Rechtsanwalt Dr. Strate nahm sich den Crème-de-la-Crème-Psychiater persönlich „zur Brust“
Gastbeitrag von ®ené Wöhlert
„Allen Kritikern des hanseatischen Helden, des Straf- und medialen „Transparenzverteidigers“ Gustl Mollaths bot Rechtsanwalt Dr. iur. h.c. Gerhard Strate in dem gestrigen, von ihm dominierten Disput am Potsdamer Campus – „Der Fall ‚Mollath‘ und die Folgen“ – nicht nur ein deutliches Bekenntnis zu seinem Mandanten, sondern erhob allein mit juristischen Begründungen den gut besuchten Hörsaal zum Tribunal von Justiz- und Psychiatriewillkür, ja gar in seinem Schlussplädoyer zur Anklage von Machtmissbrauch durch das große Geld wie die Bayrische (BVB) und später fusionierte HypoVereinsbank (HVB).
Strates leichte Verspätung und somit Eile hinderte ihn nicht daran, den allen Besuchern am Eingang durch die Bundesarbeitsgemeinschaft Psychiatrie-Erfahrener gereichten Flyer „Weg mit § 63 StGB – er ist illegal !“ gleich am Anfang seines Einleitungsvortrags inhaltlich aufzugreifen. Zwar sei diese fundamentale Kritik selbst nicht Gegenstand dieser Diskussion, jedoch gibt es auch dafür gesetzliche Begründungen so zum Beispiel durch die Behindertenrechtskonvention, die Deutschland bereits 2009 ratifizierte. Strate griff dann den „Stier bei den Hörnern“. Entsprechend dem Diskussionsthema, „Zeit für eine Reform der Unterbringung kranker Täter im psychiatrischen Krankenhaus?“ war das psychiatrische Gutachten, die gutachterliche Stellungnahme und somit ihr Ersteller, der Psychiater im Fadenkreuz, ohne die keiner in die Geschlossene und selten einer aus dieser kommt.
Bereits im Vorfeld hatte sich Strate dezidiert mit den Unzulänglichkeiten, insbesondere sachlicher Entstellungen oder gar Erfindungen des Kröber-Gutachtens über Mollath schriftlich auseinandergesetzt und zum Thema seiner 17-seitigen, eigens gefertigten
„Anmerkung der Verteidigung“ und einem Nachtrag vom 16. bzw. 17.11. „stilisiert“. Bereits zuvor war auch Kröbers Gutachten durch Strate auf seiner Kanzlei-Internetseite veröffentlicht worden. Aber Strate „kochte“ Kröber „ab“, indem er zwar auf diese Veröffentlichungen verwies, jeder könne da nachlesen und sich ein eigenes Bild machen, jedoch diese Verfehlungen nicht thematisierte, sondern ausschließlich zu rechtlichen Aspekten, gesetzlichen Grundlagen sowie höchstrichterlichen Urteilen referierte, die die Gutachtertätigkeit auch und insbesondere Kröbers in diesem Fall in einem nicht nur zweifelhaften Licht erscheinen lassen, sondern gar deren Berechtigung überhaupt in Frage stellen.
Wenn Kröber sich mutmaßlich auch im Vorfeld seine Erwiderung auf die „Anmerkung der Verteidigung“ zurechtgelegt haben dürfte, so war er von dem aktuellen, thematisch angekündigten „juristischen Minenfeld“ seines Psychiatermetiers völlig überfordert. Er erwiderte viele, zum Teil gestammelte Worte mit nahezu keiner Substanz; Inhalt und Form gingen auch bei ihm zusammen. Fraglich blieb, ob er überhaupt auf irgendeine substantiierte Erwiderung vorbereitet war.
Die dann anschließenden Fragen aus dem Kreis der deutlich mehr als hundert, vielleicht zweihundert Zuhörer richteten sich folglich auch fast ausschließlich an den Psychiater, wie Strate lächelnd dem Moderator und ehemaligen Vorsitzenden der veranstaltenden Brandenburgischen Kriminalpolitischen Vereinigung, Herrn Prof. Dr. Mosbacher auf seine Anregung hin erwiderte. Dessen moderierende Tätigkeit als jüngst zum Richter an den Karlsruher Bundesgerichtshof Berufenen wird optimistisch betrachtet und wünschenswert nicht hinter der gestrigen zurückbleiben.
Ein einziger der vielen kritischen Fragesteller zum Ende hin verlor aufgrund des nahezu gänzlichen Fehlens einer Selbstkritik Prof. Kröbers die Fassung und griff ihn deshalb auch persönlich an, was das Publikum mehrheitlich nicht goutierte. Die Selbstgerechtigkeit, die Unerschütterlichkeit, ja selbst die sichtbar fehlende Empathie des Psychiaters Kröber kann nicht nur die Gefühle eines weniger wortgewandten Menschen in Wallung bringen.
Kröber erklärte kurz vor Ende, dass auch schon Menschen durch seine Gutachten aus der Forensik entlassen wurden. Diese Bonhomie persiflierte Strate durch den Hinweis, dass Kröber diese Entlassungen ganz gewiss öfter gelungen seien als ihm, Strate selbst, was in dem seinerzeitigen, allgemeinen Saalgeraune ein wenig unterging. Dies war dem Autor der beste Anknüpfungspunkt für eine eigene, vorbereitete Frage gewesen, die ein Vorredner in anderen Worten bereits gestellt hatte und auch nur nicht beantwortet bekam.
In einem online frei zugänglichen Artikel der „Süddeutschen“ von Hans Holzhaider aus dem Jahr 2010 steht, „Kröber ließ sich … nicht beirren und bestätigte, was sein Münchner Kollege Nedopil schon festgestellt hatte: Von Helmut Sieber geht kein erhöhtes Risiko von Gewalttaten aus.“ Sieber war dem Artikel nach ähnlich wie Mollath aus der Forensik „herausgeschmissen“ worden: „Sieber, Sie kommen raus. In zehn Minuten müssen Sie die Anstalt verlassen haben.“ Nur nicht wie Mollath nach siebeneinhalb, sondern nach 21 Jahren. (Die Tragik dieses Falls ist mit der Mollaths wenigstens vergleichbar!)
Der Autor fragt nunmehr hier ersatzweise nicht nur den Psychiatrieprofessor Kröber, sondern gleich den Kongress seiner ganzen Zunft, auf dem er bis Freitag weilt: Wie kann man, wie können Sie einem Menschen objektiv und nachprüfbar begründet bescheinigen, dass von ihm kein erhöhtes Risiko von Gewalttaten ausgeht? Welche Voraussetzungen muss ein Mensch dafür erbringen?
Diese Frage scheint nicht nur in der Causa Mollath von Brisanz, nicht nur für die in Deutschland weit mehr als 200.000 in Psychiatrien eingesperrten Menschen bedeutsam. (Zum Vergleich: „Insgesamt 57.600 Häftlinge verbüßten zum Stichtag 31. März 2012 eine Freiheits- beziehungsweise Jugendstrafe“ in Deutschland.)
In die Antwort sollte man, will man Strates gestrigen Ausführungen gerecht werden, die Beachtung der Behindertenrechtskonvention einfließen lassen. Und man sollte zur Kenntnis nehmen, dass der Sonderberichterstatter über Folter des UN-Hochkommissariats für Menschenrechte, Juan E. Méndez, in der 22. Sitzung des „Human Rights Council“ am 4. März 2013 Zwangsbehandlung in der Psychiatrie zu Folter, bzw. grausamer, unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung erklärt hat.“
Hier sind zwei Fragen zum Prof. K.: 1) K´s letztes BLITZLICHT http://www.strate.net/de/dokumentation/Mollath-Nachtrag-zur-Anmerkung-der-Verteidigung-2013-11-17.pdf nicht arg an Stammtisch? 2) Wer hat K. mit welcher Begründung als Prof. erst nach Hamburg (1994), dann nach Berlin (1996) berufen?
LikeLike
… gute Idee, Herr Semmler!
Meine zwei Fragen an Prof. Kröber:
1. Auf Twitter.com ist folgende Äußerung von Prof. Kröber übermittelt worden (sinngemäß):
„Ich habe mehr Leute aus bayrischen Anstalten rausgebracht als Anwälte.“
Frage: Wie sind die von Ihnen „Rausgebrachten“ in den geschlossenen Psychiatrien überhaupt gelandet? Haben sie sich selbst eingewiesen?
2. Die nächste Aussage von Prof. Kröber (sinngemäß):
„Ich halte Mollath – vorsichtig gesprochen – nach wie vor für psychiatrisch auffällig.“
Okay! Versuchen wir einige „Auffälligkeiten“ von Gustl Mollath aufzuzählen:
– Unangepasstheit / Nonkonformität: gegeben
– Intelligenz / Kreativität (Wenn man bedenkt, dass Gustl bereits vor 20 Jahren und unter bescheidenen Bedingungen dazu fähig war, Ferrari-Motoren erfolgreich zu tunen): gegeben
– ein oder mehrere Steckenpferde (Siehe oben!): gegeben
– idealistisch eingestellt, mit dem Anspruch, die Welt zu verbessern und die Menschen in ihr glücklicher zu machen: gegeben
– eigensinnig und freimütig; überzeugt, selbst richtig zu liegen und dass der Rest der Welt aus dem Tritt geraten ist: gegeben
– ungewöhnliche Essgewohnheiten und Lebensführung: gegeben
– nicht sonderlich interessiert an den Ansichten oder der Gesellschaft anderer, ausgenommen zu dem Zweck, diese vom eigenen – richtigen – Standpunkt zu überzeugen (Meiner Meinung nach): gegeben
– ausgestattet mit einem schelmischen Sinn für Humor (Über Beate Merk: „Da ist Malz und Hopfen verloren“, oder: „Sehen Sie die Blutspur hinter mir?“): gegeben
– unorthodoxe Schreibweise: gegeben
Frage: Ist Ihnen bekannt, Prof. Kröber, dass all die gerade erwähnten Eigenschaften zur Primärpersönlichkeit einer relativ kleinen aber geistig gesunden Gruppe von Menschen gehören? Ja? Und wie nennen wir solche Menschen, na… ?
http://de.wikipedia.org/wiki/Exzentriker
Stresstest – „Großraum Krefeld
LikeLike
Die jüngste Freundin dieses Blogs, die OStAin i. R. GW berichtet auf ihrer eigenen Seite ausführlicher über die „Wortgefechte“:
http://gabrielewolff.wordpress.com/2013/11/06/der-fall-mollath-die-irrwege-der-psychiatrie-2/comment-page-2/#comment-29444
LikeLike
Die von GW referierte und als Tranquilizer-Pille ausgegebene Mahnung jenes Moderators, »daß hier kein Tribunal stattfinde«, hat es meiner Auffassung nach in sich.
Reflektiert sie, wenn ich richtig sehe, doch unweigerlich die bei seinen Anweisern reell vorhanden sein müssende Befürchtung, daß letztendlich mit genau dieser Konsequenz zu rechnen sei. Also eigentlich ein Schuldeingeständnis. Vielleicht dachte er bei diesem Wort an die Riege der (letztlich erfolglosen) Internationalen Russel-Tribunale, vor deren zeitgemäßer Fortsetzung es ihm und seinen Auftraggebern graute.
Stimmte diese Einschätzung, graute es diesen Leuten also ehrlich, wäre dies, im Sinne Tells, für alle mit dem an Mollath begangenen Unrecht Nicht-Einverstandenen nichts weniger als der berühmte Wink mit dem Zaunpfahl gewesen!
LikeLike
Ergänzung
®ené Wöhlert schrieb:
„den allen Besuchern am Eingang durch die Bundesarbeitsgemeinschaft Psychiatrie-Erfahrener gereichten Flyer „Weg mit § 63 StGB – er ist illegal !““
Der erwähnte Text „Weg mit § 63 StGB – er ist illegal !“ ist hier zu finden:
„Aufruf zu einer Demonstration am 11.9. gegen § 63 StGB
[…]
Wir fordern:
Weg mit § 63 StGB – er ist illegal !“
http://www.zwangspsychiatrie.de/2013/08/aufruf-zu-einer-demonstration-am-11-9-gegen-%C2%A7-63-stgb/
Bericht des Ablaufs der Demo, zu der aufgerufen wurde:
„Bericht der Demonstration: “Weg mit § 63!”“
http://www.zwangspsychiatrie.de/2013/09/bericht-der-demonstration-weg-mit-%C2%A7-63/
Außerdem an die meisten Besucher verteilt wurden diese Texte:
„Der Kampf der Psychiatrie gegen strafrechtliche Verantwortlichkeit“
von Thomas S. Szasz
http://www.szasz-texte.de/texte/der-kampf-der-psychiatrie-gegen-strafrechtliche-verantwortlichkeit.html
„Psychiatrische Gutachten“
von Hans Ulrich Gresch Veröffentlicht am 12. November 2013
http://pflasterritzenflora.ppsk.de/psychiatrische-gutachten/
LikeLike