Beim Lesen eines alten Buches

Bei dem „alten Buch“ handelt es sich um „Die letzten Tage der Menschheit“ von Karl Kraus, seine Abrechnung mit dem 1. Weltkrieg.

Es gibt nur wenige dicke Bücher, die ich bis zu Ende lese. Dieses gehört dazu.

Kraus schreibt in dem Bewußtsein, daß nach diesem Krieg „nichts mehr so ist, wie davor“ (ohne selbst diese oberflächliche Wendung zu benutzen), daß dieser Krieg einen einzigartigen, unheilbaren „Kulturbruch“ (wieder so eine gängige Metapher, die er nicht verwendet) darstellt.

Immer wieder, wenn ich seine unerbittlich sezierenden Schilderungen der Scheußlichkeit und der einzelnen Scheußlichkeiten des 1. Weltkrieges lese, bin ich zugleich unmittelbar ergriffen und zugleich fast distanziert in dem Wissen: „Danach, im Faschismus und 2. Weltkrieg, ist es noch schlimmer gekommen.“

Ist es wirklich „noch schlimmer“ gekommen? (Das berührt auch die Frage der „Einzigartigkeit des Holocaust“, die ich mit „Einzigartigkeit der industriellen Menschenvernichtung“ präziser formuliert finde.)

Kann es in der Zukunft „noch schlimmer“ kommen? (Haben wir mit Hiroshima das erste Vorzeichen eines „noch schlimmer“ gesehen?)

War Krieg „immer gleich schlimm“?

Oder bringt der Imperialismus als Ganzes, also das gesamte nun seit rund 110 Jahren andauernde und noch nicht beendete imperialistische Stadium des Kapitalismus, tatsächlich eine einzigartige Qualität der Scheußlichkeit menschlicher Entwicklung hervor?

Und ist es möglich, diese begrifflich zu fassen?

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Eine Antwort zu Beim Lesen eines alten Buches

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