Wiederaufnahme(verfahren) im Mollath-Skandal – ein Kurzüberblick

Gastbeitrag von Richard Albrecht

(1) Unter bestimmten, eng definierten Voraussetzungen kann ein „rechtskräftig“ abgeschlossenes Verfahren erneut durchgeführt werden[1]: im Zivilprozeß, im Verwaltungs(gerichts)prozeß und im hier interessierenden Strafprozeß. Im „Fall Mollath“ gibt es inzwischen zwei einander kaum widersprechende, eher ergänzende, umfangreiche Anträge auf Wiederaufnahme, jeweils ans Landgericht Regensburg gerichtet: einmal den des Hamburger Strafverteidigers Dr. Gerhard Strate vom 19.2.2013[2]; zum anderen den der Staatsanwaltschaft Regensburg vom18.3.2013[3]. Der auch publizistisch wichtige Strate-Antrag enthält keine neuen Tatbestände. Sondern hebt ab auf die fehlende rechtliche Grundlage des Strafgerichts sowie seine ungenügende personelle Zusammensetzung und massive Amtpflichtsverletzungen, vor allem (inzwischen  strafrechtliche verjährte) mehrfache  berufsrichterliche Rechtsbeugung[4] des Vorsitzenden Landgerichters Otto Brixner. Dieser erste Antrag begründet damit einen „absoluten“ Wiederaufnahmegrund. Der zweite, staatsanwaltschaftliche Antrag vertritt ebenfalls die Wiederaufnahme zugunsten des Verurteilten. Er konzentriert sich auf drei neue Faktenbündel: Nachweise einer „unechten Urkunde“, von Falschaussagen eines Sachverständigen sowie einer Zeugin vor Gericht und Aussage eines neuen, diese belastenden Zeugen. Die Staatsanwaltschaft bleibt damit im instrumentellen Rahmen und äußerst sich, im Gegensatz zur Verteidigung, nicht zum Unrechtscharakter des Ersturteils vom 8.8.2006.

(2) In diesem Wiederaufnahmeverfahren fällt als entscheidende Besonderheit auf, daß es zwei sich nicht wesentlich widersprechende Wiederaufnahmeanträge gibt. Dies ist ein (soweit mir bekannt) erstauftretender oder Präzedenzfall in der Rechtsgeschichte des Freistaats Bayern überhaupt.

(3) Das strafprozessual-formalisierte Wiederaufnahmeverfahren besteht aus zwei Teilen: Aditions- und Probationsverfahren. Erst wird im Aditionsverfahren die Zulässigkeit der Anträge geprüft (§ 368 StPO). Wird die Zulässigkeit bejaht, wird im Probationsverfahren die Begründetheit geprüft (§ 369 StPO). Dann beschließt das Gericht nach § 370 (2) StPO, ob es eine neue Hauptverhandlung geben soll  o d e r  ob nach § 370 (1) StPO das Urteil ohne neue Hauptverhandlung aufgehoben wird. In beiden Fällen entfällt die Rechtskraft des Urteils, hier des fiktiven Freispruchs vom 8.8.2006[5] und damit auch die Grundlage für die Vollstreckung: Herr Mollath ist frei(zulassen).

(4) Die Urteilsaufhebung  o h n e  neue Hauptverhandlung ist deshalb formal angemessen, weil die 7. Strafkammer beim Landgericht Nürnberg-Fürth damals aus zwei Gründen kein „ordentliches Gericht“, sondern ein manipuliertes Schnellgericht Brixner´scher Prägung ohne „dritten Mann“ war: der Kammer fehlte erstens der/die dritte Berufsrichter/in; und zweitens hatte die Kammer sich als solche nicht durch den in jedem Fall erforderlichen Beschluß konstituiert. (Die genauen Nachweise finden sich im Wiederaufnahmeantrag Strates[6] sowie in dessen  Beschwerdebegründung [zum Strafantrag] vom 26.03.2013[7]).

(5) Im Übrigen erwarte ich von einer neuen sogenannten „Hauptverhandlung“ sowohl im allgemeinen als auch im besonderen Skandal-„Fall Mollath“ in den nächsten Jahren deshalb nicht (zu) viel „Aufklärung“, weil der Justizapparat in Bayern seit 2003 und damit zehn lange Jahre lang vertuscht hat und noch immer wie und wo auch immer er dies kann zu vertuschen versucht. Und hier, im autoritären Staatshandeln mit regierungs- und staatskriminellen Zügen[8], liegt der politische Skandal.

 

[1] Zum Wiederaufnahmeverfahren: Ekkehard Götze, Rechtslexikon (²1996: 326-327).

[2] http://www.strate.net/de/dokumentation/Mollath-Wiederaufnahmeantrag-2013-02-19.pdf

[3] http://www.strate.net/de/dokumentation/Mollath-Wiederaufnahmeantrag-StA-Regensburg-2013-03-18.pdf

[4] http://dejure.org/gesetze/StGB/339.html

[5]  http://www.gustl-for-help.de/download/2006-08-08-Mollath-Urteil-Landgericht.pdf

[6]  wie Anmerkung [2].

[7]  http://www.strate.net/de/dokumentation/Mollath-StA-Augsburg-2013-03-26.pdf

[8] https://opablog.net/2013/03/25/skandal-fall-mollath-zu-beginn-der-passionswoche/

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20 Antworten zu Wiederaufnahme(verfahren) im Mollath-Skandal – ein Kurzüberblick

  1. Sabine schreibt:

    Dieser Beitrag auf der Webseite zeigt, dass anscheinend kein grosser Aufklärungswille besteht:

    2013-03-27 Die Staatsanwaltschaft Nürnberg teilt RAin Lorenz-Löblein mit, dass der von der Generalstaatsanwaltschaft München übersendete Vorgang in die Berichtshandakte aufgenommen wurde, weil er weder für das Vollstreckungs- noch das Wiederaufnahmeverfahren von Bedeutung sei. In die Berichtshandakte sei eine Einsichtnahme nicht vorgesehen. Es wird angeregt, dass sich RAin LL direkt mit dem Hinweisgeber in Verbindung setze.

    Oder warum wurde ein Vorgang von einem Hinweisgeber in die Akte mit innerbehördlichem Schriftverkehr geheftet? Gibt es da noch Vorgänge, von denen nur wenige Eingeweihte wissen? Gibt es noch andere Akten, von denen noch weniger Leute wissen? Wieviele Leute bei der Justiz haben überhaupt Zugang zu allen Akten im Fall Mollath?

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    • fassungsloser Durchschnittsbürger schreibt:

      Hochinteressant ist doch schon allein, dass es anscheinend üblich ist, irgendwelche Beiakten zu führen, die eigentlich für den innerbehördlichen Schriftverkehr bestimmt sind, in denen aber anscheinend auch andere, als „unwichtig“ qualifizierte Vorgänge deponiert werden können, wenn es denn opportun ist.

      Strenggenommen müsste man diese Akten deshalb als „Geheimakten“ bezeichnen, weil außer dem Aktenführer eigentlich niemand weiß, was dort verschwindet, und weil auch keine Akteneinsicht möglich ist.

      Dass man den Schöffen möglichst wenig Informationen gibt, obwohl sie auch „Richter“ und damit Entscheidungsträger sind, ist ja schon hinlänglich bekannt. Im Fall Herrn Mollaths wurde dies durch den Schöffen Heinz Westenrieder bereits im Dezember 2011 (!) beanstandet:

      „Ich habe damals die Unterlagen nicht zu sehen bekommen, die ich heute kenne“, sagte der frühere Schöffe, „wo immer diese seinerzeit auch waren.“

      http://www.nordbayern.de/nuernberger-nachrichten/region-bayern/freie-wahler-wollen-psychiatrie-fall-neu-aufrollen-1.1725334

      Wo immer diese seinerzeit auch waren …

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    • Reinhard Treudler schreibt:

      Ich habe beruflich mit Recherchen zu tun und bin der Hinweisgeber. Ich habe mich dem Unterstützerkreis von Herrn Mollath angeschlossen, weil ich persönlich von der Bundesjustizministerin und der bayerischen Justizministein Frau Merk angegriffen werde bzw. nicht die geringste Unterstützung in eigener Sache erhalte. Es geht hier um so eine Art Juristen-Club (gemeinnütziger Verein), dem geheime Richter auf dem Gebiet des Marken-, Wettbewerbs- und Patentrechtes angehören. Ebenso gehören Prozessgegner diese dubiosen Verein an.

      Von diesem Verein werde ich seit Jahren angegriffen und als (prozessunfähiger) Querulant, Verschwörungstheoretiker (Staatsanwaltschaft München) usw. bezeichnet, weil ich inzwischen dreimal geklagt habe, der Öffentlichkeit die aktiven Richter offenzulegen, die ihre Mitgliedschaft in dem Verein verschweigen.

      Als ich von dem Fall von Herrn Mollath im Dez. 2012 über das Internet Kenntnis erlangt habe, war ich zusätzlich entsetzt. Deshalb habe ich eine Recherche zur Befangenheit des Richters B. und dem Gutachter L. vorgenommen (Stand Feb. 2013). Es wurden zahlreiche Presseberichte und Patentschriften ausgewertet. Insbesondere, dass Reifen nicht platzen können. Ein Teil dieser Recherche (55 Seiten) ist dem Opablog-Aufsatz „Mollaths Reifenstecheri“ zu entnehmen.

      Die Unterlagen wurden von mir an die Generalstaatsanwaltschaft München gesandt und gingen an die Staatsanwaltschaft Nürnberg, die die Unterlagen wohl als unwesentlich eingestuft hat. Armes Deutschlang, kann ich da nur sagen.

      Dipl.-Ing. Reinhard Treudler

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      • Legis schreibt:

        Sehr geehrter Herr Treudler,

        hochinteressant, was Sie hier schrieben: „…Es geht hier um so eine Art Juristen-Club (gemeinnütziger Verein), dem geheime Richter auf dem Gebiet des Marken-, Wettbewerbs- und Patentrechtes angehören. Ebenso gehören Prozessgegner diese dubiosen Verein an….“

        Frage: Gehört auch der Sohn des ehemaligen Bundespräsidenten Herzog… ein Patentanwalt in München dazu?

        Ich denke, dass Sie genau „ins Schwarze“ getroffen haben.
        Ich würde gerne noch mehr über diese dubiosen…. Agreements erfahren…!
        Mit freundlichem Gruß
        Legis

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      • Rueckgrat schreibt:

        Hallo Herr Treudler,
        meine Neugier zu dem von Ihnen betitelten Juristen-Club ist ebenfalls mehr als geweckt. Bei der Auswertung der mittelfränkischen Rotarier ist mir aufgefallen, dass gerade die Patentanwälte im Vergleich zu anderen „Fachanwälten“ überdurchschnittlich stark vertreten sind.

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      • Reinhard Treudler schreibt:

        Hallo, Legis und Ruekgrat,

        wer alles in dem dubiosen Club Mitglied ist, weiß ich nicht. Die Mitgliederliste wird aus Datenschutzgründen geheim gehalten. Ich möchte nur nicht, dass der Fall von Herrn Mollath wegen meiner ‚Sache irgendwie verzögert wird. Dennoch hat mein Fall und der von Herrn Mollaht zahlreiche Parallelen. Im Jahr 2000 wollte man jemanden aus meinem Fall kriminalisieren und einsperren, um ihm besser berauben zu können. Das konnte zumindest verhindert werden. Deshalb war ich entsetzt, weil es noch so eine Fall, den von Herrn Mollath gibt.

        Es sind immer die gleichen Strukturen: Man sucht sich einen redlichen Verein, Club Burschenschaft usw., der/die dann als Deckmantel für rechtswidrige Handlungen missbraucht werden. Wenn man auf die „braunen“ Stellen in dem Verein hinweist, greift man auf die Apfel-Methode zurück. Der Apfel wird auf die leckere Seite gedreht und der Hiweisgeber als Querulant abgestraft.

        Die Bundesjustizministerin ist oder war Mitglied in diesem dubiosen Verein, der kein Golf-Club, sondern sich mit Rechtsfragen befasst. Die Frau LS läßt in neuen Gesetzen vorsätzlich Lücken, die dann von den Richtern in diesem Verein zum Nachteil der Allgemeinheit und zum Vorteil von Vereinsmitgliedern per Richterrecht geschlossen werden.

        Wenn Sie mehr wissen wollen, schauen Sie sich auf den BGH-Internetseiten folgende Entscheidungen an: PatAnWZ 3/11 und PatAnwWSt(B) 1/11 an. In der Sache PatAnWZ 3/11 ging es in der dritten Klage um die Herausgabe der Vereinsliste. An der Entscheidung, dies zu verweigern, hat der GRUR-Vize-Präsident S. des Vereins mitgewirkt – und das beim BGH!!!. Der Vize-Präsident S. konnte „rückwirkend“ als befangen abgelehnt werden.

        Ich habe auch den BGH-Fall I ZR 58/00 (vgl. BGH-Seiten) „aufgedeckt“. Der Verein hatte eine Kölner Internetfirma C. bis zum BGH verklagt. Die Sache musste zum I. BGH-Senat gehen, der mit BGH-Richtern besetzt ist, die bisher heimlich Mitglied in dem Verein sind. D.h., die wollten in eigener Sache (Verein v. Firma C.) entscheiden. Erst auf meine Anfrage nach dem BGH-Aktenzeichen wurde die Selbstablehnung angezeigt, was zu dem BGH-Beschluss I ZR 58/00 führte.

        Die Vertreter des I. Senat aus dem X. BGH-Senat konnten gleichfalls nicht entscheiden, weil sie geheime Vereinsmitglieder sind. Folglich ging die Selbstablehung an die Vertreter des X. Senats. Die Firma C. ist wohl inzwischen in Konkurs gegangen, weshalb man beim BGH nach meinem Kenntnisstand nicht mehr entscheiden musste.

        Diese Vereins-Mißbrauch könnte man leicht beseitigen, wenn alle Vereine ihre Mitgliederlisten offenlegen müssten. Wer in einem redlichen Verein ist, muss doch nicht verschweigen, dass er diesem Verein angehört. Aber dann könnte man nicht mehr mauschel.

        Viele Grüße aus dem Taunus

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      • Rueckgrat schreibt:

        @Reinhard Treudler
        vielen Dank für Ihre Ausführungen, insbesondere zu
        „Die Frau LS läßt in neuen Gesetzen vorsätzlich Lücken, die dann von den Richtern in diesem Verein zum Nachteil der Allgemeinheit und zum Vorteil von Vereinsmitgliedern per Richterrecht geschlossen werden“.

        Es ist für mich heute mehr als ersichtlich, dass diese Praxis insbesondere auch bei der Steuergesetzgebung in den vergangenen 30 Jahren eine entprechende Anwendung (mit Vorsatz) gefunden hat. Die Stellschrauben werden neu justiert, auch davon bin ich überzeugt. Allerdings lassen sich über jahrzehnte festgefahrene und unter starken Einfluß stehende Strukturen nicht von heute auf morgen korrigieren.

        So ist m.E. weder das gestern „aus dem Nichts“ in der Öffentlichkeit aufgetauchte OffshoreLeak aufgrund einer vor über einem Jahr von einer unbekannten Person übermittelten Festplatte an den ICIJ ein Zufall, genauso wenig wie der vor über 1 Monat ausgestrahlte Bericht im ZDF „Flucht in die Karibik“
        http://www.heute.de/Die-Hatz-ist-er%C3%B6ffnet-27357800.html?tabNo=1
        oder der plötzlich aufgetauchte Revisionsbericht der HVB i.S. Mollath.

        Wären Sie damit einverstanden, wenn wir über „opa Kranich“ unsere Kontaktdaten austauschen?

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      • Reinhard Treudler schreibt:

        Hallo, Rueckgrat,

        ich würde mich freuen, wenn wir über opablog Kontakt aufnehmen könnten. Sie können mir auch eine kurze Nachricht per Post : Postfach 1506, 65719 Hofheim schicken.

        Meine Kenntnis über das vorsätzlich Lücken lassen bezieht sich nur auf Marken- Wettbewerbs- und (Patent)-Recht. Die gesamten (Abzocker)-Abmahnungen, unter denen insbesondere ältere Bürger zu leiden haben, gehen auf die Lücken zurück, die Frau LS vorsätzlich gelassen hat, damit ihre Anwaltskollegen kräftig Honorare kassieren können.

        Wenn die Partei der Frau LS dann wieder einmal kurz vor dem Niedergang steht, fällt ihr dann publikumswirksam ein, man müsse etwas gegen die Massen-Abmahnungen wegen Pipi-Kram (mangelhaftes Impressum usw.), unternehmen. Hierunter hat die gesamte bundesdeutsche Wirtschaft zu leiden.

        Man müsste nur von allen Anwälten verlangen, dass vor einer kostenpflichtigen Abmahnung eine Berechtigungsanfrage an das Abmahnopfer gesandt wird. (Kostenfreie)Berechtigungsanfragen gibt es seit langem, nur daran verdient ein Anwalt nichts, wenn das Abmahnopfer sein (angebliches) Fehlverhalten beendet.

        Deshalb wird von den Abmahnanwälten sofort eine kostenpflichtige Abmahnung „reingedonnert“ und eine Honorarforderung angehängt. Weil man dann meistens vor dem Landgericht als Abmahnopfer einen eigenen Anwalt (Vertreterzwang) benötigt, freut sich selbst verständlich der Anwaltskollege des Abmahnopfers über den Streitwert, den der Abmahn-Anwalt (frei Schnauze) in die Höhe getrieben hat.

        Und wo werden zahlreiche Abmahnungen vor Gericht bearbeitet, von den Richtern entschieden, die in dem dubiosen xxxx-Verein hocken und dort zusammen mit den Abmahnanwälten heimlich Mitglieder sind.

        Von allem will die Frau LS keine Kenntnis haben. Die Dame sollte zurücktreten, weil Sie nach meiner Meinung für die bundesdeutsche Volkswirtschaft nicht gerade förderlich ist.

        Ich freue mich, wenn der Kontakt zustande kommt.

        Schönes Wochenende

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  2. @ Sabine

    So ist es. Auch nach genauer Durchsicht der letztbeiden Texte von Dr. Strate http://www.strate.net/de/dokumentation/Mollath-Wiederaufnahmeantrag-2013-02-19.pdf [und] http://www.strate.net/de/dokumentation/Mollath-StA-Augsburg-2013-03-26.pdf gibt´s „Fragen über Fragen“ (Bertolt Brecht).

    Es ist kein Geheimnis, daß ich auch nicht erst seit vorgesternmittag vermute (mal als schlichte wissenschaftliche Arbeitshypothese formuliert): beide „Anklageschrift“[en vom 230903 ans Amtsgericht Nürnberg und vom 100605 ans Landgericht Nürnberg-Fürth] sind im strafprozessualen Sinn http://dejure.org/gesetze/StPO/200.html ; vgl. Hermann Avenarius, Die Rechtsordnung der Bundesrepublik Deutschland. Neuauflage Bonn ³2002: 172 ff.; eingehender http://herberger.jura.uni-sb.de/ref/strafprozessrecht/Rat-8.html ) gar keine, genauer: sie hätten von einem der amts- und landesgerichtlichen Berufrichtern als Grundlage der öffentlichen Anklage von Herrn Mollath n i e m a l s zugelassen werden dürfen.

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  3. Dian schreibt:

    „kein grosser Aufklärungswille“ – wie bitte? Dazu fällt mir nur ein: „Den Hund zum Jagen tragen müssen“, denn „á Hund is a scho“ heißt’s doch wohl auf schlecht Bayrisch!

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  4. Legis schreibt:

    Mit der anderen Vorgehensweise der Staatsanwaltschaft Regensburg, will diese offensichtlich erreichen, dass die Haftung nicht auf die Justiz übergeht, sondern auf die „Täter“ der Falschaussagen …. usw.

    Deshalb auch die Entscheidung in Augsburg – gegenüber Brixner.

    Damit will die Justiz offensichtlich verhindern, dass durch einen „Unrechtscharakter des Ersturteils des damaligen Richter Brixner“ – „Haftungsansprüche von Gustl Mollath“ gegenüber dem Staat gestellt werden können.

    Die Entschädigungssummen des Staates würden sich somit sehr in minimalsten Grenzen halten…. und Gustl Mollath müsste die Entschädigung von den „Tätern u.a. seine geschiedene Ehefrau“ einklagen…

    Die Frage: Ist bei denen noch etwas zu holen? Oder haben die ihr Geld bereits auf die Inseln verschoben?

    Meine Meinung: Exakt diese Taktik der Justiz ist erkennbar.

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    • Sabine schreibt:

      Dies wird der Grund sein, warum die Sachbeschädigung in beiden Wiederaufnahmeanträgen ausgelassen wurde. Bei der Sachbeschädigung scheint die Verurteilung auf einseitig geführte Ermittlungen zurückzuführen sein. Damit liegt Staatshaftung vor. Mit dem juristischen Manöver von Strate, keine Eröffnung der Hauptverhandlung, könnte eine Entscheidung diesbezüglich entfallen …

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    • Dian schreibt:

      Das wäre mir neu, dass es pekuniäre oder hier fiskalische Erwägungen geben soll. „Knete“ kann beliebig viel gedruckt werden, auf ein paar Millionen – Steuergroschen – kommt es nicht so sehr an.

      Schwerer wöge schon ein amtlich, etwa per Gerichtsurteil verbrieftes Versagen der Justiz. Welchen Glauben sollten die Menschen denn sonst noch in diesem Staat haben?

      Das Eis würde immer brüchiger …

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  5. Conflictcam schreibt:

    Der eigentliche Skandal zeichnet sich wohl hinter dem Fall Mollath ab, da gibt es Beiakten, Handakten, Geheimakten allerei nebulöse Üblichkeiten kommen ans Licht. Es wird langsam klar wie unterhalb der hochgerühmten Selbstkontrollmechanismen der vorgeblich unabhängigen Justiz, unterhalb des Radars von Öffentlichkeit und Presse allerlei Eigenleben von Eliten entsteht.

    Wie sagte der berühmte Verleger und Journalist Joseph Pulitzer: „Es gibt kein Verbrechen, keinen Kniff, keinen Trick, keinen Schwindel, kein Laster, das nicht von Geheimhaltung lebt. Bringt diese Heimlichkeiten ans Tageslicht, beschreibt sie, macht sie vor aller Augen lächerlich. Und früher oder später wird die öffentliche Meinung sie hinwegfegen. Bekannt machen allein genügt vielleicht nicht – aber es ist das einzige Mittel, ohne das alle anderen versagen.“

    Es wirkt inzwischen zunehmend als würde eine vollständig ertappte Justiz in Bayern und Hessen versuchen zu retten, was längst nicht mehr zu retten ist.

    Im Hinblick auf karibische Deals, Finanzmafiosi, Bankster, Ganoven und ihre willfährigen Büttel, in Bezug auf ausgeeinzelte und strukturell politisch verfolgte hessische Steuerfahnder, Bankenkritiker fällt mir Aristoteles ein: „Immer sind es die Schwächeren, die nach Recht und Gleichheit suchen, die Stärkeren aber kümmern sich nicht darum.“

    Fazit: Ohne Öffentlichkeit wäre wohl gar nix passiert. Ohne stetig weiter wachsenden Druck für mehr Transparenz, ob bei #NSU #Geheimakten #Geheimdienst #V-Mann Kriminalität #Mollath isierungen, Zwangsgbegutachtungen von #Steuerfahndern, ohne täglich weiter wachsenden Druck zur Reform unserer Justiz wird es wohl weiter tausenderlei Unrecht geben, unterhalb des Radars von Öffentlichkeit und Presse.

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  6. H. Heine schreibt:

    @ Sabine

    Warum meinen Sie, die Strategie „keine Eröffnung der Hauptverhandlung“ sei ein „juristisches Manöver von Strate“?

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  7. Joachim Bode schreibt:

    Die bayerische Justiz wird sich an Wiederaufnahmeanträge gewöhnen müssen – nach dem Verfahren um den Tod des Bauern Rudi Rupp jetzt das Verfahren um Mollath, das zumindest ebenso spektakulär daher kommt. Weitere zeichnen sich ab, z.B. um den Fall Peggy.

    Die bayerischen Politiker, vor allem das Justizministerium unter Leitung von Dr. Beate Merk, haben alles Erforderliche dafür getan:
    Neben der Auswahl der Richter und Staatsanwälte nach politischem Gusto – sprich: CSU-Nähe – spielen fachliche und charakterliche Eignung der Juristen wohl nicht die entscheidende Rolle bei einer erfolgreichen Bewerbung und auch Beförderung auf eine Richter- oder Staatsanwaltsstelle.
    Nicht ohne Grund verzichtet Bayern abweichend von den anderen Bundesländern auf die Mitwirkung des Parlaments bei der Kandidatenauswahl. Diese behält sich vielmehr das Justizministerium allein entscheidend vor. Damit gerät die angeblich unabhängige „Dritte Gewalt“ in direkte Abhängigkeit von der Exekutive, eine verfassungsrechtlich höchst bedenkliche Situation, die allerdings in Diktaturen üblich ist.
    So geht es dann weiter mit dem sogenannten Rotationssystem, wenn Staatsanwälte und Richter schon fast turnusmäßig untereinander die Plätze tauschen. Beförderungen erscheinen damit schnell als Belohnung für Anpassung und Kritiklosigkeit. Die vom Gesetz verlangte Unabhängigkeit im Beruf zeigen nur die wenigsten Staatsjuristen, wenn sie nicht mehr befördert werden wollen.
    Vor diesem Hintergrund sind die Fehlleistungen der Justiz, die in den oben genannten Fällen atemberaubend zu Tage treten, ohne große Anstrengungen nachvollziehbar. Einleuchtend auch die unter diesen Bedingungen klar hervortretende Unfähigkeit und der Unwillen, Fehler einzuräumen und zu korrigieren – selbst wenn sie offensichtlich sind. Unglaublich ist in diesem Zusammenhang, welch großer öffentlicher Druck aufgebaut werden musste, bis sich die Staatsministerin und die Staatsanwaltschaft widerwillig zu dem jetzt endlich gestellten Wiederaufnahmeantrag herabgelassen haben. Dass dieser Antrag dann von der Justizverwaltung in seiner inhaltlichen Schärfe mehr oder weniger „kastriert“ worden ist, verwundert dabei kaum noch.
    Die Justiz in Bayern hält konsequenten Kurs auf Kollaps, hauptsächlich zu verantworten von der Personalpolitik des Justizministeriums.
    Die Bayern und die weniger betroffenen Nicht-Bayern können sich in den nächsten Monaten und Jahren auf Einiges gefasst machen.

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  8. @Bode

    InfoDank, lieber Herr Joachim Bode, die von Ihnen herausgearbeiteten Besonderheiten im bayr. Justizapparat hab´ ich registriert: Direkternennung von Berufsrichtern durchs Just.min. und Rotationen zwischen den „Gewalten“ bei Berufsrichtern, Staatsanwaälten, leitenden Min.bürokraten im Just.min. Das ist freilich nur die formelle Seite des materiellen Kerns: des im autoritären Freistaat nach wie vor ungebrochenen „Juristenmonopols“ (Ralf Dahrendorf) in der Staatsverwaltung. Und wenn´s gegen potentiell bedrohliche Dissenter wie seit 2003 gegen Mollath geht: gibt´s immer noch genug willfährige Psychoideologen[1], die fürs „Verräumlichen“ der angeblichen „Querulanten“ sorgen…

    In Erinnerung an Frankfurter oder hessische oder Düsseldorfer oder nordrhein-westfälische Verhältnisse und auch speziell mit Blick auf die „Beleidigungsfarce“ Oiskirchen (NRW 2004/06)[2] darf ich als damaliger „Justizangehöriger“ (so die RiStBV-Bezeichnung) auf Alltägliches, Gewöhnliches und in ganzdeutschen Strafprozessen typischerweise Ablaufendes aufmerksam machen: im Sommer 2005 hatten die NRW-Soziamigos mir ´n Referenten auss´m Just.min., weil´s AG Euskirchen keinen „gesetzlichen Richter“ mehr für mich hatte und weil im NRW-Just-min. infolge Regierungswechsel Posten zu räumen waren, durch Versetzung zugespielt (der´s jetzt ´n Kreis weiter AG-Direktor[3]). Auch damals gab´s eine berufsrichterliche Denunziation eines konfliktorischen Strafverteidigers. Auch bei diesem gegen mich inszenierten „Fall“ hatte der „Dezernatsleiter“ zunächst versucht, mir´n Verbrechen[4] unterzuschieben – auch wenn dann schlußendlich nur so phantomischer wie unterwertiger Justizdreck[5] herauskam. Auch hier kam aus der Bundesstadt eine „Anklageschrift“[6] genannte Polemik gegen mich als Beschuldigten, die in einem rechtstaatlichen Verfahren niemals zur Eröffnung eines Strafverfahrens hätte führen dürfen. Auch gegen mich gab´s (mindestens) eine nachweisliche berufsrichterliche „Amtspflichtverletzung“ (Dienstgeheimnisverrat[7]). Auch ich war im Sommer(ferien)termin im August 2005 schlußendlich „unverteidigt“ u.a.m. …

    [1] Zur grundlegenden Kritik am Menschenbild vgl. zwei Zeitschriftenbeiträge von Wilma Ruth Albrecht, Psychologie ohne Logos; in: Topos 31/2009 [und] in: Aufklärung & Kritik II/2009.

    [2] http://www.beleidigungsfarce.de (als Grunddokumentation; mehr für „die Nachgeborenen“ im PARABELLUM: http://wissenschaftsakademie.net Seite 17).
    [3] http://www.ag-koenigswinter.nrw.de/wir_ueber_uns/behoerdenleiter/index.php [und] http://www.general-anzeiger-bonn.de/lokales/region/Richter-Im-Jugendstrafrecht-zaehlt-der-Erziehungsgedanke-article184231.html
    [4] http://dejure.org/gesetze/StGB/164.html
    [5] http://dejure.org/gesetze/StGB/185.html
    [6] http://ricalb.files.wordpress.com/2011/12/anklageschrift.pdf
    [7] http://dejure.org/gesetze/StGB/353b.html

    Mit bestem Gruß
    Richard Albrecht, 050413
    http://eingreifendes-denken.net

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  9. Heine schreibt:

    @Spürnase

    So ganz kann ich Ihnen nicht folgen. Die Damen und Herren AR in Rheinbach sind jeweils im Rat dortiger Stadt (NRW) stellvertretende beratenden Ausschussmitglieder (keine Parteileute), es wäre denkbar, daß die Satzung des Rats der Stadt vorsieht, daß sie dies nicht als Person(en), sondern als „Amtsträger“ (AR) sind. Wäre es so, müsste dies auch dann entsprechend kritisiert , skandalisiert und weggeklagt werden.

    Was Ihr Netzurteil betrifft scheint der Herr AR nicht rechnen zu können: wenn er das Monatseinkommen unerlegt und Sie keins haben – ergeben auch zwanzig Tagessätze 0 € (Null Euro).

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    • Spürnase schreibt:

      Ob die Parteimitglieder sind ist irrelevant. Entscheidend ist deren Mitgliedschaft im Rat (=Exekutive) bei gleichzeitiger Tätigkeit als Richter (=Judikative). § 4 (1) DRiG ist da eindeutig.

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