rührend

Mit dem Gedanken „Letzter Sommergruß“ hatte ich vor zwei Wochen die letzten Tomaten der Saison präsentiert.

Verschwiegen hatte ich, dass immer noch paar kleine grüne übrig waren. Diesen wirklich allerletzten traute ich nichts mehr zu, und nur meine grundsätzliche Scheu, etwas wegzuwerfen, das Leben in sich trägt oder in sich tragen könnte, ließ mich die Dinger aufheben. Sie blieben liegen an einer unbeachteten Stelle auf einem Fensterbrett, wo ich sie fast vergessen habe.

Vor zwei Tagen fiel mein Blick auf die Nachzügler, und ich war wirklich überrascht:

Neben einer Knoblauchknolle und etwas Abfall (den man links im Bild nicht sieht), von nichts und niemandem beachtet, waren sie unverdrossen ihrer Bestimmung treu geblieben. Klein und frisch und munter, fröhlich geradezu, lächelten sie mich an – und bezeugten das unbesiegliche Leben.

Inzwischen habe ich zwei gegessen und entgegen meiner Erfahrung, dass allerletzte Nachgereifte wenig Aroma bieten (oft gehen sie stellenweise ins Vergammeln über) sind diese Spätlinge auch geschmacklich eine Freude.

Erntedank.

und Mein Eigentum

„… viel der frohen

Mühe gewähret der Reichtum ihnen.

Vom Himmel blicket zu den Geschäftigen

Durch ihre Bäume milde das Licht herab,

Die Freude teilend, denn es wuchs durch

Hände der Menschen allein die Frucht nicht…“

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Eine Antwort zu rührend

  1. Theresa Bruckmann schreibt:

    Lieber Kranich05,
    bereits im Frühjahr gaben Sie mir den entscheidenden Anstoß, einmal darüber nachzudenken, was mir unser Garten bedeutet. Ca. 3 Wochen lang wältzte ich diese Frage im Kopf herum. Schließlich entstanden einige Seiten Text. Im Juni war es dann soweit, dass mir nichts neues mehr dazu einfiel. Dann sah ich Ihre Gartenbilder nach dem Sturm und danach noch die späten Gartenfrüchte, verlockend, dass man reinbeissen möchte.
    Jetzt also, länger schieben gibt’s nicht, ein Auszug aus meinen Gartengedanken für Sie zum Fest und als Antwort auf Ihre ’späten Früchte‘, schön wie bunte Ostereier und Ihr wunderbares Gedicht, das mir bisher nirgendwo begegnet ist.
    Aber irgendwie passt das ja wieder einmal: Wir kommen aus ganz verschiedenen Erfahrungswelten, sind aber sehr offen für das Neue und so ganz Andere.
    Ganz ohne Schmeichelei: Ich bin fest davon überzeugt, dass ich mich in Ihrem Familiengarten ebenso wohl fühlen könnte wie im Garten meiner Kindheit, einem Selbstversorger-Garten mit
    Blumenrabatten und einem Paradebeet nahe der Haustür.
    Und sehr neugierig würde ich beobachten, wie Sie sich in unserem jetzigen Garten, fühlen
    würden. Nun also:
    07.Juni 2017
    Unser Garten
    Was für ein schöner Tag!
    Was für ein schönes Stück Erde!
    Schau‘ dir diese Pracht an, dieses Glitzern auf den Blättern,
    Blüten und Gräsern am frühen Morgen!
    Sieh‘ mal das flirrende Licht in der Mittagshitze!
    Ein flammender Leuchtpunkt, der nur ganz kurz
    aufleuchtet, bevor das nächste Zweiglein die Sonne
    wieder abschirmt!
    viel zu kurz, um die Kamera zu holen!
    Verklungen wie eine kurze Melodie!
    Das sind Glücksmomente!
    Deshalb ist unser Garten ein Nutzgarten –
    subjektiv rational gesehen.

    Er ist ein Gute-Laune-Garten
    Er bringt jeden Tag Überraschungen: fröhliche rote,
    blaue, weiße und gelbe Tupfer (Klatschmohn, blaue
    u. weiße Fingerhüte, gelbe Akeleien) bringen Heiterkeit
    in das Grün.
    Ca. 20 zugeflogene – Sämlinge bringen Fröhlichkeit in
    unsere Anpflanzung nach Vorlieben und planvoll.
    Die Symmetrie: Ein Hauptweg bildet die Längsachse
    und verbindet den Garten über den Anwohnerweg hin-
    weg mit dem Feld und dem bewaldeten Berg dahinter.
    Dieser Hauptweg stößt auf einen Rundweg, mit dem
    wir das Bodendenkmal (ein vorbronzezeitliches Hügel-
    grab umschließen und damit betonen. Folgt man diesem
    gelangt man auf einen Rhododendronweg mit um die
    3 – 5 m hohen ca. 60 Jahre alten Sorten in 4 wunderbaren
    zeit- und regionüblichen Farben: weiß, rosé, bleu und ein
    dunkles Rot! Dahinter ein Nachbargrundstück, von dem
    wir uns mittels einer ‚grünen Gardine‘ abschirmen. Nicht etwa
    von den freundlichen Menschen, sondern von dem aus unserem
    Blickwinkel hässlich anmutenden graugepflasterten Autorastplatz-
    hinterhof – macht aber nichts! Zu jenem Grundstück gehört eine
    traumhaft schöne (und geschützte) Linde, die im Moment einen
    herrlichen Duft verströmt!
    Ja, die Düfte: die ersten duftenden Azaleen, dann der Flieder,
    jetzt die Rosen, Lindenblüten und Jasmin. Nelken unbedingt,
    doch muss ich mir jährlich ein paar kaufen, denn sie werden
    hier nicht heimisch.
    Die Farben: zuerst das Gelb der Narzissen, dann alles Blau –
    von einst 4 Vergißmeinnicht sind jetzt einige Hundert da,
    ein bizarr gewachsenes Apfelbäumchen am Zaun, harmoniert
    wunderbar dazu mit seinen Rote-Nasen-Blüten,
    dann ein Flor einer zartrosa regionalen Wildnelkenart (ohne
    Duft), dazu einige Duftveilchen (auch zugeflogen), dann nach
    einigen Tagen mit viel Regen waren sie da:
    Mohn, Fingerhut, Akelei, Digitalis, Bartnelken, Wiesen-
    margariten.
    5 Pfingstrosen – eine jede an einem anderen Ort – blühen
    nacheinander! Im Moment ist die 3. dran.
    Den Blühreigen der Rosen führt ‚Gertrude Jekyll‘ an, sagen-
    haft in Form, Farbe und Duft.
    Eine ihrer Mütter ‚Wife of Bath‘ steht daneben, ist aber noch
    lange nicht so weit und auch nicht so robust.
    Jetzt beginnt die Rosengaragenwand aufzuglimmen zuerst
    Weiß ‚Glenn Dale‘ mit ihren ca. 4 m Schwingen, bringt sie
    ihre Nachbarschaft in Bedrängnis. Sie darf das, ein Wildkraut
    müsste natürlich weichen,
    Jetzt zeigt sich Rosa ‚Rosarium Uetersen‘ und ‚eine Gruppe
    rosa ‚Leonardo Da Vinci‘.
    Das kam so: Wir lassen uns doch nicht von einem gut gemeinten
    Geschenk unser Gartenkonzept durchkreuzen; also kam sie neben
    die schon vorhandene, und weil sich das wiederholte, haben wir
    jetzt eine 3er-Gruppe, eine davon als Stämmchen.
    Apropos Gruppen-Anpflanzung: zwei 5-er Gruppen der hier üblichen
    geschützten Schwarzkiefern stehen im Garten. (Da standen einst
    auch 49 weitere Bäume. Diese mussten unserem Garten weichen,
    was im Einklang mit dem Entwicklungsplan der Gemeinde stand.)

    3 Phloxe zusammen bilden einen prachtvollen Busch, als stünde
    er seit Großmutters Zeiten schon.
    Aber bevor die 34 Phloxarten (wo immer sie erhältlich waren, sind
    es die Karl-Förster-Züchtungen, wie auch beim Rittersporn) ihre Farben-
    pracht entfalten, haben die weißen und gelben Lilien ihren Auftritt.
    Rittersporn (natürlich in Blau und Bleu) und Rosen sind unsere Leit-
    pflanzen. Sie und die Phloxe sind mit Bedacht gepflanzt.
    5 Schmetterlingsflieder sind so angeordnet, dass die Schmetterlinge
    den Garten kreuzen müssen. Wir werden deshalb umflattert und
    manchmal lässt sich einer auf uns nieder.
    Inmitten einer der 5er-Schwarzkiefergruppe blüht ein ’stilisierter Teich‘
    von blauem Lavendel.
    Der beginnt jetzt zu blühen. Auch eine vertrauter Duft meiner Kindheit!
    Darin summt und brummt es besonders!
    Ein echter Teich wäre bei dem ständigen Nadel- und Zapfenfall immer
    morastig.
    Die Vogelgäste trinken und baden aber im gewendeten Deckel der
    Regenwassertonne.
    3 Gräserhorste (1,20m ca.) sorgen für dieses wunderbare lautlose
    Schwingen, also für Bewegung im Garten.
    Zwei der Schwarzkiefern wurden von einem Bobby James erklommen!
    zwei Sundringhurst-Trauerstämmchen (ebenfalls in Weiß) bilden ein
    Jugendstil-ähnliches Bild!
    Weiß harmoniert natürlich wunderbar zu jeder Farbe!
    Unsere ca. 80 (einst waren es 95) Dahlien kamen vor 14 Tagen in die
    Erde. (Sie sind uns die Mühe wert und natürlich wäre es einfacher, sie würden
    sich an unser Klima gewöhnen). Aber jetzt habe ich mir klar gemacht, dass diese
    ‚Mexikanerin‘ ein Inbegriff der Widerständigkeit ist; denn während die heimischen
    Pflanzen die Temperatur- und Sonnenstandsignale verstehen und im Herbst
    zunächst auf die Bremse gehen und dann das Wachsen für die Winterruhe ganz
    einstellen, blüht die Dahlie je später je mehr im Jahr, angefangen im August, bis
    Ende Oktober/Anfang Nov. der erste Nachtfrost das Feuerwerk an Farben zusam-
    menfallen lässt wie eine Portion Spinat im kochenden Wasser.
    Im letzten Herbst kam plötzlich Schnee und wir mussten die Knollen behandschuht
    herausnehmen.
    Mal gespannt, was bei dieser Hektik wieder verwechselt wurde!
    Im Laufe der 6 Dahlienjahre hat sich eine bewährte Farbansammlung herausgebildet:
    gelb, weiß und leuchtend rot sind so angeordnet, dass sie dieses wilde Feuerwerk bilden.
    Andere passen ganz gut zum Grün der Nadelbäume,
    wieder andere, eine Gruppe in lila violett und weiß, ist an den äußersten Grundstücksrand
    verbannt, weil sie eine tolle Fernwirkung hat, aber in der Nähe oder der Mitte des Gartens
    mit keinem so recht harmoniert.
    Klein-Dahlien und 3 Wildformen säumen rabattenähnlich einen Nebenweg.
    Die Wege gehen so ungefähr 45° vom Hauptweg ab, aber nicht gradlinig, sondern
    in der Form von Schwarzkiefernästen.
    Einmal kamen zufällig eine orange (Vulkan) und eine lachsfarbene (Scaur swinton)
    nebeneinander zum Blühen – eine Farbkombination, die wir nie ge-
    wählt hätten. Das sah aber so toll aus, dass daraus ein „Kalenderfoto“ (ein anderes
    Wort für Fotohighlight) wurde und seitdem als eine der Standardkombinationen gilt.
    Nicht zu vergessen, die Gaura in weiß bringt Glanz, Glimmer Bewegung, in jedes
    Bild. Ihre Blüten sind für uns ‚kleine Schmetterlinge‘.
    Die Anordnung unserer Wege lässt es zu, das wir die Pflanzen 360° umrunden
    können, und so jede Farbe mit einer anderen für ein Foto zusammenbringen können.
    Größere Pflanzen lassen sich mit dem bewaldeten Hügel im Hintergrund kombinieren,
    das vermittelt natürlich ganz extrem den Eindruck, dass es kein Drinnen und
    Draußen gibt.
    Gartenfotos sind zum Hobby geworden: einmal weil man die Farben für den Winter
    festhalten will, aber auch weil die bis zu 300 Gartenfotos an einem einzigen Morgen
    praktisch nichts kosten, beim Sichten auf dem Rechnermonitor gemeinsame Freude
    bereiten und ohne weiteres die Hälfte gelöscht werden kann.
    Mit der Zeit haben wir fast nur noch Gegenlichtaufnahmen gemacht, weil diese
    lebhafter wirken.
    Das ist ein interessantes Experimentierfeld. Dieselbe Blüte im Gegenlicht der
    Morgensonne, dann 45°-Winkel zum Licht, am Abend wieder eine Gegenlicht-
    aufnahme jetzt vor dem Licht aus Westen.
    Natürlich muss ich das Gartenjahr auch schmecken. Zum Naschen ab Juni
    gibt es ständig etwas: von kleinen Walderdbeeren, die überall kommen, wenn
    man es zulässt, dann Salat, Kohlrabi – soviel halt die Schnecken übrig lassen.
    Johannisbeeren, Stachelbeeren Blaubeeren, Möhren und Kartoffel, später
    ein paar Äpfel (Holsteiner Cox) – ohne Gift und biologisch gedüngt, sind die
    Referenz zu dem was Supermärkte so bieten.
    Wir sind aber keine Selbstversorger! (Potentiell und im Krisenfall wäre der
    Garten ja schnell umfunktioniert).
    Ja, wir haben dennoch einen Nutzgarten, nämlich einen Gute-Laune-Garten!

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