Friedenssehnsucht

Auf die Montagsdemonstrationen stürzen sich die Aasgeier…. Das Bild ist schief. Treffender sollte ich an ein zartes Pflänzchen denken, über das sich gefräßige Schnecken hermachen.

Die Teilnehmer der Montagskundgebungen drücken ihre tiefe Sehnsucht nach Frieden aus. Daran besteht nicht der geringste Zweifel. Es ist mehr als Blindheit, das nicht zu sehen.

Sie drücken etwas mehr aus als „tiefe Sehnsucht“, nämlich einen dringenden Anspruch. Und das – Du und ich, nehmt es bitte zur Kenntnis! – ist bereits zu viel.

Bitte keine Selbsttäuschung: „Das System“ , so der Augenschein, reagiert „kulturzeitlich“ gehoben. Wie es aber in der Tat mit den Menschen umgeht, die dieses zarte Pflänzchen in die Welt gesetzt haben und die es behüten, das offenbart eine schreckliche Fratze. Vernichtungswille.

Zwei wichtige Seiten hat der drängende Friedensanspruch der Montagsdemonstranten. Eine ist ganz „schlimm“ (für’s System). Der Anspruch ist umfassend. Er bezieht sich zwar auf das Naheliegende, auf das Militärische, den wirklichen Krieg, geht aber zugleich weit darüber hinaus. Er meint auch den täglichen Krieg der Konkurrenz Jeder(s) mit Jedem(r).  Er meint den Krieg als unser tägliches („geistiges“) Lebensprinzip. In aller Unschuld wird damit der radikalste Ansatz formuliert.

Als zweite Seite des drängenden Friedensanspruchs fällt mir die völlige Naivität auf. Man glaubt, die Menschen müssten zur Einsicht erwachen („Alle werden schon bald zur Einsicht erwachen.“) und würden sich dann umstandslos auf die besseren Regeln einigen. So offenbart sich der zutiefst bürgerliche Horizont der Montagsdemonstranten: Die Individuen-Monaden schließen den besseren Gesellschaftsvertrag. Das ist Erkenntnisstand Ende des 18. Jahrhunderts. Was Denker (und Praktiker) seitdem zum Begreifen gesellschaftlicher Basis- und Politikverhältnisse beigetragen haben (Ich erwähne nur Marx und Lenin.) existiert im Bewusstsein der Montagsdemonstranten nicht.

Es existiert auch nicht – und das ist der größte Schenkelklopfer! –  im Bewusstsein vieler Linker, die plötzlich von Tribünen schimpfen, Leute, die ich Systemlinke nenne, von Linkspartei über NGO-Halbwegslinke bis hin zu denen, die sich „linxxx“ schreiben.

Die Montagskundgebungen sind wie sie sind. Sie brauchen niemanden zu fragen, wie sie sein dürfen. Solange sie lebendig sind, verdienen sie Aufmerksamkeit, Sympathie, Teilnahme und tätige, kritische Unterstützung.

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2 Antworten zu Friedenssehnsucht

  1. silberfink schreibt:

    Sie müssen sich aber auch Gegenstimmen gefallen lassen. Das verstehe ich unter Aufmerksamkeit, Lebendigkeit und Teilnahme… Und auf tatsächliche Anwesenheit von Nazis hinzuweisen, die versuchen Naive abzugreifen, um bei anstehenden Wahlen besser abzuschneiden, und vor deren Verleugnung zu warnen – das müssen sie sich gefallen lassen. Gleichzeitig ist es zu bedauern, dass das überhaupt notwendig ist…

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  2. Lutz Lippke schreibt:

    Von Denunziation zur (Um)Erziehung?
    http://diefreiheitsliebe.de/interviews/pedramshahyar

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