beck,
    München 2003 zeigte mir da manche Ungereimtheit auf, z.B. unter
    schiedliche Behandlung der Rückgabe/Entschädigung von Enteignetem
    in der Zeit 1933-45, bzw. 1945-1949.

    Dann gab es die Transformation von DDR-Staatsvermögen in
    Privatvermögen und natürlich die Währungsumstellung.

    Der 2. Strang betrifft die „Europäischen Gemeinschaften“, die
    kurioserweise ab Maastricht zur ‚Europäischen Gemeinschaft‘
    geworden sind (wg. der vormals völkerrechtlichen Verträge).
    Dieser Vertrag hat wohl auch eine wie auch immer genannte
    genannnte Gründungstheorie mit Programmen und Zielen.
    Für uns in der BRD war das aber 2013 mit dem Lissabon
    Vertrag auch so, dass uns der ungefragt übergestülpt wurde.

    Von unserem GG hieß es, es sei so einmalig und dass nur
    noch Japan eine so schöne Verfassung hätten, die dem
    Frieden verpflichtet sei. (Jetzt ja leider wg. Abe auch nicht
    mehr).

    Gut, lassen wir das. Nach Ingeborg Maus‘ Entwicklungs-
    geschichte gab’s und gibt es also diesen Vorbehalt ‚Primat
    Wirtschaft vor der Politik‘ im GG.

    Nachdem die beiden Stränge jetzt so parallel nebeneinader
    laufen, muss man wohl nach dem Subsidiaritätsprinzip
    fragen.
    Wie das gedacht ist und wie es tatsächlich funktioniert.

    Wenn wir nun im folgenden nur noch unsere nationale
    Gesetzgebung betrachten, können wir dabei die Sicht auf
    Brüssel außen vor lassen oder ist sie allgegenwärtig, weil
    die Ebenen so verwoben sind.
    Nicht nur böse Zungen sagen ja, „was national nicht durchgeht,
    wird in Brüssel durchgezogen und was in Brüssel nicht geht,
    geht national.“

    Wie unabhängig von Brüssel urteilen unsere Juristen nach
    deutschem Recht?

    Zum Schluss der Text der „National-Hymne“, das opus 125
    aus der 9. Sinfonie von Ludwig van Beethoven.
    Der Text hierzu stammt aus der ‚Ode an die Freude‘ von
    Friedrich von Schiller. Er kann allerdings nur auf Deutsch
    gesungen werden: offizielle Übersetzungen in die anderen
    Amtssprachen existieren bislang nicht (so heißt es in meinem
    Model/Creifelds von 2003, auf der Seite 61). Die erste Strophe
    also:
    „Freude schöner Götterfunkden, Tochter aus Elysium!
    Wir betreten feuertrunken, himmlische, Dein Heiligtum.
    Deine Zauber binden wieder, was die Mode streng geteilt.
    Alle Menschen werden Brüder, wo Dein sanfter Flügel weilt.
    Seid umschlungen, Millionen!
    Diesen Kuss der ganzen Welt!
    Brüder, überm Sternenzelt
    muss ein lieber Vater wohnen.“

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    • Joachim Bode schreibt:

      Das „Schmink-Beispiel“ gefällt mir. Weil es griffig und einfach nachvollziehbar ist?
      Die zentrale Vorschrift unsere Grundgesetzes besteht aus Artikel 14:
      Eigentum und Erbrecht werden gewährleistet.
      Es heißt zwar weiter, der Gebrauch des Eigentums verpflichte (Gebrauch zugleich zum Wohle der Allgemeinheit), was die herrschende Lehre und natürlich auch die Praxis längst zum unverbindlichen und damit völlig unbedeutenden Programmsatz deklassiert haben. Alle wichtigen Entwicklungen im wirtschaftlichen, politischen und gesellschaftlichen Bereich sind davon betroffen, nein, besser: wesentlich beeinflusst!
      Die Globalisierung entfesselte die Möglichkeiten der Eigentumsnutzung bis hin zur weitgehenden Undurchschaubarkeit.
      Das Arbeitsrecht (im Studium wurde das früher mal Arbeitnehmerschutzrecht genannt) wurde in den letzten 3 Jahrzehnten seiner eigentumsbeschränkenden Funktionen in wichtigen Bereichen entledigt.
      Der früher mal von Großeigentümern gefürchtete Begriff „Enteignung“ (Art. 14 Absatz 3 GG) bezieht sich heutezutage nur noch auf die tatsächliche Situation der unteren 30 oder mehr Prozent der Bevölkerungsschichten, die den zahlreichen enteignenden Vorgängen schutzlos ausgeliefert sind.

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  12. Lutz Lippke schreibt:

    Der Verdienst von Maus ist es in dem behandelten Buch bis 1980 die grundsätzliche Kontinuität der bürgerlichen Verfassungs- und Rechtstheorie seit 1918 am Beispiel der Gründungstheorie nach Carl Schmitt aufzuzeigen und dabei die Details der trickreichen Wandlungen sichtbar zu machen. Insbesondere Kontinuität einschließlich der NS-Zeit, was später gern verleugnet wurde. Es gibt aktuellere Arbeiten von ihr und anderen, die die aktuelle Entwicklung behandeln. Da suche und lese ich erst noch. Das Stichwort Volkssouveränität fördert Einiges zutage. In meinem Kommentar vermischt sich die Kritik mit Deutungen des GG durch das BVerfG. Also einem herausgehobenen Anwender der kritisierten Rechtstheorie. Damit wollte ich nur andeutungsweise den praktischen Bezug der Arbeit von Maus aufzeigen.
    Zur Gewaltenteilung kann man sicher Sinn und Realität hinterfragen, was aber hier nicht im Fokus stand. Ein einfacher Nenner ist, dass Gesetze allgemeingültig gefasst sein sollen und nicht den Einzelfall zur Grundlage haben dürfen. Das vermeidet Willkür und ungleiche Gesetze. Die Gewaltenteilung soll das institutionell unterstützend absichern. Der feudale, absolutistische Exekutivstaat war das Gegenstück, das durch die Dreiteilung überwunden werden sollte. Der Gesetzgebungsaktionismus der letzten Jahre verstösst gegen das allgemeine Prinzip, in Bayern ist die Gewaltenteilung durch das Rotationssystem schon grundsätzlich in Frage gestellt. Das wird verschiedentlich auch als Ursache für gravierende Fehlurteile gehandelt. Ob der Begriff Gewalt überhaupt zu demokratischem Recht passt und wie viele Säulen eine praktisch realisierbare Willkürfreiheit haben müsste, stand hier auch nicht im Fokus. Klar ist aber schon, dass das Prinzip seit 100 Jahren willkürlich verletzt wird.
    Die Frage zum Muttersprachlichen und zum Umfang von Gesetzeswerken beantwortet sich im Prinzip schon mit dem Grundsatz, dass das Staatsvolk bzw. seine gewählten Vertreter (also Nichtjuristen) die einzige zur Rechtsetzung/Gesetzgebung legitimierte Instanz einer Demokratie ist. Zu praktischen Fragen der Mengenbewältigung gibt es weitere Arbeiten und Gedanken, die aber sehr ins Detail gehen. Vorstellbar ist aber sicherlich, dass ein Rechtssystem, das bewusst auf Methodik und Klarheit verzichtet, die Tendenz zum Uferlosen hat. Ich halte zwar die Reduktion auf ein paar Grundregeln unrealistisch, aber einer globalen Schätzung auf über 70% unnötigem Ballast würde ich mich nicht sofort verschließen. Ohne Widerspruch hatte ich im juristischen Blog schon mal die Überlastung der Justiz mit 50 % Selbstbeschäftigung und Mängelbearbeitung behauptet. Auch das kann ein verzerrter subjektiver Eindruck sein, aber bei solchen Aussagen wird man meist von „Gast“ schnell zurechtgewiesen.
    Der rubikon-Artikel ist athmosphärisch zum Aufrütteln ganz ok, aber sehr vereinfachend, teilweise falsch folgernd und im Abschluss absolut motivationshemmend. Es gibt Alternativen bereits vor der Abschaffung von privatem Kapital und muss es auch, denn Demokratie ist nicht Ergebnis von Entscheidungen, sondern unmittelbarer und permanenter Anspruch des Volkssouveräns.
    Zu Vertragsrecht und Abwehrrechten: Das Prinzip ist, dass die Verfassung nur den Staat an die Verfassungsmäßigkeit der Gewaltausübung bindet. Im Gegenzug liefern sich Bürger und private Institutionen der Staatsgewalt aus und wenden diese nicht selbst an. Eingriffe in Freiheitsrechte sind nur durch verfassungsgemäße Rechtsanwendung zulässig. Einschränkung der Sonntagsarbeit kann also mit individuellem Schutz und/oder allgemein mit dem Sozialstaatsprinzip per Gesetz begründet werden. Ein beruflicher Zwang zum Schminken würde wohl nur ausnahmsweise zulässig sein, weil der Gesetzgeber Willkür in Verträgen natürlich sanktionieren kann. Der Schutz gegen solche Willkür ist dann indirekt. Der Staat ist zum Grundrechtsschutz des Betroffenen verpflichtet (Amtshaftung) und die Firma hat sich dem Gesetz zu unterwerfen.
    Richterrecht ist eine Anwendungsfolge der Gründungstheorie und der Verleugnung der alleinigen Legitimität des Gesetzgebers zur Rechtsetzung. Die Rechtspraxis offenbart sich nur verdruckst und argumentiert mit Notwendigkeiten im Einzelfall und mangelhafter Gesetzgebung. Man ist sich offenbar bewusst, auf welch schmalen Grat die Selbstermächtigung erfolgt.
    Bis zur Wiedervereinigung galt das GG als vorläufig. Um allem Möglichem aus dem Weg zu gehen, wurde die DDR angeschlossen (Beitritt). Das wäre ein eigenes Thema. Die Nachwende hatte viele Räuberaktionen zulasten Einzelner und gemeinschaftlicher Vermögenswerte.
    Zum GG wichtig!: Das Problem liegt weniger im GG selbst, als in der reaktionären Auslegungsweise. Es gibt progressive Verfassungstheorien, die dem GG eine Demokratietauglichkeit bescheinigen. Da suche und lese ich gerade zu.Da gibt es wohl sehr wichtige Erkenntnisse zu Fehlern der Linken die unfreiwillig oder (?) auf die reaktionäre Deutung hereinfallen und mit undurchdachter Übernahme stärken. Aber das ist ein sensibles Thema, das ich nicht im Schnellschuss abarbeiten kann. Das betrifft uns alle.
    EU vs. BRD-Recht ist ein Thema des BVerfG. Grundsätzlich wurde Abtretung der Hoheit vom BVerfG anerkannt, soweit nicht GG-Gründe dagegen sprechen. Maus sagt aus der Eigenlogik der gründungsrechtlichen Transformation den entpolitisierten, rechtsfreien Exekutivstaat bereits 1980 voraus. Mit der EU-Gesetzgebung soll das zur legalen Hürde für Aufbegehren der Völker werden.

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    • willi uebelherr schreibt:

      Lieber Lutz, ist die gewaltenteilung aus dem roemischen staatsrecht nicht eine billige floskel? Ein verwischen des realen?

      Innerhalb der eliten hat es auch schon im antiken Griechenland funktioniert wie spaeter in Rom. Nur, die bevoelkerung war doch immer ausgeschlossen.

      Verfassungen gelten fuer die staatsapparate. Aus dem wissen, dass nur sie als bevollmaechtigte agieren duerfen. Aber da fehlt doch etwas, oder?

      mit lieben gruessen, willi

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      • Lutz Lippke schreibt:

        wissen, dass nur sie als bevollmächtigte agieren duerfen“ würde ich umstellen in „wissen, dass sie nur als bevollmächtigte agieren dürfen“

        Populistisch vereinfacht müssen 1% der Bevölkerung 99% davon überzeugen, dass alles mit rechten Dingen zugeht. Nur so kann faktische Unterlegenheit in Macht umgewandelt werden. Man könnte das beispielhaft umformen in 1 Betrüger muss 99 Betrogene über die Tatsachen täuschen. Das unterscheidet sich deutlich von der Behauptung, dass der Betrüger wisse, dass nur er bevollmächtigt sei und weitere Bevollmächtigte bestimmen dürfe. Er könnte sich als Herrscher das Rechtmäßigkeitsversprechen dann auch sparen. So ist es in absolutistischen und diktatorischen Systemen eine der ersten Handlungen, Gewaltenteilung aufzuheben, auf Allmacht zu konzentrieren und/oder in chaotische Willkür zu zerstreuen. Täuschen und Spalten sind also noch vor der Gewaltausübung wichtige Instrumente des Herrschens von Minderheiten über Mehrheiten. In Phasen von Tumult und offener Gewalt retten sich Betrüger doch immer dann, wenn sie erwischt wurden oder der Betrug aufzufliegen droht. Spurenbeseitigung und neue Täuschung und Spaltung sind dann notwendig. Der Fokus auf Gewalt und Macht ist also Teil der nächsten Täuschung und Spaltung. Der Betrüger setzt sich an die Spitze der Aufklärung, um mit dem Vertrauensbonus die nächste Spaltung zu bewerkstelligen und Gewalt zu seinen Gunsten zu kanalisieren. Wenn man Gott- und Elitengläubigkeit ausschließt und die 100% als gleichgeeignet für Betrug und Betrogensein unterstellt, kann jeder ein Betrüger sein und solche Ziele verfolgen. Es gibt ja durchaus auch mal Rollenwechsel, die der absoluten Personifizierung oder Ideologisierung der Verhältnisse widersprechen. In der Täuschung liegt also Ursprung und Wahrheit der betrügerischen Macht, nicht in der Gewaltausübung. Die Behauptung der Existenz der Gewaltenteilung ist also unstreitig seit Jahrhunderten eine Täuschung. Die Annahme, dass deswegen Gewaltenteilung als Prinzip schon die Täuschung ist, wird damit aber gerade nicht belegt. Wäre Gewaltenteilung tatsächlich eine billige Floskel müsste deren Unmöglichkeit nachweisbar sein oder eine Erklärung dafür her, warum die Erfüllung der billigen Floskel vermieden wird. Ist Gewaltenteilung unmöglich oder warum wird echte Gewaltenteilung vermieden?

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  13. Lutz Lippke schreibt:

    Frage an den opablogger!
    Vor ein paar Tagen hatte ich einen Teil 2 gemailt. Ist das angekommen?

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    • Theresa Bruckmann schreibt:

      Lutz Lippke,
      sie können den 2. Teil (den Text werden Sie wohl bei sich bespeichert haben),
      an der Stelle, wo er hin sollte, noch einmal eingeben und flankierend per
      E-Mail an Kranich05 senden. Eine weitere ‚Sicherung‘ wäre, den Text
      zudem direkt auf der E-Mail ablegen.

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    • kranich05 schreibt:

      Ist angekommen. Kommt. :-))

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  14. willi uebelherr schreibt:

    Lieber Lutz, irgendwie sind wir mit dem 1. teil noch nicht richtig fertig. Aber vielleicht ist es auch besser, am letzten teil, wenn wir deine gedankengaenge kennen, neu aufzusetzen. Wie viele teile werden es?

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    • Lutz Lippke schreibt:

      Das Ganze war erstmal spontan nur als Hinweis auf die Arbeit von Ingeborg Maus geplant. Mit Teil 2 will ich nun Realbeispiele zu Teil 1 anbieten und gerne diskutieren. Ich denke, dass der 2. Teil hilfreich sein kann, um den 1. Teil zu verarbeiten. Tatsächlich könnte sich noch ein Teil 3 anbieten, der die zukünftigen Optionen behandelt. Das wird sich in der Diskussion noch zeigen.
      Um das noch einmal klarzustellen: Ich halte das Thema für sehr wichtig und bisher unterrepräsentiert, aber nicht für allesentscheidend. Insofern bleibt die Anregung und der Versuch eine Lücke aufzufüllen.

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  15. Pingback: „Im Namen des Volkes“ – lückenhafte Praxis | opablog

  16. Theresa Bruckmann schreibt:

    Pardon, seit dem 13. Dezember 2007 hat der Vertrag über die Europäische Union
    Gültigkeit, über den wir nicht abstimmen durften.

    Als ich mir in 2008 die neuen Vertragstexte
    (EU-Vertrag – Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union – Grundrechtecharta, 6. Auflage 2008, Beck-Texte im dtv)
    gekauft hatte und zunächst die Einführungen las,
    stiess ich auf folgendes:
    „Titel V der EUV enthält fortan – im Zusammenspiel mit dem neuen Teil 5 AEUV – neben den allg. Grundsätzen der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik (GASP) nunmehr in den Art. 42 ff EUV auch eine seher ausführliche Regelung der Gemeinsamen Sicherheits- und Verteidigungspolitik (GSVP).Die auf der Grundlage einer Gemeinsamen Aktion nach den GASP-Bestimmungen schon 2005 geschaffene Europäische Verteidigungsagentur erhält hier eine primärrechtliche Grundlage.
    Eine detaillierte Regelung erfährt fortan auch die Tätigkeit der Union im Bereich der Krisenintervention. Schließlich findet sich in Art. 42 Abs. 7 etwas versteckt eine militärische Beistandklausel, die an Art. V des WEU-Vertrages angelehnt ist und deutlich über die entsprechende Klausel im NATO-Vertrag hinausgeht….
    … Die GASP kann indes vorläufig ihren intergouvernementalen Charakter behaupten und jede Kompetenzverlagerung auf die Gemeinschaft ist in diesem Bereich explizit ausgeschlossen.“

    Diese Zeilen habe ich schwefel-gift-gelb gemarkert und zusammen mit dem

    „EuR Europa-Recht – Europäische Union – EG-Vertrag – Charta der Grundrechte – Gerichtsbarkeit – Europarat-Satzung – EMRK – Ausführungsgesetze“,22. Auflage 2007

    ins Bücherregal gestellt und gedacht: „Es wird schon nicht so heiß gegessen, wie gekocht.“

    Dann trat Horst Köhler vom Amt des Bundespräsidenten zurück. Auf dem Rückflug von einem Besuch in Afghanistan soll das Staatsoberhaupt ein Hörfunk-Interview gegeben und darin gesagt
    haben, „im Notfall sei auch „militärischer Einsatz notwendig (…), um unsere Interessen zu wahren, zum Beispiel freie Handelswege“. Dies hatte zu diesem Zeitpunkt einen Sturm der Entrüstung in Berlin ausgelöst: Köhler habe Bundeswehreinsätze in Zusammenhang mit wirtschaftlichen Interessen gebracht, bemängelten Kritiker.“
    http://www.sueddeutsche.de/politik/horst-koehler-ueber-seine-ruecktrittsgruende-die-angriffe-auf-mich-waren-ungeheuerlich-1.1106466

    Dann kam der November 2013 Maidan,
    dann die Münchner Sicherheitskonferenz 2014, wo das Drehbuch für die Militarisierung „Neue Macht – Neue Verantwortung“ vorgestellt wurde,
    dann Wales im Sept 2014 (da habe ich noch die Nachrichten im Fernsehen angeschaut
    und danach schlecht geschlafen).
    „Bedingt durch die Krimkrise und den Krieg in der Ukraine 2014/15 initiierte die NATO auf dem Gipfeltreffen in Newport (Wales) am 4. und 5. September 2014 den ‚Readiness Action Plan‘ zum Schutz der NATO-Ostflanke. Sie soll die Reaktionsschnelligkeit der NATO-Reaktionskräfte (NRF) steigern. Die VJTF soll nach Angaben des NATO-Generalsekretärs Jens Stoltenberg noch schneller, wendiger und handlungsfähiger sein als die bisherigen NRF-Einheiten der NATO und soll in höchster Bereitschaft aufgestellt werden.“ heißt es bei Wikipedia
    https://de.wikipedia.org/wiki/Very_High_Readiness_Joint_Task_Force

    Und aufgrund der Terroranschläge in Paris im November 2015 leisten wir
    gemäß o.g. Art. 42 Abs. 7 EUV den Franzosen Beistand in Mali.

    Alles Gründe, warum das Beschäftigen mit den Gesetzestexten zur EU
    nur verdrieslich macht, also ‚Gute-Laune-Killer‘ sind.
    Und wer die ‚deutschen Falken‘ sind, wollte ich auch nicht wissen.

    Aber die ‚Einschläge‘ kamen,
    am 25.09.2017 die Meldung ‚Panzer rollen wieder durch Bremerhaven‘
    https://www.ndr.de/nachrichten/niedersachsen/oldenburg_ostfriesland/US-Panzer-rollen-wieder-durch-Bremerhavens-Hafen,atlanticresolve164.html
    auch die ‚Schnelle Eingreiftruppe‘ gibt es,
    die NATO-Centren in Deutschland gibt es (Bernhard Trautvetter berichtet uns
    regelmäßig und ausführlich darüber).
    Dieser Tage las ich (leider habe ich die Quelle nicht notiert), dass an den Atom-
    waffen in Büchel und an der Relaisstation in Ramstein ein Interesse von Seiten
    der GSVP bestehen könnte (denkbar ist alles).
    ‚Militär-Schengen‘ ist neuerdings im Gespräch
    und Chemie-Transporte des Militärs sollen unangemeldet unsere Straßen
    passieren dürfen.
    Die jüngste Münchner Sicherheitskonferenz steigert das
    Gefühl der Beklemmung. Gabriel meint sogar, Anfang 2018 stünde
    ‚die Welt am Abgrund‘.

    Warum ich das jetzt alles aufzähle: Immer wird argumentiert, man befolge
    nur einen Beschluss, den man in Wales gefasst habe (bei der Aufstellung
    der ‚Schnellen Eingreiftruppe‘) und ‚wir vollziehen nur, was wir zugesagt
    haben und beweisen unsere Bündnistreue‘ (bei der 2%-Zusage – wohlge-
    merkt 2 % vom BIP und nicht etwa vom Bundeshaushalt).

    Es ist als sei da ein Ablauf, zeitgenau, präzise wie das Programm meiner
    Waschmaschine und alle Schritte sind längst programmiert und deshalb
    unumstößlich!
    Das macht Angst und macht mir deutlich, wie kindisch es ist, so einen
    unliebsamen Gesetzestext einfach im Bücherschrank verstauben zu
    lassen.
    An anderer Stelle verstaubt er leider nicht, sondern wird minutiös
    abgespult.

    Aber jetzt zurück zum Grundgesetz
    (Übrigens ist meines nicht verhunzt worden durch die ‚Schuldenbremse‘.
    Haha, meine Ausgabe von 2011 enthält sie nicht!)
    Falsch, leider falsch!
    http://www.bpb.de/apuz/126016/konzept-und-herausforderungen-der-schuldenbremse?p=all
    lehrt micht eines Besseren, nämlich, dass der betreffende Artikel der 109, Absatz 3, Satz 1 GG ist, und der steht doch tatsächlich auch in meiner Ausgabe!
    Also auch hier: Kopf raus aus dem Sand!

    Jetzt zur Gewaltenteilung im Grundgesetz.
    Es wäre Aufgabe einer kritischen Presse (der ‚4. Gewalt‘ also)
    aufzuzeigen, wo Gewaltenteilung nicht funktioniert.

    Unser Referenz-Modell; also unsre Meßlatte oder die 0-Marke im Koordinatensystem
    oder die 100% der Statistiker ist also unser GG
    – trotz dem Vorbehalt ‚Vorfahrt für die Wirtschaft‘ – und der Schwarzen Null – Verhunzung –
    oder doch lieber der Wertepluralismus, also eine formale Rechtstheorie
    was einem Rechtspositivismus entsprechen würde.
    Es gibt schon Kommunen, wo keiner mehr Bürgermeister werden will, bei blockiertem
    Budgetrecht (im Parlament ein Hohheitsrecht).
    Und wie soll man nachempfinden, dass Kriegstreiberei und Kriegspropaganda herrscht,
    (wo doch Kriege alles zerstören, Leben und Gegenstände), aber die ‚Schwarze Null‘,
    die steht. Und ich will jetzt gar nicht daran erinnern, wie Giralgeld geschöpft wird.
    Ich will sagen, es gibt doch Prioritäten1

    In der Ökonomie kann ich eine betriebswirtschaftliche und eine volkswirtschaftliche Betrachtung anstellen, je nachdem was ich in den Blick nehme.
    Als Arbeitnehmerin mit nur einer Einnahmequelle, aber vielen Monatsausgaben und einem mehr oder weniger kleinen Betrag ‚frei verfügbaren Geldes‘ –
    oder als Unternehmer, dem die Buchhaltung aufzeigt, wie sein Primärüberschuss
    (den kennen wir von den Griechen, der soll möglichst hoch sein, damit daraus
    die Zinsen gezahlt werden können).aussieht.
    Beide Beispiele sind mikroökonomische Betrachtungen.

    Die volkswirtschaftliche Betrachtung (Makroökonomie)
    bildet dagegen nicht nur ein Unternehmen ab,
    sondern die Gesamtheit aller Akteure, also Unternehmen, Haushalte,
    alle staatlichen Einrichtungen.
    Jede Veränderung (Mehrwertsteuersenkung z.B., Investitionsförderung bzw.
    Investitionslenkung, Konjunkturprogramm, aber auch das Verhalten der Unternehmen
    und der Konsumenten lässt sich in ihrer Wirkung sowohl auf die gesamte
    Volkswirtschaft, als auch auf die einzelnen Akteure, beobachten.
    Ein verantwortungsvoller Unternehmer/Manager sollte, um die Auswirkung seines Handelns
    auf die Gesellschaft, also auch auf die Sozialsysteme,
    die Gesundheit und das Wohlbefinden der Menschen, auf die Umwelt,
    berücksichtigen zu können,
    beides sein, Mikro- und Makroökonom oder Betriebs- und Volkswirt.

    Nun sage ich mir: Ohne Frieden ist alles nichts und ohne Moos nix los,
    wobei es allerdings viele Arten gibt, wie eine Gesellschaft wirtschaftet.

    Deshalb gibt es ja auch alternative Wirtschaftspolitiken, jetzt
    WIR HIER alternative Medien & scheinbar geht das alles erst,
    wenn es auch Gesetzgebungs-Alternativen oder
    zumindest eine Art Kontrolle der Gesetzgebung und Judikative gibt.
    Da gäbe es viel zu tun,
    Lutz Lippke wird uns so manches präsentieren!
    Warum sollten fähige und interessierte Bürger nicht Fehler und
    Alternativen zur Gesetzespraxis aufzeigen und nachdenken,
    wie die vermieden werden können!
    Das könnte doch eine wunderbares und befriedigendes Betätigungsfeld für
    pensionierte Juristen werden.

    So wie ich mich also inmitten unseres Wirtschaftssystem,
    als einzelwirtschaftlicher Akteur,
    oder aber volkswirtschaftlich als Teil des großen Ganzen
    sehen kann,

    so müsste ich doch mit dem Primat ‚Politik vor der Wirtschaft‘
    eine ebensolche abgestufte Sicht auf die Politik (Exekutive) machen können.

    Wenn ich mich jetzt so als Mensch mit dem GG und dem EUV und dem EuR
    in der Hand die Auswirkungen dieser Gesetze auf mein Leben vorstelle,

    einmal auf der Mikro-Ebene GG, dann auf der Makro-Ebene EUV, EuR,
    also je nachdem, welchen Blickwinkel ich einnehme,
    den auf meine Kommune, Bundesland, Bundesrepublik, EU,
    so scheint es, gilt diese Mikro- Makro-Unterscheidung nur
    auf den Ebenen des GG und darunter.

    Die EU-Ebene ist einfach etwas ganz anderes, fast so, als kassierte sie wieder ein, was das GG gibt. Jetzt könnte man ja sagen, das läge daran, dass auf der EU-Ebene 28 Mitgliedstaaten ‚unter einen Hut‘ kommen müssen.

    Aber ich glaube, das ist es nicht! Ein föderales Europa könnte mir das alles lassen (so wie bei der Ökonomie auf der Mikro-Ebene und auf der Makro-Ebene kommen halt noch die Sonder-
    interessen der Mitgliedstaaten hinzu).
    Aber im großen und ganzen sind doch menschliche Bedürfnisse, Wünsche, Sehnsüchte gar nicht so unterschiedlich, ob hier, in Frankreich oder Griechenland.
    Wenn ich mir eine EU so denke, dass sie nur eine Erweiterung der Sicht auf die Dinge ist,
    könnte ich mich nicht nur anfreunden, so eine EU könnte man sogar lieben.
    Und hier lese ich hier:
    http://norberthaering.de/de/27-german/news/951-weltwirtschaftsforum
    „Neuerdings nennt sich der Club der 1000 größten internationalen Konzerne „DIE internationale Organisation für öffentlich-private Kooperation“. So jedenfalls schreibt es Weltwirtschaftsforums-Vorständin Cheryl Martin im Vorwort des Berichts „Der bekannte Reisende: Wie man das Potential der digitalen Identität für sicheres und reibungsloses Reisen hebt“. Dieser Bericht, erstellt unter Federführung von Accenture, wurde auf dem diesjährigen Milliardärstreffen in Davos verabschiedet, aber nicht an die große Glocke gehängt. Man vertraut wohl nicht darauf, dass die Öffentlichkeit sich von den schönen Worten und den Hochglanzfotos von fröhlichen Reisenden blenden lassen würde. Lesen sollen den Bericht vor allem die am Überwachungsgeschäft Beteiligten.“
    Und die 11-stellige Steuer-Nr. die wir schon seit August 2008 haben, die gefällt mir auch nicht, irgendwie lässt die mich manchmal an Bankenübernahmen denken, bei denen man sich als Schuldner plötzlich einem neuen Gläubiger gegenübersieht, den man sich selbst nie ausgesucht hat (bei 7 Mrd. Menschen, das sind ja nur 10 Stellen und ein Merkmal). So ließen sich sogar
    unsere Steuerschulden an eine höhere Instanz abtreten (eine Horrorvision zugegeben).

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  17. Theresa Bruckmann schreibt:

    Dieses könnte auch als nähere Ausführung
    meines Kommentars vom 20.02. 10.58 h
    zu „Imperialismus in Zeiten beginnender Mulitpolarität“
    gesehen werden.

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  18. willi uebelherr schreibt:

    Liebe freunde, auch wenn sich das „Glatteis“ als bewaehrte grundlage erwiesen hat, so will ich doch diesen link dorthin setzen, wo er meiner meinung nach thematisch hingehoert. Die verlogenheit von Rectssystemen ist deutlicher nicht darstellbar.

    Die Legalisierung der Tyrannei
    Chris Hedges, 4.3.2018, uebersetzt von David Elwing fuer NDS

    Die Legalisierung der Tyrannei

    Legalizing Tyranny
    Chris Hedges, 4.3.2018
    https://www.truthdig.com/articles/legalizing-tyranny/

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    • fidelpoludo schreibt:

      Wie so häufig mal wieder eine Passage zum Überlesen. Diesmal mitdem Originalwortlaut von WordPress, nachdem ich dem ersten Posten nach Nichtveröffentlichug mein zweiter Versuch regelmäßig so beantwortet wird:
      „Doppelter Kommentar wurde entdeckt. Es sieht stark danach aus, dass du das schon einmal geschrieben hast!“ « Zurück
      —- Wohl ein WordPressWitz—-

      Willi danke!
      Das Rechtssystem mit dem Atribut „verlogen“ zu kennzeichnen, scheint mir schon nach der Lektüre des ersten Absatzes, in dem ja nur einer seiner Aspekte zur Sprache kommt, übertrieben untertrieben, an „over-understatement“. Aber eine treffende Charakterisierung habe ich auch nicht gleich zur Hand. Der Absatz sei hier zitiert, um anderen Lesern die Gelegenheit zu bieten, uns hier weiter zu helfen:

      „Unter den Studenten, die ich im Gefängnis unterrichte, sind die mit den längsten Haftstrafen fast ausnahmslos diejenigen, die auf einen Prozess bestanden haben. Bekäme jeder wegen einer Straftat Angeklagte einen solchen, würde das Gerichtssystem kollabieren. Staatsanwälte, Verteidiger und Richter benutzen diejenigen, die auf einen Prozess vor Gericht bestehen – oft Menschen, die das ihnen zur Last gelegte Verbrechen nicht begangen haben – um an ihnen ein Exempel zu statuieren. Ihre Urteile, häufig lebenslange Haftstrafen, sind schreckliche Erinnerungen daran, dass es im besten Interesse eines Angeklagten ist, selbst wenn er oder sie unschuldig ist, eine Urteilsabsprache zu treffen. Vierundneunzig Prozent der Verurteilungen wegen Straftaten auf Staatsebene und 97 Prozent der Verurteilungen auf Bundesebene sind das Ergebnis von Schuldbekenntnissen. Und Studien von Gruppen wie Human Rights Watch bekräftigen die Tendenz von Geschworenenprozessen zu hohen Strafen: Diejenigen, die auf einen Prozess bestehen, bekommen im Schnitt 11 zusätzliche Jahre an ihre Haftstrafe angeheftet. Die Reichen erhalten teure Anwälte und ausgedehnte Gerichtsverfahren. Die Armen werden direkt ins Gefängnis verfrachtet.

      (Hervorhebung von mir)

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  19. Pingback: Recht und Demokratie – was anfangen?! | opablog

  20. fidelpoludo schreibt:

    Liebe „Recht-und-Demokratie-Freunde“!
    (Könnte ich Euch „Recht-und-Demokratie-und-Ökonomie-Freunde“ nennen, noch besser „Ökonomie-und-Recht-und-Demokratie-Freunde“, ginge mir die Anrede noch leichter über die Lippen)
    Bevor ich mich tiefer in die hier anvisierte Problematik stürze, nachhole, was Ihr schon alles zur Erörterung des Themas geleistet und eingebracht habt, gebe ich meiner – dann und wann und immer wieder aufkommenden – Lust an der Provokation nach und stelle eine nicht sehr komplizierte Frage, die sich an ein knapp 40 Jahre altes Zitat von jemandem anschließt, den Theresa Bruckmann persölich kennt, das ich in dem Buch von Heinz-J. Bontrup mit dem Titel „Arbeit, Kapital und Staat“ (Theresa Bruckmann auch nicht unbekannt) gefunden habe und das fast wörtlich auch die Bestrebungen von Richard D. Wolff, ins Deutsche übersetzt, widergibt (wobei alle Hervorhebungen von mir sind):

    „Die Demokratisierung der Wirtschaft im Mikro-, ebenso wie im Makrobereich, stellt meines Erachtens die wichtigste gesellschaftspolitische Aufgabe der Gegenwart, aber vor allem auch der Zukunft dar. Denn erst mit der Demokratisierung der Wirtschaft werden die gesellschaftsstrukturierenden Machtzentren zurückgedrängt und einer direkten Planung und Kontrolle unterzogen. Gleichzeitig wird damit auch eine für die herrschende Staatsauffassung typische Dichotomie überwunden. Während das System der parlamentarischen Demokratie von der Idee lebt, es reiche aus, die politischen Strukturen eines Landes zu demokratisieren, fordert eine radikale – d.h. eine an den gesellschaftlichen Wurzeln ansetzende – Demokratisierung auch und eben die Einbeziehung der Wirtschaft. Die Wirtschaft also einem optimistisch gedachten Selbstlauf des Marktsystems zu überlassen – in dem sich über Gewinn- und Nutzenmaximierung das größte Glück für alle („Pareto-Optimum“) einpendeln soll – findet mit der Forderung nach Demokratisierung ihr Ende.“ (Rudolf Hickel: „Die Demokratisierung des Unternehmens“, in: Internationale Stiftung Humanum (Hrsg.): „Neomarxismus und Pluralistische Wirtschaftsordnung“, Bonn 1979)

    Und jetzt die Frage:
    Wird das Problem der Notwendigkeit einer Demokratisierung der Wirtschaft im besprochenen und vorgestellten Werk von Ingeborg Maus direkt oder indirekt zum Thema gemacht?
    Direkt wäre toll! Indirekt verzeihlich. Gar nicht ein unverzeihlicher Fehler.

    Mehr Demokratie wagen reicht nicht! Mit wahrer Demokratie anfangen, um ihr eine sichere Basis zu verschaffen. Darum geht es.

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    • fidelpoludo schreibt:

      Das wird sich ohne den Staat und Gesetze kaum in Angriff nehmen lassen.

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    • Lutz Lippke schreibt:

      Ein Grundthema dieses Teils ist ja gerade, dass die rechts- und demokratietheoretischen Manipulationen erfolgreich darauf abzielten, vor allem die Wirtschaft dem demokratischen Zugriff zu entziehen. Aber eben nicht nur die. Der Effekt ist, das man ein dominierendes überpositives Recht behauptet, das nach Belieben alles und nichts erfasst. Dies über den Umweg von Werteorientierung und verklausulierter Rechtstechnik, die bis heute in jeder Rechtsfrage und politischen Entscheidung wirkt, ohne als systematische Manipulation erkannt zu werden. Deswegen ist es in diesem Zusammenhang mal sinnvoll, auf ein statisches inhaltliches Wichtigkeits- und Werteprinzip zu verzichten und sich auf die konkreten rechtstheoretischen Methoden der Manipulation zu fokussieren.

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    • willi uebelherr schreibt:

      Lieber Fidelpoludo, du wirst dem text von Lutz nicht gerecht. Inzwischen ist doch klar, dass es um den oekonomischen Unterbau geht und dass jene, die diesen kontrollieren, das Rechtssystem in allen seinen ausdrucksformen bestimmen.

      Heinz-Josef Bontrup versteht dies bis dahin. Aber weiter leider nicht, weil er den unterbau dem politischen ueberbau irgendiwe unterordnen will. Fuer mich ein voelliger schwachsinn und hilfloses getrapsel. Im raum der propagandismen und illusionen finden wir das natuerlich dominant.

      Ich hatte anfangs das gefuehl, dass Lutz aus dem „Rechtspositivismus“ kommt. Eine anschauung, die das Rechtssystem aus sich heraus definiert und nun sich den regeln zuwendet, wie das zu geschehen hat. Karl Marx hat ja viel dazu beigetragen, diese auffassung ins nebuloese Nirwana zu verschieben.

      Auch Immanuel Kant folgt in weiten bereichen dieser vorstellung. Durchmischt, logisch. Aber an den elitaeren strukturen wollte er nie ruetteln.

      Wir sind an einem punkt in der geschichte, wo wir dieses ganze affentheater der eliten beenden muessen, dass sich nun seit 5000 jahren vollzieht. Die „versuche“ mit Sozialismus und Kommunismus sind gescheitert, weil die sich selbst erklaerenden fuehrer damit nichts zu tun haben wollten, sondern mit den alten elitaeren strukturen weitermachen wollten.

      Aber irgendwann muessen wir mal anfangen, diese irrenhaeuser zu beenden.

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      • fidelpoludo schreibt:

        Hallo Willi,
        durchaus möglich und eher wahrscheinlich, dass ich dem Text von Lutz nicht gerecht werde. Ich hatte ja am Anfang eingeräumt, dass ich die Mehrheit der Beiträge noch gar nicht gründlich zur Kenntnis genommen hatte. Ich wollte nur eine Frage stellen, die ich in dem thematischen Zusammenhang für zentral halte und von deren Beantwortung ich abhängig machen wollte, ob ich mich mit den vielen Texten überhaupt noch weiter beschaftigen möchte.
        In Bontrups Forderung nach Demokratisierung der Wirtschaft und der Unternehmen kann ich nicht erkennen, dass er – wie du meinst – „den unterbau dem politischen ueberbau irgendiwe unterordnen will“. Für mich – im völligen Gegensatz zu dir – weder „voelliger schwachsinn und hilfloses getrapsel“ noch Propaganda oder Illusion, sondern eine Forderung, ohne deren schrittweise (transformierende) Erfüllung sich kaum etwas mit Aussicht auf tragenden und nicht gleich wieder einzukassierenden Erfolg zum Besseren verändern läßt. Dieses Ziel von unten, also von der Basis von den Betrieben und der Initiative der in ihnen Beschäftigten her anzusteuern, wie es Richar D. Wolff zunächst propagiert, schließt keineswegs aus, daß von der Seite der Gesetzgebung, also des Staates her, dem Ziel zugearbeitet werden kann und sollte. Das würde selbstverständlich das Projekt der Demokratisierung der Wirtschaft und des Arbeitslebens entscheidend beschleunigen. Dass es bis auf Weiteres selbst im Rahmen der bestehenden Gesetzgebung möglich ist, beweist Richard D. Wolff am laufenden Band. Sein Hauptbeispiel ist der spanische Mondragon-Konzern. Demokratisierung der Betriebe auch von der Gestzgebung her zu fördern, ist übrigens auch in den Planungen von Jeremy Corbyn für den Fall einer Regierungsübernahme seiner Labour-Partei vorgesehen. In Deutschland müßte es grundsätzlich auch mit ähnlichen Ansätzen nicht ganz so schlecht aussehen, wenn wir uns die Mitbestimmung als Vorstufe zur Selbstverwaltung ansehen. Warum derartige Initiativen sich kaum mehr verbreiten bzw. stecken geblieben sind, hat Gründe, die zu untersuchen wären. Die Halbherzig- oder Engstirnigkeit bestimmter Gewerkschaften dürfte daran einen großen Anteil haben.

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  21. fidelpoludo schreibt:

    Danke, das klingt erst einmal verheißungsvoll und macht mich neugierig, mehr zu erfahren. Und könnte mir ein nötiges, halbwegs überzeugendes Argument liefern, juristische Sprache mir anzutun. Vielleicht ist ja alles nur halb so schlimm. Wenn ich mir auch unter einem „überpositiven Recht“ schon nichts vorstellen kann. Ein transzendentes, metaphysisches Recht? Noch positiver gegeben als die Realität? Ein Recht, dass immer schon da ist, wenn der Hase Volk mal glaubt, etwas erreicht zu haben und dann mit einem hämischen „Hätt’se gerne!“ plus Stinkefinger begrüßt wird? Eher von einem, das je nach Gegebenheiten sich immer in die „richtige“ Richtung beugen, nach den elitär herrschenden und finanziell einträglichsten Interessen sich abrichten läßt, worauf sich bestens verdienende „Rechts“-kanzleien spezialisiert haben; was man mit Manipulationen erreicht, die als solche nicht erkannt werden und nicht erkannt werden sollen, wofür die Mittel und Wege und Medien nicht fehlen. Verdunkelung, Propaganda, Täuschungsmanöver, Verschiebung der öffentlichen Aufmerksamkeit dürften da eine strategische Rolle spielen. Davon und darüber kann man doch reden, wenn man das meint. Der Rat, „in diesem Zusammenhang“ „auf ein statistisches inhaltliches Wichtigkeits- und Werteprinzip zu verzichten“ (Formulierungen, bei denen mir nicht wohl ist), soll wohl bedeuten: Ob die entfremdenden Bedingungen in dem Bereich des Lebens, in dem die Mehrzahl der Menschen den größten Teil ihrer Lebenszeit verbringt, jetzt oder morgen oder irgendwann einmal in der weiten Zukunft thematisiert, gar verändert, geschweige denn verbessert werden, kann zunächst einmal vernachlässigt werden? Vielleicht kommen wir ja später darauf zurück, wenn wir den Mechanismus und die Tricksereien der Manipulation uns erst einmal vergegenwärtigt haben. Bis wir das Programm durch haben, fließt viel Wasser die verschiedensten Flüsse hinunter, wenns dann noch so etwas wie Flüsse geben wird.

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    • willi uebelherr schreibt:

      Wenn es die fluesse nicht mehr gibt, weil zu wenig wasser da ist, dann gibt es uns auch nicht mehr. Dann hat es sich sowieso erledigt.

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        • fidelpoludo schreibt:

          Aber an Wasser wird es nicht fehlen, eher wird das Abschmelzen der Pole zu verheerenden Überschwemmungen führen. Fehlen wird es an der Versorgung der Bevölkerung mit Trinkwasser.

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        • willi uebelherr schreibt:

          Nein, lieber Fidelpoludo, das wasser im Ozean nuetzt uns erstmal wenig. Wir brauchen die freien Wolkenstroeme, die das kondensierte wasser auf die festlandinseln transportieren. Geht aber nur, wenn sie dunkel, also nicht reflektiv, sind, sondern eher absorptiv. Das ist der wald und nur er. Und damit die baeume mit ihren biotopen rundherum.

          Fluesse sind immer wasser, was vom boden und dem darauf wachsenden nicht aufgenommen werden kann. Deswegen gibt es dann grosse ueberschwemmungen, wenn ploetzlich ganz viel regen faellt. Das wasser kann nicht mehr gebunden werden und fliesst frei ab. Bolivien und Brasilien sind gute beispiele.

          Wenn die festlandinseln einen hohen waldanteil haben, fliesst das ueberfluessige wasser langsam ab. Kann auch sehr einfach entnommen werden, um zirkulaere strukturen entstehen zu lassen. Ich spreche hier nicht von staudaemmen. Sie zerstoeren die natuerlichen wirkungsweisen.

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  22. Lutz Lippke schreibt:

    Das wir schon in der Diskussion scheitern, zeigt doch, dass wir über generisch einsichtiges Handeln zu irgend einer Lösung gar nicht reden brauchen.
    Das Gewichtigste sagt, es kommt letztlich auf das Gewichtigste an. Wenn nichts mehr fliėßt, braucht es kein Wasserrad mehr. Stimmt natürlich. Aber was bedeutet das in der Konsequenz?
    Das Pragmatische sagt, es kommt nicht nur auf das Wichtigste, sondern auf alles Wichtige an. Deswegen ist es AUCH sinnvoll über Wichtiges zu reden, ohne jedesmal zuvor eindringlich klarzustellen, welche Prinzipien aus dem Wichtigsten, dem Zweit- Dritt- und X-Wichtigsten für Y abzuleiten sind, so dass man zu Y nie etwas zustande bekommt. Fatal wenn man Y braucht, um mit dem „Wichtigeren“ weiter zu kommen.
    Der Atomisierer wird dagegen in allem die Gesetzmäßigkeiten der kleinsten Urteilchen universell in Zeit und Raum, quasi die Urformel für Alles finden. Alles andere ist dann Gesülze. Stimmt natürlich auch. Aber was bedeutet das in der Konsequenz?
    Man kann sich gewichtig atomisieren, insofern kommen zwei ganz gut zusammen, wenn es darum geht, mal ganz ernsthaft und grundsätzlich das Generelle und Wichtigste auch im Detail erfolgreich nicht zu lösen. Vielleicht ist es das, was manche Rechtsgelehrte auch als „allgemein-konkret“ in ihre absichtsvolle Konzeptlosigkeit hineinkonstruiert haben.

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    • fidelpoludo schreibt:

      Als aufklärend gemeinte Belehrung vielleicht nicht bedeutungslos. Aber um sie verstehen, bin ich entweder zu dumm; oder sie ist mir zu hoch, zu allgemein oder zu undeutlich in der Formulierung.

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  23. fidelpoludo schreibt:

    Anfrage an die Diskutanten, besonders aber an Lutz Lippke und Theresa Bruckmann:
    Mir kommt bei der „Recht-Demokratie-Thematik“ Uwe Wesel in den Sinn. Ist er Euch bekannt?
    Habt Ihr seine Beiträge auf dem Schirm?

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    • Lutz Lippke schreibt:

      Mit großer Wahrscheinlichkeit habe ich Artikel von Wesel in der Zeit gelesen. Aber das ist schon länger her und der Tenor nicht mehr in Erinnerung. Frei verfügbare Texte von Wesel finde ich kaum, als Referenz in der Literatur zum hiesigen Thema ist er mir nicht aufgefallen. Das muss nichts heißen, da sich trotz gleicher Grundthematik verschiedene Wissenschafts- und Darstellungsstile selten gegenseitig referenzieren.
      Daher ist mir jetzt nicht so ganz klar, an welchen Punkten mit Wesel grundsätzlich neue oder andere Erkenntnisse hinzukommen könnten.

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      • fidelpoludo schreibt:

        Bei mir ist es ähnlich auch nur eine eher dunkle Erinnerung, die ich aufzufrischen hätte. War mir nur als „kritischer Jurist“ früher öfter aufgefallen. Habe sein Gesicht jedenfalls vor mir, wenn sein Name fällt. Würde mich aber doch wundern, wenn er in den Büchern von Ingeborg Maus nicht einmal in der Literaturliste auftaucht. Ist aber nur eine Randnotiz, der jetzt nicht unbedingt nachgegangen werden muss.

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  24. fidelpoludo schreibt:

    Hallo Leute,
    ich möchte auf ein Buch von Paul Schreyer aufmerksam machen (derjenige, der unter sehr misteriösen und dubiosen Umständen aus den Nacgdenkseiten bugsiert wurde), das unter vielem anderen Recht, Demokratie und Verfassung thematisiert und in einen kritischen Zusammenhang mit den anderen Themen zu bringen verspricht: „Die Angst der Eliten – Wer fürchtet die Demokratie?
    Ein paar Stichworte:
    — „Zustand der Demokratie, deren Fassadenhaftigkeit Jahr für Jahr immer schärfer zutage tritt“
    — „Populismus“, „Hate Speech“ und „Querfront“ als politische Kampfbegriffe“
    — „die spannende (und kurze) deutsche Historie direkter Demokratie in den 1920er Jahren“
    — „Diskussion des Grundgesetzes in den späten 1940er Jahren“
    — „das politische Stiftungswirken von Milliardären“
    — „das Phänomen Tiefenstaat“
    — „das eigentliche Grundgesetz unserer Rechtsordnung: Der Schutz des Eigentums“
    https://mail.google.com/mail/u/0/?tab=wm#inbox/16292e8f2b9b0e89

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