Würde man etliche der Wörter und Wendungen, die täglich den öffentlichen Raum füllen, ernster nehmen, ließe sich mehr Klarheit gewinnen.
Beispiel: „TINA“ = There Is No Alternative“. Was heißt das eigentlich? Da behauptet jemand, den einzigen Weg zu kennen. Wahrscheinlich ist er oder sie im Besitz der absoluten Wahrheit. Starker Toback.
Beispiel: „Rettung“. Täglich, stündlich rettet unsere Regierung ganze Länder, ja Kontinente, das Geld, den Frieden. Was eigentlich vermag diese Regierungselite nicht zu retten? Sollte sie nicht gleich zugeben, daß sie allmächtig ist?
Wir haben kein Problem mit solchen Reden. Denn sie werden zwar für ernst geäußert, nicht aber für ernst genommen. Was die reden tut uns nicht weh. Nein? Es bedeutet, daß wir in einem sprachlosen Zustand leben und ihn hinnehmen. An die Stelle von Kommunikation zwischen gegensätzlichen Gruppen der Gesellschaft zum Zwecke des Interessenaustauschs und -ausgleichs ist das Wort unangreifbarer Führer getreten. Das Wort kaschiert am Ende nur noch das politische Diktat.
Alle Welt redet von Krise. Welche Krise eigentlich? Im alten opablog hab‘ ich dieses Reden etwas problematisiert (in Postings, die ich nun teilweise ins neue Blog übernehme, z. B. hier und unter „Krisenkaskade“ 1, 2, 3, 4, 5, 6.)Angeblich geht es um die Schulden. Ich habe keine Schulden. Nachbar, hast Du Schulden? In Höhe von ein, zwei Jahreseinkommen?
In Wahrheit geht es um die Ausstellung und Einlösung immer größerer Schecks, immer waghalsigerer Zahlungsversprechen, die sich sowohl die Superreichen untereinander, als auch die Machthaber den Superreichen gegenüber geben, während sie beide Hände in den Taschen der kleinen Mannes (und zunehmend auch des Mittelständlers) haben. Was Krise genannt wird, sind die wachsenden Schwierigkeiten der erweiterten Fortsetzung des alltäglichen Raubes. Es ist eine Krise der Produktion und Aneignung von Maximal- und Extraprofit. Zugrunde liegende ökonomische Gesetzmäßigkeit hat Marx aufgedeckt.
Es gibt bürgerliche Arbeitsteilung. Den größten Raubzug organisiert mit seinen Mitteln und Methoden das Finanzkapital. Den Raubzug organisiert ebenso strikt mit seinen Mitteln und Methoden das Industriekapital! (die sog. Realwirtschaft, von der manche „Kritiker des Geldsystems“ schwärmen). Die Inhaber der politischen Macht hingegen haben die gesellschaftlichen Bedingungen zu gestalten, die die ungestörte Fortsetzung der schönen Weltläufe sichern. Seit 2008 war dabei besonderer Einsatz gefragt. Den haben all die Obama, Merkel, Sarkozy bravourös abgeliefert. Leider lassen sich zwar die Völker hinhalten, spalten, kaufen, nicht aber die ökonomischen Gesetze. Der ganze Erfolg, ein wenig Zeitgewinn, ist verpufft. Heute sind die Manövriermöglichkeiten der Machtinhaber reduziert. Die Interessengegensätze sind akut. Untrügliches Indiz: Sarko muß gar noch seine Kindstaufe fahren lassen.
Eine besondere Labilität kennzeichnet die gesellschaftspolitische Situation. Die Massen wollen weiter ihre Ruhe. Bloß nicht kämpfen. Gern wollen sie sich weiter kaufen lassen; nur der Preis muß halbwegs stimmen. Und hier liegt der Haken. Die Machtinhaber können nicht mehr Bedingungen garantieren, die für alle Seiten – Superkapital, kleines Kapital, Kapitallose – akzeptabel sind.
Was also bringt die nächste Zukunft, vielleicht der kommende Mittwoch? Entfesselte Dramatik, ein Zusammenbruch auf breiter Front wird um jeden Preis vermieden. (Griechenland ist Versuchsfeld und Warnung zugleich.) Nichts wird gelöst. Zeit kaufen! Zeit kaufen! Das wird zwar immer schwieriger. Aber nicht unmöglich. Die sog. Verschuldung wird in neue Phantastilliardenbereiche getrieben. Doch sie begreifen, daß der Weg in die Sackgasse ein Ende haben muß. Am Ende gewinnen sie nur noch Tage, Stunden, nichts mehr..
Mein Bauch sagt mir: Sie werden die Ebene des Kampfes wechseln. Sie brauchen eine Situation, in der die Karten ganz neu gemischt werden. Zwei erprobte Auswege bietet das Ausbeuter- und Machthaberarsenal: Erstens die galoppierende Inflation. Zweitens den großen Krieg. Vernunft ist ihnen kein Ausweg. Leute wacht auf.