Ich beschäftige mich, nach Maßgabe meiner bescheidenen Kräfte, wahrlich viel mit der gegenwärtigen Krise. Und doch bin ich weit entfernt davon, einigermaßen begriffen zu haben, was ich da beobachte.
Mir scheint das nicht so sehr mein persönliches Problem zu sein, vielmehr eines des öffentlichen Bewußtseins. Es gibt, soweit ich sehe, keine einigermaßen umfassende Reflexion des Krisenprozesses in seiner Gesamtheit.
Im Vordergrund der Aufmerksamkeit steht die Finanzkrise. Sie ist verursacht durch die Entfesselung des kapitalistischen Profitstrebens vom realen Prozeß der Kapitalverwertung. Sie gehört, obwohl sie zweifellos Schwerwiegendes ausgelöst hat, eher zu den Oberflächen-Krisenprozessen. Ihre wahrlich grandiosen Erschütterungen finden überwiegend im spekulativen Raum statt, d. h. in dem Raum der Reichtumsversprechen, der Reichtumsansprüche. Der Kampf der Inhaber dieses spekulativen Reichtums – das sind die Reichsten und Mächtigsten der Welt – geht darum, ihren spekulativen Reichtum vor Verlusten zu schützen und in realen Reichtum zu verwandeln.
In diesem Bemühen können sie, Dank ihres so gut wie uneingeschränkten Zugriffs auf „die Politik“ und „die Medien“, Teilerfolge verbuchen. Mir scheint, daß diese Teilerfolge vier weitere Krisenprozesse auslösen bzw. verstärken:
– Sie bereiten die nächste Finanzkrise vor, ohne die gegenwärtige weitergehend zu lösen.
– Sie vertiefen die Wirtschaftskrise (die der sogenannten Realwirtschaft) in einem strategischen Ausmaß.
– Sie nähren die geopolitische Krise.
– Sie verschärfen die innere moralische Krise der westlichen (atlantischen) Gesellschaft und führen auf den Weg zu deren politischer Krise.
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