ARD: Unschuldig in Haft

Kürzlich hat sich die ARD dem Thema „Unschuldig in Haft“ zugewandt. Wer den Film verpasst hat, kann ihn sich in der Mediathek ansehen.

Mit großen Ernst wird das Schicksal von zwei Personen geschildert, des Lehrers Horst Arnold und der Arzthelferin  Monika de Montgazon, die jahrelang auf Grund von Fehlurteilen unschuldig im Gefängnis saßen. Nach langem Leiden wurde ihre Unschuld schließlich erwiesen, durch unermüdliche Anstrengungen/Recherchen von Verwandten und engagierten Rechtsanwälten, durch glücklichen Zufall.

Das Versagen der staatlichen Organe vor, während und nach der Verurteilung und nicht zuletzt nach der Aufhebung der Urteile und den Freisprüchen wird eindringlich geschildert.

Die Beschränkung auf zwei Schicksale lenkt den Blick zwar intensiv auf das persönliche Leid, dringt damit aber kaum bis zu dem gesellschaftlichen Problem vor. In Wirklichkeit geht es nicht nur um Einzelschicksale, und auch der Kampf um Gerechtigkeit und Befreiung ist kein persönliches und allenfalls noch familiäres Problem, sondern im besten Fall der Kampf großer, qualifizierter, demokratischer Unterstützergruppen. So gestaltet sich vor unseren Augen das Ringen um die Befreiung von Gustl Mollath.

Die größte Schwäche des Films sehe ich darin, daß er sich an eine Frage nicht herantraut: Was, wenn das ergangene Fehlurteil nicht auf Beweismangel beruht, wenn es nicht auf Schludrigkeit bei der Ermittlung beruht, wenn es nicht auf Fehleinschätzung des Richters beruht, sondern, wenn es auf Machtmißbrauch beruht, auf Machtmißbrauch des Richters und weiterer involvierter Staatsdiener auf der Grundlage eines mafiösen Netzwerks?

Diese Frage darf kein Tabu bleiben! Ohne Antwort auf diese Frage wird Gustl Mollath und werden wir alle keine Gerechtigkeit erleben.

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5 Antworten zu ARD: Unschuldig in Haft

  1. Heine schreibt:

    @Opa

    Eben. Nicht Zufall oder random. Sondern Struktur und systemisch. Meiner Erinnerung nach hat Luis Althusser verschiedene Staatsapparate unterschieden. Der Justizapparat ist beides zugleich: ideologischer u nd repressiver Staatsapparat. Wir werden uns als Kritiker die verbleibenden Restjahre ziemlich warm anziehn müssen;-)

    Gruß von Heine

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  2. Zitat: „Die größte Schwäche des Films sehe ich darin, daß er sich an eine Frage nicht herantraut: Was, wenn das ergangene Fehlurteil nicht auf Beweismangel beruht, wenn es nicht auf Schludrigkeit bei der Ermittlung beruht, wenn es nicht auf Fehleinschätzung des Richters beruht, sondern, wenn es auf Machtmißbrauch beruht, auf Machtmißbrauch des Richters und weiterer involvierter Staatsdiener auf der Grundlage eines mafiösen Netzwerks?“

    => Applaus, Applaus!

    Ja, genau das ist der Punkt. Und die nächste Frage wäre nämlich die, wie sich solch ein System überhaupt habe etablieren können. Denn das wäre selbstverständlich nicht möglich gewesen, wenn die Medien justizielle Skandalösitäten stets aufgegriffen statt ausgeblendet hätten! Wenn der ÖR also die Aufgabe, die ihm die Pflichtgebühren einbringt, erfüllte, dann hätten wir die beschriebenen Zustände doch gar nicht! Denn Aufgabe des ÖR lt. Rundfunkstaatsvertrag ist es ja, die Information des Volkes über alles Wesentliche zu gewährleisten, nur so wird die Pflichtgebühr begründet!

    Der ÖR gehört selbst zu jenem Netzwerk, dem wir die Zustände zu verdanken haben, bzw. ist in dessen Händen. Und wenn das deutsche Volk nicht so lahm und ängstlich wäre, wie es ist, hätten wir schon längst eine mächtige Interessensgemeinschaft, die die Zahlung der Rundfunkgebühren verweigerte mit der Begründung, der Rundfunk blende wichtige Informationen aus und erfülle seine gesetzliche Aufgabe daher nicht.

    Dipl.-Kfm. Winfried Sobottka

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  3. kranich05 schreibt:

    Mir wäre eine starke Interessengemeinschaft, die für die umfassende Information des Volkes sorgen würde, mit ÖR und ohne ÖR, lieber.

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    • Bei mir rennen Sie da offene Türen ein, ich fordere das seit Jahren. Aber das System funktioniert zu gut: Angst und Opportunismus halten nahezu alle davon ab, etwas wirklich Wirksames (in Sachen PR, ich rede nicht von Bombenattentaten!) zu tun. Sie kritisieren dann ein wenig und legen sich mit ruhigem (besser: eingelulltem) Gewissen schlafen.

      Dabei ist es Tatsache: Wer ändern will, muss Wirksames tun. Wer aber Wirksames gegen ein Unrecht tut, das mächtige Kreise erhalten und ausbauen wollen, hat mit Nachteilen zu rechnen. Andersherum: Solange man sich noch so verhält, dass man gar keine Nachteile befürchten muss, solange tut man auch nichts Wirksames.

      Viele realisieren nicht einmal, dass sie selbst vom System gekauft sind. Würde alles gerecht laufen, würde man mit anderen Ländern, Tieren und Natur anständig umgehen – dann würden zwar alle glücklicher leben können (artgerecht=trieberfüllt), aber mit derzeit geliebtem Luxus wäre es vorbei (Oberklassewagen, ständige Fernurlaube, mehrere hundert Euro für Edelkleidung pro Monat usw. usf.).

      Auch daran hängen aber viele, denen die Staatskriminalität nicht passt – wenn auch nur deshalb, weil sie artgerechtes (alle Triebe erfüllendes) Leben nicht nur nicht kennen, sondern es sich nicht einmal vorstellen können.

      Prof. Müller z.B. könnte seinen materiellen Lebensstil in einer gerecht und vernünftig funktionierenden Gesellschaft gar nicht haben – und lebt garantiert mit der Vorstellung, sein hohes Einkommen sei sauber verdient, und dass er im frostigsten Winter ein Kilo frische Paprika für 3 Euro kaufen kann, sei auch in Ordnung. Den Profit aus der schrägen Gesellschaft wollen sie nicht aufgeben, den lieben sie nämlich, aber die Gesellschaft soll bitteschön nicht schräg sein!

      Hier hat man es mit geradezu kindlicher Naivität zu tun, und das ist erschreckend.

      Immerhin: Wir könnten schon zwei sein, die vollständige Information des Volkes wollen, rufen Sie mich doch bitte einfach einmal an: 0231 986 27 20

      Dipl.-Kfm. Winfried Sobottka

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