Manchmal bin ich versucht, für die Wichtig – Wichtig – Finanzkrise das Bild vom Kork zu gebrauchen, der wild auf einer mächtigen Welle tanzt. Doch Vorsicht: Zwar hüpfen dreistellige Billionenbeträge an Spekulationkapital durchs Nirvana, doch sie bewegen sich auf dem Boden dreistelliger Milliardenbeträge wirklichen Reichtums. Sie sind auf diesem Boden „erblüht“ und schädigen ihn nun lebhaft, wie nicht nur die Dame Schaeffler oder Herr Wiedeking bezeugen können.
Oder weniger bildlich: Die Verwertung des Kapitals im Prozeß der Produktion und Reproduktion des wirklichen menschlichen Lebens hat den Antagonismus wieder auf die Spitze getrieben, den Antagonismus zwischen der exorbitanten Anhäufung von Reichtum auf der Seite der großen Kapitalisten und der Enteignung der Massen der Ausgebeuteten.
Der ökonomische Antagonismus auf die Spitze getrieben, also bis zur Kappung lebensnotwendiger Reproduktionszusammenhänge, das ist die Wirtschaftskrise.
Sie ist die Krise des Fundaments.
Die Finanzkrise besticht mit schnellen, schrillen Schlagzeilen.
Zur Wirtschaftskrise gehört das langsam wachsende, lähmende Entsetzen im Alltag.
Einige Besonderheiten prägen das Ausmaß und die Schwere der Wirtschaftskrise, die begonnen hat:
– Der Untergang des Realsozialismus hat das kapitalistische Ausbeutungsfeld gewaltig erweitert und es ermöglicht, den Ausbeutungsgrad allüberall sprunghaft zu erhöhen.
– Dieselbe Wirkung ging von der Entwicklung Chinas aus, gleichgültig, ob diese sich einst als eine Art „ursprüngliche Akkumulation eines neuen Sozialismus“ erweisen wird oder als Variante eines staatlich effizient gesteuerten Kapitalismus.
– Die kapitalistische Wirtschaft hat Grenzen ihrer traditionellen stofflichen Struktur (Peak Oil) seit längerem ignoriert, die nun in der Krise deutlicher ihre Macht entfalten.
– Die kapitalistische Wirtschaft steht vor einer wachsenden Zahl struktureller Probleme ihrer stofflichen Reproduktion, auf deren Bewältigung sie in keiner Weise eingestellt ist.
Diese Besonderheiten sprechen für einen besonders schweren, langwierigen und opferreichen Verlauf der Wirtschaftskrise (vielleicht gar für ein Versinken in einen Endloskrisenprozeß), und das unabhängig davon, welches Auf und Ab Banken und Börsen täglich bieten mögen. Und sie sprechen für fundamentale Wirkungen auf die anderen gesellschaftlichen Bereiche.
(Soll ich mich dafür entschuldigen, daß ich mit diesem letzten Absatz kein Schreckensszenario illustriert, sondern versucht habe, den möglichen ( eher wahrscheinlichen) Schrecken der Zukunft begrifflich zu fassen (einfach nur „zu formulieren“)?
Ach was, wer auf bunte Lichter konditioniert bleibt und auf „die grauen“ Begriffe verzichten muß, wird keinen, auch nicht den ersten Schritt eines Auswegs finden.)
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