Ich erlaube mir, einen Kommentar, den ich in Gabriele Wolffs Blog geschrieben habe, hier als selbständiges Posting einzubringen. Er steht dort im Zusammenhang mit Glückwünschen an die Journalisten der SZ Przybilla und Ritzer, die für ihre Mollath-Serie den Journalistenpreis erhalten haben
„Auch ich freue mich über den Preis für die beiden Journalisten der SZ. Die SZ ist die einzige Zeitung mit einiger Reichweite, die den Mollath-Skandal aufdeckt. Interessant, die SZ hat eigentlich regionale Reichweite, wird aber auch bundesweit wahrgenommen. Kein Presseorgan bundesweiter Reichweite deckt den Mollath-Skandal auf, im Gegenteil.
Die Rolle=Verdienste Kasperowitschs sind fast nur den Mollath-Untertsützern bewußt. Er hat die Initialzündung gebracht mit der Veröffentlichung des Revisionsberichtes der Bank im November 2012.
Über Preise lohnt sich etwas offensiver nachzudenken:
Warum schaffen/stiften wir, sprich alle Mollath-Unterstützer, keinen “Preis für Verdienste gegen Willkür in der deutschen Justiz und Psychiatrie”, jährlich zu vergeben? Wer hindert uns daran? Würden wir etwa nicht paar tausend Euro/Jahr aufbringen können? Oder würden wir nicht genug Anwärter für den Preis finden? Ich bin sehr dafür, solchen Preis zu schaffen.“
Zur Vorgeschichte:
Im Nürnbergwiki hatte Manfred Riebe Gustl Mollath für den Menschenrechtspreis der Stadt Nürnberg vorgeschlagen. Ich hatte hier davon berichtet. An diese Idee schlossen sich verschiedene Diskussionen an, die mich letztlich auf die Idee brachten, daß aus der Mitte der Mollath-Unterstützer ein selbständiger Preis gestiftet werden könnte. Dabei habe ich auch im Hinterkopf, daß sich Gustl Mollath immer auch für weitere Psychiatrieopfer einsetzt und die Solidarität nicht auf sich allein beschränkt sehen möchte.
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Update 16.3.2013:
Von der Idee bis zu ihrer Verwirklichung ist es sicher ein langer Weg. Viele Fragen sind zu beantworten.
Mir erscheint wichtig, daß es den Preis für Verdienste um die Geltung der Menschenrechte und gegen ihre Verletzung in und durch Justiz und Psychiatrie gibt und zwar ausschließlich soweit es Deutschland betrifft. Wie ich überhaupt der Meinung bin, daß Verteidiger der Menschenrechte zuerst „vor ihrer eigenen Tür kehren sollten“. Es geht also sowohl darum, gegen Rechtsfehler/Rechtsbeugung/Willkür bei der Anwendung bestehender Gesetze Stellung zu nehmen, als auch gegen gültige Regelungen und Gesetze, die selbst Menschenrechte verletzen (bzw. dem zumindest Vorschub leisten).
– Den Geltungsbereich auf Deutschland zu beschränken, soll andererseits nicht bedeuten, daß nur Deutsche PreisträgerInnen sein könnten.
Als organisatorischen Träger kann ich mir einen bestehenden Verein vorstellen oder einen neu zu schaffenden. Der Verein sollte nicht zuletzt für die Wahrnehmung des Preises in der demokratischen Öffentlichkeit wirken. In jedem Falle sollten Mindestanforderungen an seine demokratische Kultur und Transparenz erfüllt sein. Dazu zähle ich:
– Eine klare Position gegen politischen Extremismus und Populismus
– Jeder/jede, der die Ziele und Satzung des Vereins anerkennt, muß Mitglied in dem Verein werden dürfen.
– Jedes Vereinsmitglied, das seinen Beitrag bezahlt hat, hat (eventuell nach Ablauf einer Sperrfrist), eine Stimme bei der Aufstellung der Kandidaten für den Preis und bei der endgültigen Entscheidung über den Preisträger/die Preisträgerin.
– Der Verein sorgt dafür, daß in den Diskussionen im Vorfeld der Preisverleihung Fachkompetenz zur Geltung kommt.
– Die Herkunft der finanziellen Mittel für den Preis wird offen gelegt. Es ist auch an die Möglichkeit des crowdfunding zu denken.
– Der Preis sollte jährlich vergeben werden. Der Geldbetrag, Beispiel 5000,-€, könnte mit einem zweiten Betrag gekoppelt werden, der direkt zur Unterstützung von Opfern von Justiz- oder Psychiatriewillkür eingesetzt wird.
Falls sie die Antwort von Amnesty International vor einiger Zeit in dem Blog von Frau Wolff gesehen haben, wissen Sie, dass AI kein Interesse zeigte, in diesem Fall von Gustl Mollath aktiv zu werden (Bei Pussy Riot schon). Ich habe nicht das Gefühl, dass es viele größere Menschenrechts-Preise oder -Vereinigungen in und für D gibt, es wird lieber in die anderen Länder geschaut (was ja auch ok ist).
Dennoch könnte man sowas entweder in eine eigene Gruppe eines großen Namens wie AI aufhängen oder in einen Verein, der schon in dieser Richtung arbeitet, wie die Walter-von-Baeyer-Gesellschaft für Ethik in der Psychiatrie e.V. mit Dr. Weinberger. Dies hätte den Vorteil, dass man schon auf ein Expertenteam in dieser Richtung setzen kann, dieses erweitert und den Preis finanziert.
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An diese Gesellschaft als Träger hatte ich auch schon gedacht. Ein sog. grosser Name, wie ai, schwebt mir eher nicht vor. Zu denken wäre auch an den Mollath-Unterstützerkreis selbst, als e. V. organisiert. Siehe den Verein, der die Spenden für Mollath bestätigt.
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Vereinsgründung, -führung, -netzwerken, PR etc. ist schon recht aufwändig. Ich kann nicht genau sagen, wieviele aus dem Unterstützerkreis diese Zeit, die man investieren muss und sollte, aufbringen könnten.
Für meinen Teil könnte ich in dem Umfang, wie ich hier kommentiere, nicht arbeiten, da das für mich gerade eine Ausnahmesituation ist, in der ich die Arbeit teilweise etwas zurückstelle.
Sich an einen bestehenden Verein „dranzuhängen“, der auch in dem Fall von Gustl Mollath schon sehr beeindruckend und energisch und kompetent aufgetreten ist, halte ich für sehr machbar. Ich würde natürlich auch gerne finanziell zu einem zu vergebenen Preis oder grundsätzlich zu den Finanzen des Vereins beitragen wollen.
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Wie wäre es wenn man Gustl Mollath selbst diese Aufgabe anvertrauen würde (so er denn will) wenn er endlich frei kommt?
Ich denke er wäre eine exzellente Besetzung nach allen Interviews die ich mit ihm gesehen habe.
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Noch was zur Menschenrechtsgesellschaft in Nürnberg:
Ich hatte vorhin auch kurz überlegt, dass es interessant wäre, einen Preis oder Filmfestival im Bereich Film/Dokumentation zu diesem Thema auf die Beine zu stellen, da ich in dem Bereich ein wenig tätig bin. Die ARD Dokumentation „Wenn der Staat zum Täter wird“ fällt mir da sofort ein.
http://mediathek.daserste.de/sendungen_a-z/799280_reportage-dokumentation/13126316_unschuldig-in-haft-wenn-der-staat-zum-taeter
Dazu bin ich dann wieder auf Nürnberg gestoßen:
http://www.nordbayern.de/nuernberger-zeitung/nz-kultur/das-menschenrechtsfilmfestival-nurnberg-1.1512858
Aber auch dort wird wieder nur auf andere Länder (Ägypten) oder andere Zeiten (NS) geschaut.
Bestätigt mal wieder den Irrglauben, wir würden hier auf einer Insel der Seeligen wohnen.
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Gute Idee, die wirklich den Namen verdient, wenn wir sie umsetzen! Ich bin dabei und würde auch auf ein Konto „Hilfe für Gustav Mollath“ eine Spende überweisen, nach seiner (baldigen?)Entlassung wird er auch materielle Unterstützung vom Freundeskreis benötigen: die staatlichen Mühlen mahlen sicher auf niedrigen Touren!
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über diesen Blog bin ich vor einiger Zeit auf die
>Die Bundesarbeitsgemeinschaft Psychiatrie-Erfahrener<
gestoßen, die ich im hier angesprochenen Sinn für sachlich Kompetent halte. Andererseits ist m M n mehr als nur angemessen, einen solchen Preis, wenn er denn geschaffen wird, dauerhaft mit dem Namen GUSTL MOLLATH zu verbinden.
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„Gustl Mollath-Preis“ fände ich auch einen guten Namen. Natürlich müßte er aber erst einmal einverstanden sein, was ich nicht für selbstverständlich halte. Die ihn kennen heben seine Bescheidenheit hervor.
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Er hat sich aber auch auf den Straßen von Nürnberg für sehr gute Ziele eingesetzt!
Wenn es um Gerechtigkeit geht dann kennt er keine Bescheidenheit.
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Link zur Bundesarbeitsgemeinschaft Psychiatrie-Erfahrener
http://www.die-bpe.de/
und zur ganz wichtigen PatVerfü !!!
http://www.patverfue.de/
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Ich finde das keine so gute Idee.
Ganz einfach deshalb, weil man gar nicht alle Opfer der Justiz erfassen kann. Und wir sehen ja alleine an dem Fall, der öffentlich ausgebreitet ist, wie sonst wohl kaum ein Fall, wie sich die Justiz dagegen sträubt, Gustl Mollath als Opfer zu sehen.
Wie sollen da Unterstützer für andere Fälle gefunden werden, wenn nicht auch wiederum die Presse mitzieht. Vor allem, wo zieht man die Grenze?
Ulvi K ist klar, der braucht die Unterstützung einer breiten Öffentlichkeit auch. Aber dann wird es schon eng, weil die anderen Fälle viel zu wenig bekannt sind.
Manche werden erst gar nicht bekannt, weil sie mit Suizid enden, bevor jemand die Hand zum Widerspruch erheben kann.
Tatsache ist vielmehr, dass die Justiz zu einem Selbstreinigungsprozess bereit sein und ihre Entscheidungen immer selbst noch einmal auf den Prüfstand stellen sollte, damit so etwas nie wieder vorkommt.
Einführung von Wortprotokollen in allen Verfahren wäre da schon mal ein Anfang. Ebenso, dass der BGH nicht nur auf Rechtsfehler, sondern auch auf Verfahrensfehler hin überprüfen muss.
Robert Stegmann
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Ich sehe das Ziel eines solchen Preises nicht direkt in der Unterstützung von Opfern, sondern in der Würdigung von Leistungen gegen Fehlverhalten und Willkürakte von Justiz und Psychiatrie. Um es an Personen zu verdeutlichen: Ulvi K. wäre kein Kandidat für diesen Preis. Gabriele Wolff schon. Gustl Mollath auch. In ihm vereinigen sich das Opfer und der Kämpfer dagegen in einer Person.
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„JuPsyWi“ – ein Preis „gegen“(!) Justiz- und Psychiatriewillkür (schlechter Titel des Artikels ganz oben) – im dortigen Text dann besser: einen für Verdienste um die (leider notwendige) Verhinderung von Justiz- und Psychiatriewillkür bzw./und/oder die Unterstützung von Opfern der Justiz- und Psychiatriewillkür – der könnte dann auch zu Ehren des gerade letztes Jahr erst verstorbenen Vordenkers, des Ungarn Thomas Stephen Szasz, dessen Namen tragen … ( http://www.szasz-texte.de/ )
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Hallo Dian,
ich habe Ihren besseren Titelvorschlag gleich in die Überschrift des Postings übernommen.
Danke!
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Die Justiz wird keinen Selbstreinigungsprozess wollen, da kann man nichts machen. Jeder würde gern in einem Umfeld tätig sein in dem seine Fehler nicht transparent werden. Hier kann nur die Politik was ändern. Man könnte eventuell was über Abgeordnetenwatch initiieren.
Aber im Falle eines Preises könnte man ja eventuell die SZ involvieren?
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@Opa
Zu dem Update vom 16.3.:
Ich finde es sehr gut, dass Sie schon konkreter werden.
Wenn Sie mich fragen würden, dann liegt mir gerade der Fokus auf forensiche Psychiatrie am Herzen.
Justizopfer sind sehr tragisch, das Thema aber aus meiner Sicht etwas präsenter in der öffentlichen Wahrnehmung als die Kombination mit der Psychiatrie.
Dort sehe ich auch den größten Handlungsbedarf und die größten Gefahren, da in dem Bereich auch die Befugnisse durch die Novelierungen der Gesetze bzgl. Zwangsmaßnahmen und Sicherungsverwahrung/Maßregelvollzug wieder einen rechtlichen Spielraum bekommen haben, der Missbrauch oder schwerste Folgen durch Fehlurteile verstärken kann.
Im Kontext des Falls von Herrn Mollath habe ich mich natürlich auch etwas weitläufiger mit den „Koryphäen“ der forensischen Psychiatrie beschäftigt und bin inzwischen der Meinung, dass man die Psychiatrie in diesem Bereich bestenfalls als Scheinwissenschaft bezeichnen kann, wenn nicht eher als Kaffeesatzlesen. Auch habe ich das Gefühl, dass die Gutachten oder Studien unwissenschaftlich durch Eigeninteressen (oder Interessen der Auftraggeber) oder persönliche Fehler der Psychiater beeinflusst werden.
Für die Betroffenen bedeutet das „Russisches Roullette“ und im negativsten Fall eine fast vollständige Entrechtung. Im anderen Fall kann es aber auch passieren, wie gerade erst geschehen, dass ein Mörder durch die Psychiatrie eine positive Prognose erhält und wenige Tage nach der Entlassung erneut mordet. Die Psychiatrie hat in der aktuellen Form in der Justiz und dem Vollzug absolut nichts zu suchen.
Ich bin der Meinung, dass das stärker in den Fokus der Öffentlichkeit gebracht werden muss.
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»Große Namen« …
Bezüglich der Haltung von ›Amnesty International‹ (AI) sei hier beiläufig an eine Pressemitteilung von ›Associated Press‹ (AP) vom 26. Februar 1967 erinnert, in der mitgeteilt wurde, daß »der Mitbegründer und Vorsitzender von AI, Sean MacBryde, in seiner weiteren Funktion als Generalsekretär der Internationalen Juristenkommission, Gelder vom amerikanischen Geheimdienst erhalten haben sollte. Es war dieselbe Pressemitteilung, die AI 1966 in eine Krise stürzte« (Anja Mihr [2002], Amnesty International in der DDR; Berlin [Links]).
Und was hat eigentlich weihrauchumwaberte »Ethik« in der Psychiatrie bzw. Medizin verloren? – »Expertenteam« – diese einschlägige Wortverbindung kennen wir von irgendwoher. Nur wer bestimmt, wer »Experte« ist und ins »Team« kommt? Und waren es etwa Psychiater, die sich für Mollath ins Zeug legten?
Daß »Verteidiger der Menschenrechte zuerst ›vor ihrer eigenen Tür kehren sollten‹«, ist außerdem leichter gesagt als getan (die ehemaligen RAF-Anwälte Klaus Croissant oder Armin Newerla könnten ein garstig‘ Lied davon singen). Ohne Unterrichtung einer möglichst breit aufgestellten internationalen Öffentlichkeit dürfte ein solcher Einsatz aussichtslos sein.
Ein Herr »Robert Stegmann« findet den Einsatz für Justizopfer »keine so gute Idee.
Ganz einfach deshalb, weil man gar nicht alle Opfer der Justiz erfassen kann.» Wat’n Argument … Müssen alle erfaßt werden (Opfer-Erfassung, was’n Wort!), reicht e i n Opfer nicht aus? Und wenn »sich die Justiz dagegen sträubt, Gustl Mollath als Opfer zu sehen«, tja wat will man machen … Einmal Bananenrepublik, immer Bananenrepublik. »Wie sollen da Unterstützer für andere Fälle gefunden werden, wenn nicht auch wiederum die Presse mitzieht. Vor allem, wo zieht man die Grenze?« Grenze – welche Grenze? Es scheint sich im Gegenteil doch eher um die Spitze eines Eisbergs zu handeln! Und zog von Anfang an die Presse wirklich mit, oder hielt sie nicht, zumindest in ihrer Mehrzahl, wie immer zuverlässig hinterm Berg?
Daß sich Unterstützer für Mollath gefunden haben, o b w o h l die Presse nicht mitzog, ist für mich das eigentlich Bemerkenswerte an der ganzen Sache. Es schien und scheint ja nicht ganz einfach zu sein, aus ebenso vereinzelten wie versprengten Wahrheitsschnipseln das Puzzle zusammenzusetzen, auch wenn einzelne Journalisten sich dabei tatsächlich verdient gemacht haben sollten. Doch wie quälend langsam und schleppend ging dies vor sich. Spielte die Presse insgesamt nicht doch auf Zeit (schon weil entscheidende steuerliche Unterlagen demnächst legal zerschreddert sein werden)?
»Die Justiz wird keinen Selbstreinigungsprozess wollen, da kann man nichts machen«, schreibt ›Deali‹. Doch wenn »man« nichts machen kann, wie kann dann »die Politik was ändern«? Und wer ist »die Politik«? Etwa »Abgeordnetenwatch«? Und läßt sich so einfach »die SZ involvieren«?
Und Herr ›F. Fischer‹: Wie kann denn ein Teilgebiet der Psychiatrie, die forensische (wer kennt überhaupt das Wort?), in der öffentlichen Wahrnehmung »präsenter« sein als ihr Gesamtbereich? Und wenn schon dieser Teil mehr als fragwürdig ist, was ist dann wohl vom Rest zu halten??
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@Breitenbach
Das sind viele Fragen…
Aber da Sie eine Frage direkt an mich gerichtet haben, möchte ich Ihnen direkt darauf antworten.
Ihre Frage:
„Wie kann denn ein Teilgebiet der Psychiatrie, die forensische (wer kennt überhaupt das Wort?), in der öffentlichen Wahrnehmung »präsenter« sein als ihr Gesamtbereich? Und wenn schon dieser Teil mehr als fragwürdig ist, was ist dann wohl vom Rest zu halten??“
Die forensische Psychiatrie spielt in diesem Fall von Gustl Mollath eine der zentralen Rollen und ist als solcher auch als Begriff geläufig. Wenn Sie fragen „Wer kennt das Wort überhaupt?“, dann wäre das schon ein Argument, diesen Begriff der Öffentlichkeit zugänglich zu machen, da dieser Bereich aus meiner Sicht eine z.T. wichtige oder sogar entscheidende Rolle in Strafverfahren und -vollzug spielt, aber außerhalb der reinen Rechtssprechung steht.
Hier der einleitende Satz der Wikipedia-Definition:
„Die Forensische Psychiatrie ist ein Teilgebiet der Psychiatrie, welches sich mit der Behandlung, der Begutachtung und mit der Unterbringung von psychisch kranken Straftätern befasst.“
Herr Mollaths Schicksal wurde dadurch besiegelt, dass eben diese Gutachten nicht nach nachvollziehbaren oder vorgegebenen Standards passierten und auch die Unterbringung missbraucht wurde und wird (Vermeintliche Intrigen oder Einflussnahme mal ausgeblendet). Momentan ist Herr Mollath nur auf Grundlage von sog. Ferngutachten seiner Freiheit beraubt. Da erkennt man die „Macht“ oder auch die Gefahr der forensischen Psychiatrie. Es gibt keine „letzte Instanz“ wie das Bundesverfassungsgericht, welches nach klaren juristischen Vorgaben ein Urteil revidieren kann. Wenn eine „Koryphäe“ wie Prof. Kröber der Meinung ist, Herr Mollath sei sehr gefährlich, dann wird es für das Gericht schwer, sich argumentativ dagegen zu stellen. Es gibt einfach keine objektive Argumentationsgrundlage, die Psychiatrie ist, wie im Allgemeinen auch, keine exakte Wissenschaft. So bleiben „normale“ Menschen eingesperrt und vor allem „für verrückt erklärt“ (also der Würde beraubt), oder sehr gefährliche Menschen werden wieder frei gelassen und begehen direkt wieder schwerste Straftaten, es herrscht unter dem Deckmantel der Wissenschaft teilweise Zufall oder Willkür.
Dies ist im Kontext von dem akuten Fall des Herrn Mollath etwas, worauf ich gerne mehr öffentliche Wahrnehmung sehen würde.
Dies liegt auch darin begründet, dass, nach meiner Einschätzung, dieser Bereich der „Verrückten“, „Spinner“ oder „Wahnsinnigen“ tendenziell von der breiten Öffentlichkeit lieber ausgeklammert wird und damit die Opfer dieses Systems der forensischen Psychiatrie geradezu hilflos sind und mit jeder Beteuerung der „Normalität“ als noch wahnsinniger eingestuft werden, also ein Teufelskreis, in dem sich auch Herr Mollath befand.
Zieht man die aktuell verabschiedete Gesetzesnovelle bzgl. der Zwangsbehandlung dazu, dann kann man ahnen, wie viel Missbrauchspotential mit perversen Konsequenzen unter Ausschluss der öffentlichen Wahrnehmung vorhanden ist. Und ist ein Mensch erst einmal in der Zwangsbehandlung/-medikation, dann sind alle, aber auch alle Grundrechte ausgehebelt.
Ich hoffe, diese Erklärung macht deutlich, warum mir persönlich innerhalb der ganzen Ungerechtigkeiten und Machtmissbräuche im Fall von Gustl Mollath dieser Fokus für die Zukunft besonders wichtig ist.
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@F. Fischer
Meine in Klammern gesetzte Frage »wer kennt überhaupt das Wort?« war zugegebenermaßen provokatorisch gemeint, doch machen Sie einfach mal selbst die Probe! Die mit forensischer Psychiatrie verknüpfte gerichtliche Verfahrensweise stärker in die Öffentlichkeit zu tragen, ist etwas anderes. Das Wort Psychiatrie ist jedenfalls ausnahmslos allen ein Begriff.
Was eine »exakte« Wissenschaft ist, wird nicht nur im Bereich der Medizin kontrovers diskutiert. Eine völlig andere Frage ist jedoch, inwieweit die berüchtigte »evidenz‑basierte« Medizin überhaupt wissenschaftlichen Charakter trägt oder nicht etwa einen ausgesprochen unwissenschaftlichen. Das gleiche gilt für die gesamte Psychiatrie – zu diesem Thema beispielhaft nur zwei Links:
»Psychiatrie und Menschenbild – made in USA« von Brigitte Kendel
http://www.zeit-fragen.ch/index.php?id=596
»Erfinder des ADHS: ›ADHS ist eine fabrizierte Erkrankung‹« von Moritz Nestor
http://www.zeit-fragen.ch/index.php?id=690
By the way: bei Google wurde ich beim Thema forensischer Psychiatrie zu Mollath fündig:
http://www.jurablogs.com/thema/forensische-psychiatrie
Und dann fand ich noch einen aufschlußreichen Hilferuf:
http://igelin.blog.de/2012/06/03/geehrte-damen-herren-schreiben-antwort-bekommen-bitte-helfen-sohn-forensischen-13797678/
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@Breitenbach
Ihre Frage war provokativ, ich wollte dennoch meine meine Motivation in Richtung dieses Themas nochmal darlegen.
Sie haben vollkommen recht, dass im gesamten Bereich der Psychiatrie seltsame Tendenzen erkennbar sind, da könnte man weit ausholen, z.B. ob die sinkende Relevanz von „Glaube“ (ohne selber einer speziellen Glaubensrichtung anzugehören) diese Psychiatrie als einen Kanal nutzt, um Erklärungen zu finden. Wie auch in anderen Bereichen führt dies zu einer Ignoranz rein menschlicher, emotionaler Überlegungen zugunsten einer Rationalisierung, sowas wie „Burn out“ oder „ADHS“ verkommen so zu „Mode-Begriffen“, die emotionale oder soziale Aspekte durch wirtschaftliche oder wissenschaftliche Begriffe überlagern und somit „pervertieren“.
Auch im Fall Mollath erkennt man diesen Mangel an emotionalen Aspekten in allen Bereichen der „Gegenseite“ (Politik/Justiz/Psychiatrie). Jegliche Argumentation, die teilweise auch fehlerhaft ist, aus dieser Richtung bewegte sich trotz sehr menschlicher, moralischer oder emotionaler Aspekte nur in der Welt der rationalen Überlegungen.
Beispiel: Prof. Kröber schließt 2012 gegenüber Frau Merk nicht aus, dass Herr Mollath auch unabhängig von dem Wahrheitsgehalt seiner Schwarzgeldvorwürfe einen Wahn haben könnte. Eine moralische, emotionale Herangehnsweise hätte gelautet, dass Herr Mollath tatsächlich „gesund“ sein könnte, wenn seine damaligen Behauptungen der Wahrheit entsprechen. Prof. Kröber ließ aber lieber den Exporten raushängen und formulierte seine skeptische Theorie in seiner Funktion als „Koryphäe“.
Aus Sicht der Psychiatrie und der Pharmaindustrie hat diese Rationalisierung natürlich den Vorteil, dass sich darauf verlässliche Strukturen aufbauen lassen.
So machte Prof. Kröber auch schon ordentlich Werbung für eine „Elite-Truppe“ von in der Charité ausgebildeten forensischen Psychiatern, nachdem die Gesetzesnovelierung der Sicherungsverwahrung/des Maßregelvollzugs jüngst beschlossen worden war.
Wie man in Ihrem letzten Link sehen kann, unterscheidet sich die forensische Psychiatrie aber grundlegend von der (ebenso unwissenschaftlichen) allgemeinen Psychiatrie, da der „Patient“ ausgeliefert ist, gezwungen, sich „therapieren“ zu lassen.
In der allgemeinen Psychiatrie gibt es die Möglichkeit der Selbstbestimmung und Entscheidung bzgl. einer Therapie, in der forensischen gibt es dies nicht mehr.
Darum sehe ich dort einen unausgeleuchteten Bereich von potentieller Unmoral, der auch von Herrn Mollath in seinen Beschreibungen der Verhältnisse in der Klinik belegt wird.
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