Kommt! Ins Offene, Freunde! – achter Schritt

Die Banalität des Guten

Die Bedeutung der Vergangenheit

Die Pornographie des Horrors

Humanismus vs. Tribalismus

Ein furchtloser, acht-teiliger Austausch zwischen der deutschen linken Stimme Clara S. und dem ex-israelischen Jazz-Künstler Gilad Atzmon, bei dem sie tief in Themen wie Israel, Palästina, den Holocaust, Frieden und Wahnvorstellungen, links und rechts, die Bedeutung der Vergangenheit und unsere Zukunftsaussichten im Kontext der gegenwärtigen identiäteren Dystopie eintauchen.

 1. Erwachsenwerden

2. Ist das Opfer selber schuld?

3. Geschichtsschreibung als Prozess

4. Antisemitismus, Rassismus und kulturelle Identität

5. Prä-traumatisches Belastungssyndrom, Zionismus und Imperium

6. Jüdische Macht und Identitätspolitik

7. Globale Stammesverbände und nationaler Überschwang

8. Auf der Suche nach dem Weg nach Hause

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8. Auf der Suche nach dem Weg nach Hause

Clara: Während sich heutzutage nicht viele Menschen mit der Scholle verwachsen fühlen, sind sicher viele der Meinung, dass es nicht genügt, eine spirituelle Heimat zu haben. Das sehe ich auch so. Identitäre Gruppierungen scheinen ja da eine Lösung zu sein. Aber, wie Du richtig schreibst, aus einer identitären Weltsicht, kann man kein universelles Weltbild ableiten, besonders wenn es mit einer Opferrolle verknüpft ist. Für andere Menschen ist Heimat immer noch ein bestimmter Ort, den es gegen die Invasion von Ausländern und Windrädern zu verteidigen gilt. Auch kein guter Ausgangspunkt für eine universell gültige Weltanschauung.

Steht deswegen nicht eine universell gültige Moral im grundsätzlichen Widerspruch zum Konzept Heimat? Und wenn nicht, wie finden wir den Weg dorthin?

Gilad: Keineswegs. Die Verbindung zur Scholle, die Liebe zum Land und sogar biologischer Identitarismus können universell werden, wenn sie für jeden gelten. Es ist ja bekannt, dass ich anti-identitär bin, aber ich akzeptiere, dass wenn Juden, Lesben, Transsexuelle und Schwarze sich politisch mit ihrer Biologie identifizieren, dass die Weißen es dann auch tun dürfen. Wenn Juden sich mit ihrem imaginären ‘gelobten Land’ identifizieren dürfen, dann müssen doch die Palästinenser, die alteingesessenen Bewohner dieses Landes, sicherlich auch das Recht dazu haben und tatsächlich in ihre Heimatorte zurückkehren dürfen. Kurz gesagt, jede egoistische Idee kann zur universell gültigen Haltung werden, sobald sie vom Prinzip des Exzeptionalismus befreit wurde. Und um Deine Frage zu beantworten, ‘Heimat’ kann auch eine universelle Vorstellung sein, solange wir universell gültige Bedingungen schaffen, um so eine Idee umzusetzen. Der Israel / Palästina Konflikt ist ein großartiger Testfall. Momentan ist Israel ein chauvinistischer jüdischer Staat. Damit Israel ein universelles Abenteuer werden kann, muss es sich in einen ‚Staat seiner Bürger‘ verwandeln. Dies wurde von dem palästinensisch-israelischen Knesset-Mitglied Azmi Bishara vorgeschlagen; kurz nachdem er dieses geniale Motto geprägt hatte, musste er um sein Leben rennen.

Clara: Du hast erklärt, dass der Zionismus das Versprechen war, die Diaspora Juden zu zivilisieren, indem sie nach Hause kommen, und dadurch Menschen ‚wie alle anderen‘ werden konnten, als eine Gemeinschaft von Menschen, die mit der Scholle verbunden waren und mit den Nachbarn in Harmonie und Frieden lebten. Bedeutet also Heimat für Dich, mit Dir selbst und dem Universum im Einklang zu leben?

Gilad: Erstens bin ich kein Zionist und, mich in einen Menschen wie alle anderen zu verwandeln, ist keineswegs mein Ziel. Ich denke auch, dass es für andere Menschen, die nicht wie alle anderen sein möchten, ein problematisches Motto ist, die Juden zu Menschen wie alle andere Menschen machen zu wollen. In Frieden zu leben und meine Nachbarn zu lieben, ist kein Lebensziel für mich sondern meine Art zu leben.

Trotzdem, meine Beziehung zu mir selbst, ist etwas vollkommen anderes. Ich lebe tatsächlich in Frieden mit meinen Nachbarn, trotz meiner Erziehung und früher Indoktrinierung: trotz des Goy-Hasses, des Auserwähltseins und der ständigen Schoah Gehirnwäsche. Von all dem musste ich ‚mein System säubern‘. Und genau so wird Selbsthass eine positive Kraft auf dem Weg zu Harmonie und Versöhnung.

Clara: Ich muss zugeben, dass ich, als Du erstmals von Selbsthass als Weg zum Universellen sprachst, sehr stark ablehnend reagiert habe. Ich dachte, dass dieser genau zum Gegenteil, zu hunderten Atombomben, die die Welt bedrohen, führen müsse. Aber ich habe eigentlich gar nicht verstanden, was Du damit sagen wolltest. Es geht um diesen ‘Erkenne-Dich-selbst Moment in Deinem Leben, als Du entdecktest, dass Du ‚hier der Nazi warst‘, der für Dich alles verändert hat, oder?

Deswegen gebe ich Dir recht, wenn Du Selbsthass als die Fähigkeit definierst, sich selbst kritisch und mit Abstand zu betrachten und Selbstliebe als das Gegenteil davon. Man braucht diesen speziellen Moment im Leben, um diese Fähigkeit zu entwickeln. Auch in meinem Leben gab es solche Momente.

Aber Selbsthass allein kann nicht der Weg zur Harmonie sein. Ich finde, man muss sich auch selbst lieben können, um andere lieben zu können. Und, nebenbei gesagt, bezeichnest Du Dich zwar als einen Selbsthasser, ich habe aber nicht den Eindruck, dass Du Dich selbst so sehr hasst; Du scheinst mir vielmehr ziemlich in Einklang mit Dir selbst und Deiner Umgebung zu stehen (wenn nicht wieder einmal eine Schmierkampagne in Sicht ist).

Gilad: Da hast Du schon recht. Ich werde Dir humorvoll antworten: Wenn Du Jüdischsein als intensive Form der Selbstliebe definierst, dann kann man jüdischen Selbsthass als ‚sich lieben, indem man sich hasst‘ beschreiben. Wir akzeptieren, dass Selbsthass ein metaphorischer Begriff ist, nicht unbedingt ein universell gültiger Weg, aber ein anerkannter jüdischer Weg zum Universellen. Es ist eine Methode, um aus intellektueller und spiritueller Stagnation auszubrechen. Ich gebe lieber zu, dass ich mich liebe, wenn ich mich selbst hasse; das ist vermutlich das, was von dem Juden in mir übrig ist. Aber ich liebe es auch, Texte anderer Selbsthasser zu lesen, und mich mit ihnen auszutauschen. Für mich sind die sogenannten Selbsthasser, Jesus, Spinoza, Weininger, Marx Whistleblower, wie wir sie heute nennen, sie haben Bereiche der Harmonie geschaffen.

Clara: Wir sprechen hier von einem schmerzhaften individuellen Prozess. Kann eine Gruppe so einen Prozess durchlaufen? Du sagtest vorhin, dass ‚wenn sich die Juden retten möchten, […,] sie alleine in der Nacht ausbrechen und darauf hoffen [müssen], dass sie bei Tagesanbruch dem Universellen begegnen‘.

Gilad: Ja, genauso sehe ich das. Es gibt keine kollektive Heilung für die Juden. Warum? Weil Menschen, die so durch eine fantasierte, exzeptionalistische Auffassung von Rasse, Biologie und Blut verbunden sind, immer wieder in die gleiche, chauvinistische Rassenfalle tappen werden. Das passierte mit dem Zionismus, der versprach, die Juden von sich selbst zu emanzipieren, aber damit endete, die größten Ghettomauern der Welt zu bauen. Das ist auch genau die Falle, in die die Anti-Zionisten getappt sind. Sie versprachen, die Juden vom Zionismus zu befreien und endeten damit, innerhalb privilegierter, rassistisch orientierter politischer Ghettos zu agieren, die mit Zion identisch sind.

Clara: Bedeutet das nicht das Ende jedes kollektiven Versuchs, für eine friedlichere und gerechtere Welt zu kämpfen?

Gilad: Im Gegenteil, das ist der Punkt von der wir die Suche nach den ethischen Werten in uns selbst starten. An dieser Stelle verlassen wir Jerusalem (die Stadt der mitzvoth / Gebote) und etablieren endlich wieder Athen (die Hauptstadt der Vernunft). Wir tauchen ein in die Bedeutung des Menschseins, unabhängig von unserem Geschlecht, unserer Rasse oder Hautfarbe. Wir lassen das Stammesdenken hinter uns und machen uns auf zu einer Expedition in das Universelle.

Ulrike Clara Luise Simon und Gilad Atzmon im Januar 2018

Ich kann den Weg nach Hause nicht finden (Can’t find my way home)

Steig ab von Deinem Thron

des Auserwähltseins und westlicher Arroganz,

Und lass’ Deinen Körper in Ruh

hör auf, Dich nur über Deinen Körper zu definieren.

Eine/r muss sich ändern

weil hier was völlig falsch läuft und entweder Du, ich oder wir beide handeln müssen.

Du bist der Grund warum ich so lang gezögert habe

weil ich Dich tatsächlich liebe (“Du” als meine Leute und Freunde , vielleicht der “Westen”), die Musik, die Literatur, die Erfindungen, der Lebensstil – auf diese Dinge will ich nicht verzichten.

Jemand hat den Schlüssel

um die Tür zu öffnen, die uns aus unserer engen Weltsicht hinausführt.

Aber ich bin fast am Ende und ich habe keine Zeit

und ich bin nutzlos

und, wenn ich mich nicht ändere, mit oder ohne Dich, wird mein Leben so enden.

Und ich kann den Weg nach Hause nicht finden!

Werde ich das je?

Steve Winwood

Clara

 

Hier der Link zu allen acht Teilen des Gesprächs von Gilad und Clara.

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77 Antworten zu Kommt! Ins Offene, Freunde! – achter Schritt

  1. willi uebelherr schreibt:

    Clara S. und Gilad Atzmon: Kommt! Ins Offene, Freunde!
    Aus unserem Kreis der freien DenkerInnen

    Kommt! Ins Offene, Freunde!
    Clara S. und Gilad Atzmon, Jan. 2018
    https://opablog.net/?s=Kommt%21+Ins+Offene

    Liebe freunde,

    manche von uns verfolgen diese 8-teilige reihe, die heute leider erst mal zu ende ging. Die links zu den 8 teilen dieses gespraechs von Clara S. mit Gilad Atzmon findet ihr auf der oben genannten seite. Entstanden ueber emails mit anschliessender uebersetzung durch Clara S. Gilad verbreitet die englische version in seinem blog
    http://www.gilad.co.uk/writings

    Es ist fuer mich eine der spannendsten und tiefgreifendsten gespraeche, die ich je gelesen habe. Dafuer meinen grossen dank an die beiden AutorInnen. Und an Klaus-Peter Kurch, dies auf seinem blog fuer alle lesbar zur verfuegung zu stellen.

    mit lieben gruessen, willi
    Asuncion, Paraguay

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  2. Detlev Matthias Daniel schreibt:

    Auch von mir ein herzliches Danke. Jetzt habe ich besser verstanden, was Gilad meint, wenn er von seinem Selbsthaß spricht. Sehr schön deutlich wird auch die grundsätzliche und zugleich subtile Bedeutung des Identitarismus, dessen Tragweite man nicht versteht, wenn man nur nach den Symptomen fragt, die einen stören. Es ist diese Denkensart, die alles in den Gegensatz rückt. Die dafür sorgt, daß die Emanzipation der Frauen zu Lasten ihrer Kinder geht und die Emanzipation der Schwarzen zu Lasten anderer, schwächerer Minderheiten. Wenn wir verstehen würden, daß sich Gewalt nicht primär gegen Frauen richtet, sondern gegen Schwächere, Abhängige, nicht primär gegen Schwarze oder Juden, sondern gegen Andersartige, Minderheiten, weil die Starken ihre Herrschaft und Kontrolle erhalten wollen und die von ihnen bestimmten Normen, und daß die Gewalt folglich zunimmt, wenn die Schwachen oder Minderheiten sich emanzipieren wollen, – dann, ja dann begreifen wir vielleicht endlich, daß es gar nicht um Emanzipation geht, sondern um die bedingungslose Aufgabe eines Prinzips, das die Menschen teilt und bündelt, sie gegeneinander setzt und ausspielt.
    Ich wäre gerne Teilnehmer dieses Dialoges gewesen.

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    • Jens schreibt:

      Du sprichst mir aus der Seele! (ein guter TN wäre ich jedoch nur gewesen, wenn ich das Gespräch bereits vorher so durchdacht und als Inspiration empfunden hätte, wie inzwischen)

      Und: Minderheiten sind ja nur in der Unterzahl, wenn sie sich voneinander trennen lassen. Plus, dass Jede/r in irgendnem Zusammenhang in der Minderheit ist – wird eine universelle, globale Bewegung mit und durch jede/n Einzelne/n draus: Einfach machen, was auch OK wäre, wenn’s mir wer tut!

      Aufgabe eines Prinzips oder Aufnahme der Prinzipienfreiheit = Ethik.
      (denn: besser ist was zu machen was besser ist was zu machen usw.)

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  3. Medien- und Gesellschaftsanalyse schreibt:

    Begriffsverwirrung: Identitär/Identität

    Identität schöpft sich aus vielen Quellen, hauptsächlich aus der Erziehung und dem Umfeld
    indem man aufwächst. Kultur, also Sprache, Tradition, Musik, Feste, Landschaften, Denkweisen
    geschichtliche Überlieferungen, aber auch Werte die zu meiner Identität gehören, das können religiöse und nationalbetonte Werte sein, …

    Was Identität nicht ist, das ist eine einseitige Fixierung auf Biologische Sonderausstattung, also auf die Abweichung von der Norm. Ja die Reduzierung des Menschen auf die Abweichungen und Anomalien, kann nicht Gegenstand der Politik sein höchstens als Thema für Kriminalistik und Psychatrische Medizin und Forensik ist das denkbar.

    Verkehrung der Verhältnisse liegt vor, wenn das Universelle nicht beim Namen genannt wird:
    Der Mensch Beziehungswesen, dessen Natur auf Kooperation und menschliche Nähe ausgerichtet ist. Diese zu suchen und auszugestalten ist seine neurophysiologische Bestimmung, einfacher gesagt seine Natur.

    Möglicherweise- ich bin kein Psychater- gibt es Persönlichkeitstörungen, bei denen dieses Prinzip invertiert ist bzw. negiert wird und diese Personen dann entsprechende Konflikte schaffen, weil sie gar nicht anders können. Das soll es geben, habe ich gehört.

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  4. Johann S. schreibt:

    Meinem Kommentar möchte ich die Abschlussworte dieses sehr beeindruckenden und wertvollen Dialogs voranstellen.
    Clara: Bedeutet das nicht das Ende jedes kollektiven Versuchs, für eine friedlichere und gerechtere Welt zu kämpfen?
    Gilad: Im Gegenteil, das ist der Punkt von der wir die Suche nach den ethischen Werten in uns selbst starten. An dieser Stelle verlassen wir Jerusalem die Stadt der Gebote und etablieren endlich wieder Athen, die Hauptstadt der Vernunft. Wir tauchen ein in die Bedeutung des Menschseins, unabhängig von …… Wir lassen das Stammesdenken hinter uns und machen uns auf zu einer Expedition in das Universelle.
    Dazu ein sehr anschauliches und passendes Gedicht des modernen türkischen Schriftstellers Nazim Hikmet, dass weniger die Vernunft, sondern die Emotionen, das Herz anspricht:
    „ Allein und stark, wie ein Baum, brüderlich vereint wie ein Wald,
    das ist unsere tiefste Sehnsucht“.
    Dieser Vergleich, dieses starke Bild komprimiert vieles, worum es gerade in der sich zuspitzenden Weltsituation geht.
    So alleingelassen ist der vereinzelte, westliche Mensch vermutlich noch nie in der Weltgeschichte gewesen.
    Und gleichzeitig muss er stark sein, um zu überleben und sich durchzusetzen.
    Gleichzeitig braucht und sehnt sich der alleingelassene Mensch nach Solidarität
    Mitgefühl und erhält sie kaum. Die bisherigen Werte, Gebote wurden durch das weitgehende Versagen der Religionen, des Christentums, den Faschimus und den Neoliberalismus entwertet und neue Werte gibt es noch nicht. Die Menschheit braucht keine alttestamentarischen, fundamentalistischen Werte mehr, sondern ein neues ganzheitliches Menschheitsbewußtsein, eine neue menschengerechte Ethik.
    Ein Bewußtsein, dass wir Menschen verbunden sind, verbunden sind mit der Natur, wie die Bäume in einem Wald. Diese Sehnsucht nach Verbundenheit, nach mitmenschlicher Nähe wurde durch den Faschismus zutiefst mißbraucht und der Raubtierkapitalismus entzweit die Menschen wiederrum.
    Dieses Verlangen, diese Sehnsucht nach Nähe, Gemeinschaft taucht wieder auf im Populismus und in einem zurückgewandten Nationalismus. Das menschliche Urbedürfnis nach Beheimatung, nach Mitmenschen, Freunden, Helfern, Vorbildern auf die man sich verlassen kann ist sehr menschlich und auch legitim, soll sich jedoch nicht nur auf Menschen der eigenen Nation beschränken.
    Der Appell das Stammesdenken hinter uns zu lassen und uns aufzumachen in eine „Expedition in das Unversielle“ ist allerdings nicht nur eine Frage der Vernunft, sondern nach meinem Dafürhalten eine menschliche, ethische Herausforderung und zum Teil auch heillose Überforderung der Gefühle der Menschen. Wir Menschen sind m.E. in der Mehrheit und in der Hauptsache weniger denkende, vernünftige, sondern emotionale, fühlende Menschen.
    Die „Stadt der Gebote“ und die abrahamitischen Gesetzesreligionen bringen die Menschheit nicht mehr weiter in Zeiten des Umbruchs, sondern haben zu den Kampf der Kulturen und Religionen mit beigetragen. Nicht nur die „Stadt der Vernunft“ wird die Menschen diese Krise bestehen lassen, sondern eine Abkehr vom entfremdeten Menschen, destruktiven Politikern mit verhärteten, zerstörerischen, gierigen Herzen hin zu bewußten Menschen mit Mitgefühl, Toleranz, Solidarität, menschengerechten Werten, die vorallem in ihren Herzen zu Hause sind. Gilat spricht von der Suche nach den ethischen Werten unseres Menschseins in uns selbst und zu unseren Mitmenschen, anderen Völkern und Kulturen.

    Das Lied von Lisa Fitz spricht sehr direkt die Gefühle der Menschen an und die Wirklichkeit in der wir gegenwärtig leben.

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    • Jens schreibt:

      Ja, alleingelassen ist er z.B., wenn er sich selbst aufgibt, um in der Identität aufzugehen, die ihn mit der Gruppe verbindet. Diese spiegelt das wider (im „Wesentlichen“, hoffentlich; oder es ist eben die Gruppe, die grad passte), was einen selbst ausmacht – aber eben auf Kosten all dessen, was gfs. davon abweichen könnte. Also die tatsächliche Identität, inkl. der gruppendefinierten. Und damit.. steht man zwangsläufig allein da, spätestens wenn irgendwelche Gedanken zu verquer werden (was die meisten natürlich in entsprechende Gegen- oder Parallelbewegungen nach demselben Prinzip treibt).

      Und: Statt all dieses Gruppenwahns die Eigenverantwortung für das eigene Handeln und Konsequenzen, die es auf das eigene Leben hatte und hat, ist durchaus eine Sache, die sich ziemlich stimmig, gut, erfolgversprechend, verheißungsvoll, erschreckend zwar aber auch beruhigend, konstruktiv und geradezu mächtig anfühlen kann. Man hat es (endlich wieder selbst) in der Hand!

      Und wenn schon Gruppendenken – nur zusammen sind wir stark –, dann am liebsten gleichwertig. In einer Nation z.B. sind alle Bürger erstmal gleich, haben die gleichen Interessen (dass es dort gut ist) und sind allesamt vor Ort! Das gefällt mir an Gilad’s merkwürdig klingenden Nationalbewusstseinsausflügen.. und, ja auch, dass er in sich selbst schaut, meist gar liebevoll bleibt wenn er den Finger in offene Wunden legt oder gräuliche Zusammenhänge darlegt. Und, das beste kommt zum Schluss:
      Albern, frech, schadenfroh und selbstverlachend, dummdreist, intektuell anregend amüsant, düster sarkastisch, klever komisch bis wahnsinnig witzig ist der Kerl dabei ja auch noch!

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      • Theresa Bruckmann schreibt:

        Zum 1. Absatz:
        „Und damit.. steht man zwangsläufig allein da, spätestens wenn irgendwelche
        Gedanken zu verquer werden (was die meisten natürlich in entsprechende
        Gegen- oder Parallelbewegungen nach demselben Prinzip treibt).“

        Und selbst, bevor es so weit ist, während man also noch im Sound der
        Gruppe mitschwingt, ist es doch viel zu mühsam, zu kraft- und zeitraubend,
        all die Schwenks gedanklich mitzumachen, ohne sich darin zu verheddern.
        Am ehesten kommt man da mit, wenn man selbst nur noch oberflächlich
        oder light denkt.
        Was auch immer dann den Befreiungsschlag auslöst, egal!
        Jetzt lebt Mensch so richtig auf! und fühlt sich doch nicht allein, wie man
        hier im Blog schon sehen kann.

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        • Jens schreibt:

          Oh, sehr schön gesagt.
          (das „Problem“ meiner liebsten Menschen ist, dass sie ganz nah dran an „MacherInnen“ sind, so dass sie exorbitant „profitieren“ und einhergehende Vorzüge großherzig um sich herum verteilen können. Zudem innerhalb von Familie und Freunden drumrum auch etliche andere Gründe für Verhedderungen herhalten können, sehe ich da noch extrem lange keinen Grund für ein strukturelles Umdenken. – ID on speed sozusagen, z.Z. super erfolgreich und mit entsprechender Anerkennung bedacht. Da können im Zweifel Stimmen, die „Anders“ klingen noch ewig Beweis für Feindseligkeit sein und bekämpft werden müssen, um der Freiheit und Gerechtigkeit willen!)

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    • kranich05 schreibt:

      Zu den bisherigen, nun entwerteten Werten, muss ich unbedingt den Kommunismus zählen, der in der Form des Stalinismus die schwersten Beschädigungen erlitten hat und nun faktisch untergegangen ist.
      Ich finde es denkwürdig, dass eine Ideologie, der im vergangenen Jahrhundert lange Zeit Millionen folgten, heute nicht einmal mehr erwähnt wird.
      Gilad Atzmon kann mit dem Kommunismus Null anfangen, der denkende und kommentierende Mensch von heute ebenfalls.nichts.

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      • willi uebelherr schreibt:

        Lieber Klaus-Peter, er ist nicht untergegangen. Immer und ueberall steht er drohend im raum. Das Gespenst geht immer noch um. Die grundlage ist, dass er die einzige alternative zum organisierten Egoismus ist. Und als solches bleibt er immer existent.

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      • willi uebelherr schreibt:

        ff: Und wenn du Gilad Atzmon liest, ihm zuhoerst, seinen prinzipien folgst, dann bist du beim Communismus. Auch dann, wenn er manchmal sich von diesem begriff distanziert, weil er gaenau weiss, dass er missbraucht wurde, um elitaere strukturen zu installieren.

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  5. Clara S. schreibt:

    Über die positiven Rückmeldungen habe ich mich sehr gefreut! Vielen Dank.

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  6. Beat Wick schreibt:

    Gebannt las ich alle 8 Folgen von „Kommt! Ins Offene, Freunde!“, obwohl mich das Thema Holocaust nicht im Geringsten interessiert. Wird hier an der Mauer (The Wall) des Schweigens, der Tabus, Verbote gerüttelt? Kündigt sich hier der Beginn von Gehorsamsverweigerung an?

    Ausgrenzung, Ausschluss, vom Umfeld gemieden werden ist, wie mir scheint, meist mehr gefürchtet als der Tod. Deshalb kann der Wert von opabloc und der Mut von Klaus-Peter Kurch der dies, wie im Falle dieses Interview, verhindert, nicht hoch genug eingeschätzt werden.

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  7. Theresa Bruckmann schreibt:

    Ich habe eine große ERWARTUNG, nämlich die, dass alle die
    doch eigentlich gemeinsam für eine bessere Zukunft kämpfen,
    ihre möglichen Animositäten und Aversionen ausräumen,
    so dass wir uns alle wieder in eine Richtung bewegen können!
    Wie sie das machen und wieviel Zeit sie dafür brauchen, geschenkt!
    Fürs erste mögen Verständigungssignale reichen!
    Ich will auch nichts davon hören oder lesen, wie das geschieht.
    Es genügt mir, dass es geschieht.
    Es gibt so viel zu tun!
    Die Münchner Sicherheitskonferenz ist nah!
    Gestern fand ich bei Rubikon den folgenden bemerkenswerten
    Beitrag:
    https://www.rubikon.news/artikel/wider-die-identitatspolitik

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    • Jens schreibt:

      Dann will ich mich dieser Erwartung besser fügen.

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    • kranich05 schreibt:

      Liebe Frau Bruckmann,
      ich verstehe gut Ihr Sehnen, hoffen zu dürfen.
      Dass Ihre Erwartung handfest begründet ist, kann ich leider nicht empfinden.
      Dass wir eigentlich alle für eine bessere Zukunft kämpfen und so sehr durch Animositäten daran gehindert werden … das glaube ich nicht.
      Die Taten der Beteiligten, unsere Taten, bestätigen.das nicht.

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  8. Jens schreibt:

    Ganz genau: Durch das Verlassen dieser eingefahrenen, als allein heilsbringend vor-definierten Denkstruktur des Identitärismusses wird jede/r Einzelne, der/die sich diesem Wagnis aussetzt, Schritt für Schritt, immer klarer und sich immer selbstverständlicher anfühlend – plötzlich frei! Verantwortlich! Mächtig (endlich kann ich wirklich was verändern, wenn mir was nicht passt: Mich!)!! Emphatisch für Menschen, nicht deren Gruppenopfertum! Interessiert an der Wirklichkeit des Lebens, und nicht an Lebenswirklichkeiten, die bis auf’s Blut gegen besseres Wissen verteidigt werden müssen! Sympathie und Respekt wegen Menschlichkeit, nicht Gruppenzugehörigkeit (stimmig auch damit, dass ich ja auch von Menschen ganz anderer ’Identitäten’ und ’Lebenswirklichkeiten’ korrekt behandelt werden möchte, am besten freundlich)! Richtig sein, weil man was richtig macht – nicht weil man vermeidet, was jawohl gar nicht geht, oder weil man fett Öl ins Feuer der Empörungen gießt! Freude haben, weil was freudig ist – und nicht nur dann, wenn sich die Richtigen über das Richtige auf die richtige Weise freuen! Fakten, weil sie stimmen – und nicht, weil sie mit korrekter Sichtweise überein-stimmen und ab diesem Zeitpunkt gefälligst unangetastet bleiben! Verbindungen und Austausch, weil’s gut ist (selbst wenn’s mal schlecht läuft: besser als „übereinander“-redend aneinander vorbei!) – und nicht, weil Gesprächspartner schon vorher „richtig“ und Diskussionsweise sowie gefälliges Ergebnis ausgemachte Sache!
    Nebenbei: Wirkt das alles nicht saudumm?
    Ich mein: Dass man auf solche Ideen kommt, joah. Dass man die wirklich umsetzt, schon wow. Aber dass man derlei immer und immer weiter durchzieht, obwohl man doch sehen müsste, was man um sich herum alles anrichtet, verliert, zerstört und dabei selbst alles durchmachen muss .. das ist wirklich faszinierend! — Und selbst das ist auch kein wirkliches Wunder, denn (s.o.): Die Gesprächsthemen sind im Laufe der Jahre ausgeklügelt begrenzt, so dass sinnvolles Infrage stellen ausgeschlossen ist (oder ratz-fatz wird). Die jeweiligen FührerInnen innerhalb der Bewegungen sehen zu recht ihr Leben / Machtbereich / Ausdrucksmöglichkeit in der derzeitigen Form bedroht, und auch alle Anderen kämpfen einen existentiellen Kampf (u.a. für eben diese Führerschaft, denn diese bestimmt den jeweils „korrekten“ Weg und die zu wählenden Opfer, äh, Täter), glaube sie ja, dass sie mit ihrer ’Identität’ ihre Rechte, ihren Stolz, ihre Vergangenheit und Zukunft verlören (obwohl sie in ihrer Lebenswirklichkeit v.a. kontinuierlich die Gegenwart unterwandern! Naja, und ansonsten ist es eben systemimmanent, Selbstreflexion und ganzheitliche Wertschöpfung zu bekämpfen – wo doch ein Kampf gegen die Unterdrückung sämtlicher Mitglieder dieser Identität gekämpft wird*, und zwar gegen jeden Einzelnen der Gruppe der Unterdrücker**.

    * da spielt das Selbst / Eigenverantwortung keine Rolle; höchstens innerhalb der Gruppe – da zählt dann plötzlich auch wieder ethisches und kohärentes Handeln, angemessen, fair und möglichst konstruktiv – all das, was nach außen hin partout ausgeschlossen wird!!
    ** deren Verlust ist der eigenen Gruppe Gewinn – an Wertschöpfung erschöpft es sich damit. Klappt ja eh selten genug. Und „gut“ kann es ja eh .. nimmer werden (auf solche Weise).

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  9. Jens schreibt:

    Da dachte ich gerade noch über nach solchartig nach Identitätsprinzipien-Verfahrenden (nachdem ich schon dachte, wie wirksam es sein könnte, sie konsequent vom Platz zu lachen, wenn sie wieder mal mit ihren idiotischen Assoziationsketten belehren) :

    Lachhaft.

    Beschämend zwar. Beschämen muss es aber nicht: Hat doch niemand was Böses gewollt, oder extra so gehandelt, wie’s nun eben super doof aussieht – oder gar fies, egoistisch, ich-bezogen, selbstverliebt oder sonstwie fehlgeleitet.
    Unlogisch bereits ab dem zweiten halbwegs vernünftigen Gedanken. Eigentlich nur möglich, den nicht zu denken, wenn man sich selbst Gutdünken erlaubt (und es eben grad so am besten passt), oder wenn irgendwelche No-Go-Areas jeden nach dem ersten Gedanken verbieten.
    Den menschlichen Intellekt verhöhnend. Lachhaft.
    Wenn’s nicht so ernst wäre, was das alles alles mit sich bringt und an katastrophalen Auswirkungen für zwischenmenschliche Beziehungen bis hin zu globalen Auseinandersetzungen hat.
    Und auch so tragisch. Denn wer in solch Dilemma gefangen ist, kommt nur voran, wenn umso mehr Menschen ins Dilemma oder seine Auswirkungen verfangen werden – anders würde man schließlich .. aus dem Dilemma befreit (seiner Identität beraubt usw. usf. s.o.)! Und während all dessen: Das fühlt sich nicht wirklich gut an. Gut fühlt sich eigentlich nur an, dass man sich gemeinsam schlecht fühlt, und missbraucht. Oder auch, wie dolle man das irgendwem anders vor’n Latz bratzen kann, was sich inzwischen an nicht-gut-Fühlen angesammelt hat, „Du Opfer!“.
    Lachhaft.
    Wenn’s nicht um erwachsene Menschen ginge, Quatsch, eigentlich grad deshalb, doppelt!
    Und so beschämend. Aber, hups, da komme ich schon wieder vorne an…..

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  10. Johannes S. schreibt:

    Der Dialog zwischen Clara und Gilad Atzmon trug sicherlich zu einem tieferen Verständnis der global wichtigen Probleme , wie kulturelle Identität, Rassismus, Stammesverbände, Nationalismus und auch den herausfordernden Themen des Zionismus, Antisemitismus, der Kritik an der gegenwärtigen Politik Israels bei.
    Soweit ich die Entwicklung beurteilen kann, die zu den benannten Konflikten geführt haben, stellen sich mir Fragen:
    Falls ich Unzutreffendes einbringe, bitte ich mich zu berichtigen.KenFM stand zur Ehrung im Babylon an, dies wurde vom Kultursenator zum Glück erfolglos sabotiert. Von den Veranstaltern wurde Gilad Atzmon als Redner eingeladen. KenKM wird seit Jahren zu Unrecht mit dem Antisemitismus-Verdacht belastet und sogar bedroht. War es umsichtig, verantwortlich und sensibel zu dieser Ehrung Gilad Atzmon einzuladen, der sich kritisch mit dem Zionismus und der israelischen Politik auseinandersetzt hat? Gilad Atzmon dürfte vermutlich die gesellschaftspolitische Situation in Deutschland zu wenig kennen. KenFM war zu der Ehrung nicht erschienen. War das Auftreten von Gilad Atzmon ebenfalls mit ein Grund, dass Ken Jebsen zu seiner eigenen Ehrung nicht erschienen ist? Wollte KenFM verständlicherweise nicht weitere Angriffsmöglichkeiten bieten, um Medien und Parteien einschl. eines Teils der Linken in ihrer infamen Antisemitismus-Unterstellung nicht weiter bestärken, sich nicht weiteren Anfeindungen und Gefährdungen auszusetzen?

    Die geistige Auseinandersetzung mit den obigen Themen und auch der Dialog mit Clara ist so vielschichtig, komplex und teilweise auch schwer zu verstehen, endete weitgehend nach meinem Dafürhalten weniger mit Antworten als mit eminent wichtigen offenen Fragen. Die Auffassungen von Gilad Atzmon führten zu einem Konflikt mit dem integren E.Davidsson und zu weiteren ausufernden Konflikten mit dem Rubikon-Blog und in der Fortsetzung abgeschwächt im Opablog. Möglicherweise beruht dies zum Teil auch auf „Aneinandervorbeireden“, das sich in einem Dialog hätte auflösen können.
    Der Rubikon-Herausgeber weigert sich den Aufffassungen von Gilad Atzmon im Rubikon in Deutschland eine Plattform zu geben und stellt sich auf die Seite von E.Davidsson.Des steht im Widerspruch zu dem Anspruch des Rubikon auf Meinungsfreiheit. Ist es gleichwohl möglich und vertretbar, das der hauptverantwortliche Wernitz durchaus nachvollziehbare wichtige Gründe hatte diese Sicht von Gilad Atzmon nicht einzubringen, weil diese äußerst schwierige komplexe Thematik sehr brisant ist und vorwiegend unter jüdischen Menschen, der israelischen Gesellschaft auszutragen ist und weniger in Deutschland, zumal sich die „Goim“ in der jüdischen Religion, Geistesgeschichte und auch in der israelischen Politik zu wenig auskennen und sich dabei Zurückhaltung auferlegen sollten.

    Diese ähnliche Frage stellte sich auch Dr. Kurch in dem Betrag „Nachtgedanken“ im Zusammenhang mit der in Berlin anberaumten Konferenz („Projekt Kritische Aufklärung“), auf der jüdische Antizionisten die Gleichsetzung von Antizionismus und Israelkritik mit Antisemitismus zurückweisen werden. 
    Dr. Kurch: „Schöne Sache. Warum treffen sich jüdische Antizionisten aus aller Welt mitten in Berlin, um sich gegen den Antisemitismusvorwurf zu wehren?Warum bestimmen nicht (wenn schon Berlin) deutsche Antizionisten, die keine Juden sind, diese Konferenz maßgeblich mit?“
    Gilad Atzmon wurde dazu nicht eingeladen.

    Wie Gilad Atzmon im Dialog mit Clara sich sehr tiefgehend mit der jüdischen Religion, dem Zionismus und dem Fiasko der israelischen Politik auseinandergesetzt hat, steht bei der gegenwärtig zunehmend brisanten politischen Konfliktsituation in dem nachwievor problematischen Land Deutschland eine gleichwertige Auseinandersetzung mit der deutschen Geistesgeschichte, mit der Ideologie des Nationalsozialismus und dem kollektiven Bewußtsein und Unterbewußtsein an, da ein erschreckender Konformismus, Manipulation, Intoleranz und Hass immer dreister offenkundig wird.
    Merkwürdig, dass mein Beitrag zur AFD und der Situation in Deutschland im Opa-Blog keine nennenswerte Diskussion ausgelöst hat, jedoch ein beeindruckender Dialog und Diskussion über Israel, das Judentum, den Zionismus und Antisemitismus entstanden ist.
    Mit wem könnte Clara einen ähnlichen Dialog über Deutschland führen? Vielleicht mit dem Theologen und Psychoanalytiker Eugen Drewermann.
    Bin gespannt auf die Kommentare zu diesen kritischen Beitrag!

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    • kranich05 schreibt:

      Über die Frage, welche Diskussion wir eigentlich führen, habe ich ab der ersten Minute nachgedacht. Wann diese MEINE ERSTE MINUTE war, weiss ich noch genau:
      Als Gilad Atzmon auf der nicht zuletzt vom Deutschen Freidenkerverband getragenen Veranstaltung im Kino Babylon seine mit Beifall bedachte kurze gehaltvolle Rede gehalten hatte und unmittelbar darauf Elias Davidsson (Freidenker) im Rubikon seinen „Brunnenvergifter“-Angriff losgelassen hatte (mit erpresserischen Forderungen garniert) und unmittelbar darauf Klaus Hartmann (Chef des Freidenkerverbandes) zu meiner nicht geringen Verwunderung mitteilte, dass mensch sich aus dem entbrennenden Streit als einem „innerjüdischen Krieg“ heraushalten sollte. Genau da war diese Minute.
      (Dass der Rubikon ein „innerjüdisches Magazin“ sei, hat meines Wissens niemand behauptet; wohl aber, dass da vielleicht „jemand die Notbremse gezogen“ hat.)

      Was die „Innerjüdischkeit“ betrifft, möchte ich Weniges zu Denken geben, auch auf die Gefahr hin, dass es etwas drastisch erscheint:
      * Wenn sich a) 10 oder 30 oder x (ausgewählte!) Juden aus aller Welt in Berlin treffen und von morgens bis in die Nacht über Antisemitismus diskutieren und zugleich b) in diesem Berlin die Medien, die Regierung, der Bundestag und wer noch ununterbrochen „Antisemitismus“ heulen (geradezu trommelfeuerartig), dann ist der genannte „innerjüdische Antisemitismusstreit“ nie und nimmer eine nur innerjüdische Angelegenheit. Was er wirklich ist, mag schwierig zu bestimmen sein; im schlimmsten Fall ist er genau das, was Atzmon sagt.
      * Der Streit ist nicht nur keineswegs „innerjüdisch“. Er ist auch keineswegs „deutsch“, „nazivergangenheitlich“, „auf die AfD-Gefahr reagierend“ oder „Holocaustleugnung bekämpfend“ usw. Was er ist, will sagen, in welchem Bezugsrahmen er zwingend zu betrachten ist, verrät dieses Bild, das ich unter dem Titel „Netanjahu sitzt“ am 21.4. 2016 gepostet hatte: https://opablog.net/2016/04/21/netanjahu-sitzt/
      Das komplette israelische Kabinett breitärschig auf dem syrischen Golan – das ist der tiefste inhalt des „innerjüdischen Kriegs“. Israel war, ist und bleibt im Bündnis mit dem wahabitischen Terrorstaat SA der schärfste Kriegstreiber des Syrienkrieges. Hat das jemand vergessen?
      * Ich bin noch nie auf die Idee gekommen, mich „Goi“ zu nennen. Und: Ich habe gelernt (nicht zuletzt in 40 Jahren DDR-Biografie) deutscher Patriot zu sein.
      (Erläuterung für Herrn Bode (sein Kommentar bei „Nachtgedanken): Das „deutsch“ vor Patriot ist bewusst klein gehalten ;-))

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      • Jens schreibt:

        Danke für diese Einblicke.

        Ich war (auch) konsterniert, als ich darüber las, dass Themen bei einem Anspruch wie dem des Rubikon zu brisant wären. Bzw. komplex / äußerst schwierig. Und.. „innerjüdisch“ (aber nicht so wie inner-russisch oder -ukrainisch. Oder inner-iranisch, inner-syrisch – inner-vietnamesisch, inner-lybisch, inner-saudisch, äh, -jemenitisch.. Allerdings exakt so, wie inner-israelisch. Oder was hab ich falsch verstanden, Johannes S.?

        Was genau daran ist eigentlich so schwierig, und was genau brisant? Wäre es nicht dann brisant, wenn es rassistische Ressentiments – also z.B. gegen Juden voreingenommen zu sein, weil sie Juden sind – gäbe, die in die Diskussion verwoben werden müssten? Nichts, was dem auch nur nahe kommt, hat irgendeiner eingebracht oder zu berücksichtigen gebeten. Am wenigsten sicher Herr Atzmon, dessen Familie, Freundeskreis und Arbeitskollegen zu großem Teil „jüdisch“ sind.
        Also ist auch nix brisant im Sinne von missverständlich oder ethisch bedenklich daran, Herrn Atzmon zu Wort kommen zu lassen.
        Schwierig, komplex – hmm, sind das nicht gute Gründe, Experten aufklären zu lassen?

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        • Johannes S. schreibt:

          Hallo Jens,
          natürlich kenne ich E. Davidsson letztlich viel zu wenig, um ihn verlässlich als integer zu bezeichnen. Für ihn spricht jedoch, sein mutiger investigativer Einsatz zu der Aufklärung des fragwürdigen Geschehens am Berliner Weihnachtsmarkt. Auch hat sich E.Davidsson
          zu 9/11 sehr deutlich geäußert. Dies vermißt er bei Atzmon verständlicherweise. Davidsson hat in Rubikon seine Kritik an G. Atzmon sehr ausführlich und nachvollziehbar dargestellt. Es stellt sich die Frage, ob die Kritik tatsächlich berechtigt und objektiv ist.
          Dazu hat sich bislang m.E. kein Kommentator geäußert
          Falls Atzmon den Holocaust mehr oder weniger relativieren möchte, ist er meiner Meinung nach unglaubwürdig, auch wenn viele seiner Auffassungen es wert sind sich damit auseinanderzusetzen.

          Ich habe mich weder mit E.Davidsson noch mit G. Atzmon ausreichend befasst und kann deshalb die Standpunkte in dieser Auseinandersetzung nicht ausreichend beurteilen.. Sie verfügen über sehr viel mehr Informationen, insbesondere über Gilad Atzmon.Vielleicht ist es Ihnen möglich, dass Sie auf diese fundamentale Kritik von Davidsson eingehen und diese Kritik entkräften können.
          Es steht außer Frage, dass es sinnvoll und fair gewesen wäre, die Entgegnung von G.Atzmon ebenfalls im Rubikon zu veröffentlichen. G. Atzmon hat sicherlich Möglichkeiten auf anderen Blogs seine Erwiderung zu veröffentlichen. Wäre es @Kranich möglich diese im Opa-Blog zu publizieren?
          Nachdem ich etwas mehr von der Ferne von Antifa, Antideutschen, Zionisten u.a. in Erfahrung gebracht habe, bin ich sehr angewidert von dieser verwirrenden Verlogenheit und Doppelbödigkeit. Es ist schlicht zum …….

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          • Lutz Lippke schreibt:

            Hallo Johannes,
            die Anschuldigungen gegen Atzmon sind offensichtlich von einem Stil geprägt, der es nicht so genau nimmt. Das hätte ich Davidsson so nicht zugetraut. Meine Sicht hatte ich hier dargelegt

            „Gilad Atzmons „The Wandering Who“, die Meinungsfreiheit und ich“ (I)

            Dass heißt nicht, das Davidsson grundsätzlich zu missvertrauen wäre. Möglicherweise ist er aber gegenüber Atzmon aus anderen Gründen voreingenommen, als es seinen Vorwürfen zu entnehmen ist. Eine mögliche Richtung hatte ich zwar angedeutet, würde es aber begrüßen, wenn Davidsson zur Sache aufklärt. Das Bisherige genügt nicht im Ansatz, um die Vorwürfe für bare Münze zu halten oder auch nur für wahrscheinlich. Es ist nicht auszuschließen, dass hier ein persönlicher Konflikt verbunden mit der Reputation Davidssons bei rubikon und gepaart mit den Sorgen vor „Schmuddelkind-Kampagnen“ rubikon in eine argumentative Sackgasse steuern ließ. Das ist natürllich nur eine spekulative Vermutung.
            Aber entweder wird Substanz nachgelegt oder man dröselt die Misslichkeiten behutsam auf. Alles andere schadet Davidsson, rubikon und damit auch der Sache. Zur Erinnerung: Die Sache ist in allererster Linie Aufklärung und Transparenz.

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          • Detlev Matthias Daniel schreibt:

            Mal ein paar Fragen:
            Wer oder was wäre ich, wenn ich darüber urteilen wollte, ob ein Elias Davidsson, ein Gilad Atzmon oder ein Johannes S. integer ist? Wäre das nicht wieder eine Form von Übergriffigkeit, also eine Verletzung von Integrität im wahrsten Wortsinn? Taugt das Attribut ‚integer‘ überhaupt zu etwas anderem als zur Projektion eines Ideals, einer Tugend? Hier vermischte sich gerade die Betrachtung mit ihrem Gegenstand und das führt zur Verunklärung.

            Was man hier aber verstehen kann: Sachlich, „objektiv“ kann man nur eine Sache beurteilen, beurteilt man eine Person, wird das persönlich, „subjektiv“. Unausweichlich. Und wie kann man einem Menschen auch nur halbwegs gerecht werden, wenn man einzelne Aussagen oder Handlungen zusammenklaubt, um sie dann verabsolutierend zur Grundlage seines Bildes zu machen? Selbst wenn man sie – was meistens nicht geschieht – so wiedergibt, daß der urspünglich beabsichtigte Sinn erhalten bleibt.

            Man kann Aussagen, Handlungen, Haltungen kritisieren und auch die Kritik derselben. Mit dem Urteil über eine Person aber betritt man ein anderes Feld und, wenn dieses Urteil sich etabliert, gerät es nicht selten zu einer Art selffullfilling prophecy. Denn wir alle sind ja auch Produkt unserer gesellschaftlichen Umwelt. Menschen sind immer in Veränderung und jeder ist irgendwo auch widersprüchlich. Das gehört dazu. Also immer locker bleiben, meine Herren Damen.

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          • Jens schreibt:

            Detlev, voll aus der Seele.. stimme voll.. Danke!

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      • Jens schreibt:

        Gilad Atzmon ist ein Experte par excellence: Er ist Ex-Jude, -Israeli, -IDF-Soldat, Sohn konservativer jüdischer israelischer, weitestgehend säkularer, teilweise zionistischer, Palästinenser als gefährlich betrachtender Familie und aus sehr gut nachvollziehbar geschriebenen, ethischen und moralischen Gründen von all dem weitestgehend getrennt. Dennoch und gerade deshalb mit diesem Thema eingehend befasst – ist nicht das, was einen Experten ausmacht? Einen kaum übertreffliche Einblicke bietenden und nutzenden Experten: Er kennt die Materie von innen und außen sehr gut!
        Also: sich seit Jahrzehnten informierend, Informationen durchdenkend und transparent darstellend, Fragen aufwerfend und auf bemerkenswert hysterische Bemühungen hinweisend, dass diese Fragen nicht gestellt werden dürfen.
        Ausgerechnet er also soll nun also nicht gehört / gelesen werden.
        Im Magazin für die kritische Masse.
        Und überhaupt .. weil’s ein Thema ist, dass uns doch gefälligst gar nichts angeht! Ist „innerjüdisch“.

        Gut. Nun haben die genau dort aber genau über ihn höchst widersprüchlich fabuliert..
        Z.B. dass ausgerechnet Herr Atzmon jawohl nunmal sowieso nicht ernst genommen werden darf! Nämlich, weil er ja was gesagt hat, was so klang als wie wenn er .. und so klingen nur Nazis, verdammte Antisemiten!! Irgendwas mit Juden und so, geht jawohl gar nicht! – Währenddessen ist er aber derjenige, der sich fast allabendlich jeder Frage und Diskussion stellt – auch und vor allem seinen gerade erbitterten Gegnern (!), die er selbst, wenn sie lautstark auf ihn eingröhlen (sollen das nicht diese AFDler+sonstigen Nazis machen, dumm rumgröhlen, dem Diskurs aus dem Weg gehen, auf ihren beschränkten Meinungen beharren und übergriffig werden? Nun ja, kann sein, ich weiß es nicht. Was ich weiß ist, dass es sogenannte AntiFas und AntiZionisten regelmäßig auf das Erbärmlichste betreiben!*).
        Selbst richtig stellende (oder meinetwegen: „alternative Fakten“ beinhaltende) Kommentare wurden gelöscht, meine z.B., manche Kommentarschreiber wurden blockiert, ich z.B.

        An dieser Stelle einige Hinweise auf sein Expertentum mit Prädikat, Siegel und Auszeichnung:
        Obwohl er sich zu den Themen Juden, Antisemitismus und Judentum / Judaismus / Jüdischkeit öffentlich äußert und schreibt, sogar das Wort Holocaust benutzt, musste er sich in keinem Land der Erde (die er, außer Israel, fleißig durchkreuzt) je irgendeiner Gerichtsbarkeit gegenüber verantworten oder auch nur Stellung nehmen. Und da wir zu eben diesen Themen die weltweit rigidesten Gesetze haben, korrelieren Antisemitismus-Vorwürfe und Brisanz so gar nicht mit der Wirklichkeit: Seine beiden letzten Bücher sind sowohl in Deutschland, als auch in Israel veröffentlicht, in Deutsch und Hebräisch übersetzt, verkaufen sich gut – und im Feuer der Anfeindungen sind seine Thesen jedenfalls auf juristische (und „kritische“ Betrachtungen damit in Deutschland eigentlich auch auf moralische) Anfechtbarkeit geprüft und für einwandfrei befunden worden.

        Kurz: Ein rundum einwandfreier Experte wird zum komplexen Thema nicht befragt – ja, soll das auch aus verschiedenen Gründen besser nicht! –, während aber über diesen Experten Expertisen veröffentlicht werden, Kommentare, Diskussionen, Zitat-Fragmente und allerlei wilde Theorien, darunter werden „kritische“ Kommentare gelöscht, die SchreiberInnen verbannt.
        Und dies soll jetzt aber .. für was gut sein?

        Für was bitte genau ist das so gut vom Rubikon, Johannes S.?
        Übrigens: Bitte nicht böse sein, ich meine es nicht böse (auch wenn’s bestimmt zwischendurch recht süffisant rüberkommt – ich halte Sie nicht für [irgendwas blödes] und mag Ihnen keine verwerflichen Intentionen unterstellen; verstehe Denkweise und Schluss daraus aber nicht), OK?

        Nebenbei: Wenn Sie Herrn Davidsson weiter unkommentiert als „integer“ bezeichnen, geschah das, weil oder weil sie nicht wussten, dass er vor einigen Jahren (penetrant immer wieder darum bat, wie Gilad Atzmon behauptet, jedenfalls irgendwann dann tatsächlich) auf Atzmon’s Blog einen Artikel veröffentlichte? Ich frage, weil – wenn das sowie Inhalt des damaligen Artikels und der heutigen Aufregung über eben diesen Atzmon kohärent sind –, wieso dieser doch interessante Umstand partout nicht erwähnt wird? Jedenfalls nicht von Ihnen und, soweit ich weiß, auch nicht von Herrn Davidsson. Nochmal oder erstmals lesen? – http://www.gilad.co.uk/writings/elias-davidsson-i-am-a-radical-antisemite-and-am-proud-of-it.html

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      • Jens schreibt:

        * Beispiel gerne, allerdings wirklich beschämend: Eine Demo vor seiner Buch-Vorstellung, mitorganisiert und besucht von einer britischen Abgeordneten (!) – die Menge gröhlt, er kommt dazu und fragt, worum’s geht, und wird aufgeklärt, was’n Anti-Semit und Rassist Gilad Atzmon ist. Er antwortet, wer er denn sei, zunächst dass es nichts zur Sache täte, auf weitere Nachfragen irgendwas Jüdisches.. Er fragt, ob sie denn mal was von ihm gelesen haben? Nie würden sie was von ihm lesen!! — Daraufhin gab er sich zu erkennen als derjenige, den sie nicht kannten und dessen Schriften sie nicht kannten, gegen den sie aber lautstark und mit „Fakten“ um sich werfend demonstrierten, und lud sie freundlich und warmherzig wirkend (wieauchimmer er das in dieser Situation hinbekam; der wird schon auch was Muffensausen gehabt haben..) dazu ein, doch reinzukommen, und auf seiner Veranstaltung ihre (doch offensichtlich dramatisch wichtigen! – Anm. von mir) Meinungen zu vertreten, gfs. zur Diskussion zu stellen, ihm Fragen stellen zu können und wenn sie mögen darüberhinausgehend auch noch prüfen, was sie von dem halten, was er in echt zu sagen hat. Einer kam. Ob die anderen noch demonstrieren, weiß ich nicht.. Glaubste nicht? Check (wow, grad nochma angesehen; ist in echt noch viel beschämender): https://youtu.be/z6V945giZXI

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  11. Clara S. schreibt:

    Wollte KenFM verständlicherweise nicht weitere Angriffsmöglichkeiten bieten, um … sich nicht weiteren Anfeindungen und Gefährdungen auszusetzen? – Das ist gut möglich und wäre verständlich.
    Hatte der hauptverantwortliche des Rubikon Wernicke durchaus nachvollziehbare wichtige Gründe, diese Sicht von Gilad Atzmon nicht einzubringen, weil diese äußerst schwierige komplexe Thematik sehr brisant ist und vorwiegend unter jüdischen Menschen, der israelischen Gesellschaft auszutragen ist? – Ja. Seitens des Rubikon hätte man tatsächlich die ganze Geschichte als innerjüdische Diskussion ignorieren können. Man hat dies aber nicht getan, sondern einseitig Partei genommen, indem man einer Seite eine Plattform gab, der anderen aber nicht.
    Nach dem Sieg der angeblichen ‚Querfrontler‘ gegen Lederer wurde seitens der antizionistischen Juden innerhalb dieser Gruppe, m.E. ‚ohne Not‘, eine neue Front aufgemacht. Diese Juden verstehen sich, wie Davidson, als Linke und Israelkritiker, sind aber der Meinung, dass Atzmon mit seiner Kritik zu weit geht. Mit ‚ohne Not‘ meine ich, dass Atzmon im Kino Babylon nichts gesagt hat, was angreifbar gewesen wäre.
    Aus meiner Sicht wurde hier eine universale, solidarisch ausgerichtete linke Bewegung gespalten, und aus diesem Grund ist die ganze Geschichte keine inner-jüdische Angelegenheit mehr. (Und nein, das ist kein Schmeißen mit Sand wie im Kindergarten, nach dem Motto ‚Du hast angefangen! – Nein, Du!‘ – Es ist ganz klar, wie die Reihenfolge war.)

    Die Beschäftigung mit dem Thema Antisemitismus und israelischer Politik und die Auseinandersetzung mit dem Nationalsozialismus und der Frage, ob wir mit der AfD wieder kurz vor einer neuen faschistischen Machtübernahme stehen, hängen m.E. eng zusammen.
    Die Herrschafts-Funktion des Antisemitismusvorwurfes ist es, entstehende Antikriegs- und soziale Bewegungen zu spalten. Der Kern des ‚Querfrontvorwurfs‘ ist ja die angebliche Holocaustleugnung und mit diesem Vorwurf wurde 2014 der Friedenswinter in Misskredit gebracht.
    Das Gleiche geschieht in den innenpolitischen Auseinandersetzungen. Wir arbeiten uns an dem Rechtsruck der Menschen und der AfD ab und befürchten eine neue Judenverfolgung wie unter Hitler. Aber mit der Hinwendung zu rechten Gruppierungen wird nicht automatisch ein ‚Nazi-Gen‘ reaktiviert. Konservatives Gedankengut und Ressentiments sind kein hinreichender Grund für massenweise Ausschreitungen gegen Juden oder andere Minderheiten. Dazu gehört auch die Unterstützung der Staatsgewalt und vermutlich noch einiges mehr.
    Wir sollten den Rechtsruck im Zusammenhang mit der sozialen Lage und Unzufriedenheit der Menschen analysieren und politische Alternativen zum Neoliberalismus entwickeln. Hier bewirkt nun wieder die Angst vor dem Querfrontvorwurf – also wieder die ‚Antisemitismuskeule‘ die Verengung des Diskussionsrahmens: Alle Vorschläge, die auf eine Stärkung des Nationalstaates hinauslaufen könnten, werden als rechts diskreditiert. Auch hier unterstellt man, ohne klare Analyse, dass man gedanklich und praktisch schon auf dem Weg zum neuen Faschismus sei.
    Und wenn man schon menschenverachtende Gewalt gegen Minderheiten befürchtet – wären denn dann vielleicht heute gar nicht die Juden ‚dran‘, sondern die Muslims? Und käme es denn nicht überhaupt auf eine solidarische Gegenbewegung aller humanistischen Kräfte an, ohne Ansehen der Religion und ohne jüdischen Sonderstatus?
    Aus diesen Ausführungen geht meiner Meinung nach klar hervor, dass die Diskussion, die sich an der Person Atzmons entzündet hat, im Kern eine deutsche Debatte ist und keine inner-jüdische, eine Debatte, in der die deutsche Schuld an den Leiden der jüdischen Mitbürger eine nicht unerhebliche Rolle spielt. Wie ich schon an anderer Stelle sagte, war das das Besondere an meinem Gespräch mit Atzmon. Wir sind beide Angehörige der Nachkriegsgeneration, wir können gegenseitiges Verständnis auf Augenhöhe entwickeln und sein Verständnis für das Leiden meiner Familie ermöglicht es mir, einen anderen Blick auf die Vergangenheit und damit auch die Gegenwart und Zukunft zu werfen.
    Drewermann hätte dazu sicher einiges zu sagen!

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    • Jens schreibt:

      Danke, wieder möchte ich Ihnen gern voll zustimmen.

      Nur kurz bzgl. KenFM:
      Hmm, dass Herr Jebsen wegen Herrn Atzmon’s Auftritt die Annahme des Preises abgesagt hat, wäre zwar denkbar, würde mich aber sehr wundern. Denn ich kenne sein Video, in dem er die Gründe darlegt, und ein darauffolgendes Gespräch (übrigens im Rubikon). Die „Verbindung“ zu Gilad Atzmon – also das, weswegen in heutig politisch-korrekter Diskussion sämtliche Fakten, Meinungen und aufgeworfene Fragen diskreditiert, tabuisiert und jedenfalls erfolgreich umgangen werden; eben so wie Menschen wegen ihrer „Verbindung“ zu KenFM oder Herrn Jebsen als Antimseitismus-verdächtig abgetan werden, z.B. weil sie ihm ein Interview gaben oder ihn interviewten! – diese Verbindung bzw. das Risiko, diese um die Ohren geschallert zu bekommen, ging er selbst ja genau in dieser Zeit ein: KenFM veröffentlichte vor 4 Monaten eine Buch-Präsentation von Herrn Atzmon persönlich, KenFM am Set: Gilad Atzmon („Being in Time: A Post-Political Manifesto“), und vor 4 Jahren bereits einen Kommentar zur schon damaligen Kampagne gegen ihn KenFM Gastkommentar von Evelyn Hecht-Galinski:Hetz-Journalismus gegen Gilad Atzmon.

      Es würde mich auch bestürzen, wenn Herr Jebsen den bisher (soweit ich sie kenne) ausschließlich unlauteren Äußerungen (seltenst mit Quellen belegt, zu offenem Diskurs bereit, nie je einem Faktencheck standhaltend, afaik) und reisserischen Formen von Meinungsäußerungen über Herrn Atzmon/’s Ansichten/Beweggründe/Irrwege mehr glauben würde, als diesem selbst. Etwas enttäuschen, wenn er sonst einen Grund für wichtig genug hielte, Atzmon trotz seiner Expertise zu boykottieren – eben weil entsprechender Druck aufgebaut wird, wie so dermaßen oft bei diesem Themenkomplex; wie sogar Kulturbeauftragte, Abgeordnete, gebildete Menschen und Kämpfer für das Gute hässliche Fratzen von blinder Wut, uferloser Empörung und sinnfreier Aufregung zeigen, scheinbar um des Streites und des Dissenses willen – Drohungen, Kulturetats zu entziehen; Vertragskündigungen; Demonstrationen; Boykott-Aufrufe; körperliche Angriffe; im Fall von Herrn Jebsen sogar Androhungen von Körperverletzung gegen seine Familie! Scheinbar nichts ist dieser Art „Kämpfern gegen Rassismus“ tabu, zu kriminell, zu tumb und zu destruktiv. – Und nochmal kurz: Warum eigentlich genau? Ja, richtig:

      Weil Gilad Atzmon eben .. sagt, was er für wahr hält, fragt, was er für wichtig hält, und damit macht, was er richtig hält. (what a Brave New World, echt!)

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  12. Lutz Lippke schreibt:

    Johannes verpackt in seinem Kommentar eine für mich wichtige Frage zu Integrität vs. Authenzität. Seine Verpackung ist eine Wertung, nämlich „dem integren E.Davidsson“. Wichtig ist mir, dass ich nicht die Integrität von E.D. infrage stellen will. Weder maße ich mir ein Werturteil an, noch ist mir eine Antwort wichtig. Die ethische Integrität fordert die Übereinstimmung von Wertvorstellung und Handeln. Ein sehr hoher Anspruch, ein Ideal, dem ich noch nicht gewachsen bin. Darin liegt auch das Problem mit der Integrität. Wie bedeutend ist konkretes Handeln für dieses Werturteil und welche Bedeutung hat das Werturteil umgekehrt für die Bewertung von Handlungen? Integrität ist ein „letzter Grund“, im Sinne eines moralischen Grundwertes. Wer Integre angreift oder anzweifelt, meint den Wert Integrität und handelt daher unethisch. Integrität soll nicht nur die bewertete Person unangreifbar, nicht anzweifelbar machen, sondern auch jede ihrer Handlungen.
    Scheinbar ist dagegen Authenzität eine viel geringerer Anspruch und nicht zwangsläufig ein Ideal des Humanismus. Authenzität meint als Anspruch nur die Echtheit des Augenblicks im Gegensatz zum trügerischen Schein. Die Authenzität beweist sich in jeder kritischen Wahrnehmung neu. Es ist idealisiert gesehen ein prozeduraler Wert ohne Memoryeffekt und gibt einen unbelasteten Wertmaßstab für konkretes Handeln.
    Ich habe den Austausch von Clara S. mit Gilad A. vor allem wegen dem sichtbaren Anspruch auf Authenzität des Austauschs genossen und hoch gelobt. Über die ethische Integrität der Beteiligten wusste ich wenig, über die sachliche Integrität von Aussagen zu den behandelten Themen ebensowenig. Da steckt noch viel Anregung für mich drin. Es ging um Vieles, aber für mich vor allem um den Punkt: authentische Fragen vs. integre Antworten. Welchen Wert hat die Qualität der Suche (Verfeinerung der Fragen) im Verhältnis zur Präsentation eines vollständigen Ergebnisses (Werturteil)? Welchen Wert hat die gerechte Prozedur gegenüber der Behauptung eines gerechten (Wert-) Urteils?

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  13. Clara S. schreibt:

    Darüber denke ich auch nach. Nehmen wir eine Berufsschule, die jumge Männer zu Handwerkern ausbildet. Der Lehrkörper macht sich große Gedanken zu rechtsradikalen Tendenzen seiner Schützlinge, Was ist jetzt die richtige Reaktion – ein Klima schaffen, in dem immer wieder deutlich gemacht wird, dass man hier rassistische, ausländer-, frauen- und schwulenfeindliche Äußerungen nicht duldet und diese regelmäßig sanktioniert? Oder ein Miteinander schaffen, in dem man mit Humor ein vernünftiges Zusammenleben in der multi-kulturellen Klasse hinkriegt, die eine oder andere politische Unkorrektheit übergeht und vor allem gemeinsam daran arbeitet, diesen jungen Männern Werkzeug an die Hand zu geben, ihre Lebenswirklichkeit aktiv zu gestalten (dazu gehört für mich berufliche Qualifikation und politische Bildung, insbesondere in diesem Fall zu lernen, wie Arbeitnehmer ihre Rechte kollektiv wahrnehmen können).

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    • Lutz Lippke schreibt:

      Das passt. Ich arbeite mit ausgebildeten Handwerkern, die ihr Handwerk durchaus verstehen. Mit der Fähigkeit zur Wahrnehmung individueller und kollektiver Rechte sieht es schon schlechter aus. Die erzwungene Unterordnung auf dem Erziehungs- und Bildungsweg wirkt unbefriedigt bis zur Rente oder sogar dem Tod fort. Das Ventil (z.B. Symphatie für die AfD) holt diesen Unfrieden jeden Tag aufs Neue und affektiv wechselnd hervor. Meist könnte man für das Wechselhafte einen direkten Bezug zu den Vorabendnachrichten im TV und der Titelschlagzeile der BILD herstellen. In bürgerlicheren Kreisen wäre statt BILD die ZEIT oder WELT und ein deutlich gedämpfter, wöchentlicher bis monatlicher Wechselturnus zu veranschlagen. Die AfD und der unterstellte genetische Code des Deutschen vernebeln diesen realen Einfluss. Ich höre am Handwerkertisch neben Vernünftigem und Lustigem so manche politisch inkorrekte Zote und muss Grenzen setzen. Und ich setze Grenzen. Dem Argument: „Die Flüchtlinge nehmen uns …“ setze ich ggf. die konkrete Feigheit zu Obrigkeiten entgegen. Das sitzt, wenn man es nicht überstrapaziert. Über die tatsächliche Problematik zu Ursachen der Flucht und deren sozialen Folgen lässt sich dann authentischer diskutieren. Es unterhalten sich dann nämlich Obrigkeitsfeiglinge auch über Ursachen und Folgen ihrer Feigheit. Mir fällt auf, das diese Reibung gesucht wird, wenn damit nicht der ultimative Anspruch einer Bekehrung zum Richtigen verbunden ist.

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  14. Detlev Matthias Daniel schreibt:

    Jetzt wird es wirklich spannend. Eine Auseinandersetzung mit der deutschen Geistesgeschichte – und ihren realen Auswirkungen! Jetzt bin ich wirklich nicht der Fachmann für dieses Thema. Ich betrachte eher die momentane Verfaßtheit, das aber aus einer sehr grundlegenden, philosophischen Sicht. Da sehe ich eine gewisse Verwandschaft zu Gilad.

    Was ich erkenne und was selbst in dieser sehr vorsichtig diffenrenzierenden Diskussion zum Vorschein kommt, ist dieses besondere, autoritätsaffine Verhältnis zu dieser Vorstellung von Wahrheit. Das scheint mir – ich kann mich täuschen – nicht speziell eine Entwicklung deutscher Geistesgeschichte, nicht einmal speziell der Deutschen, auch wenn man gerade ihnen diese Autoritätshörigkeit nachsagt. Ich glaube, es ist einfach die nicht vollzogene aufklärerische Emanzipation – und zwar nicht nur des Einzelnen, sondern als gesellschaftlicher Prozeß. Über jeder vordergründigen Pluralität thront die Autorität einer absoluten Wahrheit und abseits der Spielwiese öffentlich medialer Diskurse ist das gesellschaftliche Geisteswesen streng hierarchisch organisiert. Wahrheit – Wissenschaft – Medien – Rezipienten. Und wenn dieses System sich bedroht sieht, von wo auch immer, reagiert es dezidiert repressiv.

    Da hilft es wenig, darauf hinzuweisen und einfach Toleranz walten zu lassen, denn die Gefahr manipulativ induzierter, hochproblematischer Entwicklungen ist ja real, die Angst davor begründet. Das aber kennzeichnet die zu beobachtenden Vorkommnisse und Entwicklungen, die uns teils ärgerlich, teils bedrohlich erscheinen, als letztlich richtige Begleitumstände eines Prozesses, der – mit Gottes? also unserer Hilfe – hoffentlich in der Summe eine positive Richtung einschlagen wird.

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  15. Jens schreibt:

    Entschuldigt bitte, dass ich so viel geschrieben habe.

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  16. Clara S. schreibt:

    Warum? Das ist doch alles interessant zu lesen!

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  17. willi uebelherr schreibt:

    Liebe freunde, das ist eine wirklich spannende diskussion. Dafuer meinen grossen dank. Aber, wie so oft, hat sie einen haken. Sie geht an der wirklichen sache vorbei.
    Es geht ja nicht um „inner-juedisch“, um verstaendnis fuer falsche taten. Es geht darum, dass die installation des Staates Israel auf der vertreibung und/oder toetung der dort lebenden menschen in West-Palaestina ruht.
    Schon auf dieser grundlage wird der vorschlag fuer einen teilungsplan voellig unsinnig, weil nach den statuten der UN schon damals sie niemals einen solchen akt legitimieren konnte. Daneben ist dieser vorschlag fuer einen teilungsplan sowieso nie rechtskraeftig geworden und konnte es auch nie.
    Insofern geht es bei dieser debatte nur darum, einer spezifischen gruppe nun rechte zuzugestehen, die niemand hat oder sie auch niemandem zuweisen kann. Das ist der grund, warum hier soviel auf juedisch und anti-juedisch herumgeritten wird.
    Israel ist ein projekt des kolonialen landraubs. Das ist fuer Gilad Atzmon voellig klar. Aber nicht fuer Jens Wernicke oder Elias Davidsson. Auch Rolf Verleger und Uri Avnery haben damit grosse probleme.
    Fuer Winston Churchill war die sache eindeutig. Vor der Peel-Kommission 1937 zur 1.Intifada erklaerte er, jetzt kurz, dass eine hoeherentwickelte Rasse, er meinte die Weissen, das Recht habe, einer unterentwickelten Rasse, die Nicht-Weissen, ihnen ihren lebensraum weg zu nehmen.
    Fuer uns ist das doch nicht akzeptabel, oder? Wenn ich in texten zur konferenz „Zur Zeit der Verleumder“ von der besetzung West-Palaestina nach 1967 lese, dann heisst das doch, dass die besetzung von 1948 bis 1967 legitimiert werden soll, oder?
    Gilad Atzmon erklaert zu seinem verlassen von Israel, dass er nicht auf geraubtem land leben will. Aber noch wichtiger ist, dass er die notwendigkeit „universaler prinzipien“ einfordert. Und wenn wir das nicht tun, dann steht doch jeder gruppe frei, auch uns auf der basis irgendwelcher selbstproduzierter „Gottes-Dokumente“ aus unserem lebensraum zu vertreiben. Sie braucht dann nur noch die dafuer notwendigen gewaltmittel.
    Es ist wirklich gut, sich darin zu ueben, strenge rationale und logische gedankengaenge zu entfalten. Aber dabei sollten wir nicht den kern des themas aus den augen verlieren.
    mit lieben gruessen, willi

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    • Detlev Matthias Daniel schreibt:

      Da möchte ich doch widersprechen. Der „Kern“ der Diskussion ist ja eben nicht die Israel- oder Palästina-Frage. Das ist eher ein Aufhänger, ein Konflikt, wo die Widersprüche beispielhaft aufbrechen. Wenn ich Gilad Atzmon einigermaßen verstanden habe, geht es ihm und ging es also auch im Gespräch immer vor allem um grundsätzliche, universelle Fragen – der Ethik, der Verantwortung, der Vernunft und der Menschlichkeit. Fragen, die eigentlich unteilbar sind. Und darum, zu verstehen, wie es kommt, daß dennoch immer wieder versucht wird, unterschiedliche Maßstäbe zu rechtfertigen. Der Versuch, das auf die Staatsgründung Israels zu fokussieren, ist nichts wesentlich anderes, als der Versuch es immer wieder auf den Holocaust zu fokussieren. Erst auf der universellen Ebene können wir den grundlegenden ethischen Fragen gerecht werden, läßt sich das Paradoxon auflösen, wo die Unterscheidung zwischen Täter und Opfer nicht mehr gelingt.

      Wenn du, Willi, aber die Frage in dieser Weise fokussierst, dann solltest du dir vergewärtigen, daß das in einem gesellschaftlichen Kontext stattfindet, der die Wirkung dieser Darstellung mit beeinflußt. Der schon eine Antwort bzw. eine Ergänzung bereithält, wenn dem Staat Israel das Existenzrecht abgesprochen wird. Und da ich nicht davon ausgehe, daß dir diese Antwort gefällt, wäre es ein Frage der wahrgenommenen eigenen Verantwortung, eine andere, bessere Antwort mitzuliefern.

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      • Clara S. schreibt:

        Das ist richtig. Der Anlass für mich, mich mit dem Thema auseinanderzusetzen, war die Tatsache, dass eine Bewegung die ich universell dachte, gespalten wurde (oder werden sollte?) über die Frage ‚Wie hältst Du es mit dem Holocaust und mit Israel?‘. Und dass plötzlich diese Frage nicht mehr ergebnisoffen diskutiert werden sollte sondern in einem vorher festgelegten Rahmen, nämlich ohne Atzmon. Das ist für mich eine grundsätzliche Frage von fundamentaler Bedeutung, die ich aus vielen Zusammenhängen kenne. Wenn mir so etwas geschieht, kann ich nicht anders als mich dagegen auflehnen.
        Im Gespräch mit Gilad Atzmon wurde mir dann auch klar, dass das, was er zur ‚jüdischen Frage‘ zu sagen hat, im Grunde das ist, was mich ganz allgemein beschäftigt, aber auch in Bezug auf die Verarbeitung konkreter Erfahrungen, z.B. in meinem Verhältnis zur deutschen Geschichte oder zum Feminismus.
        Die Frage nach dem Existenzrecht Israels ist für mich eine Frage, zu der ich mir vielleicht grundsätzlich eine Meinung gebildet habe. Eine klare Haltung dazu kann jedoch m.E. im Rahmen einer deutschen Friedensbewegung keineswegs die Voraussetzung fürs Mitmachen sein.

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        • willi uebelherr schreibt:

          Liebe freunde, Klaus-Peter hat in seinem beitrag diesen teil etwas verkuerzt. Aber in dieser diskussion sollten wir schon den ganzen absatz betrachten.

          „Diese aus heutiger Sicht (und auf den ersten Blick) eher befremdliche Unterscheidung, die darauf insistiert, daß „die Befugnis der fremden Ankömmlinge sich nicht weiter erstreckt, als auf die Bedingungen der Möglichkeit, einen Verkehr mit den alten Einwohnern zu versuchen,“ ist freilich sehr konkret gegen hegemoniale Grenzüberschreitungen gerichtet, die Kant in den Greueln der westlichen Kolonisatoren vor Augen hatte.
          Deren „Unterdrückung der Eingebornen“ nahm die Form von Landnahmen an –
          in den Worten Kants: „Amerika, die Negerländer, die Gewürzinseln, das Kap etc.
          waren bei ihrer Entdeckung für sie Länder, die keinem angehörten; denn die Ein-
          wohner rechneten sie für nichts.“
          Nur aus dieser defensiven Perspektive der Abwehr hegemonialer Grenzüberschreitungen und Landnahmen wird also das Recht auf den Boden überhaupt relevant: Es ist das Recht des ersten Besitzers im Sinne eines Verteidigungsrechts gegen von außen kommende Aggression.
          Aber auch dieses Recht verteidigt, wie Kants Ausführungen belegen, nicht etwa
          die Integrität des Territoriums per se, sondern diese als Voraussetzung für die
          Freiheit und Selbstbestimmung seiner Bewohner.“

          mit lieben gruessen, willi

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      • willi uebelherr schreibt:

        Lieber Detlev,
        hier geht es eben nicht um den „juedischen“ Holocaust, auch nicht um den „Staat Israel“. Nur in der ausweichung der zentralen frage kommen wir vielleicht dorthin.
        Ja, so wie du es beschreibst, universelle werte, „der Ethik, der Verantwortung, der Vernunft und der Menschlichkeit“. Das ist der kern. Und wenn wir dem folgen, hat dieses koloniale gebilde Israel dort nichts zu suchen.
        Ich weiss, dass dir dies zu radikal ist, anderen bestimmt ebenso. Ich stelle das uneingeschraenkte selbstbestimmungsrecht einer bevoelkerung, an jedem ort irgendwo auf dem planeten, ins zentrum. Dies auf der grundlage der gleichwertigkeit aller menschen. Ich muss deswegen keine andere antwort finden. Wir muessen uns auch an dieser stelle nicht damit beschaeftigen, wie dies vollzogen werden kann. Nur darum, dass es vollzogen werden muss, wenn wir deinen universalen prinzipien folgen wollen.
        Und das will ich.
        Klaus-Peter schreibt, „Zeit wir es…“, sich wieder der oekonomie zuzuwenden. Und das heisst eben auch, sich dem Geldsystem zuzuwenden. Wenn Klaus-Peter so agiert, dann deswegen, weil er sich den wirklichen kernfragen zuwenen will. Und die ganze verkleidung und maskerade wegschiebt.
        Der Palaestina-Konflikt, einen Israel-Konflikt gibt es fuer mich nicht, ist ein Kolonial-Konflikt, wie wir es schon seit 500 jahren haben. und sie alle sind nicht geloest. Sich dabei mit den wirren gedanklicher konstruktionen zu beschaeftigen, die alle in ihrem kern die aufrechterhaltung und legitimierung kolonialen landraubs anstreben, macht wenig sinn. Wir sollten uns nur fragen, ob wir uns dabei beteiligen.
        mit lieben gruessen, willi

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        • Johannes S. schreibt:

          Da möchte ich Ihnen lieber Herr Übelherr doch sehr widersprechen: Die Palästina-Israel Problematik und das schwere Unrecht gegenüber den Palästinensern auf einen „Kolonialkonflikt“ umzudeuten und damit völlig zu vereinfachen, entspricht nicht der historischen Entwicklung. Nur weil Israel wie ein Kolonialherr, die Palästinenser vertrieben hat und drauf und dran ist auch das Westjordanland zu vereinnahmen, handelt es sich nicht um einen herkömmlichen Kolonialkonflikt. Gilad Atzmon spricht richtigerweise davon , dass die Palästinenser die letzten Opfer von Hitler sind. Palästina war eine Kolonie Großbritanniens. Die Kolonialmacht Englands hat sich lange Zeit gegen die Einwanderung von jüdischen Menschen gewehrt. Es wäre m.E. nicht zu einer Staatsgründung Israels gekommen ohne den Holocaust. Auch wenn die zionistische Idee diese religiös begründete Sammlungsbewegung jüdischer Menschen bereits früher vorbereitet und propagiert hat. Soviel ich weiß sind bereits vor dem Dritten Reich jüdische Menschen nach Palästina eingewandert,. Der Zionismus hat religiöse Wurzeln und ist nicht mir einer imperialistischen, kolonialen Ideologie zu verwechseln. Ich bitte um Verständnis für meine direkten Worte. Ich habe durch Ihren Kommentar den Eindruck, dass daraus zu wenig Verständnis und auch wenig Mitgefühl für verfolgte jüdische Menschen mitschwingt, die wegen der Nazi-Verbrechen geflohen sind.

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        • Clara S. schreibt:

          Worüber diskutieren wir eigentlich gerade? Über die Wahrheit? Über die richtige Parteilinie zur Überwindung des Kapitalismus? Oder über die Zukunft einer Friedensbewegung in Deutschland? M.E. können Sie 1000mal Recht haben mit Ihrer Haltung zum Existenzrecht Israels, die Frage der Zukunft dieses Staates wird nicht hier entschieden sondern vom Kräfteverhältnis im Nahen Osten und der dort beteiligten Mächte. Und wenn es dann nur zu einem Kompromiss reicht, dann nützt alles Recht haben nichts, aber die Lage der Palästinenser könnte sich vielleicht trotzdem im Vergleich zu heute bessern. Zur Veränderung dieses Kräfteverhältnisses können wir von Deutschland aus beitragen, indem wir die grundgesetzwidrige Beteiligung unseres Landes an den imperialistischen Kriegen aufdecken und deren Ende fordern. Um sich an einer solchen Bewegung zu beteiligen, muss sich ein Mensch nicht grundsätzlich zu der o.g. Frage entschieden haben oder öffentlich bekennen. Viel wichtiger für so eine breite Bewegung ist doch, dass man darüber ohne Scheuklappen diskutieren darf. Daran liegt mir. Denn sonst würde doch das wichtige Bündnis schon wieder an einer ‚jüdischen Frage‘ scheitern und auf Abgrenzung statt auf die breite Einigung auf Minimalforderungen setzen. Aber vielleicht diskutieren wir tatsächlich auf verschiedenen Ebenen und mit unterschiedlichen Zielsetzungen.

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      • willi uebelherr schreibt:

        Liebe freunde, ich habe irgendwie gerade das gefuehl, dass hier eine klappe gefallen ist. Oder die rote linie wurde ueberschritten.
        Wenn wir uns in die PalaestinenserInnen hinein versetzen, dann sehen wir aehnlichkeiten fuer unsere lage in Namibia, in Patagonien, in Brasilien oder auch auf der insel der Aboriginals, auch Australien genannt. Fuer uns ist es dann egal, warum die weissen da ankommen. Entscheidend ist, was dort, wo wir leben, vieles aendert.
        Wenn wir als deutscher nun zu West-Palaestina denken, dann verspueren wir die schuld, uns fuer den „juedischen“ Holocaust zu entschulden. Wir verlagern einfach unser problem nach Palaestina. Die PalaestinenserInnen interessieren uns nicht.
        Merkwuerdiger weise auch nicht der „Sinti und Roma“ Holocaust, der „sozialistische und kommunistische“ Holocaust, auch nicht der Holocaust der „Friedenskaempfer“.

        Lutz schreibt:
        „Ich habe durch Ihren Kommentar den Eindruck, dass daraus zu wenig Verständnis und auch wenig Mitgefühl für verfolgte jüdische Menschen mitschwingt, die wegen der Nazi-Verbrechen geflohen sind.“ Und da frage ich, was haben die PalaestinenserInnen damit zu tun?
        Clara S. schreibt:
        „Oder über die Zukunft einer Friedensbewegung in Deutschland?“ Eine Friedensbewegung existiert nur, wenn wir Frieden fuer alle wollen und nicht nur fuer spezielle gruppen. Frieden fuer Palaestina heisst, dass Israel dort verschwindet. Frieden fuer Europaeer heist, dass in Europa ein friedliches zusammenleben entsteht. Frieden in Namibia heisst, dass die weissen dort verschwinden, damit die AfrikanerInnen wieder ihr friedliches leben organisieren koennen. So koennen wir das immer weiter fortsetzen.

        Der text von Ingeborg Maus mit bezug auf Immanuel Kant zeigt uns dies mehr als deutlich. Unser freund Lutz hat sie hier eingefuehrt, will aber nicht konsequent mit ihr gehen. Wohl nur dann, wenn es ihm nuetzlich erscheint.

        mit lieben gruessen, willi

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        • Clara S. schreibt:

          Es geht also um die Wahrheit.
          Dass Juden über die Jahrhunderte verfolgt wurden und diese Verfolgung ihren traurigen Höhepunkt in Nazideutschland fand, ist wahr. Wie ist die daraus resultierende jüdische Angst vor ‚dem Nazi im Deutschen‘ einzuschätzen? Wie deren Schlussfolgerung, sich mit einem eigenen Land gegen künftige Katastrophen dieser Art zu schützen? Für die jüdischen Mitbürger ist auch dies wahr. Andere, wie z.B. Atzmon, sagen, dass es sich hier um fatale Fehleinschätzungen handelt, die neue Katastrophen provoziert.

          Unbestreitbar wahr ist die Haltung der Palästinenser, dass man sie ja nicht für ein Unrecht bezahlen lassen kann, welches von anderen begangen wurde, und dass sie als die ursprünglichen Einwohner das Recht auf das Land besitzen.
          Wenn nun der Staat Israel zerstört würde, was nach Ihrer Meinung, Willi, die einzige, nach universellen Maßstäben richtige Konsequenz wäre, würden sich dann die ca. 6 Mio. jüdischen Bewohner Israels in einen palästinensischen Staat fügen, in dem sie nur Bürger unter Gleichen wären, könnte ein solcher Staat eine solche, ursprünglich ihm feindlich gesonnene Bevölkerung überhaupt dulden oder würden diese, nach einem Blutbad? flüchten müssen oder vertrieben werden? Wie würden wir in Deutschland und den anderen westlichen Staaten mit diesen Flüchtlingen auskommen, wenn dann die ‚Unrechtspirale‘ quasi wieder an den vorläufigen Ursprung zurückgekehrt wäre?

          Einstein sagte: ‚Frieden kann niemals mit Gewalt erreicht werden, sondern nur mit Verständnis‘. Ich stimme Ihnen zu, Willi, dass das Schwert bisweilen nötig ist, sei es nun das ‚Schwert der Wahrheit‘ oder tatsächlich der bewaffnete Kampf gegen Besatzer oder Takfiri.
          Verständnis beinhaltet aber auch immer Verständnis für die Wahrheit des Anderen, und in dieser Wahrheit bin ich durch meine Geburt als Person Teil eines Jahrhunderte-alten Unrechtsystems geworden, ohne es zu wollen, sind jüdische Menschen durch die Angst vor weiterer Verfolgung geprägt und tragen die kolonisierten Völker nicht nur den Hass auf die Eroberer in sich sondern auch die Bewunderung für und teilweise Übernahme von deren Kultur. Es muss aus diesem Kampf etwas Neues hervorgehen. Und die Auseinandersetzung selbst muss Raum für alle diese Wahrheiten geben.
          In Südafrika wurden dazu Versöhnungskommissionen eingerichtet …

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        • Lutz Lippke schreibt:

          Dass Willi die Zuordnung der Zitate durcheinander gebracht hat, ist nicht schlimm. Das Zitat hätte auch von mir sein können, obwohl es nicht ganz grundlos eben nicht von mir ist. Willi spricht meine Inkonsequenz zu Kant und Maus an. Maus beruft sich auf Vernunftgründe bei Kant als Basis unseres Demokratie- und Rechtsverständnis und arbeitet deren Verfälschungen und Verwerfungen in den letzten 100 Jahren der Ideologien in Deutschland heraus. Gerechtigkeit und Grundwerte standen als eherne Postulate jeder Ideologie Pate. Maus entwickelt aber an keiner Stelle revisionistische Lösungen, sondern zeigt vielmehr auf, dass auch diese wieder in ideologischer Verfälschung aufgehen. Gerade ihr geschärfter Blick auf die Mechanismen der sich wiederholenden Verfälschung von moralischen Grundsätzen führt sie zur Betonung von prozeduraler Gerechtigkeit, die auf Zukunft ausgerichtet ist. Mehr Demokratie folgt im diesem Sinne nicht dem Ziel des Erreichens der kritischen Masse um Unrecht der Vergangenheit radikal zu beseitigen, sondern um nach Kant mit vernünftig begründeten Methoden in eine sich friedlich wandelnde Gesellschaft zu investieren. Die statischen Gerechtigkeitspostulate zu Geschehenem sind Maus gerade nicht die verlässliche Basis für zukünftiges Handeln. Es zählt demnach also nicht die „gerechte“ revisionistische Haltung zu Schuldfragen im Israel-/Palestina-Konflikt sondern die methodisch gerechtfertigte prozessuale Vernunft für eine Befriedung des Konflikts. Allin mit der Beantwortung von Schuldfragen wird das nicht gelöst.

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          • kranich05 schreibt:

            Danke Herr Lippke,
            für diese (meiner Meinung nach) sehr klare Beschreibung der Problematik mit Hilfe „der Wissenschaft“, nämlich der wohlüberlegten Argumentation von Ingeborg Maus. (Ich erneuere meinen Vorschlag, dass Sie uns recht bald einige Gedanken von Frau Maus näherbringen. Auch Herr Übelherr ist offenbar darauf erpicht.)

            Schön ist es, wenn eine Rechtswissenschaftlerin, Rechtsphilosophin unserem Gerechtigkeitsgefühl zuarbeitet. Wenn aber die Wissenschaft das noch nicht tut (oder wir es einfach noch nicht wissen), dann sollten wir NICHT (Koste es was es wolle!) auf dem beharren, was wir als richtig definiert haben, sondern aus Menschlichkeit entscheiden. Das Kolonialprojekt Israel muss beendet werden, wenn alle Völker im Nahen Osten eine friedliche Zukunft haben sollen – ALLE, auch das Volk der Juden in Israel.

            Südafrika liefert den Beweis, dass zumindest dieser Apartheit-Kolonialismus sogar unter kapitalistischen Bedingungen überwunden werden kann. Konnte Südafrika beweisen, dass „das kolonialisierte Ding“ Mensch wurde? Ich glaube nicht.
            Die Frage der menschlichen Emanzipation geht über die Befreiung vom Kolonialismus hinaus. Doch Friede im Nahen Osten muss erreicht werden, auch wenn „die Weltrevolution“, ich meine die radikal humanistische Umwälzung, noch etwas mehr Zeit braucht.

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          • willi uebelherr schreibt:

            Zunaechst danke ich Klaus-Peter sehr fuer seine antwort.
            Lieber Lutz, du agierst mit statisch versus prozessoral. Aber du beschreibst nicht, worum es dir geht.
            Wenn wir ein geschehen beurteilen, dann zunaechst von unserer tiefer liegenden philosophischen prinzipien. Es kommt also darauf an, was wir selbst als grundlage unserer sozialen beziehungen betrachten.
            Wenn wir nun nur unseren ego als grundlage verwenden, dann urteilen wir danach, was uns selbst zu nutzen kommt. Dann wird es auch verstaendlich, warum so manche die Nakba, die vertreibung und toetung, als notwendigen prozess betrachten, der ihnen nutzen bringt.
            Wenn wir als soziale wesen agieren, dann suchen wir nach keinem nutzen, sondern wenden das an, was so manche als die grundlage der juedischen Tora behandeln: Tue deinem Naechsten nicht an, was dir selbst verhasst ist. Das koennen wir auch ins positive drehen: Verhalte dich anderen so, wie du willst, dass sie sich zu dir verhalten.
            Wenn du nun mit „Schuld“ ankommst, dann verstehst du den inneren zusammenhang noch nicht. Wir koennen nicht akzeptieren, dass eine gruppe von menschen dazu angetrieben und aufgebaut wird, um in ein fremdes gebiet einzudringen und dies nun zu ihrem eigenen erklaeren.
            Ingeborg Maus hat sich ja mit der frage der grenzueberschreitung sehr ausfuehrlich beschaeftigt. Und totz einer durchwegs positiven haltung zu diesen hat sie einen ganz klaren bruch gezogen. Basierend auf I. Kant. Das Selbstbestimmungsrecht der menschen in diesen regionen, die nun geraubt werden sollen.
            Wir koennen auch nicht das dilemma der menschen, die sich Israelis nennen, dadurch abfangen, dass wir die PalaestinenserInnen als menschen 2. klasse behandeln und irgendwie wegschieben. Zumindest ich lasse dies nicht zu. Auch mit der gefahr, aus diesem blog, wie aus vielen, ausgeschlossen zu werden.
            Hier gibt es keine verhandlungsmasse. Hier gelten klare prinzipien. Und Ingeborg Maus hat sie mehr als deutlich ausgesprochen.

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          • Lutz Lippke schreibt:

            Lieber Willi, Deine Forderung nach klarer Kante verstehe ich, kann und will ihr aber nicht folgen. Das hat mindestens 2 Ursachen. Ich weiß viel zu wenig, um eine klare Position zu beziehen und es kommt real auch nicht auf meine klare Haltung an.
            Ich kann stattdessen pragmatisch den Konflikt Davidsson / Atzmon (auch als stellvertretend ?) nehmen und dazu entscheiden. Klar bin ich darin, dass Atzmon mehr gehört werden sollte und der Versuch der Verhinderung und Stigmatisierung durch Davidsson unbegründet ist. In dieser Bewertung sind wir uns wohl einig und können direkten Einfluss nehmen. Ich erkenne bei Atzmon Vielschichtigkeit und offene Fragen, wo Du klare Botschaften und Entscheidungsfragen siehst. Woran liegt das? An meiner Unkenntnis der Dinge und Unentschlossenheit oder an Deiner selektiven, vereinfachenden Wahrnehmung des Weltbildes von Atzmon? Bestätigst Du nicht Davidsson als unversöhnlichen Gegner von Atzmon, was eine Diskussion mit oder gar zwischen Beiden ausschließen würde? Ich befürworte aber so eine Auseinandersetzung mit und durch Beide. Darin sind wir uns also nicht einig und können das hier diskutieren. Wenn Du davon abweichend von mir Bekenntnisse und Entscheidungen zu Israel/Palästina abforderst, dann siehe oben.

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          • Jens schreibt:

            Nur mal so: Ich lese Herrn Atzmon ganz ähnlich wie Lutz und befürworte auch so wie er.

            Seien die Erkenntnisse auch noch so unumstößlich – können wir sie doch nicht Anderen als Wahrheiten aufoktroyieren, auch nicht dadurch, dass wir sie zur Voraussetzung für Diskurs machen. Noch dazu bei der Behandlung von Themen, die dieses höchstens streifen. Ich meine, klar, können wir. Aber nur, um uns damit selbst auszuschließen von jedem singstiftenden Diskurs. „Wenn Du meine (aktuell unumstößliche) Wahrheit / meine(n derzeitigen) Schluss / die meines Erachtens unbedingt nötigen Konsequenzen nicht teilst, dann schaller ich sie Dir trotzdem solange um die Ohren, bis Du sie entweder als gegeben annimmst, oder mich ignorierst oder sonstwie von der Diskussion ausschließt!“.
            So ähnlich kommt es mir derzeit vor, Herr Übelherr. „Woran liegt das? An meiner Unkenntnis der Dinge und Unentschlossenheit?“

            Dies mal ganz abgesehen davon, dass ich viele Ihrer Ansichten und Schlüsse zu Palästina teile, wie übrigens auch Herr Atzmon in einem Maße, wie Sie es kaum irgendwo finden.. “We’re all Palestinians now!” – denkt er, denke ich auch.
            Nur denk ich eben auch, dass das nicht Jede/r erstmal genauso sehen muss, bevor ich mit ihm sinnvoll über was sprechen kann, was auch irgendwie mit Freiheit, Rechten, Entwicklungen, Sichtweisen, Humanismus/Menschlichkeit und Einseitigkeiten / „Besser“wisser-/-machertum / sonstigen Engstirnigkeiten und Kompromisslosigkeiten zu tun hat.

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        • willi uebelherr schreibt:

          Ich mag euch beide, Clara und Lutz, weil ich die kritische reflektion mag. In den intentionen sind wir uns sehr aehnlich.
          Ich will hier nicht die besondere geschichte der juedischen menschen und ihrer gemeinden diskutieren, zumal eh nicht klar ist, was eigentlich juedisch sein soll. Ich will die prinzipien des kolonialismus und des kolonialen landraubs diskutieren. Und genau dafuer ist die NSDAP geschaffen worden von den gruppen des finanzkapitals. Es ging um die Osterweiterung. Ein programm, das bereits 1927 klar war. Nur die politischen akteure fehlten dafuer.
          So ist auch das projekt Israel zu verstehen, das von der KPDSU organisiert wurde. Die gemeinsame basis mit vielen anderen machtgruppen war, endlich jene loszuwerden, die sie als Juden bezeichnen. Stalin wollte eine „sozialistische“ Enclave in Suedwest-Asien installieren. Die waffen, meist deutsche, und die militaerische ausbildung kam aus der Sowjet Union und ihren freunden, polen, Tschechoslowakei, Rumaenien, Bulgarien.
          Fuer Stalin und seine freunde gab es nie ein problem, ganze „Voelkergruppen“ umzusiedeln irgend wohin, wo er lust hatte. So war auch klar, dass die arabische bevoelkerung dort, in Palaestina, eben verschwinden muss.
          Ihr macht einen grossen fehler, wenn ihr immer eine „juedische gruppe“ nach vorne stellt. Gilad Atzmon weiss das sehr gut. Fuer ihn ist es „juedische Politik“, gruppen egoismus oder tribe-egoismus.
          Das problem ist, wenn ihr diesen symbolen folgt, seht ihr nicht mehr den Kolonialismus, den wir heute Imperialismus nennen. Es ist aber das gleiche. Es geht um die auslagerung innerer unfaehigkeiten.
          Die grundlage hierfuer war immer, dass die regionalen gesellschaften das oekonomische potential nicht hatten, um den gigantischen verbrauch der elitaeren, und immer parasitaeren, strukturen nicht abdecken konnten und auch heute nicht abdecken koennen. Und diesem umstand sind alle heutigen „Aussenpolitiken“ geschuldet.
          Koloniale triebkraefte koennen wir nur ueber die betrachtung der oekonomischen grundlagen und zustaende verstehen. Deswegen ist der versuch hier, eine gruppen identitaet aufzubauen als begruendung fur koloniale aktivitaeten, laecherlich.
          Es geht hier nicht um Sintis und Romas, um Juden oder Buddhisten oder Moslems oder Christen. Die oekonomischen interessen und zwaenge kennen keine religionen oder ethnische linien.
          Es gab nie einen religionskrieg in unserer ganzen geschichte. Es gab auch nie ethnische kriege. Es gibt nur kriege um natuerliche ressourcen, anorganisch und organisch.
          Deswegen auch mein hinweis auf den beitrag von Klaus-Peter: „Zeit wird es“. Vielleicht habe ich es anders interpretiert, wie es gedacht war. Aber es passte. Rosa Luxemburg: Wir beenden das politische theater. Wir wenden uns der Oekonomie zu.
          Das, und nur das, ist das ende des Kapitalismus.
          mit lieben gruessen, willi

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        • Detlev Matthias Daniel schreibt:

          Was mir in dieser Diskussion klar wird, ist, daß kategorisch, ab-solut oder auch prin-zipiell nicht unbedingt das gleiche ist wie uni-versell. Dann nämlich nicht, wenn man von einer absoluten Wahrheit oder einem generellen Prinzip ausgeht, um es nurmehr anzuwenden, Dinge, Verhältnisse dieser Wahrheit zu unterwerfen. Wenn man sich gegen Dinge, Verhältnisse wendet statt sich ihnen zuzuwenden. Das Subjekt in diesem uni-vertere ist nicht die Wahrheit, das Prinzip, sondern ich. Es geht nicht um die Maßstäbe meines Urteils, sondern um die meines Urteilens. Und es geht auch nicht nur darum, daß ich irgendein Kriterium gleichermaßen anwende, egal auf welche Region, welchen Konflikt oder welchen Vorgang, es geht genauso darum, daß ich alle Kriterien gemeinsam anwende, so daß ich sagen kann, daß meine Entscheidung, so gut ich kann, ethisch, verantwortlich, vernünftig und human ist.

          Was ist daran universell ethisch, verantwortlich etc., wenn ich sage, daß „dieses koloniale Gebilde Israel“ aufzulösen sei und ich mich nicht damit beschäftigen, nichts darüber sagen müsse, wie dieses – ethisch, verantwortlich, vernünftig und human – geschehen kann? Nur einmal angenommen den Fall, das erweist sich als in dem Sinne gar nicht möglich, was wäre dann von meiner Aussage zu halten? Nein, mit ‚universellen Fragen‘ kann nicht Prinzipienreiterei gemeint sein. Universelle Fragen sind vor allem Fragen und nicht Antworten.

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          • Theresa Bruckmann schreibt:

            Und deshalb sind sie z.B. gut geeignet, in einem Impulsreferat
            für den Auftakt zu sorgen, d.h. sie stehen am Beginn eines
            langen Prozesses des Zuhörens und zusammen Weiterdenkens.
            Im Idealfall wächst bei dem aufrichtigen Bemühen, einander zu
            verstehen, die Empathie und Sympathie – unabhängig davon,
            ob und inwieweit man eine Annäherung der Ansichten erreicht
            hat.

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      • willi uebelherr schreibt:

        Lieber Klaus-Peter, kannst du diesen kommentar zu Clara S. wieder loeschen. Er gehoert eigentlich hierher.

        Liebe freunde, Klaus-Peter hat in seinem beitrag diesen teil etwas verkuerzt. Aber in dieser diskussion sollten wir schon den ganzen absatz betrachten.

        „Diese aus heutiger Sicht (und auf den ersten Blick) eher befremdliche Unterscheidung, die darauf insistiert, daß „die Befugnis der fremden Ankömmlinge sich nicht weiter erstreckt, als auf die Bedingungen der Möglichkeit, einen Verkehr mit den alten Einwohnern zu versuchen,“ ist freilich sehr konkret gegen hegemoniale Grenzüberschreitungen gerichtet, die Kant in den Greueln der westlichen Kolonisatoren vor Augen hatte.
        Deren „Unterdrückung der Eingebornen“ nahm die Form von Landnahmen an –
        in den Worten Kants: „Amerika, die Negerländer, die Gewürzinseln, das Kap etc.
        waren bei ihrer Entdeckung für sie Länder, die keinem angehörten; denn die Ein-
        wohner rechneten sie für nichts.“
        Nur aus dieser defensiven Perspektive der Abwehr hegemonialer Grenzüberschreitungen und Landnahmen wird also das Recht auf den Boden überhaupt relevant: Es ist das Recht des ersten Besitzers im Sinne eines Verteidigungsrechts gegen von außen kommende Aggression.
        Aber auch dieses Recht verteidigt, wie Kants Ausführungen belegen, nicht etwa
        die Integrität des Territoriums per se, sondern diese als Voraussetzung für die
        Freiheit und Selbstbestimmung seiner Bewohner.“

        mit lieben gruessen, willi

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  18. Theresa Bruckmann schreibt:

    Das Buch von Gilad Atzmon hat in meiner Leseschleifeliste inzwischen Platz 4,
    weil 2 andere Bücher jetzt gelesen sind. Insofern konnte ich auch nur etwas
    zum Umgang mit einander, also zur Debattenkultur sagen.
    Barrieren beseitigen, um mit einander ins Gespräch zu kommen, scheint aber
    ungeheuer notwendig, und solange ich befürchten muss, dass ich mir absurde
    Vorwürfe einhandle, wenn ich mich erkläre, so lange verweigere ich mich
    einer Debatte.
    Umgekehrt gilt:
    Was andere denken, weiß ich erst, wenn sie sich klar erklärt haben, und selbst
    dann bleiben immer noch Gedanken, die man für sich behalten will und auch
    darf oder die man zwar äußern will, aber lieber in einem anderen Kreis.
    (Wenn man allerdings schon – womöglich ohne Not – ein Fass aufgemacht
    hat, wird man das wohl irgendwie abschließend – wie auch immer – bereinigen
    müssen).
    Und eine ‚Kontaktschuld‘ zu behaupten und Unterstellungen wie diese ‚und
    dieses (also Dein) Denken ist anschlussfähig an‘ sind absurd.
    Hier hilft wieder die Logik:
    zuerst zur sog. ‚Kontaktschuld‘
    A hat Kontakt zu B, B wählt AfD.
    B ist also eine Teilmenge der Menge der AfD-Wähler.
    A, der Kontakt zu B hat, gehört allein dadurch nicht
    zu einer Teilmenge der AfD-Wähler.
    Das heißt sein Kontakt zu B ist weder notwendig,
    und schon gar nicht hinreichend, denn er kann diesen
    Kontakt pflegen und jede andere Partei wählen.

    Zur Anschlussfähigkeit, die zu behaupten, ebenfalls ein großes Ärgernis
    ist: Was anschlussfähig ist zu meinem Denken, das kann nur ich ganz allein
    wissen. Ich allein sehe, ob etwas NEU ERFAHRENES zu meinem bisherigen
    Denken passt, oder dem entgegensteht. Ein Drittes ist, das Neue probehalber
    ins Denken aufzunehmen, um zu sehen, ob weitere Recherchen dazu führen,
    es abzuweisen oder als Erweiterung meines Denkens aufzunehmen.
    Nach Horst Siebert Driftzonen

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  19. Lutz Lippke schreibt:

    Ja die Ebenen und die Gewissheiten. Es gibt diese Trugbilder, die gleichzeitig 2 oder mehr Bilder zeigen, z.B. Alte Frau und/oder Junge Frau. Man sieht nie gleichzeitig beide Motive. Je nachdem worauf man sich fokussiert, wird das eine Bild klar und das andere unsichtbar. Geht man sehr ins Detail, erkennt man weder das Eine noch das Andere. Manche können nur ein Bild fokussieren oder sehen grundsätzlich nur wirres Gekrakel. Es sind die verschiedenen Betrachtungsebenen und Fokussierungen, die temporär das Sichtbare, das Wichtige wie das Unwichtige bestimmen. Sich dem bewusst zu werden, es benennen zu können, darüber anregend zu reden bevor Entscheidungen fallen, haben uns Clara S. und Gilad A. so bemerkenswert und kunstvoll vorgefuhrt. Das macht mir die Entscheidung leichter Gilad A. als Person und als „Fragenverfeinerer“ ernst zu nehmen und selbst auf Erkundung zu gehen. Das ist nicht die ganze Miete, nur ein Anfang, aber viel mehr, als was mit klarem Blick auf „Gekrakel“ von hier aus entscheidbar ist.

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  20. Johannes S. schreibt:

    Erst später habe ich von Gilad Atzmon: Widerlegung von Elias Davidssons … aus der: sicht-vom-hochblauen.de/gilad-atzmon-rekonstruiert-elias-davids…
    https://www.youtube.com/watch?v=kkE8Gp-nW gelesen und teile die Auffassung von Lutz Lippke in seinem Kommentar:„Die Anschuldigungen gegen Atzmon sind offensichtlich von einem Stil geprägt, der es nicht so genau nimmt.“

    „Gilad Atzmons „The Wandering Who“, die Meinungsfreiheit und ich“ (I)


    Ist diese Widerlegung von Gilad Atzmon den Kommentatoren bislang nicht bekannt gewesen, da darüber nicht diskutiert wurde?
    Ein ungute Unterstellung von E.Davidsson wird in dieser Passage der Entgegnung von G. Atzmon deutlich:
    Davidsson schafft es, sich vom Holocaust zu entfernen. Er (G.A.)landet bei der „Tötung von Jesus Christ“: „Über den israelischen Angriff auf die humanitäre Flotilla in Richtung Gaza sagte Atzmon: Dieser Angriff ‚war (ideologisch gesehen) eine Wiederholung der Tötung von Jesus Christ‘.“ Gemäß Davissson sei dies ein propagandistischer Versuch, sich „bei christlichen Antisemiten anzubiedern“.
    Ich will Elias Davidsson helfen, einige elementare Grundsätze zu begreifen. Die Tötung von Jesus Christ ist ein Symbol für den Mord an Unschuld und Güte. In meinen Augen – und ich bin fast alleine mit diesem Gedanken –

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    • Jens schreibt:

      Ui, der Kommentar scheint in der Mitte abzubrechen..

      Ich kannte Artikel, beide Seiten, auf englisch und deutsch; war davon ausgegangen, dass etwas davon bekannt wär, und der Meinung, dass man sich durch Davidsson’s Artikel allein schon ein ungefähres Bild machen kann. Den meines Erachtens nur andeutenden, wenn konkret dann falsche „Fakten“ oder Zusammenhänge darlegenden Stil von ihm erkennt man bereits dort. Natürlich mit Backgroundwissen, was für eine Art von „Anschuldigungen“ auf Atzmon einprasseln, und welcher Art deplatziert derlei Anwürfe bisher immer sind, ist früher klar, dass Davidsson einfach nur in dies alberne und inzwischen recht langweilige blecherne Horn bläst – nach den Anbiederungen bei Atzmon vor Jahren dann sogar gleich was peinlich, finde ich.

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  21. Gilad Atzmon schreibt:

    Incredible discussion

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  22. willi uebelherr schreibt:

    Liebe freunde, ich will raus aus dem kleinen, um den grossen linien zu folgen. Zentral fuer mich ist die Dualitaet: Egoismus oder Communismus. Wir koennen es auch fassen mit Konkurrenz oder Koopearation.

    Folgen wir dem Egoismus, den methoden der Konkurrenz mit zerstoerung, schwaechung und aufloesung, dann geht es darum, das andere oder die anderen aus dem feld zu werfen. Das ist die grundlage des Kapitalismus und des Kolonialismus. Seine organisationsformen aendern sich, passen sich den gegebenheiten an. Also z.b. von der entstehung der staatsanleihen bis zur FED.

    Folgen wir dem Communismus, der Kooperation, dann ist die staerkung des anderen und der anderen unser ziel. Wir oeffnen die raeume unseres tuns und denkens, damit auch andere es nutzen koennen. Der Planet als ganzes wird fuer uns wichtig, weil er uns die grundlagen unserer existenz gibt.

    So wird auch Immanuel Kant verstaendlich, wenn er darauf hinweist, dass das land die grundlage unserer freiheit und selbstbestimmung ist. Land koennen wir nicht besitzen, weil wir an seiner herstellung nicht beteiligt waren. Aber wir brauchen es, um einen ort zu haben, der unsere materiellen lebensgrundlagen deckt, auf den wir uns immer beziehen koennen, wenn wir mal des globalen vagabundierens muede sind. Es ist der raum unserer entstehung und manchmal des rueckzugs.

    Das gilt fuer uns, das gilt fuer alle. So ist es vielleicht einleuchtend, dass wir in unserer diskussion nicht weiter kommen, wenn wir zwar universale fragen stellen, aber keine antworten dazu wollen. Dass wir eine universale Ethik befuerworten, aber sie fuer uns nicht gelten lassen wollen. Das wir universale prinzipien anerkennen, aber ihnen nicht folgen wollen.

    Wenn wir den prinzipien der kooperation folgen, dann ist fuer uns der raub der lebensgrundlagen anderer ausgeschlossen. Egal nun, wie er begruendet wird. Theresa hat auf den text im NDS aufmerksam gemacht, wo eine kurzuebersetzung der rede von Nicholas Carter, dem Generalstabschef des britischen militaers, heute veroeffentlicht wurde. Wolfgang Ischinger arbeitet auf der gleichen grundlage.

    Die univerale frage unseres zusammenlebens auf diesem planeten, die ja eine universale ethik vorraussetzt, gruendet letztlich im ausgangspunkt: Egoismus oder Communismus. Und alles danach wird von diesem ausgangspunkt bestimmt. Sehr gut und einfach koennen wir dies im globalen finanzsystem und dessen konstruktion sehen. Aber eben auch in der legitimierung kolonialen landraubs.

    Immanuel Kant hat hierfuer den text „Zum ewigen Frieden“ entworfen, um von seiner position als betrachter eine antwort auf diese universale frage zu geben. Wir muessen ihr nicht folgen und in seiner begruendung zur repraesentativen Republik tue ich es auch nicht. Aber in allen teilen, die nicht direkt seine individuelle existenzweise betreffen, kann ich ihm folgen.

    Ich weise hier darauf hin, dass das folgen nicht unbedingt eine uebernahme darstellt, sondern oft und meist eine positive korrelation mit unseren eigenen philosophischen grundlagen erzeugt. Es kann als bestaerkung wirken dahin, dass wir doch nicht so daneben liegen mit dem, wie wir einzelne geschehnisse betrachten.

    So wie ich Gilad Atzmon verstehe, geht es ihm eigentlich darum. Universale fragen aufzuwerfen, die nach universalen antworten rufen und damit weitere universale fragen aufzuwerfen. In diesem prozess sind wir ja immer mittendrin und all die vielen unstimmigkeiten ruhen letztlich darauf, dass wir zu schnell auf der oberflaeche stehen bleiben wollen, weil wir den blick auf das ganze noch nicht haben oder auch scheuen.

    Wenn wir die Gleichwertigkeit aller Menschen anerkennen, dann erkennen wir notwendig auch die Gleichberechtigung aller Menschen an. Das ist aber mit haltungen, die auf dem Egoismus gruenden, nicht moeglich.

    Ich will mich hier auch nicht auf den zeitdruck beziehen, der dadurch entsteht, dass die Menschen ihre existenzgrundlage vernichten. Der Planet braucht die Menschen nicht. Die Menschen brauchen einen Planeten, der ihre Lebensbedingungen deckt.

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    • Lutz Lippke schreibt:

      Willi, das sind alles schöne Worte und sicher auch gute Gedanken. Aber selbst wenn wir das Große hier alle gleichmaßen wollen und identisch interpretieren, sind wir nicht viel weiter. Wir treffen auf Andere, die gleichermaßen Anspruch auf das Wahre und Richtige erheben, es aber anders interpretieren. Wie würden wir diese Auseinandersetzung führen? Wer muss wann und wo weichen und warum? Wer bestimmt die Regularien? Was ist gerecht und wie weit muss man zurückgehen, um den Anfang der Ungerechtigkeit zu bestimmen? Wohin mit den „Ungerechten“ bzw. ihren Ur-Ur-Enkeln? Landet man damit nicht in einer revisionistischen Schleife?
      Kant hat philosophische Grundsätze aufgestellt, humanistische Tugenden und Ziele definiert. Zu seinen Lebzeiten waren diese nicht zu verwirklichen, sondern Vorboten einer neuen Zeit. Vieles davon steht heute in den Menschenrechtserklärungen und im Grundgesetz. Unter dieser Agenda werden aber nun Kriege geführt, Regime-Change organisiert und zielgerichtet Machtpolitik betrieben. Etwas läuft falsch, obwohl sich Viele ganz ernsthaft für die wahren Werte einsetzen. Nicht Wenige werden wie trojanische Pferde missbraucht. Verfestigte, intrigante Strukturen haben sich eingenistet und beherrschen uns Alle. So einfach ist es also nicht mit den universalen Werten.
      Maus, die sich intensiv mit Kant, den Grundrechten und Demokratie befasst hat, beschränkte sich im Thema und weitgehend auf Deutschland. Nicht aus Engstirnigkeit oder Desinteresse an anderem, sondern weil sie ihren Part sorgfältig machen wollte. Nicht der große Gestus, sondern der tatsächlich erreichbare Nutzen zählt. Wir müssen nicht erst versuchen die Welt zu verändern, sondern zuallererst uns und unsere Methoden! des Zusammenwirkens und der Planung.
      Da Du technikaffin bist, will ich es mit einer Analogie versuchen. Wir leben in einem veralteten, morbiden System, hatten uns schon länger eingerichtet, erkennen aber zunehmend Fehlkonstruktionen, Verschleiß und Dysfunktionionalität. Ein neues System auf idealer Technologie basierend existiert noch nicht, Versuche sind gescheitert, die Gründe noch nicht erkannt. Jeder erfolglose Versuch kompromitiert die Technologie und kostet notwendige Ressourcen für den Umbau und Erhalt des alten Systems. Beides ist also teuer und nicht in einem Rutsch zu ändern. Es braucht eine geprüfte Migrationsstrategie und gesicherte Methoden für den Systemwechsel, der damit eher eine Systementwicklung darstelltt. Nur die Überzeugtheit vom Neuen Besseren bewirkt nichts als vorhersehbaren Frust.

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    • willi uebelherr schreibt:

      Lieber Lutz, ich stimme dir ja zu. Aber ich weiss, dass es ohne entwuerfe, ohne weite perspektiven und visionen nicht geht. Und in diesen weiten zielen sind notwendig die univeralen prinzipien enthalten. Sie ruhen auf einer universalen ethik, die dadurch entsteht, dass wir das gemeinsame in unseren existenzbedingungen verstehen.

      Ich spreche nie von Utopie, sondern immer von perspektiven und visionen. Wir brauchen sie, um uns orientieren zu koennen. Und dies in allen fragen unseres lebens.

      Ich vermute, ohne es zu wissen, dass fuer Immanuel Kant die realisierungsmoeglichkeiten existierten. Er hat nie im raum von „science fiction“ gearbeitet.

      Bei dieser gelegenheit will ich auf einen gestern erschienen text im Rubikon verweisen.
      Strukturelle Antidemokratie
      Patrick Muench, 2.2.2018
      https://www.rubikon.news/artikel/strukturelle-antidemokratie

      Er verweist auf die realen blockaden, die wir aufbrechen muessen. Und generell koennen wir sagen, wir muessen alle formen der repraesentation aufloesen, um demokratisch uns zu organisieren. Das heisst, jede person eine stimme in allen angelegenheiten, von denen sie betroffen sind. Wir koennen auch sagen, der betroffenheitsraum bestimmt den entscheidungsraum.

      Hier folgen wir wieder Ingeborg Maus und Immanuel Kant, wenn wir sagen, dass Demokratie etwas lebendiges ist. Und dass sie notwendig eine lokale/regionale begrenzung benoetigt.

      Weil die meisten zu treffenden entscheidungen auf lokaler und klein-regionaler basis anzutreffen sind, heist dies, dass diese lokalen/regionalen raeume autonom agieren und damit jeden statischen oder dynamischen einfluss von aussen abwehren.

      Wir koennen uns fragen, wie die menschen dies realisieren koennen? Indem sie sich zur Selbstorganisation selbst ermaechtigen. Indem sie aufhoeren, immer den „Leithammels“ hinterher zu rennen.

      Solange die menschen sich darin wohlfuehlen, wird es nicht gelingen. Aber dieses „Wohlfuehlen“ ist ja auch so eine merkwuerdige sache. Es ruht ja zumeist darauf, dass positive alternativen fehlen.

      mit lieben gruessen an alle, willi

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      • Theresa Bruckmann schreibt:

        Zugegeben, Neuwahlen würden beim jetzigen Parteienangebot
        kaum eine andere Konstellation bringen, als wir sie haben,
        geschenkt.
        ABER ‚drohende Neuwahlen‘ haben zu großer Nervosität in
        den Parteien darüber geführt, dass sie wissen, dass ein Punkt
        gekommen ist, an dem Volkes Willen ihnen das ‚Weiter so‘
        nicht mehr durchgehen lässt.
        Und wie wichtig in so einer Situation ausgearbeitete Perspektiven,
        Visionen, sind, die auf die Stunde ihrer Verwirklichung (in den
        Schubladen) schon warten, zeigt sich bei der SPD.
        Statt Benchmarking, nach den anderen Parteien und deren
        Klientel zu schielen, hätte sie mal richtig nachdenken sollen, sich
        zurückbesinnen, und dabei den Weg nach vorne finden können!
        Was hätte diese Partei, wenn sie sich wieder wie früher bis
        in die Ortsvereine hinein geöffnet hätte, und ein Austausch
        zwischen unten und oben in der Partei stattgefunden hätte
        (vor etwa 35 Jahren war das so), jetzt an Möglichkeiten
        (das ist jetzt reine Spekulation, bei vielleicht 40 % Zustimmung)!
        Wenn aber keine Partei eine wirkliche Zukunftspartei sein
        will, muss sich eine große und breite außerparlamentarische
        Bewegung herausbilden, in die alle eingeladen sind, ihre
        Vorstellungen vom ‚guten Leben‘ einzubringen, diese werden
        nach oben transportiert, dann kommen neue Vorschläge,
        Zustimmung/Ablehnung, usf. so kommt ein Denkprozess
        in Gang.
        Ich bin geradezu befreit durch die Diskussion hier, weil das
        Denkverbot Nationalstaaten, und dennoch Mitgliedsstaaten
        der EU – wer es dennoch tut, ist rechtslastig – ungeheuer
        belastend ist. Eine EU, die das Wohlbefinden aller fördert,
        statt Wettbewerb durch Marktstrategien auf allen Ebenen,
        in der die Mitgliedstaaten Zuständigkeiten kultureller Art z.B.
        behalten dürfen, so ein Europa könnte man wieder lieben.
        Demokratie und EU jetzt – geht nicht!
        Schutz der Bürger: Ich habe jetzt die Zeit so um 1977 – 1990
        vor Augen. Was Umwelt- Nahrungsmittel-, Arzneimittelsicherheit
        angeht, hatten wir doch Landes- und Umweltämter. Man konnte
        sich noch sicher fühlen, denn es gab noch das Vorsorgeprinzip
        und beamtete Forscher und Prüfer, die gewissenhaft und ständig
        im Kontakt mit der Öffentlichkeit standen. Man erfuhr ständig
        etwas über die Qualität der Luft und des Wassers z.B.
        Jetzt gilt das Prinzip, dass alles in der gesamten EU auf den Markt
        kommen muss, was in einem EU-Mitgliedsland die Zulassung
        errungen hat, das aber ist „Sicherheit“ auf dem niedrigsten gemein-
        samen Nenner und entspricht nicht UNSEREN vormaligen Standards.

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  23. Theresa Bruckmann schreibt:

    Zusatz. Bei den damaligen Ämtern und Prüfern hätte ich mir einen
    Dieselskandal so nicht vorstellen können. Je zentraler, je anonymer!
    Auch die verschiedenen Organisationsformen des Wirtschaftens
    (privat, öffentlich, genossenschaftlich) können doch in einzelnen
    EU-Mitgliedsländern unterschiedlich verbreitet sein, und natürlich
    die neue Formen der Gemeinwohlökonomie. Es könnte so vieles
    möglich sein!

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  24. Clara S. schreibt:

    Hier ist der Thread schon ewig lang, Habe deswegen die Diskussion in Anschluss an Theresa Bruckmanns Hinweis auf die Sicherheitskonferenz hier fortgesetzt: https://opablog.net/2018/02/02/metoo-oder-hetoo-das-ist-hier-die-frage/#comment-124260

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  25. willi uebelherr schreibt:

    Liebe freunde, ich bin etwas traurig, dass der fluss dieser diskussion einfach so beendet wurde. Aber, gut, es soll wohl so sein.

    Gilad Atzmon hat heute den achten teil in englisch veroeffentlicht. Und wir finden ganz am anfang folgende einfache eroeffnung:

    „If Jews can identify with their ‘promised land’, surely Palestinians, the true indigenous people of that land, should be entitled to do the same and actually return to their homes!“

    Wenn wir als menschen uns dem geschehen naehern, als teil der weltbevoelkerung, und jede aufgeladene besondere identitaet, derer wir beliebig in unserem kopf zusammen basteln koennen, weglassen, dann treffen wir auf Gilad. Egal jetzt, aus welcher ecke wir uns aufmachen auf unseren weg.

    mit lieben gruessen, willi

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  26. willi uebelherr schreibt:

    Liebe freunde, Gilad Atzmon hat uns in unserem kreis den link der uebersetzung seines textes in „writing“ weiter gegeben.
    mit lieben gruessen, willi

    Die jüdische Geschichte – von Moses bis zu Bibi
    Von Gilad Atzmon
    https://wunderhaft.blogspot.com.es/2018/02/die-judische-geschichte-von-moses-bis.html

    The Jewish Timeline – From Moses to Bibi
    Posted: 11 Feb 2018 01:20 PM PST
    http://www.gilad.co.uk/writings/2018/2/11/the-jewish-timeline-from-moses-to-bibi

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