Gefragt zum „Fall Mollath“ – „medico international“ und die „Friedrich Ebert Stiftung“ haben geantwortet

Ich hatte am 6.4.2013 fast allen der hier aufgezählten Menschenrechtsorganisationen eine Mail zum „Fall Mollath“ geschickt. Kern dieser Mail (voller Wortlaut hier) waren drei Fragen:

1. Ist Ihnen (bzw. Ihrer Organisation) bekannt, daß Gustl Mollath seit mehr als sieben Jahren gegen seinen Willen in Einrichtungen der bayrischen Psychiatrie (“Maßregelvollzug”) festgehalten wird?

2. Sind Sie (bzw. Ihre Organisation) der Meinung, daß es in diesem Fall Menschenrechtsverletzungen gibt?

3. Falls ja, was haben Sie (bzw. Ihre Organisation) getan, um diese zu beenden bzw. was beabsichtigen Sie zu tun?

Geantwortet haben bisher:

„Amnesty international“, Posting vom 13.4.2013  hier.

„ACAT Deutschland“, Posting vom 9.4.2013 hier.

„Deutsche Liga für Menschenrechte“, Posting vom 7.4.2013 hier.

Am 11. 4. 2013 hat mir Marek Arlt von „medico international“ und am  12.4.2013 Frederike Boll von der „Friedrich Ebert Stiftung“ geantwortet.

Herr Arlt schrieb:

„Sehr geehrter Herr Kurch,

vielen Dank für Ihre Nachricht!

Die Kolleginnen und Kollegen haben privat auch die Nachrichten zu Gustl Mollath verfolgt. Da die Arbeit von medico ganz anderen Themenschwerpunkten gilt, ist medico an dieser Stelle aber keine sinnvolle Unterstützung für Ihre Bemühungen.
Ihnen viel Erfolg und alles Gute!
Mit freundlichen Grüßen…“
 

Ich antwortete Herrn Arlt:
Sehr geehrter Herr Arlt,
ich danke Ihnen für Ihre Zeilen. Als gelegentlicher Unterstützer von „medico international“ und langjähriger Bezieher Ihres Rundbriefs war ich nicht überrascht, daß „mi“ keine „erste Adresse“ der Mollath-Untertsützung ist. Freilich habe ich in jüngerer Zeit Ihre Unterstützung für „adopt a revolution“ (also die Profilierung von „mi“ als Revolutionspate?) als eine – durchaus fragwürdige – Wandlung Ihrer Ausrichtung empfunden. Daraus ergab sich mein Wunsch, aus erster Hand zu erfahren, ob „mi“ auch Wandlungen hinsichtlich der Menschenrechtsproblematik im eigenen Land vollzieht.
Für Ihre so wichtige internationale Arbeit wünsche ich Ihnen weiterhin viel Erfolg.
Mit freundlichem Gruß
Klaus-Peter Kurch
.
.
Frau Boll schrieb: 

„Sehr geehrter Herr Dr. Kurch,

ich bin die neue Referentin für Menschenrechte und Entwicklungspolitik in der Friedrich-Ebert-Stiftung und bedanke mich für Ihre Anfrage vom 6. April, in der Sie die Friedrich-Ebert-Stiftung auffordern, Stellung zum Fall Gustl Mollath zu nehmen.

Leider verfügt die FES nur über wenige Mittel zur Unterstützung solcher Aktivitäten in Deutschland und konzentriert sich in ihrer internationalen Arbeit besonders auf Aktivitäten in den Ländern Asien, Afrikas und Lateinamerikas. Zudem konzentrieren wir uns in unserer Arbeit auf Fragen der Gesellschafts- und Wirtschaftspolitik, der Sozialpolitik und der entsprechenden internationalen Beziehungen. Deshalb haben wir leider keine Möglichkeit, solch spezielle Einzelfälle wie die von Herrn Mollath zu behandeln. Ich hoffe, dass Sie an anderer Stelle Erfolg haben.

Mit freundlichen Grüßen

Frederike Boll“

Ich antwortete Frau Boll:

Sehr geehrte Frau Boll,
vielen Dank für ihre Zeilen. Die thematisch „recht breite Aufstellung“ der Friedrich Ebert Stiftung ist mir bekannt, und so bin ich nicht wirklich überrascht, daß bei ihnen solch „spezieller Einzelfall“ wie der Mollathskandal, leger gesagt, durchs Raster fällt.
Andererseits hatte ich gelesen, daß die Stiftung nicht nur das „Handbuch Menschenrechte“ veröffentlicht, sondern seit 1994 einen Menschenrechtspreis vergibt, und es interessiert mich schon, ob ihre Suche nach würdigen Kandidaten sich nur auf ferne Länder beschränkt oder ob auch Menschen, die in der BRD Jahr um Jahr vorbildhaft und bisher ohne Erfolg um ihre Menschenrechte kämpfen, preisverdächtig sein könnten.
Auch bündelt die FES etliche ihrer Aktivitäten unter der Bezeichnung FES-Journalisten-Akademie. Auf Wikipedia heißt es:„Öffentliche Veranstaltungen zu Medienthemen in Zusammenarbeit mit dem Netzwerk Recherche sollen die Diskussion um den Qualitätsjournalismus in die Gesellschaft tragen.“ Mollath-Unterstützer haben schier hanebüchene Beispiele von Tendenzjornalismus bei Organen, wie „Zeit“, „SPON“ und anderen im Zusammenhang mit dem Mollathskandal nachgewiesen (und strengen auch eine Rüge durch den Presserat an).
Es scheinen sich, über den Kampf für Menschenrechte im engsten Sinne hinaus, durchaus Arbeitsfelder auch für die FES im Zusammenhang mit dem Mollathskandal anzubieten. Zu weiteren, auch konkreteren Hinweisen bin ich gern bereit.
Mit freundlichen Grüßen
Klaus-Peter Kurch
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6 Antworten zu Gefragt zum „Fall Mollath“ – „medico international“ und die „Friedrich Ebert Stiftung“ haben geantwortet

  1. gp schreibt:

    @ Kranich05

    1). Was für verlogene Heuchler oder verheuchelte Lügner:
    Ebertstiftung – „KEIN GELD“ bei von zu etwa 94 Prozent aus Bund und Ländern finanziertem Jahreshaushalt (2009) von 128 Millionen €? http://de.wikipedia.org/wiki/Friedrich-Ebert-Stiftung
    Medico international – Gefangenenunterstützung nur wenn „IM AUSLAND“ hungergestreikt wird?
    Auch diese Organisationen sind nicht nur finanziell flüssig. Sie sind „zivilgesellschaftlich“ überflüssig.

    2.) Schon vor Wochen hatte Herr Dr. Albrecht hier nachgefragt
    https://opablog.net/2013/03/25/skandal-fall-mollath-zu-beginn-der-passionswoche/
    „Könnte es sein, daß Herr Mollath aktuell am falschen Ort festsitzt? Wäre er in Peking oder Schanghai hinter Mauern – hätte da nicht schon lange die versammelte Meute bundesdeutscher SpitzenpolitikerInnen nebst staatlich anerkannten Bürger- und Menschenrechtsorganisationen FREE GUSTL MOLLATH NOW – FREIHEIT FÜR GUSTL MOLLATH JETZT lautstark gefordert?“

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  2. Anna P. schreibt:

    Die FES finanziert sich über Staatsgelder? Eine Stiftung? Dachte, da ist Privatkapital im Spiel, bei den Stiftungen!
    Es ist wirklich schaurig, dass Sie zudem noch so abgewimmelt werden, nach dem Motto, ja wir finden gut, dass Sie sich Gedanken machen, aber wir kümmern uns nur um Menschenrechtsverletzungen im Ausland, denn wir wollen keine schlechte Presse für den deutschen Staat, der uns ja finanziert.
    Mir scheint, die denken, im eigenen Land müssten die nicht tätig werden, denn wir sind ja Deutschland, hier ist alles total toll (na ja, bis aufs Wetter, zumindest seit ca. einem Jahr).
    Ob die von Ihnen angeschriebenen Organisationen wohl Mitglieder des DBSH sind?
    Mir stellt sich die Frage nach berufsethischen Prinzipien und Qualifikation der Ihnen antwortenden Sozialarbeiter.
    Als selbige weiß ich, dass manche Kollegen das Motto “ Hilfe zur Selbsthilfe“ so verstehen, dass alleine die Tatsache, dass sie selbst studiert haben, die Hilfe ist, und ihre Klienten sich halt selbst helfen sollen. Sollte das nicht funktionieren, sind es eben die Klienten, die an ihrer Situation nichts ändern wollen und daher eine Art Individualschuld an ihrer Misere haben. Die Sozialarbeiter sind meist (das prüft selbstverständlich niemand nach) die guten Menschen schlechthin, ihre Leistung immer Super, was nix wird, ist Schuld der Klienten.
    Sieht man ja, wie diese nervigen, doofen hilfsbedürftigen Menschen immer ärmer werden etwa. Fragen Sie da mal SozArbeiter, die sagen Ihnen wies ist: die sind alle einfach faul, die wollen es nicht anders.

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  3. Dian schreibt:

    Danke, Opa Kranich, für diese Selbstentlarvung der so genannten Menschenrechtsorganisationen. „Unteilbare Menschenrechte“ scheint spätestens damit ein schon wieder „unmoderner“ Begriff zu sein. Ich schlage eine „Weiterentwicklung“ dessen vor: „zuteilbare Menschenrechte“ oder auch „einteilbare Menschenrechtsorganisation“.

    „Teile und herrsche!“ ist auch der (wahre und) Hintergrund der massigen Staatsknete für „handverlesene“ Menschenrechtsorganisationen.

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  4. Breitenbach schreibt:

    Wie war das noch mal mit der Lei­che im Land­wehr­ka­nal? Wa­rum gibt es ei­gent­lich noch kei­ne Au­gu­sto-Pi­no­chet-Ge­sell­schaft für Men­schen­rech­te? Wä­r‘ doch nur kon­se­quent …

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    • Breitenbach schreibt:

      Ich befürchte, ich setzte wie­der mal zu viel hi­sto­ri­sches Hin­ter­grund­wis­sen vo­raus. Da­her ei­ne Kurz­zu­sam­men­fas­sung des­sen, wo­rauf ich an die­ser Stel­le ab­hob:
      »Die zur Nie­der­schla­gung re­vo­lu­tio­nä­rer Er­he­bun­gen auf­ge­stell­ten so­ge­nann­ten ›Frei­korps‹ ko­ope­rier­ten mit dem SPD-Reichs­wehr­mi­ni­ster und „Blut­hund“ Gu­stav Nos­ke. Bei der blu­ti­gen Nie­der­schla­gung des Spar­ta­kus­auf­stan­des 1919 und der Er­mor­dung von Ro­sa Lu­xem­burg und Karl Lieb­knecht am 15. Ja­nu­ar 1919 han­del­ten sie mit sei­nem Ein­ver­ständ­nis.    Generalstabsoffizier Wal­de­mar Pabst gab den Be­fehl zu den Mor­den, und spä­ter zu Pro­to­koll, dass er vor den Mor­den mit Nos­ke te­le­fo­niert habe und Ebert [!!!] da­bei an­we­send ge­we­sen sei.
         Pabst handelte im Auf­trag der an­ti­bol­sche­wi­sti­schen Li­ga und ih­res Lei­ters Stadt­ler, die von Groß­in­du­striel­len für die Li­qui­die­rung re­vo­lu­tio­nä­rer So­zia­li­sten fi­nan­ziert wur­den. Die von Pabst ge­führ­te Gar­de-Schüt­zen-Ka­val­le­rie-Di­vi­sion voll­führ­te von Ja­nu­ar bis März 1919 ei­ne wah­re Mord­or­gie in Ber­lin.
      Es wird heute zwar weit­ge­hend tot­ge­schwie­gen, aber kaum noch ernst­haft in Zwei­fel ge­zo­gen, dass die­ses Bünd­nis der rechts­so­zial­de­mo­kra­ti­schen Füh­rung mit den al­ten mo­nar­chi­sti­schen und an­ti­de­mo­kra­ti­schen Kräf­ten ein ent­schei­den­der Fak­tor für das Schei­tern der Wei­ma­rer Re­pu­blik und den schließ­li­chen Macht­an­tritt des Fa­schis­mus in Deutsch­land war« (http://www.schattenblick.de/infopool/weltan/freidenk/wfrbe070.html).
      Jene ›Frei­korps‹ bil­de­ten spä­ter den Kern der ›SA‹.
      Wei­ter­füh­rende Li­te­ra­tur: http://ahriman.com/buecher/wiegand.htm

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  5. Pingback: Gefragt zum “Fall Mollath” – die “Deutsche Sektion der Internationalen Juristen-Kommission e. V.” hat geantwortet | opablog

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